Kinder in schwierigen Lebenssituationen stärken! Wie Ergotherapeuten resilientes Verhalten bei Grundschulkindern erheben und unterstützen können
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- Erica Böhme
- vor 7 Jahren
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1 Kinder in schwierigen Lebenssituationen stärken! Wie Ergotherapeuten resilientes Verhalten bei Grundschulkindern erheben und unterstützen können Vortrag von Helen Strebel
2 Überblick Aufwachsen heute Das Resilienzkonzept Konzepte der Resilienzförderung Das Ressourcen-Interview für Grundschulkinder
3 Die Postmoderne und ihre Folgen Seit ca Unzuverlässigkeiten wie Wechsel der Studiensysteme, Unvorhersehbarkeiten wie die berufliche Entwicklung aber auch der vielfältige, schnelle Wandel, der durch die digitalen Nutzungsmöglichkeiten besonders deutlich wird, prägen die so genannte Risikogesellschaft von heute. Beck 1986
4 Postmoderne Kindheit das Aufwachsen in der Postmoderne wird als eine Konstellation riskanter Chancen beschrieben. Das Leben kann freier gestaltet werden, gleichzeitig wachsen aber auch die Risiken des Scheiterns. Keupp 1988: 130 f. Neben pädagogisch hoch angereicherten Lebenswelten gibt es eine wachsende Kinderpopulation, die in deprivierten Umwelten heranwächst. Opp & Fingerle 2007
5 Postmoderne Kindheit und ihre Auswirkungen Emotionalisierung der Kindheit Destabilisierung der Kindheit Isolierung der Kinder Verinselung und Verhäuslichung der Kindheit Institutionalisierung und Pädagogisierung der Kindheit
6 Einführung ins Thema Resilienz von Holger Schlageter
7 Resilienz eine Definition Prozess, die Fähigkeit oder das Ergebnis erfolgreicher Adaptation angesichts herausfordernder oder bedrohter Umstände im Sinne [psychischen] Wohlbefindens und/oder effektiver Austauschbeziehungen mit der Umwelt. Individuen, die Traumata wie Kriege und Naturkatastrophen bewältigt haben, zeigen wohl am deutlichsten diese menschliche Fähigkeit zur Resilienz. Masten et al. in Wustmann 2009: 18
8 Nach Wustmann (2009: 19) lassen sich drei Erscheinungsformen von Resilienz unterscheiden: Die positive, gesunde Entwicklung trotz andauerndem, hohem Risikostatus z.b. Aufwachsen in chronischer Armut; niedriger ökonomischer Status; junge Elternschaft Die beständige Kompetenz unter akuten Stressbedingungen nicht normative kritische Lebensereignisse wie z.b. Trennung, Scheidung, Tod eines Geschwisters; und Die positive bzw. schnelle Erholung von traumatischen Erlebnissen z.b. Kriegserlebnisse; sexueller Missbrauch
9 Das Resilienzkonzept Das Risikofaktorenkonzept Das Schutzfaktorenkonzept
10 Das Risikofaktorenkonzept Vulnerabilitätsfaktoren Beziehen sich auf das Kind; grundsätzlich gibt es immer Phasen erhöhter Vulnerabilität z.b. Transitionen Biologische Merkmale Prä-, peri- und postnatale Faktoren wie z.b. Frühgeburt, niedriges Geburtsgewicht, Erkrankung des Säuglings Psychologische Merkmale z.b. schwieriges Temperamentsmerkmale, mangelnde Fähigkeit zur Selbstregulation, geringe kognitive Fähigkeiten
11 Das Risikofaktorenkonzept Risikofaktoren Beziehen sich auf die Umwelt (familiäres und schulisches Umfeld; Beziehung zu Gleichaltrigen) Familiäres Umfeld z.b. niedriger sozioökonomischer Status, chronische Armut, Arbeitslosigkeit, Migrationshintergrund, Erziehungsdefizte, Abwesenheit eines Elternteils Schulisches Umfeld z.b. häufige Schulwechsel, Mobbing Beziehung zu Gleichaltrigen z.b. Ablehnung durch Gleichaltrige, Verlust eines engen Freundes
12 Das Schutzfaktorenkonzept Personale Ressourcen Kindbezogene Faktoren Feststehende Eigenschaften wie z.b. positive Temperamentseigenschaften, intellektuelle Fähigkeiten, erstgeborenes Kind, weibliches Geschlecht (bis zur Pubertät) Resilienzfaktoren Erworbene bzw. erwerbbare Eigenschaften und Fähigkeiten wie z.b. Problemlösefähigkeiten, Selbstwirksamkeit, positiver Attributionsstil, Sprach- und Lesevermögen, religiöse Überzeugungen Soziale Ressourcen Innerhalb der Familie z.b. eine stabile Bezugsperson, autoritativer/demokratischer Erziehungsstil, familiärer Zusammenhalt und familiäre Stabilität (= Kohäsion), hohes Bildungsniveau der Eltern, altersangemessene Aufgaben im Haushalt, soziale Eingebundensein der Familie in informelle und formelle Netzwerke, hoher sozioökonomischer Status der Eltern In den Bildungsinstitutionen z.b. klare Regeln und Strukturen, wertschätzendes Klima, Peerkontakt Im weiteren Umfeld z.b. Zugängliche Ressourcen im Stadtteil, Vorhandensein pro-sozialer Rollenmodelle
13 Das Resilienzkonzept Risiko- und Schutzfaktoren müssen vor dem individuellen sozialen Hintergrund eines jeden Kindes und seiner Familie betrachtet werden. Zudem müssen Schutzfaktoren in Bezug auf das Alter des Kindes betrachtet werden.
14 Schwächen des Resilienzkonzeptes Definition von Resilienz nicht einheitlich Resilienz als Modebegriff Forschungsgebiet befindet sich noch in der Entwicklungsphase Wechselwirkung zwischen Risiko- und Schutzfaktoren Gesundheitliche Auswirkungen
15 Konzepte der Resilienzförderung Früh beginnende und langfristige Angebote sind effektiver als später beginnende und kurzzeitige Maßnahmen. Kindzentrierte Maßnahmen sind effektiver als nur elternzentrierte Interventionen; am nachhaltigsten sind Angebote, die beide Ebenen ansprechen. Maßnahmen, die mehrere Bereiche unterstützen sind sinnvoller als Maßnahmen die nur auf einen Aspekt abzielen. Angebote, die ihren Fokus auf die Förderung von sozialen Unterstützungssystemen wie z.b. Schulen richten, unterstützen positive Entwicklungsverläufe.
16 Konzepte der Resilienzförderung Auf der direkten Ebene (beim Kind) Stärkung der Resilienzfaktoren über Stresspräventionsprogramme z.b. Bleib locker Auf der indirekten Ebene (bei der Familie) Stärkung der sozialen Ressourcen über Erziehungshilfen z.b. Starke Eltern - starke Kinder Auf der institutionellen Ebene In Kindergären oder Schulen über Gewaltpräventionsprogramme z.b. FAUSTLOS
17 Ressourcenorientierte Diagnostik Grundlage: positive Behandlungseffekte sind eher zu erzielen, je besser es dem Therapeuten gelingt, die Ressourcen des Klienten zu aktivieren. Grawe 2004
18 Das Ressourcen-Interview für Grundschulkinder Interdisziplinär In verschiedenen Einrichtungen von unterschiedlichen Berufsgruppen einsetzbar Kindzentriert Subjektives Erleben der Kinder bezüglich ihrer familiären Lebensbedingungen Alltagsorientiert Orientiert sich sowohl an positiven als auch negativen Aspekten des kindlichen Alltags Interventionsbezogen Angebotene Interventionen werden alltagsnäher
19 Das Ressourcen-Interview Soz. Umfeld Strukturelle Familienbeschreibung Emotionale Beziehungen in der Familie Erziehungsstil Freizeitaktivitäten Wohnsituation Lebensbedingungen
20 Das Ressourcen-Interview Durchführungsdauer ca. 30 Minuten Reihenfolge der Fragen und Themengebiete muss nicht eingehalten werden Einsatz von Materialien
21 Der Durchführungsbogen Thematischer Einstieg Fragen zur strukturellen Familienbeschreibung Fragen zur Wohnsituation Fragen zur emotionalen Beziehung in der Familie Fragen zu Erziehungsstil Fragen zu Freizeitaktivitäten Fragen zu Lebensbedingungen Fragen zum sozialen Umfeld Thematische Abrundung
22 Der Auswertungsbogen Informationen aus den Fragenkomplexen werden in Schutz- und Risikofaktoren unterteilt Vom Interviewer wird zu jedem Komplex ein Fazit gezogen Graphische Darstellung der Ergebnisse im Spinnennetz
23 Grenzen des Einsatzes Kinder mit starker Aufmerksamkeitsstörung, kognitiven und/ oder sprachlichen Einschränkungen, stark emotional belastete Kinder Interviewer möchte objektive Fakten gewinnen Zeitdruck und fehlende Akzeptanz im Team Interview liegt bisher nur für Kinder vor
24 Möglichkeiten für die Ergotherapie Wahrgenommene Lebensrealität der Kinder komplimentiert den ganzheitlichen Blick Präventive Angebote können individueller ausgerichtet werden Strukturiert interdisziplinäre Zusammenarbeit Strukturiert die Befunderhebung auf Grundlage des Resilienzkonzeptes für die kindliche Umwelt
25 Literatur Beck U (1986): Risikogesellschaft. Frankfurt am Main: Suhrkamp Verlag du Bois-Reymond M (1994): Die moderne Familie als Verhandlungshaushalt. Eltern-Kind-Beziehung in West- und Ostdeutschland und in den Niederlanden. In: M du Bois-Reymond et al.: Kinderleben. Modernisierung von Kindheit im interkulturellen Vergleich (S ). Opladen Göppel R (2007): Aufwachsen heute: Veränderung der Kindheit - Problem des Jugendalters. Stuttgart: Kohlhammer Grawe K (2004): Neuropsychotherapie. Göttingen: Hogrefe Kelle H, Tervooren A (Hrsg.) (2008): Ganz normale Kinder. Heterogenität und Standardisierung kindlicher Entwicklung. Weinheim/München: Juventa Keupp H (1988): Riskante Chancen. Das Subjekt zwischen Psychokultur und Selbstorganisation. Heidelberg: Asanger LBS Initiative Junge Familie (Hrsg.) (2009): Wie unsere Kinder denken: 10 Jahre LBS-Kinderbarometer NRW. Stimmungen, Meinungen, Trends von Kindern in Nordrhein Westfahlen. Münster URL: ( ) Opp G, Fingerle M (Hrsg.) (2007): Was Kinder stärkt: Erziehung zwischen Risiko und Resilienz. München/Basel: Ernst Reinhardt Sinus Sociovison (2008): Zentrale Ergebnisse der Sinus-Studie über Migranten- Milieus in Deutschland. URL: Umwelt/Aktuell_ _Deutschtuerken_Hauptdokument.pdf ( ) Wustmann C (2009): Resilienz. Widerstandsfähigkeit von Kindern in Tageseinrichtungen fördern. Berlin: Cornelsen Scriptor
26 Bei Fragen oder Anregungen können Sie mich per Mail erreichen unter:
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