Einführung: Das Gesellschaftsrecht als Teil des Privatrechts
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- Bella Bieber
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1 Einführung: Das Gesellschaftsrecht als Teil des Privatrechts Das Gesellschaftsrecht regelt die rechtlichen Beziehungen von privaten Organisationen (Personenvereinigungen) im Innen- und Außenverhältnis. Es enthält demzufolge u. a. Regelungen über - die Zulässigkeit bestimmter Organisationsformen (Gesellschaftstypen) für die jeweilige Unternehmung (vgl. z. B. 1 I PartGG), - die Gründung und die Beendigung der Gesellschaften, - die innere Struktur, insbesondere Willensbildung innerhalb der Gesellschaft und Verhältnis der Gesellschafter untereinander, - die Beziehungen der Gesellschaft zu außenstehenden Dritten, insbesondere Haftung und Vertretungsmacht der Gesellschafter. Ein einheitliches Gesetz für das gesamte Gesellschaftsrecht gibt es nicht. Vielmehr sind die hierzu gehörenden Bestimmungen in zahlreichen Einzelgesetzen aufzufinden. Es gibt gesellschaftsrechtliche Regelungen im BGB ( 21 ff. sowie 705 ff.), im HGB ( 105 ff.) im AktG, im GmbHG, im GenG usw. 1
2 Überblick über die wichtigsten Gesellschaften 1. Personengesellschaften: 2. Juristische Personen: - BGB-Gesellschaft, 705 ff. BGB (auch GbR genannt, Grundtyp aller Personengesellschaften) - Offene Handelsgesellschaft (OHG), 105 ff. HGB - Kommanditgesellschaft (KG), 161 ff. HGB - GmbH & Co. KG (besondere Erscheinungsform der KG) - Stille Gesellschaft, 230 ff. HGB - Eingetragener Verein, 21 ff. und 55 ff. BGB (Grundtyp aller juristischen Personen) - Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH), im GmbHG geregelt - Aktiengesellschaft (AG), im AktG geregelt - Kommanditgesellschaft auf Aktien (KG aa), in den 278 ff. AktG geregelt - Eingetragene Genossenschaft (eg), im GenG geregelt 2
3 Personengesellschaften und juristische Personen Die Unterscheidung zwischen Personengesellschaften und juristischen Personen ist anhand des Grades der rechtlichen Verselbständigung einer Gesellschaft zu treffen. Natürliche Personen sind rechtsfähig ( 1 BGB). Auch juristischen Personen besitzen eine solche Rechtsfähigkeit, d. h. sie haben die Fähigkeit, selbst Träger von Rechten und Pflichten zu sein. Ausschließlich die juristische Person selbst ist demnach - Eigentümerin von Sachen, - Gläubigerin oder Schuldnerin von Verbindlichkeiten, - Klägerin oder Beklagte im gerichtlichen Verfahren. Personengesellschaften kommt nicht in diesem Maße Rechtsfähigkeit zu. Das Vermögen der Gesellschaft steht den Gesellschaftern hier zur gesamten Hand zu (Gesamthandsgemeinschaft). 718 I BGB spricht daher vom gemeinschaftlichen Vermögen der Gesellschafter (Klammerbegriff nur sprachliche Vereinfachung für folgende!). Zuordnungssubjekt von Sachen, Forderungen etc. sind bei den Personengesellschaften also trotz Beschränkung ihrer individuellen Verfügungsbefugnis ( 719 BGB) die Gesellschafter, und zwar in ihrer gesamthänderischen Verbundenheit (vgl. die ab eingeführte Legalüberschrift des 719 BGB). 3
4 Kennzeichen der Personengesellschaft Prinzip der Selbstorganschaft, d. h. die sog. organschaftliche Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis muß in der Hand von zumindest einer Person liegen, die zugleich auch Gesellschafter ist. Prinzip der unbegrenzten persönlichen Gesellschafterhaftung (vgl. 128 HGB). Die Gesellschaft ist per se kein Rechtssubjekt (sie wird aber aufgrund praktischer Bedürfnisse weitgehend so behandelt, vgl. 124 HGB; besonders problematisch und umstritten ist dies bei der BGB-Gesellschaft). 4
5 Kennzeichen der juristischen Person Fremdorganschaft möglich, d. h. die Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis kann ausschließlich in der Hand von Nichtgesellschaftern (Nichtmitgliedern) liegen. Bei Einhaltung der Vorschriften über die Kapitalaufbringung und erhaltung haften die Gesellschafter persönlich nicht; sie haften jedoch mit dem Vermögen, das in der Gesellschaft steckt (vgl. 13 II GmbHG). Die juristische Person ist umfassend als Trägerin von Rechten und Pflichten anzusehen. Einmanngesellschaft möglich ( 2 AktG, 1 GmbHG; gilt nicht für den bürgerlich-rechtlichen Verein, 56 BGB, und für die eingetragene Genossenschaft, 4 GenG). 5
6 Weitere Begriffe - Kapitalgesellschaft: Bezeichnet diejenigen juristischen Personen, bei denen in der Regel die Höhe der eingezahlten Kapitalbeträge die Grundlage für die Entscheidungsbefugnisse und die Gewinnverteilung in der Gesellschaft bildet. Kapitalgesellschaften sind die Gesellschaft mit beschränkter Haftung, die Aktiengesellschaft und die Kommanditgesellschaft auf Aktien - Personenhandelsgesellschaft: Bezeichnet diejenigen Personengesellschaften, deren Zweck auf den Betrieb eines Handelsgewerbes unter gemeinschaftlicher Firma gerichtet ist (vgl. 105, 161 HGB) Personenhandelsgesellschaften sind die offene Handelsgesellschaft und die Kommanditgesellschaft, nicht aber die stille Gesellschaft. Letztere nimmt eine Sonderstellung ein, da hier nicht die Gesellschaft als solche, sondern nur der Inhaber des Handelsgeschäfts nach außen in Erscheinung tritt (vgl. 230 HGB). Man spricht daher auch von einer reinen Innengesellschaft. 6
7 Fall 1: Die A-GmbH, welche einen Werkzeughandel betreibt und die Brüder B und C als Gesellschafter hat, kauft über ihren Geschäftsführer G bei dem Kaufmann K 20 Bohrmaschinen zum Preise von 3000 Euro. Die A-GmbH gerät kurze Zeit später in Zahlungsschwierigkeiten, da der Werkzeughandel aufgrund der anhaltenden Flaute im Baugewerbe stagniert. K, der mit der Realisierung seiner Forderung nicht bis zum erneuten Aufschwung im Baugewerbe warten möchte, verlangt nun von dem vermögenden B die 3000 Euro. Zu Recht? 7
8 Lösung Fall 1: 1. Anspruch des K gegen B aus 433 II BGB? - Voraussetzung: Kaufvertrag zwischen K und B. - Willenserklärung des K, gerichtet auf den Abschluß eines Kaufvertrages, liegt vor. - Erforderliche Willenserklärung des B ist nur über G als Stellvertreter des B ( 164 I 1 BGB) möglich. G hat aber nicht B, sondern die A- GmbH vertreten. Es liegt also keine Willenserklärung des B vor. - Es besteht demzufolge kein Vertrag zwischen B und K. Ein Anspruch des K gegen B aus 433 II BGB besteht nicht. 2. Anspruch des K gegen B wegen der Stellung des B als Gesellschafter der A-GmbH? - Ein Vertrag zwischen der A-GmbH und K besteht (G hat die A- GmbH nach 164 I 1 BGB vertreten, seine Vertretungsmacht ergibt sich aus 35 I GmbHG). - B ist auch Gesellschafter der A-GmbH. - Für Verbindlichkeiten der Gesellschaft haftet den Gläubigern aber nur das Gesellschaftsvermögen ( 13 II GmbHG). Anders als bei den Personengesellschaften (vgl. 128 HGB) haften die Gesellschafter einer GmbH wie bei allen juristischen Personen nicht persönlich für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft. - Auch aus der Gesellschafterstellung des B ergibt sich kein Anspruch. 8
9 Fall 2: Die Freunde A und B wollen zusammen vier Wochen Campingurlaub machen. Sie mieten daher gemeinsam einen VW-Bus, kaufen ein Zelt, einen Campingtisch und Stühle, einen Campingkocher, verschiedene Dosensuppen, drei Paletten Dosenbier usw. Nach ihrer Rückkehr entsteht Streit darüber, wer das Zelt, wer den Campingtisch mit den Stühlen und wer den Campingkocher behalten darf. Außerdem sind noch einige Suppen und einige Bierdosen übriggeblieben. A und B wollen wissen, nach welchen Regeln sich die Aufteilung der Sachen zwischen ihnen richtet. 9
10 Lösung Fall 2: Die Aufteilung der Gegenstände richtet sich nach den Bestimmungen für die BGB-Gesellschaft ( 705 ff., insbesondere 731 ff. BGB), wenn eine solche BGB-Gesellschaft zwischen A und B entstanden ist. Ein BGB-Gesellschaft entsteht nach 705 BGB durch - eine Verpflichtung der Gesellschafter (Gesellschaftsvertrag), - die Erreichung eines bestimmten gemeinsamen Zwecks - zu fördern, insbesondere durch Leistung von Beiträgen (Förderungspflicht bzw. Beitragspflicht) Der gemeinsamer Zweck, zu dem sich A und B zusammengeschlossen haben, war die Durchführung des Campingurlaubs. Durch ihre Abreden im Vorbereitungsstadium haben sie sich verpflichtet, jeweils einen bestimmten Geldbetrag (Beitrag) aufzubringen, um die benötigten Gegenstände zu kaufen, was sie anschließend auch gemäß ihrer Vereinbarung durchführten. Eine BGB-Gesellschaft ist damit zwischen A und B entstanden. Nach der Rückkehr aus dem Urlaub ist der Zweck ihres Zusammenschlusses erreicht worden bzw. weggefallen. Die Gesellschaft endigt damit ( 726 BGB). Man spricht auch von Auflösung (vgl. Legalüberschrift des 726 BGB). Nach der Auflösung findet die sogenannte Auseinandersetzung statt ( 730 I BGB). Diese Auseinandersetzung richtet sich nach den 731 ff. BGB. Die Geldbeiträge von A und B sind zum Kauf der Gegenstände verbraucht worden. Das Geld können A und B daher nicht gemäß 733 II 1 BGB zurückverlangen. Wenn A und B sich nicht anderweitig einigen können, müssen sie die Gegenstände versilbern und das Geld aufteilen ( 733 III BGB). 10
11 Die verschiedenen Systeme der Entstehung juristischer Personen im Hinblick auf die hierbei erfolgende staatliche Kontrolle 1. Konzessionssystem: Die Rechtsfähigkeit wird von einer Behörde durch einen in ihrem Ermessen stehenden begünstigenden Verwaltungsakt verliehen. Dies gilt etwa für den wirtschaftlichen Verein ( 22 BGB) und die Stiftung ( 80 BGB). (Exkurs: Die Stiftung ist zwar juristische Person und damit rechtsfähig, hat aber keine Mitglieder. Sie ist dementsprechend auch kein Zusammenschluß einer Personenmehrheit.) 2. System der Normativbedingungen: Das Gesetz verlangt gewisse Voraussetzungen. Ihr Vorliegen ist vom Registergericht zu prüfen. Erst mit der Eintragung in das Vereins- o- der Handelsregister entsteht die juristische Person. Dieses System ist im deutschen Recht der Normalfall. So entsteht etwa der eingetragene (nichtwirtschaftliche) Verein ( 21 BGB), die Aktiengesellschaft oder die GmbH. 3. System der freien Körperschaftsbildung: Die juristische Person entsteht bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen ohne besondere staatliche Mitwirkung. Dieses System existiert im deutschen Recht nicht. 11
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