Euro2016: Wer wird Europameister?

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1 Euro2016: Wer wird Europameister? Am 10. Juni 2016 beginnt mit dem Spiel Frankreich gegen Rumänien in Paris die Euro2016. Soviel steht fest. Aber wie wird sie genau einen Monat später an gleicher Stelle enden? Wird Deutschland nach dem Gewinn der Weltmeisterschaft 2014 nun auch Europameister? Das wüsste nicht nur der Handel gerne, der uns während der Spiele mit Erfrischungsgetränken und Snacks versorgt, mit Fanschals, Trikots und Fähnchen fürs Auto. Es ist eine echte Millionenfrage. Glaubt man einschlägigen Wettportalen, gehören Deutschland und Frankreich zu den Top-Favoriten auf den Titel und die Henri Delaunay-Trophäe der Euro2016. Die möglichen Gewinne schwanken bei einem Einsatz von 1 Euro zwischen 4 Euro und 4,50 Euro. Zum Vergleich: Wer auf Nordirland und Albanien setzt, zwei Nationen, die zum ersten Mal an der Endrunde einer Fußballeuropameisterschaft teilnehmen, kassiert für seinen einen Euro Wetteinsatz zwischen 300 und 500 Euro je nach Wettanbieter Die Antwort auf die Frage nach dem Sieger der Euro2016 ist also bares Geld wert. Daher vorweg die erste Antwort: Wir wissen auch nicht, wer Europameister wird. Aber wir haben unsere Algorithmen mit wissenschaftlich erprobten, statistischen Methoden für die Berechnung von Wahrscheinlichkeiten eingesetzt, mit denen ein bestimmtes Ereignis eintritt. Zu kompliziert? Dann lassen Sie mich eine Analogie heranziehen: Wenn es morgen mit einer zehnprozentigen Wahrscheinlichkeit regnet, bleibt es wahrscheinlich trocken. Niemand kann aber vollständig ausschließen, dass es trotzdem regnet. Pessimisten nehmen also einen Schirm mit, Optimisten vertrauen der Statistik.

2 Datenbasis: Rund Länderspiele seit 1873 Um eine Vorhersage für den wahrscheinlichen Ausgang der Euro2016 treffen zu können, haben wir alle Länderspiele seit 1873 analysiert insgesamt fast Begegnungen. Unsere Algorithmen wissen, welche davon bei Weltmeisterschaften, bei Europameisterschaften und bei anderen Turnieren gespielt wurden. Und sie kennen das Datum der Austragung, die genaue Paarung und den Endstand jeder einzelnen Begegnung. Diese Datenbasis haben wir mit statistischen Methoden analysiert und daraus mögliche Ergebnisse hochgerechnet. Dabei haben wir auch dem Zufall einen gewissen Raum gegeben, denn er spielt beim Fußball eine wichtige Rolle: Geht der scharf geschossene Ball ins Tor, oder trifft er nur den Pfosten? Steht der Stürmer bei seinem Torschuss im Abseits oder hebt ein Verteidiger wenige Zentimeter vor ihm das Abseits auf? Verhindert nasser Rasen den schnellen Konter in der Nachspielzeit oder blendet die tiefstehende Sonne den Keeper beim Freistoß in der 90 Minuten? Oft entscheiden Zentimeter, Sekundenbruchteile oder einfach das Wetter ganze Spiele zu viel Zufall, um den Ausgang von Spielen oder ganzen Turnieren genau berechnen zu können. Auch die zum Beispiel im Vergleich zum Handball eher geringe Zahl von Treffern macht statistische Vorhersagen schwierig: Selbst wenn das eine Team einer Begegnung im Schnitt 0,3 mehr Tore erzielt als das andere, lässt sich daraus nicht eindeutig schließen, dass es die Partie gewinnt.. Wohl aber geht diese Tatsache in die Siegwahrscheinlichkeit ein.. Zahl der möglichen Begegnungen nach der Gruppenphase: 94 Billionen Die Begegnungen der ersten Runde, der so genannten Gruppenphase, stehen fest. Daraus ergibt sich allerdings eine schier unglaublich große Zahl von Möglichkeiten, wie das Turnier danach bis zum Ende weitergeht: Es gibt rein rechnerisch 94 Billionen, das sind Milliarden, Optionen für den weiteren Verlauf der Euro2016. Alle diese möglichen Begegnungen zu berechnen, wäre bei weitem zu aufwändig.

3 Also haben wir mit statistischen Methoden gearbeitet, um den wahrscheinlichen Sieger der Euro2016 zu berechnen. Wir haben über die so genannte Monte-Carlo-Simulation aus der riesigen Zahl möglicher Begegnungen eine zufällige Auswahl von einer Million Verläufen der Euro2016 herausgegriffen. Aus dieser Stichprobe haben wir auf der Basis aller bisherigen Länderspiele Wahrscheinlichkeiten für den Ausgang der Europameisterschaft berechnet. Gelernt ist gelernt auch bei Algorithmen Dabei haben unsere NeuroBayes-Algorithmen aus den bisherigen Länderspielergebnissen gelernt, um den Ausgang bestimmter Paarungen vorherzusagen: Hat ein Team die letzten x Spiele gewonnen, ist es Nummer y in einem Ranking der Algorithmen. Auch direkte Vergleiche werden sortiert: Hat ein Team die letzten x Spiele gegen den aktuellen Gegner gewonnen, steigt die Wahrscheinlichkeit, auch beim nächsten Match als Sieger vom Platz zu gehen. Daraus entstehen Maps mit möglichen Begegnungen und Ergebnissen. Was die Algorithmen nicht wissen: wer spielt. Das England von 1906, das in Paris damals den Gastgeber Frankreich mit 15:0 besiegte, hat mit der Weltmeistermannschaft von 1966 ebenso wenig gemein, wie mit dem aktuellen Kader von Alle teilnehmenden Nationen werden also ungeachtet solcher Unterschiede nach denselben statistischen Methoden analysiert. Wer wird denn nun wahrscheinlich Europameister? Noch einmal: Niemand kann mit Sicherheit vorhersagen, welche Mannschaft am 10. Juli in Paris als Sieger vom Platz geht. Dennoch sagen wir vorher, dass wahrscheinlich Gastgeber Frankreich und nicht der (zumindest hierzulande dazu ausgerufene) Titelfavorit Deutschland die Euro2016 gewinnen wird. Wir haben über die erwähnte Monte-Carlo-Simulation eine Million möglicher EM-Verläufe simuliert. Hier sind einige der Ergebnisse (angegeben ist

4 jeweils die Wahrscheinlichkeit, mit der die These eintreffen wird): Deutschland erreicht Platz 1 in der Vorrunde: 55.0 % Deutschland erreicht Platz 2 in der Vorrunde 27.3 % Deutschland erreicht Platz 3 in der Vorrunde 13.9 % Deutschland erreicht Platz 4 in der Vorrunde: 3.8 % Da an der Euro2016 erstmals 24 Mannschaften teilnehmen, wird die Vorrunde in sechs Vierergruppen ausgespielt. Die jeweiligen Gruppenersten und - zweiten sowie die vier besten Gruppendritten kommen eine Runde weiter. Deutschland erreicht das Achtelfinale nach unseren Berechnungen mit einer Wahrscheinlichkeit von 94,3 %, also ziemlich sicher. Die Wahrscheinlichkeit für das Erreichen des Viertelfinales liegt bei 61,9 Prozent, für das Erreichen des Halbfinales bei 36,1 Prozent. Mit einer Wahrscheinlichkeit von 18,4 Prozent (also rund 1:5) schafft es Deutschland sogar bis ins Endspiel. Die Wahrscheinlichkeit, dass Deutschland dort gewinnt, liegt bei nur 9,6 Prozent und ist damit deutlich schlechter als bei drei anderen Teams. Wahrscheinlichkeiten, die EM zu gewinnen: 1. Frankreich: 34.4 % 2. Spanien: 17.5 % 3. England: 11.3 % 4. Deutschland: 9.6 % 5. Kroatien: 4.4 % 6. Belgien: 4.0 % 7. Portugal: 3.8 % 8. Italien: 2.8 % 9. Russland: 2.4 % 10. Schweiz: 2.1 % 11. Polen: 1.8 %

5 12. Ukraine: 1.5 % 24. Nordirland: 0.03% Welche Mannschaften spielen gegen uns? Mit dem vorliegenden Datenmaterial aus rund Länderspielen haben wir auch berechnet, wer in den Vorschlussrunden nach der Gruppenphase die möglichen Gegner Deutschlands sein könnten. Dies sind übrigens gute Beispiele für bedingte Wahrscheinlichkeiten. Wenn Deutschland ins Achtelfinale kommt, dann sind dort die wahrscheinlichsten Gegner: Schweiz: 16.2% Frankreich: 13.4 % Rumänien: 13.1 % Slowakei: 12.9 % Wenn Deutschland ins Viertelfinale kommt, dann sind dort die wahrscheinlichsten Gegner: Spanien: 23.2% Kroatien: 13.4 % Belgien: 12.1 % Italien: 10.1 % Wenn Deutschland ins Halbfinale kommt, dann sind dort die wahrscheinlichsten Gegner: Frankreich: 34.3% England: 13.0 % Portugal: 7.8 % Russland: 6.9 %

6 Wenn Deutschland ins Finale kommt, dann sind die wahrscheinlichsten Gegner: Frankreich: 21.7% Spanien: 17.4 % England: 12.7 % Portugal: 6.6 % Für diejenigen, die aufgrund der geringen Wahrscheinlichkeit, dass Deutschland Europameister wird, schon jetzt verzagen, sei gesagt: Falls es unser Team ins Finale schafft, wird es mit einer Wahrscheinlichkeit von immerhin 52.2 Prozent auch Europameister. Stand heute Blue Yonder hat diese Prognosen zum Verlauf der Euro2016 erstellt, noch bevor der erste Ball rollt. Aktuelle Informationen werden diese Prognosen verändern. Sollte zum Beispiel die Schweiz überraschend in der Vorrunde ausscheiden, beträgt die Wahrscheinlichkeit eines Achtelfinalduells zwischen Deutschland und den Eidgenossen logischerweise nicht 16,2, sondern null Prozent. Wir werden daher nach den Vorrundenbegegnungen neue Prognosen veröffentlichen, die mit großer Wahrscheinlichkeit auch zu neuen Ergebnissen führen werden. Eine Schlussbemerkung über Wetten In England hat ein mutiger Fan von Leicester City zu Beginn der Saison fünf Pfund (umgerechnet rund 6,45 Euro) darauf gesetzt, dass sein Team englischer Meister wird mit einer Quote von 5000:1. Heute wissen wir, dass er entgegen aller Wahrscheinlichkeit damals Recht behalten ha. Er kassiert Pfund für seine Wette. Der Sportsfreund aus England wäre damit ein ähnlicher Glückspilz wie ein x-beliebiger Lottospieler, und ebenso wie jener letztendlich vom Zufall abhängig. Beim Lotto ist es aber reiner Zufall, weil alle Zahlenkombinationen

7 mit gleicher Wahrscheinlichkeit gezogen werden, bei Fußballwetten eine Mischung aus Prognose (die Wahrscheinlichkeiten müssen stimmen) und Zufall (zufälliger realisierter Spielausgang innerhalb der prognostizierten Wahrscheinlichkeiten). Die Wahrscheinlichkeit, dass irgend jemand den Jackpot knackt, ist relativ groß. Die Wahrscheinlichkeit, dass genau Sie oder ich das beim Lotto hinbekommen, ist dagegen verschwindend gering (genau 1: ). Wenn Sie angesichts dieser eher schwierigen Voraussetzungen schon wetten möchten, dann setzen Sie nicht im Heimatland Ihres Favoriten, also zum Beispiel in Deutschland für Deutschland. Im eigenen Land schätzt man das eigene Team in aller Regel höher als realistisch gegeben ein und drückt damit die Gewinnquoten. Suchen Sie sich also für Ihre Deutschland-Wette einen ausländischen Wettanbieter, dann haben Sie bessere Quoten. Denn allen Prognosen zum Trotz: Natürlich kann Deutschland Europameister werden. Fachleute wissen: Ein Spiel dauert 90 Minuten, der Ball ist rund und im Fußball kann alles passieren. Genau das macht ja auch den Reiz des Spiels aus. Und wir drücken unseren Jungs die Daumen trotzdem! Michael Feindt,Gründer und Chief Science Advisor Blue Yonder.