Dr. Bettina Pabel. Natürlich glutenfrei

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2 Dr. Bettina Pabel Natürlich glutenfrei

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4 Dr. Bettina Pabel Natürlich glutenfrei Alltagsratgeber bei Zöliakie und Sprue Mit Rezepten von Marlis Weber

5 Wichtiger Hinweis: Alle Ratschläge und Rezepte sind sorgfältig geprüft. Die Informationen in diesem Buch können jedoch keinesfalls die Diagnose und Behandlung durch Ärzte oder Heilpraktiker ersetzen. Bei ernsten Erkrankungen und Beschwerden sollte immer individueller fachlicher Rat eingeholt werden.

6 5 Inhalt Glutenfrei leben Zöliakie erkennen Darmerkrankung mit Folgen Immunsystem auf Abwegen Erkrankung mit vielen Gesichtern Dem Gluten auf der Spur Die eindeutige Diagnose: Biopsie Weizenallergie erkennen Laktoseintoleranz Eintreten und Verlauf Keine Angst vor einem Nährstoffmangel Mögliche Begleiterkrankungen Leben mit Zöliakie Zöliakie bei Kindern Zöliakie im Erwachsenenalter Der glutenfreie Urlaub Zöliakie im Krankenhaus Das liebe Geld So klappt die Umstellung Der erste Schritt Einkauf mit Checkliste Bessere Kennzeichnung Der glutenfreie Haushalt Getreidemühlen Getreideflocker Brotbackautomat Stichwort Sauberkeit

7 6 Inhalt Die glutenfreie Küche Werden Sie Ihr eigener Bäcker! Fantasie mit Köpfchen Geben Sie dem Teig Zeit Etwas Süßes zum Kaffee Für den italienischen Abend: Pasta Die Alternativen im Kochtopf Rezepte Grundrezepte für glutenfreie Getreidearten Hinweise zu den Rezepten Glutenfreie Frühstücksgerichte Glutenfreie Suppen Glutenfreie Salate Glutenfreie Hauptgerichte Glutenfreie Süßspeisen Glutenfreie Brote und Brötchen Glutenfreie Kuchen und Torten Anhang Die Autorinnen Nützliche Adressen Sachindex Rezeptindex

8 Glutenfrei leben Nicht nur Kleinkinder, sondern Menschen jeden Alters kann sie treffen: Die Diagnose Zöliakie und damit die Notwendigkeit, das Essverhalten gründlich umzustellen. Der Erleichterung, endlich die Ursache der quälenden Beschwerden gefunden zu haben, folgt meist ziemlich schnell die Ratlosigkeit, wie ein Leben ohne Gluten in der Praxis aussehen soll. Die chronische Darmerkrankung lässt sich zwar gut behandeln, dies setzt aber einen völligen Verzicht auf glutenhaltige Lebensmittel voraus. Für sehr viele Menschen, Erwachsene ebenso wie Kinder, gehört diese Krankheit zum»täglichen Brot«. Betroffen sind zum einen die Menschen, die persönlich mit der Glutenunverträglichkeit leben müssen, aber auch deren Angehörige. Da gibt es zum Beispiel Personen, die auf der Suche nach dem Grund für körperliche Beschwerden eine wahre Odyssee erlebt haben. Oder die, die sich für Mitbetroffene engagieren und Selbsthilfegruppen ins Leben gerufen haben. Dazu gehören auch Kinder, die darunter leiden, anders zu sein als andere. Gerade deshalb haben sie früh gelernt, mit der Zöliakie umzugehen und ihr Leben zu managen. Für mich sind es Persönlichkeiten, die Mut machen und denen ich herzlich für ihre Mitarbeit durch die offenen Gespräche und Anregungen danken möchte. Und ich hoffe, dass dieses Buch mit seinen Tipps und den vegetarischen Rezepten von Marlis Weber auch Ihrer Lebensfreude immer wieder Auftrieb gibt. Ihre

9 8 Zöliakie erkennen Zöliakie tritt oft schon im Kindesalter auf, doch auch Erwachsene jeden Alters kann es treffen. Darmerkrankung mit Folgen Zöliakie ist eine chronische Darmerkrankung, bei der die Oberfläche und die Struktur der Dünndarmschleimhaut durch das Getreideeiweiß Gluten zerstört werden, daher sprechen Mediziner von einer»gluteninduzierten Enteropathie«(Enteropathie ist der medizinische Ausdruck für eine Erkrankung des Darms). Die Unverträglichkeit von Gluten besteht ein Leben lang, daher ist eine dauerhafte glutenfreie Ernährung unvermeidbar. Meist tritt die Zöliakie schon im Kindesalter auf, doch auch Erwachsene jeden Alters können sie noch entwickeln. Dann bezeichnet man die Erkrankung als Sprue (gesprochen»spruh«). Der Einfachheit halber soll in diesem Buch jedoch meist nur der Begriff Zöliakie benutzt werden. Der Name»Zöliakie«lässt sich aus dem Griechischen»koilia«für eine Erkrankung des Bauches ableiten. Die Bezeichnung»Sprue«kommt daher, dass die Betroffenen häufig Aphthen im Mund bekommen. Im Holländischen heißen die schmerzhaften Bläschen»sprow«. Um die gluteninduzierte Erkrankung von einer bakteriellen Erkrankung der Darmschleimhaut mit ähnlichen Symptomen zu unterscheiden, spricht man genauer von»einheimischer Sprue«. Um die Auswirkungen einer Zöliakie zu verstehen, muss man einen Ausflug in die Ernährungsmedizin machen: Wir verdauen unsere Nahrung im Magen und im Dünndarm. Mit Hilfe von bestimm-

10 Zöliakie erkennen 9 gesunde Dünndarmzotten verkümmerte Dünndarmzotten ten Enzymen wird sie dort in solche Bestandteile zerlegt, die der Körper verwerten kann. Erst dann können Kohlenhydrate, Fette, Eiweiß, Vitamine und Mineralstoffe über die Schleimhaut des Dünndarms in den Blutkreislauf gelangen, wo sie das Blut zu ihren jeweiligen Zielorten transportiert. Um genug Nährstoffe aufzunehmen, besitzt die innere Darmschleimhaut viele Faltungen und fingerartige Ausstülpungen. Circa vier Millionen solcher Zotten weist der Dünndarm auf! Dadurch wird die Oberfläche um ein Vielfaches vergrößert. Bei einer Zöliakie schädigt oder zerstört das Eiweiß Gluten die etwa einen Millimeter hohen Zotten, so dass Organe und Gewebe nicht ausreichend mit Nährstoffen versorgt werden können. Die Nahrungsbestandteile werden nur zu einem geringen Teil aufgenommen, der Rest»rauscht«unnütz durch den Körper und wird oft als Durchfall ausgeschieden. Typisch ist bei dieser Art des chronischen Durchfalls zudem eine vermehrte Fettausscheidung mit dem Stuhl, die durch die mangelnde Fettverdauung im gereizten Darm verursacht wird. Weil der scharf riechende Stuhl voluminös und von Gluten schädigt die Darmschleimhaut, deshalb können wichtige Nährstoffe nur unzureichend aufgenommen werden.

11 10 Zöliakie erkennen Der Mangel an lebenswichtigen Nährstoffen kann zu Folgeerkrankungen führen. klebrig glänzendem Aussehen ist, sagen manche Menschen, er ähnele Haferbrei. Bei Kindern kommt es neben einem Gewichtsverlust durch die schlechte Nährstoffversorgung oft auch zu verzögertem Wachstum und einem aufgetriebenen Bauch. Ein charakteristisches Merkmal bei jungen Frauen ist, dass die Pubertät sehr spät eintritt, und manche werden trotz des Wunsches nach einem Kind nicht schwanger. In den Körperzellen führt der Mangel an lebenswichtigen Nährstoffen, wie Eiweiß, Fett, den Vitaminen E und B 12 sowie Folsäure, oft zu Folgeerkrankungen. Bekommt der Körper beispielsweise zu wenig B-Vitamine, ist die Immunabwehr geschwächt, die Haut ist trocken und schuppt und in den Mundwinkeln treten Risse auf. Bei den Mineralstoffen machen sich vor allem fehlendes Eisen, Zum Beispiel Thomas: Thomas hatte schon seit der Jugend Hautprobleme, die immer schlimmer wurden. Als er Anfang zwanzig war, bildete sich sogar richtiger Schorf im Gesicht. Dazu kamen im Erwachsenenalter starke Gelenkschmerzen, die besonders morgens auftraten. Durchfall hatte Thomas allerdings nicht. Jahrelang suchte er nach einem Ausweg, um die Beschwerden loszuwerden. Nachdem er auf vegetarische Ernährung umgestiegen war und sich mit Akupunktur behandeln ließ, wurde der Zustand der Haut deutlich besser. Eine Verbesserung brachte auch eine neutrale biologische Körperlotion, aber ganz beschwerdefrei wurde er nicht. Mit Hilfe einer Heilpraktikerin kam er endlich auf Gluten als Übeltäter. Seitdem vermied er das Getreideeiweiß in seiner Ernährung und ist im Laufe von einigen Monaten endlich die Schmerzen und Probleme losgeworden.»klar fällt im Alltag einiges weg, was man sonst gewohnt war, aber die Ernährungsumstellung ist gut zu handeln«, meint er. Thomas achtet darauf, sich so gut es geht vollwertig zu ernähren, vermeidet Fertigprodukte und kauft überwiegend im Bioladen ein. Beim Essen fährt die Familie zweigleisig: Wenn seine Freundin Weizennudeln kocht, gibt es für Thomas eben Reisnudeln.

12 Zöliakie erkennen 11 Kalzium und Zink bemerkbar. Eisenmangel zum Beispiel verursacht unter Umständen Blutarmut (Anämie), denn das Blut braucht Eisen, um den Sauerstoff zu transportieren. Die von Anämie Betroffenen sind daher müde und blass, können sich nicht konzentrieren, frieren oder haben keinen Appetit. Ein Mangel an Kalzium ist schlecht für den Aufbau der Knochen im Kindesalter und begünstigt später die Entstehung von Osteoporose. Wird die Zöliakie nicht beachtet, drohen im schlimmsten Fall sogar Lymphome (Lymphknotenschwellungen), die auch bösartig sein können, oder Darmkrebs. Auch nimmt die Anfälligkeit gegenüber Krankheiten wie Diabetes mellitus oder Schilddrüsenfehlfunktionen mit fortlaufender Dauer einer unbehandelten Zöliakie zu. Immunsystem auf Abwegen Bei den Ursachen und Hintergründen für Zöliakie gibt es noch viele Fragezeichen. Unklar ist beispielsweise, ob Zöliakie erblich ist. Zu einem gewissen Anteil ist bei der Zöliakie auch eine genetische Veranlagung wahrscheinlich, denn laut Statistik weisen etwa zehn Prozent der direkten Verwandten von Zöliakiekranken gleichfalls eine anfällige Dünndarmschleimhaut auf. Auch die Frage, ob es sich um eine Allergie handelt, ist nicht eindeutig zu beantworten. Zöliakie ist keine»echte«allergie. Versteht man aber unter einer Allergie eine überempfindliche Reaktion des Körpers auf den Kontakt mit einem Stoff, der normalerweise nicht schadet, dann schon. Bei gesunden Menschen schützt sich der Körper mit Hilfe von bestimmten Eiweißen und so genannten Fresszellen vor fremden Stoffen, den Zöliakie ist keine»echte«allergie.

13 12 Zöliakie erkennen Bei einer Allergie gerät das körpereigene Abwehrsystem außer Kontrolle. Der Körper bildet Immunglobuline der Gruppe A und G (IgA und IgG). Antigenen. Die Eiweiße, so genannte Immunglobuline, werden je nach Funktion und Eigenschaft in verschiedene Untergruppen eingeteilt, z. B. Immunglobulin A oder E. Die Immunglobuline heften sich an die Antigene und neutralisieren sie dadurch. Zugleich schütten die Fresszellen den Abwehr- und Entzündungsstoff Histamin aus. Bei einer Allergie ist dieses ausgeklügelte Abwehrsystem außer Kontrolle geraten. Das Immunsystem verhält sich so, als ob ein an sich harmloser Stoff eine Bedrohung darstellt. Es werden Immunglobuline als Antikörper gebildet und große Mengen an Histamin ausgeschüttet. Dies führt zu den bekannten allergischen Beschwerden, unter anderem auch Erbrechen und Durchfall. Um eine Nahrungsmittelallergie nachzuweisen, prüft der Arzt daher, ob nach der Aufnahme eines bestimmten Nahrungsmittels vermehrt Immunglobuline gebildet werden, im Regelfall das Immunglobulin E (IgE). Bei Zöliakie bildet der Körper ebenfalls verschiedene Antikörper, demnach liegt auch ein allergieartiger Anteil vor. Da Antikörper gegen körpereigenes Gewebe und gegen ein körpereigenes Wundheilungsenzym gebildet werden, wird außerdem von einer Autoimmunerkrankung ausgegangen. Um dies nachzuweisen, wird im Gegensatz zur echten Allergie nach anderen Klassen von Immunglobulinen (IgA und IgG) gesucht. Erkrankung mit vielen Gesichtern Im Gegensatz zu vielen Allergien sind die möglichen Symptome bei Zöliakie sehr breit gefächert und eher unspezifisch. Zu den klassischen Symptomen, die man selbst wahrnimmt, kommen diagnostische Hinweise auf

14 Zöliakie erkennen 13 einen Nährstoffmangel oder Blutarmut. Weiterhin kann die defekte Darmschleimhaut zu einer mangelhaften Fettabsorption führen, die durch eine Untersuchung der Fettbilanz nachzuweisen ist. Und auch eine verminderte Aufnahme von Kohlenhydraten kann der Arzt durch eine Untersuchung feststellen. Weniger als 50 Prozent der Patienten neigen zu Durchfall und Gewichtsverlust. Und es treten nicht immer alle Beschwerden zugleich und sofort auf, ja oft bleibt es sogar bei einem einzigen Symptom. Daher dauert es manchmal Jahre, bis man durch die Kombination mehrerer Merkmale den Schlüssel für seine Beschwerden gefunden hat. Dann heißt die einzig mögliche Therapie: Ab heute ohne Gluten! Solange der Verursacher des Übels, das Getreideeiweiß Gluten, nicht gemieden wird, ist die Lebens- Es kann Jahre dauern, bis die Zöliakie erkannt wird. Häufige Symptome bei Kindern (Zöliakie) Wachstum und Gedeihen sind gestört Blähungen, häufiger Durchfall aufgedunsener Bauch Blässe Appetitlosigkeit Gewichtsverlust dauerhaftes quengeliges Verhalten, Lustlosigkeit Falten am Gesäß Wasseransammlungen unter der Haut Häufige Symptome bei Erwachsenen (Sprue): unspezifisch! Durchfall Blähungen Bauchschmerzen chronische Müdigkeit, Kraftlosigkeit Gewichtsverlust Übelkeit schmerzende Knochen und Gelenke Depression Unfruchtbarkeit u. a. Defekte am Zahnschmelz

15 14 Zöliakie erkennen Von nun an heißt es: Konsequent glutenfrei leben! Bei Kindern erholt sich die Darmschleimhaut schnell. qualität der Betroffenen durch die Symptome stark eingeschränkt und zudem drohen die erwähnten Spätfolgen. Selbst wenn durch das Essen glutenhaltiger Lebensmittel keine offensichtlichen Symptome auftreten, bleibt die Krankheit weiter bestehen. Früher oder später wird die Atrophie der Dünndarmschleimhaut bei Diätfehlern wieder kommen und es können Erkrankungen außerhalb des Verdauungstraktes entstehen. Darum bleibt die lebenslange und konsequente Diät der Maßstab. Trotzdem sollten Sie im Alltag zwar bewusst mit ihrer Ernährung umgehen, sich aber nicht vor Angst verrückt machen. Ein Leben ohne Gluten ist weniger schwierig, als Sie anfangs vielleicht denken und auch der Genuss beim Essen muss nicht zu kurz kommen. Ist die Ernährung einmal umgestellt, erholen sich kleinere Kinder meist sehr schnell, manchmal schon nach wenigen Tagen. Nach ein bis zwei Monaten macht sich die Gewichtszunahme bemerkbar. Bei der Darmschleimhaut geht man davon aus, dass sie sich nach etwa einem halben Jahr erholt hat. Bei Erwachsenen kann das Nachlassen der Symptome dagegen lange dauern, da sich die geschädigte Dünndarmschleimhaut nicht so rasch regeneriert. Doch auch sie werden sich nach einiger Zeit deutlich besser fühlen. Dem Gluten auf der Spur Gluten ist ein Eiweiß, das in den Getreidesorten Weizen, Roggen, Gerste und Hafer vorkommt. Weil sich seine Zusammensetzung jeweils leicht unterscheidet, nennt man es im Weizen Gliaden, Secalin im Roggen, Hordein in Gerste und Avenin im Hafer. Dinkel bzw. Grünkern, Kamut oder Einkorn, Tritikale, Emmer und Urkorn zählen zu den Wei-