Traumata. Grundlagen und Umgang mit belasteten Flüchtlingskindern
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- Simon Günther
- vor 7 Jahren
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1 Traumata Grundlagen und Umgang mit belasteten Flüchtlingskindern Diana Sebastian, Psychologin der Beratungsstelle für Eltern, Kinder und Jugendliche Pforzheim Enzkreis 1
2 Überblick Was ist ein Trauma Stressauslöser im Kriegskontext Was geschieht in traumatisierenden Situationen Merkmale und Diagnose von Traumata Hilfreiches für den Umgang TraumapädagogischeElemente Vernetzung Selbstfürsorge 2
3 Was ist ein Trauma? Ein Ereignis (oder mehrere Ereignisse), erzeugt soviel Stress, dass die Anpassungsfähigkeit des Organismus überschritten wird. Das Erleben von Hilflosigkeit und Ohnmacht, hat Folgen für die Verarbeitung des Erlebten traumatisch Erlebtes wird aufgespalten, eine Integration misslingt. 3
4 Arten von Traumatisierungen Akzidentielle oder Apersonale Traumata Typ I Traumata (einmalig und kurzfristig) Schwere Verkehrsunfälle, berufsbedingte T. (z.b. Polizei, Feuerwehr), Naturkatastrophen (kurz: z.b. Wirbelsturm, Brand etc.) Typ II Traumata (mehrfach und langfristig) Lang andauernde Naturkatastrophen (z.b. Überschwemmungen, Erdbeben), Technische Katastrophen (z.b. Giftgaskatastrophe) Interpersonale Traumata ( man made ) Sexuelle Übergriffe (Vergewaltigung) kriminelle bzw. körperliche Gewalt (z.b. bei Banküberfall) Sexuelle und körperliche Gewalt /Missbrauch, Kriegserleben, Geiselhaft, Folter, politische Inhaftierung 4
5 Weitere Kategorisierungen von Traumata Kumulative Traumatisierung Sequentielle Traumatisierung 5
6 Stressoren: Unmittelbar vom Krieg betroffen Ereignisse Eigene Fluchterlebnisse - Angst um die Familie - Erleben von Angriffen und Überfällen - Angst um eigenes Leben Zeugen von Verletzungen / Misshandlungen - Erleben von Bombenangriffen - Bedrohung durch Waffen - Menschen sterben sehen - Nahe Verwandte in der Heimat zurückgeblieben - Freunde in der Heimat zurückgeblieben - Abschied von Freunden nicht möglich - Abschied von Verwandten nicht möglich - Familie ohne Vater auf der Flucht - Alleine auf der Flucht - Reisedauer: bis 1 Woche, ca. 1Mo, bis zu 6 Mo 6
7 Stressoren: Indirekt vom Krieg betroffen Ereignisse Gesellschaftliche Belastungen im Exil Familiäre Belastungen im Exil - Verwandter im Krieg umgekommen - Verwandte im Krieg gekämpft - Vater im Krieg gekämpft - Misshandlung/ Verletzung der Eltern - Mehrere Verwandte im Krieg umgekommen - Kein eigenes Zimmer - Erzwungene Arbeitslosigkeit der Eltern - Diskriminierungserfahrungen - Gemeinsame sanitäre Anlagen - Unsicherer Aufenthalt - Gemeinsame Küche - Teilen eines Zimmers mit den Eltern/Familie - Übersetzen für Eltern - Erledigen amtliche Post - Häufige Konflikte mit den Eltern - Vater keine Bezugsperson - Mutter keine Bezugsperson - Keine Unterstützung von den Eltern 7
8 Traumatischer Prozess Äußere Anforderungen: Bewältigung Scheitern Fragmentierung Anpassungsleistung: 8
9 Existentiell bedrohliches Ereignis Keine Fluchtmöglichkeit Angst, Verzweiflung, Schmerz Hilflosigkeit No Flight No Fight Ohnmacht Kognitionen Freeze Ausgeliefert sein TRAUMA Bilder Fragments Emotionen Keine Kampfmöglichkeit Beziehungserfahrungen Körperempfindungen 9
10 Existentiell bedrohliches Ereignis Keine Fluchtmöglichkeit Angst, Verzweiflung, Schmerz No Flight No Fight Hilflosigkeit Kognitionen DISSOZIATION Freeze AMNESIE TRAUMA Ohnmacht Bilder Fragments verdecken Ausgeliefert bei starker sein Traumatisierung das eigentliche Trauma wie eine Schutzwolke Emotionen Keine Kampfmöglichkeit Beziehungserfahrungen Körperempfindungen 10
11 Was bedeutet Dissoziation? Je nach Definition sind normal-psychologische Prozesse (z.b. Übermüdungs-Stressreaktionen, Tagträume) und pathologische Prozesse (z.b. Gedächtnisverlust über bestimmte Erlebnisse, Erleben des eigenen Körpers/ der Persönlichkeit/der Wahrnehmung als nicht zu-sich-gehörig, sich selbst ggü. der Umwelt als fremd erleben) eingeschlossen. Besondere Reaktionsform auf traumatische Erfahrungen (biologischer Schutzmechanismus). Veränderung des Bewusstseins in der normalerweise miteinander verbundene psychische Prozesse als voneinander getrennt erlebt werden. 11
12 Was passiert im Gehirn? Traumatisierung = Gedächtnisstörung Hat nichts mit einer oder mehreren typischen Situation(en) zu tun, sondern ist eine Frage der geistigen, innerpsychischen Verarbeitung von Erlebnissen, dass zu Traumatisierung führen kann. Nicht jedes belastende Erlebnis führt zur Traumatisierung. 12
13 Präfrontaler Kortex Hippocampus II Thalamus I Amygdala Arlarmzentrale Hinweisreiz Emotionale Antwort 13
14 14
15 Diagnosen 15
16 Merkmale einer PTBS A: Konfrontation mit einem traumatischen Ereignis C: Anhaltende Vermeidung Vermeidung von Gedanken, Gefühlen, Gesprächen, bewusstes Vermeiden von Orten/Aktivitäten, Gefühl der Entfremdung, Gefühl eingeschränkter Zukunft B: Wiedererleben des traumatischen Ereignisses Wiederkehrende Erinnerungen, Albträume, Flashbacks, intensive psychische Belastung, körperliche Reaktion D: Anhaltende Symptome / erhöhte Erregung Unfähigkeit, wichtige Aspekte der Belastung zu erinnern Ein- oder Durchsschlafstörungen, Reizbarkeit, Konzentrationsprobleme, erhöhte Schreckhaftigkeit, übermäßige Wachsamkeit 16
17 Traumata-Anzeichen 3-6 Jahre: Unruhe, Aggressivität, soziale Isolierung, Schlafstörungen, Albträume 6-10 Jahre: Schlafstörungen, Lern-& Leistungsschwierigkeiten, oppositionelles Verhalten (z.b. in der Schule) Jahre: Angststörungen, Depression, Dissozialität, Suizidgedanken/-versuche, Suchtgefährdung 17
18 Symptome bei Schulkindern Ängste, Befürchtungen, Katastrophisieren Schulphobie, ADHS, Verhaltensauffälligkeiten Häufige Reinszenierung traumatischer Aspekte Traumatisches Spiel (bei jüngeren Kindern) Maskieren, Clown spielen Magisches Denken, Vorzeichen erkennen Probleme mit Ohnmachtserleben Geschlechtsspezifische Unterschiede: Jungen eher nach außen gerichtete Symptomatik, Mädchen häufig gegen sich selbst 18
19 Typische Auslöser (Trigger) Lärm, Hektik Fehlende Struktur (Pausen in der Schule) Plötzliche Veränderungen Ungerechtigkeiten Beschämungsangst Anordnungen Gesehen oder übersehen werden (z.b. Sitzordnung in der Schule) Strafen 19
20 Unterstützung von Flüchtlingskindern Prinzipien Traumaorientierter Pädagogik Beziehungsgestaltung und Ressourcenaktivierung Vernetzungsmöglichkeiten Selbstfürsorge 20
21 Prinzipien TraumaorientierterPädagogik Mögliche Stolpersteine: Betroffenheitsdilemma Überprotektion( der hat so Schlimmes erlebt ) Kaum klare Strukturen ( endlich darf er mal sein wie er ist ) Fokus auf Bindung / Beziehung ( der hat sich ja nie aufgehoben gefühlt ) 21
22 Struktur vor Inhalt Strukturen und Grenzen geben Sicherheit Klare Grenzen im Bezug auf Verhaltensweisen des Kindes Klare innerfamiliäre Grenzen (Generationengrenze ) Klare Rollen (Wer macht wann was? Wer darf was?) Klare Regeln (Wenn-Dann-Modus) Klare zeitliche Strukturierung (Wann geschieht was?) Wertschätzung und Akzeptanz, statt zu übertriebene Freiräume 22
23 Kooperation vor Veränderung Ergänzungsfamilie vor Ersatzfamilie Vermeidung von Konkurrenzen Keine Abwertung der Eltern wenn sie z.b. Analphabeten sind und kein oder wenig deutsch sprechen Haltung: Die Eltern versuchen alles so gut zu machen wie sie können. KOOPERATION mit und BEGLEITUNG der Eltern zur Kompetenzerweiterung Eltern sind immer Kooperationspartnerund sollten so behandelt werden 23
24 Schädlich/Unwirksam Belohnung/Bestrafung Nur Positives betonen Über Details des traumatischen Erlebens reden Vorwürfe, Drohungen, Verallgemeinerungen Stress Schnelles Sanktionieren, starke Gefühle zeigen / leben Doppeldeutigkeiten (Ironie, Sarkasmus) Von oben herab sprechen, kritisieren 24
25 Hilfreiches für die Beziehungsgestaltung Professionelle Bindung / Nähe anbieten Rituale Wahlmöglichkeiten Bei Sanktionierung Zeit lassen, erklären, was das Kind gemacht hat Kreative Angebote Vernetzungen anbieten mit Institutionen der Gemeinde Unterstützung zur Stabilisierung und Stärkung von Resilienzfaktoren 25
26 Durch Neugier, Verständnis und Nachfragen werden die möglichen kulturellen Bedeutungen in Kontakten aufgelöst und eine kulturübergreifende Arbeit in verschiedenen kulturellen Welten entwickelt sich. Traumatisierte Kinder: Vernetzung unabdingbar 26
27 Vernetzungsmöglichkeiten Miteinanderleben e.v. Ehrenamtlich Engagierte Beratungsstellen Migrationsamt Jugendamt Flüchtlingsspezifische Angebote z.b. Refugio Unterstützung von Flüchtlingsfamilien Kita s/schulen Sozialamt Frühförderung/Frühe Hilfen Familienzentren, Sprachkurse Gesundheitsamt SpDi und vieles mehr 27
28 Vernetzung: Beratungsstelle Projektplanung KiWi(Kinder der Welt integrieren) - Gruppenangebot für Kinder/Jugendliche - Einzelkontakte für Kinder/Jugendliche - Elterngespräche Supervision für Ehrenamtliche in Kleingruppen möglich Elternberatung auch in den Außensprechstunden (Straubenhardt, Neuenbürg, Heimsheim) 28
29 Selbstfürsorge Körperlich z.b. ausreichend schlafen, auf körperliche Signale achten, Sport machen Psychologisch z.b. Zeit zum Nachdenken/Nachfühlen, Stress verringern, Unterstützung annehmen, mal nein sagen Emotional z.b. Zeit nehmen zum Genießen, persönlich wichtige Beziehungen pflegen, Lieblingsbücher, Tiere Spirituell z.b. Zeit in der Natur, Optimismus, & Hoffnung pflegen, achtsam sein für nichtmaterielle Aspekte des Lebens, Musik hören 29
30 Offene Fragen 30
31 Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! 31
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