9. Symposium Krankenhaus und Recht. Aktuelle rechtliche Fragen zur Arbeitnehmerüberlassung
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1 Bayerisches Staatsministerium für Gesundheit und Pflege Bayerisches Institut für Krankenhaus-Organisation und Betriebsführung GmbH 9. Symposium Krankenhaus und Recht München, 20. November 2014 Aktuelle rechtliche Fragen zur Arbeitnehmerüberlassung Ernst Burger Landesarbeitsgericht München
2 2 Nicht vorübergehende Arbeitnehmerüberlassung - Rechtsfolge? Nach der seit geltenden Regelung in 1 Abs. 1 Satz 2 AÜG (eingeführt durch das Mißbrauchsverhinderungsgesetz bei der Arbeitnehmerüberlassung vom ) erfolgt die Überlassung von Arbeitnehmern nur vorübergehend. Erfolgt die Überlassung verbotenerweise nicht nur vorübergehend, kommt dadurch kein Arbeitsverhältnis zwischen Leiharbeitnehmer und Entleiher zustande, falls der Arbeitgeber die erforderliche Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung besitzt. BAG, U. v , 9 AZR 51/13, NZA 2014, S. 196 f ebenso: BAG, Ue. v , 9 AZR 111/13, Juris Koalitionsvertrag vom : vorübergehend : Überlassungshöchstdauer von 18 Monaten Derzeit in der Instanzrechtsprechung offene Frage: Ist der Begriff vorübergehend arbeitnehmerbezogen oder arbeitsplatzbezogen zu verstehen? - arbeitnehmerbezogen : Eine vorübergehende Beschäftigung von Leiharbeitnehmern auf Dauerarbeitsplätzen ist nicht grundsätzlich verboten: LAG Hamburg, U. v , 5 TaBV 6/13, LAGE 1 AÜG Nr arbeitsplatzbezogen : Eine Überlassung von Arbeitnehmern ist nicht mehr nur vorübergehend, wenn dadurch ein Dauerbeschäftigungsbedarf abgedeckt wird. u.a. LAG Baden-Württemberg, U. v , 4 Sa 18/13, BB 2013, S LAG Berlin-Brandenburg, U. v , 9 TaBV 749/13 u.a., Juris
3 3 Arbeitnehmerüberlassung vorübergehend - Mitbestimmung 1 Abs. 1 Satz 2 AÜG verbietet die nicht nur vorübergehende Arbeitnehmerüberlassung. Beabsichtigt der Entleiher, einen Leiharbeitnehmer mehr als vorübergehend zu beschäftigen, kann der Betriebsrat des Entleiherbetriebs nach 14 Abs. 3 Satz 1 AÜG, 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG die Zustimmung zur Übernahme verweigern. BAG, U. v , 7 ABR 91/11, NZA 2013, S f Personalgestellung im öffentlichen Dienst (vgl. 4 Abs. 3 TVöD/TV-L) Nach verbreiteter Auffassung unterfällt die Personalgestellung dem AÜG (vgl. LAG Baden-Württemberg, U. v , 4 TaBV 7/12, ZTR 2013, S. 618 f, n.r.). Lösung des LAG Baden-Württemberg: Gestellt ein (öffentlicher) Arbeitgeber bei ihm beschäftigte Arbeitnehmer im Wege der Personalgestellung an einen Dritten zur dortigen dauerhaften Leistungserbringung, so betreibt er eine unzulässige dauerhafte Arbeitnehmerüberlassung. Jedoch ist in diesem Fall der Arbeitsvertrag zwischen Vertragsarbeitgeber und gestelltem Arbeitnehmer nicht in entsprechender Anwendung von 9 Nr.1/2 AÜG unwirksam wird deshalb auch kein Arbeitsverhältnis mit dem Dritten gemäß 10 Abs. 1 Nr. 1 AÜG begründet -, sondern ist nur die mit dem Gestellungsvertrag verbundene dauerhafte Übertragung des Direktionsrechts auf den Dritten ( 9 Nr. 1/1 AÜG). Offen: Rot-Kreuz-Schwestern! Offen: Versetzung, Abordnung, Zuweisung isd 4 Abs. 1 und Abs. 2 TVöD/TV-L
4 4 Betriebliche Mitbestimmung und Leiharbeitnehmer: 1. Leiharbeitnehmer sind bei der Ermittlung der Unternehmensgröße in 111 BetrVG mitzuzählen (mehr als 20 wahlberechtigte Arbeitnehmer im Unternehmen als Voraussetzung für die Erzwingung eines Interessenausgleichs und Sozialplans bei betriebsänderungen) BAG, U. v , 1 AZR 335/10 2. Im Entleiherbetrieb regelmäßig beschäftigte Leiharbeitnehmer sind bei der Größe des Betriebsrats und bei den Freistellungsquoren ( 38 BetrVG) zu berücksichtigen. BAG, B. v , 7 ABR 69/11, NZA 2013, S. 789 BAG, B. v , 7 ABR 24/11, Juris 3. Der Betriebsrat des Entleiherbetriebs ist bei der Einstellung und Versetzung von Leiharbeitnehmern nach 99 BetrVG zu beteiligen, wenn wie für Leiharbeit aufgrund Rechtsstellung gerade typisch der Betriebsinhaber das Wiesungsrecht innehat. Deshalb bestehen etwaige Zustimmungsverweigerungsrechte nach 99 Abs. 2 Nrn. 1 6 BetrVG (etwa bei unterbliebener innerbetrieblicher Stellenausschreibung, Verstoß gegen Auswahlrichtlinien gemäß 95 Abs. 2 BetrVG) - aber nicht bei einem Verstoß gegen den equal-pay-grundsatz des AÜG. Ständ. Rechtsprechung des BAG, etwa U. v , 7 ABR 117/09, NZA 2011, S f 4. Die Arbeitnehmervereinigung medsonet. Die Gesundheitsgewerkschaft e.v. war zu keinem Zeitpunkt tariffähig. BAG, B. v , 1 ABR 33/12, NZA-RR 2013, S. 641 f 5. Derzeit zentrales Problem bei der Abgrenzung von Werk- und Arbeitnehmerüberlassungsvertrag (Mißbrauchsdebatte) Vgl. LAG Baden-Württemberg, U. v , 2 Sa 6/13, NZA 2013, S f Zur Abgrenzung sh. zuletzt auch BAG, U. v , 3 AZR 395/11, Juris (Rzn. 20 f)
5 5 Equal-pay-Anspruch: 10 Abs. 4 AÜG 1. Die Darlegungs- und Beweislast des Leiharbeitnehmers für Ansprüche auf Zahlung gleichen Arbeitsentgelts wie Stammarbeitnehmer ( 10 Abs. 4 AÜG) umfasst neben dem Arbeitsentgelt vergleichbarer Stammarbeitnehmer auch die schriftsätzliche - Darlegung des Gesamtvergleichs im Überlassungszeitraum und die Berechnung der Differenzvergütung (Arbeitsleistung, Arbeitsunfähigkeit, gewährter Urlaub/Freizeitausgleich...). Bei Anwendung eines allgemeinen Entgeltschemas kann auf die fiktive Eingruppierung des Leiharbeitnehmers in dieses Schema abgestellt werden. Soweit sich (auch pauschalierter) Aufwendungsersatz als verschleiertes und damit steuerpflichtiges Arbeitsentgelt darstellt, ist es beim Gesamtvergleich der Entgelte zu berücksichtigen. 2. Der Anspruch des Leiharbeitnehmers auf gleiches Arbeitsentgelt ist entsprechend dem im Arbeitsvertrag bestimmten Zeitpunkt fällig und unterliegt der regelmäßigen Verjährungsfrist von drei Jahren nach 195 BGB. Die Verjährung beginnt damit mit dem Schluss des Kalenderjahres, in dem der Anspruch entstanden ist ( 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB) und der Gläubiger von den anspruchsbegründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt hat oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangt haben müsste ( 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB). 3. Der Anspruch des Leiharbeitnehmers unterliegt auch wirksamen! tarifvertraglichen oder arbeitsvertraglichen Ausschlussfristen allerdings: Um zu gewährleisten, dass der Leiharbeitnehmer den Anspruch auf gleiches Arbeitsentgelt auch dann fristwahrend geltend machen kann, wenn er die Höhe des vergleichbaren Stammarbeitnehmern des Entleihers gewährten Arbeitsentgelts (noch) nicht im Einzelnen kennt, muss die 1. Stufe einer arbeitsvertraglichen Ausschlussfristenregelung im Leiharbeitsverhältnis es zulassen, dass eine schriftliche Geltendmachung des Anspruchs aus 10 Abs. 4 AÜG dem Grunde nach ausreicht. 4. Der Leiharbeitnehmer hat jedoch gegenüber dem Entleihunternehmer einen Auskunftsanspruch auch über die Höhe der Arbeitsentgelte vergleichbarer Stammarbeitnehmer: 13 AÜG. Dieser Auskunftsanspruch entsteht im Zeitpunkt der Überlassung und unterliegt ebenfalls der regelmäßigen Verjährungsfrist von drei Jahren nach 195 BGB. BAG, U. v , 5 AZR 778/12, NZA 2014, S. 94 f BAG, U. v , 5 AZR 135/12, NZA 2014, S. 200 f BAG, U. v , 5 AZR 556/12, NZA 2014, S. 313 f BAG, U. v , 5 AZR 776/12, NZA 2014, Juris und ArbR 2014, S. 102 BAG, U. v , 5 AZR 365/13, AP Nr. 35 zu 10 AÜG BAG, U. v , 5 AZR 294/12, NZA 2013, S f BAG, U. v , 5 AZR 954/11, NZA 2013, S. 680 f BAG, U. v , 5 AZR 146/12, NZA 2013, S. 782 f BAG, U. v , 5 AZR 242/12, ZTR 2013, S. 191 BAG, U. v , 8 AZR 1081/12, NZA 2014, S. 968 f
6 6 Kündigung - Betriebsgröße, Beschäftigungsdauer, Kündigungsgründe 1. Bei der Bestimmung der Betriebsgröße isd 23 Abs. 1 Satz 3 KSchG sind im Betrieb beschäftigte Leiharbeitnehmer zu berücksichtigen, wenn ihr Einsatz auf einem in der Regel vorhandenen Personalbedarf beruht. BAG, U. v , 2 AZR 140/12, NZA 2013, S. 726 f 2. Beschäftigungszeiten des Leiharbeitnehmers im Entleiherbetrieb sind bei einem späteren Arbeitsverhältnis zwischen ihm und dem Entleiher regelmäßig nicht als Wartezeit isd 1 Abs. 1 KSchG anzurechnen. BAG, U. v , 2 AZR 859/11, NZA 2014, S f 3. Nach verbreiteter LAG-Rechtsprechung kann es der sozialen Rechtfertigung/ Wirksamkeit einer, vor allem betriebsbedingten, Kündigung entgegenstehen, wenn die Möglichkeit einer Weiterbeschäftigung auf einem von einem Leiharbeitnehmer damit als frei bzw. freimachbar anzusehenden besetzten Arbeitsplatz besteht. Annahmeverzug - Arbeitszeitkonto Ein Arbeitszeitkonto im Leiharbeitsverhältnis darf nicht dazu eingesetzt werden, 11 Abs. 4 Satz 2 AÜG zu umgehen und das vom Verleiher zu tragende Beschäftigungsrisiko auf den Leiharbeitnehmer zu überwälzen. Regelungen, die es dem Verleiher ermöglichen, in verleihfreien Zeiten einseitig das Arbeitszeitkonto abzubauen, sind unwirksam. BAG, U. v , 5 AZR 483/12, AP-Newsletter 2014, S. 173 f (Heft 8/2014)
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