Autismus - Begleitung in einer anderen Welt

Transkript

1 Autismus - Begleitung in einer anderen Welt Roswitha Nass Dipl.-Heilpädagogin

2 Autismus Erscheinungsformen Video Bahnhof

3 Definition Welche möglichen Formen von Autismus sind Ihnen bekannt?

4 Klassifikation von Autismus nach ICD-10 F8 Entwicklungsstörungen F84 Tiefgreifende Entwicklungsstörungen F84.0 Frühkindlicher Autismus F84.1 Atypischer Autismus F84.2 Rett Syndrom F84.3 Andere desintegrative Störungen des Kinderalters F84.4 Hyperkinetische Störungen mit Intelligenzminderung und Bewegungsstereotypien F84.5 Asperger Syndrom

5 Allgemeine Merkmale einer tiefgreifenden Entwicklungsstörung Beginn ausnahmslos in Kleinkindalter oder Kindheit Einschränkung oder Verzögerung in der Entwicklung von Funktionen, die eng mit der Reifung des ZNS verknüpft sind. Stetiger Verlauf

6 Frühkindlicher (Kanner) Autismus oder Asperger Syndrom? Leo Kanner Hans Asperger

7 Qualitative Beeinträchtigung bei tiefgreifenden Entwicklungsstörungen Kommunikation Schwierigkeiten in Verwendung und Verständnis von Sprache Soziale Interaktion Schwierigkeiten in der Beziehung mit anderen Menschen Repetitive Körperbewegungen und andere stereotype Verhaltensweisen

8 Frühkindlicher (Kanner) Autismus oder Asperger Syndrom? Kanner Autismus Jungen : Mädchen = 3-4 : 1 Asperger Autismus Jungen : Mädchen = 8 : 1 75 % Intelligenzdefizite Meist normale Intelligenz Beginn vor dem 3. Lebensjahr Sprachentwicklungs- verzögerung Keine Sprachentwicklungs- verzögerung Ungestörte Entwicklung allenfalls vorher Ohne Entwicklungsstörung

9 ASS Autismus Spektrum Störung umfassen verschiedene Störungsbilder Frühkindlicher Autismus Asperger Syndrom Rett Syndrom Desintegrationsstörungen Unspezifische Entwicklungsprobleme

10 Autismusspektrumstörung (ASS) Konzept eines fließenden Übergangs zwischen verschiedenen Formen des Autismus Geistige Behinderung, keine Sprache Hochbegabung, gute Sprache

11 Ursachen für Autismus Welche Ideen haben Sie zu den Ursachen von Autismus?

12 Ursache der ASS Genetische Ursache Schwangerschaft und Geburtskomplikationen (Rötelinfektion) Psychosoziale Risikofaktoren (Erziehungsstil, Deprivation) Impfungen und Allergien

13 Neuropsychologische Modelle Theorie of Mind (TOM) Theorie der schwachen, zentralen Kohärenz Theorie der eingeschränkten exekutiven Funktionen Theorie der eingeschränkten Imitationsfähigkeiten

14 Theory of mind Theory of Mind (ToM) Fähigkeit sich in das Denken anderer Menschen hineinzuversetzen und deshalb auch deren Handlungen voraussehen zu können

15 Theorie of Mind Beeinträchtigungen in der Empathie/ Theory of Mind Emotionen und soziale Absichten werden auf formal-kognitive Art beschrieben Kein intuitives Verhalten Keine soziale Interpretation von Situationen

16 Theorie of Mind Was ist bei Mimik und nonverbalem Verhalten zu beobachten: Mimischer Ausdruck reduziert Spektrum von Gesichtsausdrücken eingeschränkt Mimischer Ausdruck nicht sozial gerichtet/reziprok Nur extreme Ausformungen von Gefühlen Gesichtsausdruck nicht passend zu Situation Kein soziales Lächeln

17 Schwache zentrale Kohärenz Annahme: Wahrnehmung und Denken ist normalerweise durch zentrale Kohärenz charakterisiert. Normal: Reize kontextgebunden, global und ganzheitlich erfassen und interpretieren Pathologisch: Einzelne Komponenten nicht zu einem kohärenten Ganzen integrieren zu können (Reize kontextfrei verarbeiten)

18 Navon - Aufgabe N N N N N N N N NNNNNNNNNN K K K K KKKKKKKKKK K K K K K K K K K K K K

19 Schwache zentrale Kohärenz Nachteile im täglichen Leben Wenig Orientierung auf Sinnhaftigkeit Gedächtnis für Details kann zu gut sein! Unabhängigkeit vom Kontext kann zu weit gehen! Wenig Relativität: Schwarz-weiss-Malerei

20 Schwache zentrale Kohärenz Vorteile im täglichen Leben Gutes Korrekturenlesen Gutes wörtliches Behalten Schnelles Finden von Objekten, Fehlern Systematischer Erwerb von Fakten, Objekten

21 Exekutive Funktionen Sammelbegriff für mentale Funktionen wie Antizipation Handlungsplanung, Arbeitsgedächtnis, kognitive Flexibilität, Impulskontrolle Zielüberwachung

22 Exekutive Funktionen Schwierigkeiten bei : Planungsprozessen, insbesondere zielgerecht und problemorientiert zu handeln der Entwicklung von Problemlösungsstrategien Fehlende Flexibilität bei der Umstellung von einem Lösungsweg auf den anderen Perseveratorisches Verharren bei einer einmal eingeschlagenen Strategie, auch wenn sie bei den neuen Aufgabe nicht passt

23 Eingeschränkte Imitationsfähigkeit Nervenzellen im Gehirn, die gleichen Potenziale auslösen bei passiver und aktiver Betrachtung. (Video Spiegelneuronen)

24 Eingeschränkte Imitationsfähigkeit Schwierigkeiten im Bereich der Imitation von: Handlungen mit Gegenständen unbedeutenden Gesten und Verhaltensweisen

25 Goldener Standard 1. Fragebogen über Verhalten und soziale Kommunikation (VSK) Autismusscreening 2. Autismus Diagnostisches Interview (ADI-R) 3. Autismus-Diagnostisches-Beobachtungs- Instrument (ADOS) Früherkennung und Frühförderung verbessert die Prognose autistischer Kinder deutlich.

26 Welche Therapieansätze gibt es?

27 Neuere Überlegungen zur Behandlung Abkehr vom psychodynamischen Theorien einzelne Behandlungsmethoden im Sinne des multimodalen Plans Familien als gleichberechtigte Partner in Behandlung einbeziehen Pädagogische Programme Individuelle Psychotherapie

28 Therapieansätze Empirisch gut abgesichert und allgemein anerkannte Verfahren: verhaltenstherapeutische Verfahren und Therapieprogramme

29 Therapieansätze Keine nachweisbaren Effekte auf Kernsymptomatik, jedoch Symptomverbesserung

30 Therapieprinzipien Entwicklungsorientierung Multimodaler Therapieplan Langzeittherapie hoch strukturierte Interventionen

31 Ziele der Therapie Verbesserung der Lebensqualität Selbstbild Hendrik

32 Eltern- und Familienarbeit Störungen in der Eltern- Kind- Interaktion fehlende Orientierung auf soziale Reize keine Reaktion auf eigenen Namen fehlender, nicht kommunikativer Blickkontakt kein soziales Lächeln fehlendes joint attention

33 Eltern- und Familienarbeit Elternausbildung Verhaltenstherapeutisches Training Professionalisierung der Eltern Aufbau entwicklungsfördernder Interaktion

34 TEACCH T reatment and E ducation of A utistic and related C ommunication handicapped CH ildren Therapie und pädagogische Förderung autistischer und in ähnlicher Weise kommunikationsgestörter Kinder

35 TEACCH TEACCH als pädagogisch-therapeutischer Ansatz, der autismusspezifisch und kommunikationsorientiert ist

36 TEACCH TEACCH - Netzwerk aus Einrichtungen in Kooperation mit den Betroffenen und deren Familien staatliches Programm in North Carolina Hilfssystem verschiedener Einrichtungen, die eine lebenslange Begleitung und Förderung ermöglichen Vernetzungsinitiative mit pädagogisch-therapeutischem Konzept

37 TEACCH Strukturierung des Umfelds oder Structured Teaching

38 Pädagogisches Ziel von TEACCH höchst möglichstes Maß an Selbstsicherheit und Selbstständigkeit

39 TEACCH Warum visuelle Hilfen? Visuelle Informationen werden besser gespeichert als verbale Visuelle Informationen sind zeitlos Visuelle Informationen sind personenunabhängig Visuelle Informationen könne als Erinnerungshilfen genutzt werden Visuelle Informationen sind emotionslos