Verantwortlichkeiten beim Umgang mit Beton auf der Baustelle Alexander H. Böhme DÜSSELDORF I DRESDEN I WARSCHAU

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1 Verantwortlichkeiten beim Umgang mit Beton auf der Baustelle Alexander H. Böhme

2 Gliederung: 1. Vertragliche Einordnung 2. Rechte und Pflichten der Parteien 3. Haftung 4. Umgang mit Mischformen 5. Ausblick

3 1. Vertragliche Einordnung a) Vertragswerk sui generis nach 241 BGB b) Werkvertrag gemäß 631 ff. BGB c) Kaufvertrag gemäß 433 ff. BGB

4 1.a) Vertrag sui generis, 241 Abs. 1 BGB: Kraft des Schuldverhältnisses ist der Gläubiger berechtigt, von dem Schuldner eine Leistung zu fordern. Die Leistung kann auch in einem Unterlassen bestehen. Ungeeignet, weil hier nur die Grundtypen synallagmatischer Austauschbeziehungen in Form von Leistungs- und Rücknahmepflichten definiert werden.

5 1.b) Werkvertrag gemäß 631 Abs. 1 BGB: Durch den Werkvertrag wird der Unternehmer zur Herstellung des versprochenen Werkes, der Besteller zur Entrichtung der vereinbarten Vergütung verpflichtet. Die Hauptpflicht des Unternehmers besteht in der rechtzeitigen und mangelfreien Herstellung des Werks einschließlich seiner Ablieferung.

6 Einordnung von Beton als Bauwerk oder als Baustoff? Beton, egal in welcher Form gilt als vorgefertigter Baustoff und stellt ein Massenprodukt dar! Damit scheidet die Anwendung werkvertraglicher Grundsätze für die Abwicklung von Betonlieferverträgen aus. Gemäß 651 BGB finden auf solche Verträge vielmehr die Vorschriften über den Kauf Anwendung.

7 1.c) Kaufvertrag gemäß 433 Abs. 1 BGB: Durch den Kaufvertrag wird der Verkäufer einer Sache verpflichtet, dem Käufer die Sache zu übergeben und das Eigentum an der Sache frei von Sach- und Rechtsmängeln zu verschaffen.

8 2. Rechte und Pflichten der Parteien Verkäufer: Übergabe Eigentum verschaffen mangelfreie Sache übergeben Käufer: - Abnahme - Kaufpreiszahlung

9 2. Rechte und Pflichten der Parteien Die Sache ist frei von Sachmängeln, wenn sie bei Gefahrübergang die vereinbarte Beschaffenheit hat. Wenn keine Beschaffenheit vereinbart wurde, besteht Mangelfreiheit, wenn die Sache - sich für die vertraglich vorgesehene Verwendung eignet, sonst - sich für die gewöhnliche Verwendung eignet und eine übliche Beschaffenheit aufweist.

10 2. Rechte und Pflichten der Parteien Vereinbarte Beschaffenheit bei Beton nach Eigenschaften: - bei Anlieferung und Übergabe des Betons nach Eigenschaften ist ein Konformitätsnachweis gemäß Ziff. 8.2 der DIN EN 206-1:2000 zu führen.

11 2. Rechte und Pflichten der Parteien: Bei Anlieferung des Betons ist dessen Qualität sofort zu prüfen. Es erfolgt keine Abnahme! Die Prüfpflicht beschränkt sich regelmäßig darauf, die Angaben auf den Lieferscheinen zu kontrollieren und eine Sichtkontrolle des Betons vorzunehmen (OLG Hamm, Urteil vom U 47/06). Keine Pflicht eigenständige Untersuchungen vorzunehmen!!!

12 2. Rechte und Pflichten der Parteien: Ab dem Moment der Übergabe des Betons auf der Baustelle ist der Unternehmer dafür verantwortlich, dass die geforderten und bestellten Eigenschaften des Betons erhalten bleiben.

13 3. Haftung Bei Kauf von Beton nach Eigenschaften haftet der Hersteller des Betons, falls der gelieferte Beton die vereinbarten Eigenschaftsanforderungen nicht erfüllt. Gemäß 437 BGB hat der Käufer vorrangig Anspruch auf Nacherfüllung, zudem auf Rücktritt vom Vertrag, Minderung oder Schadens- beziehungsweise Aufwendungsersatz.

14 3. Haftung Nacherfüllung bedeutet regelmäßig die Lieferung einer neuen, mangelfreien Sache oder deren Reparatur, 437 Nr. 1 BGB. Die Haftung erstreckt sich auf eintretende Bauschäden wegen Verwendung des fehlerhaften Materials und auf den Aus- und erneuten Einbau der erforderlichen Austauschmaterialien (EuGH, Urteil vom Rs C-65/09).

15 3. Haftung Abs. 1 Alt. 2 BGB ist richtlinienkonform dahin auszulegen, dass die Nacherfüllungsvariante "Lieferung einer mangelfreien Sache" neben dem Ausbau und Abtransport der mangelhaften Kaufsache auch den Einbau der als Ersatz gelieferten Sache erfasst (im Anschluss an EuGH, Urteil vom Rs. C-65/09 und C-87/09, IBR 2011, 400; Senatsurteil vom VIII ZR 70/08, IBR 2012, 201).*) 2. Diese richtlinienkonforme Auslegung des 439 Abs. 1 Alt. 2 BGB ist auf den Verbrauchsgüterkauf (BGB 474) beschränkt und erstreckt sich nicht auf Kaufverträge zwischen Unternehmern oder zwischen Verbrauchern.*) BGH, Urteil vom VIII ZR 226/11

16 3. Haftung Es ist zwischen Kaufverträgen zwischen Unternehmen und solchen Kaufverträgen mit Verbrauchern zu unterscheiden. Der Unternehmer erhält nur einen Anspruch auf Lieferung einer mangelfreien Sache, während der Verbraucher auch die mit dem Austausch des mangelhaften Materials verbundenen Mehrkosten beanspruchen können soll!

17 3. Haftung Wird Beton nach Zusammensetzung verkauft und erweist sich dieser als mangelhaft, trägt der Käufer das Risiko der Funktion der vorgegebenen Zusammensetzung. Damit trüge er auch die Kosten der Nacherfüllung nebst Ausund Einbau. Der Verkäufer könnte gegebenenfalls mithaften, wenn die Zusammensetzung fehlerhaft vorgenommen worden wäre und dies bei Anlieferung objektiv nicht erkennbar war.

18 3. Haftung 1. Der Schadensersatzanspruch beim Kauf von Baumaterialien setzt voraus, dass der verkauften Sache eine zugesicherte Eigenschaft fehlt oder der Verkäufer einen Fehler arglistig verschwiegen hat. 2. Der Käufer von Frischbeton hat die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass er den Beton nicht zu spät verarbeitet hat. OLG Brandenburg, Urteil vom U 29/94

19 3. Haftung Steht aufgrund von Stichproben fest, dass die Leistung nicht den allgemein anerkannten Regeln der Technik oder den vertraglichen Vereinbarungen entspricht, ist sie insgesamt mangelhaft. In einem solchen Fall bedarf es keiner umfassenden Untersuchung zur Feststellung der Mangelhaftigkeit. OLG Frankfurt, Urteil vom U 178/14

20 3. Haftung Der Bauunternehmer, der dem Bauherrn u.a. zur Fertigung von Betonzwischendecken verpflichtet ist und den Beton nach konkreten, qualitativen und quantitativen Vorgaben von einem anderen Unternehmen herstellen und als Fertigbeton auf die Baustelle liefern lässt, bedient sich dieses Unternehmens bei der Erfüllung einer eigenen Verbindlichkeit als Erfüllungsgehilfe. OLG Karlsruhe, Urteil vom U 31/96

21 3. Haftung Vereinbaren die Parteien, dass die Lieferung bestimmter Baumaterialien bauseits erfolgen soll, liegt es im Verantwortungsbereich des Auftraggebers, die für den vorgesehenen Verwendungszweck geeigneten Baustoffe zu beschaffen und dem AN zur Verfügung zu stellen. Durch eine solche Regelung wird das Risiko der Lieferung fehlerhafter Materialien ausschließlich dem AG zugewiesen. OLG Saarbrücken, Urteil vom U 448/03

22 3. Haftung Wenn der mit der Lieferung und dem Einbau von Betonfertigteilen beauftragte Unternehmer darauf besteht, diese Teile nach einer vertragswidrigen Betonrezeptur zu fertigen, ist der Auftraggeber berechtigt, den Vertrag aus wichtigem Grund zu kündigen. OLG Hamm, Urteil vom U 70/05; BGH, Beschluss vom VII ZR 94/06 (NZB zurückgewiesen)

23 4. Umgang mit Mischformen Die EN 206-1:2000 ebenso wie die DIN unterscheiden zwischen Betonen nach Eigenschaften und Betonen nach Zusammensetzung. Prüfverfahren bei gemischten Betonen sind nicht geregelt. Damit besteht ein Risiko der Verwendung nicht zugelassener Baustoffe.

24 4. Umgang mit Mischformen Werden Baustoffe trotz Bedenken des jeweiligen Bundesverbands produziert und auf den Markt gebracht, ohne dass vorher alle technisch notwendigen Prüfungen durchgeführt werden, um ein Schadenspotenzial auszuschließen, wird eine Schädigung im Sinne des 826 BGB billigend in Kauf genommen. OLG Düsseldorf, Beschluss vom W 9/13

25 5. Ausblick Das Bundesministerium für Justiz hat am den Referentenentwurf eines Gesetzes zur Reform des Bauvertragsrechts und zur Änderung der kaufrechtlichen Mängelhaftung vorgelegt. Dieser sieht vor, den 439 BGB um einen dritten Absatz zu ergänzen, mit dem ein verschuldensunabhängiger Haftungstatbestand für Verkäufer fehlerhafter Baumaterialien eingeführt werden soll, der sich insbesondere auch auf die Einund Ausbaukosten des fehlerhaften Materials erstrecken soll! (vgl. Schreiner, Pisal, Der (verschuldensunabhängige) Regressanspruch des Werkunternehmers bei Materialmängeln bald endlich geltendes Recht?, BauR 2/2016)

26 Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!!!