KRITIS-Sektorstudie. Ernährung und Wasser

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1 KRITIS-Sektorstudie Ernährung und Wasser Öffentliche Version Revisionsstand 5. Februar 2015

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3 Danksagung Danksagung Das (BSI) hat 2014 vier Studien zur Analyse der Kriti schen Infrastrukturen (KRITIS) in Deutschland in Auftrag gegeben. Ziel der Studien ist es, einen umfassenden Überblick über die KRITIS-Sektoren und die darin erbrachten kritischen Dienstleistungen zu erhalten. Die Sektorstudien sollen weiterhin den sektorspezifischen Stand der Cyber-Sicherheit sowie Probleme und Trends zusammenfassen. Die KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft hat durch das BSI Anfang 2014 den Auftrag erhalten, alle vier Sektorstudien in der Zeit von Januar bis Dezember 2014 zu erstellen. Die Studien wurden durch das KPMG Security Consulting Team Berlin unter der Leitung von Herrn Wilhelm Dolle erstellt. Alle damit zusammenhängenden Tätigkeiten wurden studienübergreifend durch den KRITIS-Projektleiter, Herrn Torsten Redlich, koordiniert. Herr Torsten Redlich leitete ebenso fachlich die Studie im Sektor Ernährung und Wasser. Die Erstellung der KRITIS-Sektorstudien wäre ohne die enge Zusammenarbeit mit zahlreichen Vertretern von Betreibern und Verbänden in den KRITIS-Sektoren nicht möglich gewesen. Unser besonderer Dank gilt den Betreibern, die trotz des sensiblen Themas und der vollen Terminkalender Zeit und Motivation fanden, uns bei der Durchführung der Studie mit Experteninterviews aktiv zu unterstützen. Sie haben mit ihrem Fachwissen und Engagement wesentlich zum Gelingen der Studie beigetragen. Wir sind ebenso den vielen Experten dankbar, die uns in Hintergrundgesprächen hilfreiche Diskussions möglichkeiten und wertvolle Impulse gegeben haben. In gleicher Weise möchten wir uns bei den Mitarbeitern des BSI aus dem Referat C22 für die konstruktive und offene Zusammenarbeit bedanken, die eine kontinuierliche Studienbegleitung und letztlich den erfolgreichen Projektabschluss ermöglicht haben. Berlin, im Dezember 2014 Wilhelm Dolle, Partner Torsten Redlich, Manager 3

4 Inhaltsverzeichnis Inhaltsverzeichnis Danksagung... 3 Einleitung Sektorüberblick Ernährung Wasser Branchen Ernährungswirtschaft Branchenüberblick Branchenstruktur Lebensmittelhandel Branchenüberblick Branchenstruktur Öffentliche Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung Branchenüberblick Branchenstruktur Kritische Dienstleistungen Lebensmittelversorgung (DL1) Prozessschritt Lebensmittelproduktion (PS1) Prozessschritt Lebensmittelgroßhandel (PS2) Prozessschritt Lebensmitteleinzelhandel (PS3) Trinkwasserversorgung (DL2) Prozessschritt Gewinnung und Zuleitung (PS1) Prozessschritt Aufbereitung (Reinigung) (PS2) Prozessschritt Verteilung (PS3) Abwasserbeseitigung (DL3) Prozessschritt Entwässerung (PS1) Prozessschritt Abwasserbehandlung (PS2) Prozessschritt Wasserausleitung (PS3) Prozessschritt Klärschlammbehandlung (PS4) Vorfallsammlung Nationale Vorfälle Internationale Vorfälle Cyber-Sicherheit Cyber-Sicherheit in den Sektoren Ernährung und Wasser Gesetzliche Anforderungen Lebensmittelversorgung (DL1) Trinkwasserversorgung (DL2) und Abwasserbeseitigung (DL3) Umsetzungsgrad der Cyber-Sicherheit Lebensmittelversorgung (DL1) Trinkwasserversorgung (DL2) und Abwasserbeseitigung (DL3) Herausforderungen und Trends Lebensmittelversorgung (DL1) Trinkwasserversorgung (DL2) und Abwasserbeseitigung (DL3) Schlussfolgerungen und Ausblick

5 Inhaltsverzeichnis Fazit und Zusammenfassung Notwendiger Handlungsbedarf Weiterer Untersuchungsbedarf Anhang Abkürzungsverzeichnis Glossar Datenquellen Literaturverzeichnis

6 Inhaltsverzeichnis Abbildungsverzeichnis Abbildung 1: Pro Kopf Verbrauch von Nahrungsmitteln in Deutschland...15 Abbildung 2: Trinkwasserabgabe in Mio. m³ in Deutschland zwischen Abbildung 3: Verteilung der Wasserabgabemenge nach Kundengruppe...18 Abbildung 4: Entwicklung der Menge des angefallenen Abwassers in Mio. m³ je Abwassertyp...19 Abbildung 5: Beschäftigte im Einzelhandel (2009) Abbildung 6: Betriebstypen des Einzelhandels Abbildung 7: Betriebsformen im Einzelhandel Abbildung 8: Konzentration im Lebensmittelhandel Abbildung 9: Struktur des EDEKA-Verbunds Abbildung 10: Vertriebsnetz EDEKA Abbildung 11: Wasserkreislauf Abbildung 12: Betriebsformen der Wasserversorgungsunternehmen...38 Abbildung 13: Betriebsformen der Abwasserbeseitigungsunternehmen im Jahr Abbildung 14: Verteilung der Betriebsformen in der Branche Wasserversorgung...40 Abbildung 15: Verteilung der Betriebsformen in der Abwasserbeseitigung"...41 Abbildung 16: Modellierung kritischer Dienstleistungen Abbildung 17: Ablauf der Prozessschritte in der Lebensmittelversorgung...49 Abbildung 18: Schematische Darstellung der kritischen Dienstleistung Lebensmittelversorgung...50 Abbildung 19: Prozessschritt Lebensmittelproduktion der Dienstleistung Lebensmittelversorgung...52 Abbildung 20: Prozessschritt Lebensmittelgroßhandel der Dienstleistung Lebensmittelversorgung...58 Abbildung 21: Prozessschritt Lebensmitteleinzelhandel der Dienstleistung Lebensmittelversorgung...62 Abbildung 22: Ablauf der Prozessschritte in der Trinkwasserversorgung...65 Abbildung 23: Schematische Darstellung der kritischen Dienstleistung Trinkwasserversorgung...65 Abbildung 24: Ablauf der Prozessschritte in der Abwasserbeseitigung...74 Abbildung 25: Schematische Darstellung der kritischen Dienstleistung Abwasserbeseitigung...75 Abbildung 26: Prozessschritt Entwässerung der Dienstleistung Abwasserentsorgung...77 Abbildung 27: Ableitung von Abwasser Abbildung 28: Mechanische Reinigung von Wasser Abbildung 29: Biologisch/chemische Reinigungsstufe Abbildung 30: Standards und Best Practices für die Cyber-Sicherheit in den Sektoren Ernährung und Wasser

7 Inhaltsverzeichnis Tabellenverzeichnis Tabelle 1: Sektoreinteilung der Kritischen Infrastrukturen in Deutschland...9 Tabelle 2: Überblick über die Branchen des Ernährungssektors Tabelle 3: Betriebe der Ernährungswirtschaft und deren Umsätze...20 Tabelle 4: Anteil der Sparten am Gesamtumsatz der Ernährungsindustrie Tabelle 5: Top 8 Lebensmittelproduzenten in Deutschland Tabelle 6: Lebensmittelproduzenten nach Sparten Tabelle 7: Betriebe des Lebensmittelhandels und deren Umsätze...28 Tabelle 8: Wasserversorgungs- und Abwasserbeseitigungsbetriebe der fünf größten Städte in Deutschland..41 Tabelle 9: Wesentliche private Unternehmen der Wasserwirtschaft...42 Tabelle 10: Wesentliche Verbände in der Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung...42 Tabelle 11: Betriebsinterner Prozess Rohstoffgewinnung (DL1 PS1 BP1)...51 Tabelle 12: Betriebsinterner Prozess Verwaltung des Produktionsmaterials (DL1 PS1 BP2)...52 Tabelle 13: Betriebsinterner Prozess Produktion (DL1 PS1 BP3)...53 Tabelle 14: Betriebsinterner Prozess Lagerung und Auslieferung (DL1 PS1 BP4)...54 Tabelle 15: Betriebsinterner Prozess Organisation des Lagerbestands (DL1 PS2 BP1)...57 Tabelle 16: Betriebsinterner Prozess Kommissionierung (DL1 PS2 BP2)...58 Tabelle 17: Betriebsinterner Prozess Tourenplanung und Auslieferung (DL1 PS2 BP3)...59 Tabelle 18: Betriebsinterner Prozess Organisation der Waren (DL1 PS3 BP1)...60 Tabelle 19: Betriebsinterner Prozess Verkauf der Waren (DL1 PS3 BP2)...61 Tabelle 20: Betriebsinterner Prozess Gewinnung und Zuleitung (DL2 PS1 BP1)...66 Tabelle 21: Betriebsinterner Prozess Betrieb Aufbereitungsanlagen (DL2 PS2 BP1)...67 Tabelle 22: Betriebsinterner Prozess Betrieb Wasserspeicher (DL2 PS2 BP2)...70 Tabelle 23: Betriebsinterner Prozess Betrieb Wasserversorgungsnetz (DL2 PS3 BP1)...71 Tabelle 24: Betriebsinterner Prozess Betrieb Kanalisationsnetz (DL3 PS1 BP1)...76 Tabelle 25: Betriebsinterner Prozess Wasserstandsregulierung (DL3 PS1 BP2)...78 Tabelle 26: Betriebsinterner Prozess Betrieb Behandlungsanlagen (DL3 PS2 BP1)...79 Tabelle 27: Betriebsinterner Prozess Betrieb Ausleitungsanlagen (DL3 PS3 BP1)...82 Tabelle 28: Überblick der Eigenschaften der gesammelten Vorfälle...85 Tabelle 29: Größenklassen der Betreiber im Sektor Wasser

8 Einleitung Einleitung Kritische Infrastrukturen (KRITIS) sind Organisationen und Einrichtungen mit wichtiger Bedeutung für das staatliche Gemeinwesen, bei deren Ausfall oder Beeinträchtigung nachhaltig wirkende Versorgungsengpässe, erhebliche Störungen der öffentlichen Sicherheit oder andere dramatische Folgen eintreten würden [BMI 2009]. Sie erbringen kritische Dienstleistungen, die für Deutschland einen bedeutenden Beitrag zur Sicherung des Gemeinwohls leisten. Das Dokument UP KRITIS Grundlagen und Ziele von 2013 definiert kritische Dienstleistungen wie folgt: Kritische Dienstleistungen sind für die Bevölkerung wichtige, teils lebenswichtige Güter und Dienstleistungen. Bei einer Beeinträchtigung dieser kritischen Dienstleistungen würden erhebliche Versorgungsengpässe, Störungen der Öffentlichen Sicherheit oder vergleichbare dramatische Folgen eintreten [BSI 2014]. Die Auswahl an kritischen Dienstleistungen kann zum einem auf den staatlichen Auftrag zur Daseinsfürsorge zurückgeführt werden, zum anderen auf ihre Bedeutung als technische Basisinfrastrukturen für andere kritische Dienstleistungen. Die zuverlässige Erbringung der kritischen Dienstleistungen bildet die Grundlage vieler alltäglicher Prozesse und Abläufe für die Bevölkerung und in der Wirtschaft. Sie ist Voraussetzung für die ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit Lebensmitteln, Wasser, Elektrizität, Gesundheitsleistungen und vielen anderen wichtigen oder lebensnotwendigen Ressourcen. Vor diesem Hintergrund ist der Schutz Kritischer Infrastrukturen eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die im Zusammenspiel von Staat, Wirtschaft und Öffentlichkeit erfolgt. Als Grundlage für die Kooperation von Staat und Wirtschaft beim Schutz Kritischer Infrastrukturen dient die Sektoren- und Brancheneinteilung. Sie bildet einen konzeptionellen Rahmen, der die Analyse und Behandlung einzelner technischer Basisinfrastrukturen und sozioökonomischer Dienstleistungsinfrastrukturen ermöglicht. Die Betreiber von KRITIS umfassen dabei sowohl staatliche als auch privatwirtschaftliche Organisationen. Sektoren Kritischer Infrastrukturen Energie Transport und Verkehr Informationstechnik und Telekommunikation Finanz- und Versicherungswesen Gesundheit Staat und Verwaltung Wasser Medien und Kultur Ernährung Tabelle 1: Sektoreinteilung der Kritischen Infrastrukturen in Deutschland Jeder KRITIS-Sektor ist in verschiedene Branchen aufgeteilt. Sowohl zwischen den Branchen innerhalb eines Sektors als auch zwischen den verschiedenen Sektoren existieren vielfältige Interdependenzen. Beispielsweise ist die Stromversorgung eine Grundvoraussetzung für die Erbringung praktisch aller anderen kritischen Dienstleistungen. Ein weiteres Beispiel sind die Leistungen des Sektors Transport und Verkehr, die Voraussetzung für die Logistik von Nahrungsmitteln, Materialien für die Gesundheitswirtschaft und weiteren Gütern sowie für die Beförderung von Personen sind. Der Sektor Informationstechnik und Telekommunikation nimmt hierbei vor dem Gedanken der starken Durchdringung von Informations- und Telekommu nikationstechnologie in allen anderen Sektoren eine Sonderrolle ein. Eine effiziente Leistungserbringung in den Sektoren ist heute ohne die Inanspruchnahme der Informations- und Telekommunikationsdienstleistungen nicht mehr vorstellbar. Die weiter zunehmende Verbreitung und Durchdringung von Informationsund Kommunikationstechnologien in allen Sektoren birgt jedoch gleichzeitig bekannte und neue Risiken. 9

9 Einleitung Das (BSI) ist eine der zentralen Stellen unter den zuständigen Behörden zum Schutz von Kritischen Infrastrukturen. Mit unterschiedlichen Aktivitäten wie der Organisation von Branchengesprächen, der Bereitstellung von Standards und Leitfäden zu wichtigen IT-Sicherheitsthemen und nationalen Projekten sowie der Koordination des UP KRITIS1 verfolgt das BSI die Umsetzung der Nationalen Strategie zum Schutz Kritischer Infrastrukturen (KRITIS-Strategie) und der nationalen Cyber-Sicherheitsstrategie. In seinen Arbeiten ist das BSI auf genaue Kenntnisse zu den Funktionen kritischer Dienstleistungen und der damit verbundenen Bedeutung wichtiger Anlagen und Einrichtun gen (KRITIS) angewiesen. Dabei ist es wichtig, die wirtschaftlichen, technologischen, politischen und regulatorischen Rahmenbedingungen und Besonderheiten der Sektoren und deren Branchen genau zu verstehen. Dies umfasst gleichermaßen die Kenntnis zukünftiger Entwicklungen. Mehr als zehn Jahre nach der Erstellung der ersten KRITIS-Sektorstudien hat das BSI 2014 die Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft KPMG mit der Erarbeitung von vier Studien zu den folgenden Sektoren beauftragt: Energie (Projekt 100) Ernährung und Wasser (Projekt 101) Informationstechnik und Telekommunikation (Projekt 103) Transport und Verkehr (Projekt 104) Die Erarbeitung der vier Sektorstudien erfolgte von Februar bis Dezember Ziel der Studien ist es, einen aktuellen Überblick über den Sektor, dessen Branchen sowie die im Sektor und den Branchen erbrachten kritischen Dienstleistungen zu gewinnen. Dies beinhaltet Analysen zur Kritikalität der sektortypischen Dienstleistungen sowie deren betriebsinternen Prozessen. Weiterhin soll der Grad der Abhängigkeiten betriebsinterner Prozesse von IKT ermittelt und die Frage beantwortet werden, welche Rolle Informationen, der Einsatz von IKT und die Nutzung von IKT-Prozessen für die Ausführung der betriebsinternen Prozesse spielt. Die Sektorstudien sollen sektor- und branchenspezifisch den Stand der IKT-Sicherheit zusammenfassen und aktuelle Probleme sowie zukünftige Trends in Bezug auf IKT-Sicherheit und -Zuverlässigkeit herausstellen. Neben dem vorhandenen Expertenwissen sowie öffentlich verfügbaren Informationen und Unterlagen bildet die in allen vier Sektoren durchgeführte Betreiberbefragung eine wesentliche Informationsgrundlage der Sektorstudien. Hierfür wurden wichtige Betreiber, Verbände und ggf. weitere wichtige Akteure der jeweiligen Sektoren im Studienzeitraum in zahlreichen persönlichen und telefonischen Gesprächen zum Stand der Cyber-Sicherheit befragt. Die Angaben sind in anonymisierter Form in die Studien eingeflossen, sodass keine Rückschlüsse auf einzelne Befragte gezogen werden können. Zur Vereinheitlichung unterliegen alle vier Studien der gleichen Struktur. Sie unterteilen sich in die folgen den Kapitel: Kapitel 1 bietet einen Überblick über den in der jeweiligen Studie behandelten Sektor. Kapitel 2 vertieft den Einblick in den Sektor, indem es die einzelnen Branchen im Detail vorstellt. In diesem Kapitel werden die Branchenstruktur, die Bedeutung der Branchen für Staat und Gesellschaft, der volkswirt schaftliche Kontext, die Marktteilnehmer, die Beziehungen innerhalb der Branche, die Rolle der öffentlichen Hand sowie die aktuellen Entwicklungen aufgegriffen und erläutert. Kapitel 3 enthält eine detaillierte Auseinandersetzung mit den kritischen Dienstleistungen. Dies sind im vorliegenden Fall die Dienstleistungen Sprach- und Datenübertragung (DL1) und Datenspeicherung und -verarbeitung (DL2). Einer strukturellen Zerlegung der Dienstleistungen folgt die Analyse der kritischen betriebsinternen Prozesse und die Ermittlung der Risikoelemente. 1 Der UP KRITIS ist eine Kooperation zwischen (KRITIS-)Betreibern, Verbänden und staatlichen Stellen, u. a. dem BSI (siehe 10

10 Einleitung Kapitel 4 liefert eine Sammlung bedeutsamer Sicherheitsvorfälle im Sektor. Diese sind nach internationalen und nationalen Vorfällen differenziert sowie anhand wichtiger Eigenschaften zur Sensibilisierung und Aufklärung aufbereitet. Kapitel 5 setzt sich sowohl mit den geltenden Normen und Standards als auch mit den gesetzlichen Anfor derungen für IT-Sicherheit im betrachteten Sektor auseinander. Darüber hinaus wird auf den etablierten Stand der Cyber-Sicherheit sowie auf Herausforderungen und Trends in der IT-Sicherheit eingegangen, was insbesondere aus den Ereignissen der Betreiberbefragung ermittelt wurde. Kapitel 6 führt die Ergebnisse aus den vorherigen Kapiteln als Fazit zusammen, schafft einen Überblick über die wesentlichen Erkenntnisse und stellt wichtige Handlungsempfehlungen zur Stärkung der IT-Sicherheit im betrachteten Sektor heraus. Dies ist die öffentliche Fassung der KRITIS-Sektorstudie Ernährung und Wasser. Alle Inhalte der öffentli chen Fassung finden sich auch in einer nicht-öffentlichen Fassung. Gegenüber der nicht-öffentlichen Fassung der KRITIS-Sektorstudie Ernährung und Wasser wurden die folgenden Teile entfernt: Informationen zu neuralgischen Punkten in kritischen Informationsinfrastrukturen, die geeignet sind, um besondere Ziele für Angriffe auf die Versorgungssicherheit auszuwählen. Die Diskussion der Versorgungsmerkmale ist Teil des Verfahrens zur Erstellung der Rechtsverordnung nach 2 Abs. 10 Satz 2 und 10 Abs. 1 BSIG (in der Fassung des Regierungsentwurfes für ein IT-Sicherheitsgesetz vom ). 11

11 1 Sektorüberblick 1 Sektorüberblick In der vorliegenden Sektorstudie werden die beiden Sektoren Ernährung und Wasser gemeinsam betrachtet. 1.1 Ernährung Der Verzehr von Lebensmitteln ist ein lebensnotwendiges Grundbedürfnis des Menschen, sodass in der Gesellschaft ein erhebliches Interesse an der Herstellung und Verteilung sowie der Qualität und Quantität von Lebensmitteln besteht. Der Sektor Ernährung wird gemäß dem Bundesministerium des Innern in die Branchen Ernährungswirtschaft und Lebensmittelhandel unterteilt [BMI 2009]. Dabei umfasst die Branche Ernährungswirtschaft die Produktion von Lebensmitteln und die Branche Lebensmittelhandel die Logistik und den Verkauf produzierter Lebensmittel. Die Branchen im Sektor können wie folgt untergliedert werden: Branche Ernährungswirtschaft Branche Lebensmittelhandel Rohstoffgewinnung (Landwirtschaft) Lebensmittelgroßhandel Rohstoffhandel (Agrargroßhandel) Lebensmitteleinzelhandel Lebensmittelproduktion Tabelle 2: Überblick über die Branchen des Ernährungssektors Quelle: [BLL 2014] Im Folgenden werden diese Branchen und ihre Elemente zur übergreifenden Dienstleistung Lebensmittelversorgung zusammengefasst und in ihrem Zusammenwirken betrachtet. Abbildung 1 stellt den durchschnittlichen Lebensmittelverbrauch eines deutschen Staatsbürgers dar [BMELV 2013]. Es ist zu erkennen, dass der Verbrauch in den Jahren 2009 bis 2012 nahezu konstant geblieben ist. 12

12 Sektorüberblick Verbrauch pro Kopf (in kg) Fleisch 800 Fisch Verbrauch in Kilogramm 700 Milch 600 Eier 500 Getreide Reis, Hülsenfrüchte, Kartoffeln 200 Zucker, Honig, Kakao 100 Gemüse, Obst Nahrungsfette Summe Jahr Abbildung 1: Pro Kopf Verbrauch von Nahrungsmitteln in Deutschland Quelle: [BMELV 2013] Abhängigkeiten und Schnittstellen zu anderen Sektoren Der Sektor Ernährung ist in vielfältiger Art und Weise von anderen Sektoren abhängig. Eine starke Abhängigkeit besteht vom Sektor Transport und Verkehr, da die Auslieferung von Lebensmitteln an die Bevölkerung und somit die Lebensmittelversorgung auf die Funktionsfähigkeit logistischer Prozesse und infrastruk tureller Einrichtungen, wie beispielsweise Transportmittel (LKW, Züge, Flugzeuge etc.) und Transportwege (Autobahn, Schienennetz etc.), angewiesen ist. Des Weiteren stellt der Sektor Energie für Prozesse im Sektor Ernährung einen wesentlichen Faktor zur Leistungserbringung dar, da Produktion, Lagerung und Ausliefe rung meist durch elektrische und elektronische Geräte und Informationstechnik unterstützt werden und somit eine ausreichende Stromversorgung für den Betrieb der Systeme sichergestellt werden muss. Aufgrund des zunehmenden Automatisierungsgrads in der Ernährungswirtschaft und im Lebensmittelhandel nimmt die Abhängigkeit von der Informationstechnik rasant zu. Insbesondere in Logistikprozessen (zentrale Großlager, Belieferung des Einzelhandels etc.) sind automatisierte Vorgänge durch technisch gesteuerte Schnittstellen zwischen den einzelnen Parteien (Lebensmittelproduzenten, Großhändler und Einzelhändler) unerlässlich. Der Datenaustausch erfolgt dabei über Unternehmensgrenzen und Betriebsstätten hinweg. Somit besteht eine wesentliche Abhängigkeit von den kritischen Dienstleistungen des Sektors Informationstechnik und Telekommunikation (IKT). Gerade im Bereich der Landwirtschaft besteht zudem eine Abhängigkeit vom Sektor Wasser, da die Tierhaltung und der Anbau von Pflanzen an eine ausreichende Versorgung mit Wasser gebunden sind und somit die Zufuhr von Wasser die Höhe und Stabilität der Erträge beeinflusst [BBK 2011]. Laufende und zukünftige Entwicklungen Eine Studie des Bundesministeriums für Bildung und Forschung in Zusammenarbeit mit der technischen Universität München [Fraunhofer o. J.] ergab, dass sich globale Herausforderungen und gesellschaftliche Trends zukünftig vermehrt auf den Sektor Ernährung auswirken werden. Um auf diese Trends reagieren zu können und eine gute Wettbewerbsposition sicherzustellen, müssen Investitionen zur Entwicklung von Innovationen getätigt werden. Da bei den Lebensmittelproduzenten die finanziellen Spielräume sehr gering sind, wird der größte Anteil der Investitionen jedoch für Ersatzbeschaffungen, Kapazitätserweiterungen und Rekrutierung qualifizierter Mitarbeiter genutzt. 13

13 1 Sektorüberblick Durch den demographischen Wandel, der sich durch wachsende Bevölkerungszahlen und Änderungen der Bevölkerungsstruktur charakterisiert, muss sich der Sektor Ernährung mit neuen Anforderungen befassen. Aus einer Prognose des Hamburgischen Weltwirtschaftsinstituts sowie Food and Agriculture Organization of the United Nations geht hervor, dass bis zum Jahr 2030 ein Anstieg der Weltbevölkerung um 40,2 Prozent und des Gesamt-Kalorienverbrauchs um 52,3 Prozent prognostiziert wird [HWWI 2014]. Da dieses hohe Bevölkerungswachstum besonders in Ländern außerhalb Europas besteht, nimmt die Bedeu tung des Agrarexports stetig zu. In Deutschland dagegen wird sich die Bevölkerungszahl zukünftig verrin gern [BIP-Demografie 2013]. Die Bevölkerungsstruktur wird sich durch vermehrte Single-Haushalte und einen Anstieg der älteren Bevölkerung verändern, was zu speziellen Anforderungen an die Ernährungs- und Versorgungskonzepte führen wird. Des Weiteren haben sich die Anforderungen an die Lebensmittelproduzenten durch die angespannte Rohstoffsituation mit hohen Agrarrohstoffpreisen, durch die allgemeine konjunkturbedingte Konsumzurückhaltung in der EU, vermehrte Handelshemmnisse in Drittländern, erhöhte Qualitätsstandards und den Druck zur nachhaltigen Ressourcennutzung verschärft [BVE 2014a]. Preisanpassungen zur Abdeckung der damit verbundenen Mehrkosten sind aufgrund der hohen Marktkonzentration und des zunehmenden Wettbewerbsdrucks nicht im notwendigen Maße möglich. Die steigenden Ansprüche in Folge des höheren Qualitätsbewusstseins der Verbraucher spiegeln sich in der Nachfrage nach Bio-Produkten und Informationen über Herkunft und Herstellung der Lebensmittel wider. [BVE 2013]. Als Reaktion auf diese Nachfrage erweitern Groß- und Einzelhändler vielfach ihr Sortiment durch eigene Produktmarken mit regionalem Bezug oder Bio-Siegel. Zudem gewinnt eine nachhaltige Lebensmittelproduktion im Werben um Konsumenten weiter an Bedeutung. Durch die zunehmende Verbreitung von Informations- und Kommunikationstechnik verändert sich die Art und Weise des Erwerbs von Lebensmitteln. So haben bereits einige Internethändler ihr bestehendes Sorti ment durch Lebensmittel erweitert respektive neue Online-Dienste entwickelt und etabliert, die sich auf den Verkauf von Lebensmitteln spezialisieren. Da durch die zunehmende Etablierung des Onlinemarktes in den nächsten Jahren der Automatisierungs grad und Einsatz von smarten und vernetzten Haushaltsgeräten gefördert wird, bauen auch die Groß- und Einzelhändler zunehmend den Absatzkanal Internet mit dem Angebot von Onlineservices aus [ATKearney 2012]. Der Großteil der heutigen Lebensmitteleinkäufe erfolgt jedoch in lokal zugänglichen Filialen [HWWI 2013]. Trotz der hohen Herausforderungen und vielfältigen Anforderungen durch den demographischen und volkswirtschaftlichen Wandel sind die Lebensmittelproduzenten optimistisch, dass durch zunehmende Markterschließungen im Ausland und stabile Konjunkturperspektiven die Exporterträge von Lebensmitteln weiter steigen und der Absatz im Inland durch niedrigen Inflationsdruck und gute Einkommensaussichten begünstigt wird [BVE 2014a]. Einordnung in Gesellschaft und Wirtschaft Der Sektor Ernährung mit den Branchen Ernährungswirtschaft und Lebensmittelhandel zählt zu den bedeutendsten Wirtschaftssektoren in Deutschland. Täglich müssen ca. 80 Mio. Einwohner flächendeckend mit Lebensmitteln versorgt und zahlreiche Exporte abgewickelt werden. In Deutschland erwirtschaften 5,4 Mio. Menschen in Betrieben (meist aus dem Klein- und Mittelstand) rund sieben Prozent des deutschen Bruttoinlandsproduktes. Die Branche sichert somit Stabilität, Wohlstand und Beschäftigung in allen Regionen Deutschlands, insbesondere auch im ländlichen Raum [BLL 2014]. Die deutsche Lebensmittelproduktion (neben der Landwirtschaft und dem Agrargroßhandel ein Teil der Ernährungswirtschaft) ist mit Beschäftigten in Betrieben der viertgrößte deutsche Industriezweig und führend in Europa. Im Jahr 2013 stieg der Branchenumsatz um 3,5 Prozent auf 175,2 Mrd. Euro. Abzüglich der Erzeugerpreissteigerungen von 2,8 Prozent und den Ausfuhrpreissteigerungen von 1,8 Prozent verblieb ein mengenmäßiger Zuwachs von einem Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Der Lebensmittelexport wird im Jahr 2013 mit 53,6 Mrd. Euro ausgewiesen und verzeichnet somit einen Zuwachs von 4,8 Prozent gegenüber 2012 [BVE 2014a]. 14

14 Sektorüberblick 1.2 Wasser Wasser ist als nicht substituierbares Lebensmittel und für die Erfüllung hygienischer Mindeststandards eine unverzichtbare Ressource zur Deckung menschlicher Grundbedürfnisse. Sowohl die Bevölkerung als auch die Industrie und Landwirtschaft haben ein erhebliches Interesse an einer unterbrechungsfreien und qualitätsgesicherten Bereitstellung von Trink- und Nutzwasser sowie der Abwasserbeseitigung. Im Gegensatz zu anderen Rohstoffen wie beispielsweise Holz, Gold oder Öl wird Wasser nach seiner Verwendung als Abwas ser gesammelt, gereinigt und wieder in den Wasserkreislauf zurückgeführt, aus dem dann wiederum die Gewinnung von Trinkwasser erfolgt. Aus diesem Grund zählt neben der Wasserversorgung auch die Abwasserbeseitigung zu den Kernaufgaben der Wasserwirtschaft. Auf die Versorgung mit Wasser und die Abwas serbeseitigung ist jeder Bürger angewiesen, was diese Dienstleistungen zu einer der wichtigsten innerhalb der staatlichen Daseinsvorsorge macht. Durch ein großes Süßwasseraufkommen und beste klimatische Bedingungen zählt Deutschland als wasserreiches Land. Die deutsche Wasserwirtschaft versorgte im Jahr 2011 die Bevölkerung, Landwirtschaft und Industrie mit rund 4,4 Mrd. m³ Trinkwasser. Dabei existiert seit nunmehr zwei Jahrzehnten ein negativer Trend in der Menge der Trinkwasserabgabe. Wie Abbildung 2 zeigt, ist die jährliche Trinkwasserabgabe im Vergleich zum Jahr 1990 um rund 1,6 Mrd. m³ gesunken [statista 2013]. Trinkwasserabgabe Abgabemenge in Mio. m³ Trinkwasserabgabe in Mio. m³ '90 '91 '92 '93 '94 '95 '96 '97 '98 '99 '00 '01 '02 '03 '04 '05 '06 '07 '08 '09 '10 '11 '12 '13 Jahr Abbildung 2: Trinkwasserabgabe in Mio. m³ in Deutschland zwischen Quelle: [statista 2013] Der stetige Rückgang lässt sich vor allem mit dem Fortschritt im Einsatz wassersparender Technologien, dem bewussteren Umgang mit Trinkwasser innerhalb der Gesellschaft und dem erhöhten Selbstversor gungsgrad der Industrie erklären [BDEW 2011a]. 15

15 1 Sektorüberblick Wasserabgabemengen 100 Anteil in Prozent 80 79,4% 69,3% Haushalte und Kleingewerbe 60 Industrie Sonstige 19,5% 11,2% 14,3% 6,3% Jahr Abbildung 3: Verteilung der Wasserabgabemenge nach Kundengruppe Quelle: [BDEW 2014] Wie in Abbildung 3 verdeutlicht wird, verteilt sich die Wasserabgabemenge Stand 2011 zu ca. 79,4 Prozent auf Haushalte und Kleingewerbe und zu 14,3 Prozent auf die Industrie. Verglichen mit dem Jahr 1990 ist der Anteil bei den Haushalten und Kleingewerben um 10,1 Prozent gestiegen und bei der Industrie um 5,2 Prozent gefallen, was auf einen höheren Selbstversorgungsgrad mit Betriebswasser der Industrie zurückzuführen ist [BDEW 2014b]. Der Begriff Betriebswasser wird in der DIN 4046 als Gewerblichen, industriellen, landwirtschaftlichen oder ähnlichen Zwecken dienendes Wasser mit unterschiedlichen Güteeigenschaften definiert. Betriebswasser muss somit nicht zwingend der Qualität des Trinkwassers entsprechen, sofern es ausschließlich für die betriebliche Nutzung eingesetzt wird und nicht vom Menschen konsumiert wird. Die Landeswassergesetze meiden den Begriff Betriebswasser und da die Wasserversorgungsunternehmen nicht in eine Trink- und Betriebswasserversorgung unterscheiden, wird das Betriebswasser im Folgenden unter Trinkwasser subsumiert [ewuaqua o. J.]. Nach dem Verbrauch des (Trink-)Wassers muss dieses als Abwasser wieder abtransportiert werden. Die Abwasserbeseitigung wird in die vier verschiedene Abwasserarten Schmutz-, Fremd- und Regenwasser sowie Industrieabwasser unterschieden. Schmutzwasser entsteht durch die häusliche Benutzung von Wasser, beispielsweise beim Gebrauch in der Küche oder für Sanitäranlagen, und wird direkt in die öffentliche Kanalisation geführt. Bei Fremdwasser handelt es sich um nicht verunreinigtes Wasser, das ungewollt in die Kanalisation einfließt. Das kann beispielsweise Grundwasser sein, welches durch ein undichtes Abwassernetz in die Kanalisation gelangt. Bei dem sogenannten Mischverfahren werden sowohl Schmutz- als auch Regenwasser gemeinsam in Kanalisationsrohren zu den Kläranlagen transportiert. Dagegen werden beim Trennverfahren Schmutz- und Regenwasser getrennt voneinander abtransportiert und behandelt. Beim Industrieabwasser besteht die Besonderheit, dass dieses entweder direkt oder indirekt in die Gewässer zurückgeleitet werden kann. Bei den Direkteinleitern handelt es sich häufig um große Industrieunternehmen, welche über eine eigene Kläranlage verfügen und ihre Abwässer gemäß den Vorschriften des Wasser haushaltsgesetzes direkt in die umliegenden Gewässer einleiten. Indirekte Einleiter sind dagegen an die kommunalen und lokalen Kanalisationsnetze und Kläranlagen angeschlossen, welche die Wasseraufbereitung und -ableitung übernehmen [Juraforum 2013b]; [W-W o. J.]. Der Anteil der sogenannten Direkt- bzw. Indirekteinleiter ist zwar nicht bekannt, es ist jedoch davon auszugehen, dass eine Direkteinleitung aufgrund der hohen Kosten für den Betrieb einer Kläranlage nur für große Industrieunternehmen in Frage kommt. 16

16 Sektorüberblick Angefallene Abwassermenge in Mio. m³ Entwicklung der Menge des angefallenen Abwassers Abwassermenge in Mio. m³ Schmutzwasser Fremd- und Regenwasser '91 '95 '98 '01 '04 '07 '10 Jahr Abbildung 4: Entwicklung der Menge des angefallenen Abwassers in Mio. m³ je Abwassertyp Quelle: eigene Darstellung Im Jahr 2007 fielen in Deutschland rund 10,1 Mrd. m³ Abwasser an, welche durch öffentliche Kläranlagen behandelt wurden. Diese Menge setzt sich aus 5,2 Mrd. m³ Schmutzwasser und 4,9 Mrd. m³ Fremd- und Regenwasser zusammen. Über einen Betrachtungszeitraum von 19 Jahren ist ein leichter Anstieg in der behandelten Abwassermenge festzustellen. Aus Abbildung 4 wird außerdem deutlich, dass die Schwankungen der Wasserabgabemengen über den Zeitraum 1991 bis 2007 hauptsächlich durch die wechselnde Menge an Fremd- und Regenwasser beeinflusst wurden [UBA 2013]. In der Wasserwirtschaft existieren mehr als Unternehmen, welche die Aufgaben der Trinkwasserversorgung und Abwasserbeseitigung im Sinne der staatlichen Daseinsvorsorge übernehmen. Die hohe Anzahl der wasserwirtschaftlichen Unternehmen entsteht vor allem durch die kommunale Verantwortung für die Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung [BMU 2011]. Die Wasserwirtschaft in Deutschland ist eine der modernsten der Welt und wird sich in den kommenden Jahren durch den vermehrten Einsatz von Informations- und Kommunikationstechnik weiterentwickeln. Durch die überwiegend kommunal organisierten Wasserversorger und Abwasserentsorger ist der Innovationsdruck, bedingt durch die verteilte Informationskultur und den begrenzten Wettbewerbsmöglichkeiten, eher gering ausgeprägt. Die öffentlichen Strukturen können dagegen umweltfreundliche Langzeitinnovationen fördern. Laufende und zukünftige Entwicklungen Sowohl der Klima- und demographische Wandel als auch das Umdenken in der Gesellschaft, was den Umgang mit Wasser als Ressource betrifft, werden zu sich verändernden Bedingungen in der reibungslosen Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung führen. Der Umgang mit Trinkwasser innerhalb der Gesellschaft hat sich beispielsweise in den letzten zwei Jahrzehnten stark verändert. So ist der Wasserverbrauch pro Person seit 1990 um 17 Prozent gefallen und lag im Jahr 2009 nur noch bei 122 Litern täglich pro Person. Der gesunkene Wasserbedarf führt zu einer Unternutzung der technischen Anlagen, welche wiederum nur ordnungsgemäß betrieben werden können, wenn die ursprünglich geplante Grundlast erreicht wird. 17

17 1 Sektorüberblick Kann diese Grundlast nicht sichergestellt werden, sind Korrosion, Ablagerungen und hygienische Probleme im Leitungsnetz die Folge. Man geht davon aus, dass sich die Bevölkerungszahl in Deutschland und damit die Anzahl der Verbraucher bis zum Jahr 2060 von rund 82 Mio. auf 70 bis 65 Mio. reduzieren wird, was das Problem der fehlenden Grundlast verstärken wird [BDEW 2011a]. Der globale Klimawandel spielt ebenso eine bedeutende Rolle für die Wasserwirtschaft. Die Wasserversorger müssen sicherstellen, dass die Trinkwasserversorgung jederzeit gewährleistet ist. Dies wird insbesondere in Trockenperioden schwieriger, welche bedingt durch den prognostizierten Klimawandel häufiger auftreten werden [FAZ.NET 2007]. Für die Wasserversorgung bedeutet dies, dass einer zukünftig abnehmenden Grundlast ein erhöhter Spitzenbedarf in Trockenperioden gegenübersteht. Abhängigkeiten und Schnittstellen zu anderen Sektoren Die Wasserwirtschaft ist von Dienstleistungen anderer Sektoren abhängig. Die Leistungen der Wasserwirt schaft werden stetig zunehmend vom Einsatz der Informationstechnik und Telekommunikation (IKT) geprägt. Die Automatisierung von Abläufen durch die Vernetzung von IT-Systemen trägt unter anderem zur verlässlich hohen Trinkwasserqualität sowie -verfügbarkeit in Deutschland bei. Durch Einsatz von Informationstechnik können die zur Trinkwasseraufbereitung benötigten biologischen oder chemischen Substanzen punktgenau und bedarfsgerecht hinzugefügt werden. Die damit erreichte Präzision ist bei manueller Interaktion nicht zu erreichen. Die IT-Unterstützung führt zudem zur Verbesserung ökonomischer Bilanzen. Dezentrale und zentrale Anlagen werden von immer weniger Leitstellen aus steuer- und überwachbar (Anbindung der einzelnen Systeme über das Internet), was zu einer Optimierung der Kosten- und Leistungs rechnung führt. Der zunehmende Einsatz von IT bedeutet jedoch gleichzeitig, dass eine Abhängigkeit von Informations- und Kommunikationstechnik entsteht und weiter steigen wird. Zugleich ist die unterbrechungsfreie Versorgung mit Strom Grundvoraussetzung für den Betrieb der wasserwirtschaftlichen Anlagen. Ein Ausfall der Stromversorgung würde den gesamten Betrieb der Wasserversorger und somit die Wasserversorgung beim Verbraucher erheblich beeinträchtigen oder gar komplett zum Erliegen bringen. Bei der Abwasserbeseitigung besteht die Möglichkeit, durch eine Klärschlammverwertung eigene Wärme und eigenen Strom zu erzeugen, was die Unabhängigkeit von der externen Stromversorgung fördert. Größere Betreiber haben bereits hohe Kapazitäten zur Selbstversorgung aufgebaut. Die eigenständige Stromerzeugung unterliegt jedoch den Schwankungen der Klärschlammverwertung und bietet keine kontinuierliche und planbare Größe. Die eigenen Kapazitäten werden daher nur zur temporären Kompensation von Stromausfällen externer Versorger und zur Senkung der Stromkosten genutzt. Einordnung in Gesellschaft und Wirtschaft Der Sektor Wasser nimmt aufgrund seiner herausgehobenen Stellung als Versorger mit einem lebensnot wendigen Gut für die Gesellschaft eine besondere Rolle ein. Mit rund Beschäftigten in privatwirtschaftlichen und kommunalen Unternehmen (Stand 2009), einem Umsatz von 18,615 Mrd. Euro (Stand 2009) und damit einem Anteil von knapp einem Prozent am Bruttoinlandsprodukt ist sein wirtschaftlicher Stellenwert in Deutschland hingegen gering [Destatis 2011]; [Destatis 2010]. 18

18 Branchen 2 Branchen 2.1 Ernährungswirtschaft Branchenüberblick Einführung in die Branche Die Branche Ernährungswirtschaft umfasst die Rohstoffgewinnung, den Rohstoffhandel und die Lebensmittelproduktion. Sie besteht in Deutschland hauptsächlich aus privatwirtschaftlichen Unternehmen aus dem Klein- und Mittelstand, die ca. 95 Prozent des Gesamtumsatzes der Lebensmittelproduktion erbringen [BLL 2014]. Den Startpunkt in der Produktionskette für Lebensmittel bilden vorgelagerte Unternehmen, die notwendige Maschinen und Materialien (zum Beispiel Traktoren, Dünge- und Pflanzenschutzmittel oder Saatgut) für die Rohstoffgewinnung bereitstellen. Im nächsten Schritt produzieren die landwirtschaftlichen Betriebe die Rohstoffe zur Lebensmittelproduktion, wie etwa Getreide, Obst und Gemüse durch Anbau oder Fleisch durch Viehhaltung. Die Viehhaltung kann dabei wiederum grob in die Unterbereiche Milchviehhaltung, Rinder-, Schweine- und Geflügelmast sowie Eierproduktion unterteilt werden [TAB 2011]. Zusätzlich zu der oben genannten Rohstoffgewinnung sind der Fischfang und die Jagd zu nennen. Der Rohstoffgewinnung folgen unterschiedliche wertschöpfende Aktivitäten. Falls keine weitere Verarbeitung der angebauten Rohstoffe geplant ist, werden diese gelagert und als fertige Lebensmittel direkt an die Kunden (Großhandel, Einzelhandel oder Endverbraucher) verkauft. Ist die Weiterverarbeitung produzierter Rohstoffe notwendig und geplant (z. B. die Verarbeitung von Mehl zu Brot), so erfolgt eine Lieferung an Lebensmittelproduzenten, welche die Rohstoffe zu fertigen Lebensmitteln verarbeiten und anschließend verkaufen. Die Lieferung der Lebensmittelprodukte an den Handel erfolgt auf unterschiedliche Weise. Lebensmittelein zelhändler mit regionalen Produkten beziehen die Lebensmittelprodukte oftmals direkt von den landwirtschaftlichen Betrieben der Umgebung. Bei Lebensmittelgroßhändlern, die Produkte aus verschiedenen Regionen vertreiben, erfolgt der Einkauf in der Regel über eine zentrale Stelle und in größeren Mengen. An dieser Stelle werden Zwischenhändler aktiv, welche die Erzeugnisse der landwirtschaftlichen Betriebe erwerben und gebündelt gegenüber Handelsunternehmen vermarkten. Beispiele für Zwischenhändler sind Agrargroßhändler, Lebensmittelgroßhändler und zentrale Einkäufer für Lebensmittelhändler. Ein Beispiel für die Verarbeitungsprozesse und Lieferketten stellt die Verarbeitung von Getreide dar. Im ersten Schritt erwerben die landwirtschaftlichen Betriebe das Saatgut (z. B. über den Agrargroßhandel) und bestellen damit ihre landwirtschaftlichen Flächen. Im Anschluss ernten die Betriebe das Getreide und verkaufen dieses als Rohstoff (erste Verarbeitungsstufe), wobei das Erntegut vor dem Verkauf an die Lebensmittelproduzenten teilweise weiterverarbeitet wird (z. B. verarbeitet eine Mühle das Getreide zu Mehl). Die Lebensmittelproduzenten verarbeiten in der zweiten Verarbeitungsstufe das Getreide oder Mehl zu fertigen Lebens mittelprodukten (z. B. backt die Bäckerei aus Mehl und weiteren Rohstoffen das fertige Brot) und verkaufen diese an den Großhandel, Einzelhandel oder Endverbraucher. Abhängig von der Größe der landwirtschaftlichen Betriebe und Lebensmittelproduzenten variiert der Auto matisierungsgrad unter Einsatz von Informationstechnik im Prozess der Lebensmittelproduktion stark. Während in kleinen Betrieben elektronische Geräte häufig manuell bedient werden, nimmt die IT-gestützte Automatisierung bei der industriellen Rohstoffgewinnung (z. B. vollautomatisierte Mähdrescher zur Ernte von Getreide) und der Lebensmittelproduktion in größeren Betrieben eine wesentliche Rolle ein. Dabei ist der Automatisierungsgrad bei der Herstellung von Milchprodukten, Getränken, Brot, Backwaren und Trockenfrüchten im Gegensatz zur fleischverarbeitenden Industrie deutlich höher [Fraunhofer 2010]. In der Landwirtschaft werden im Rahmen der sogenannten Landtechnik-Automatisierung (Precision Farming) beispielsweise automatisierte Lenksysteme zur Fahrerassistenz oder eine sensorgesteuerte Düngung eingesetzt, um die bestmögliche Bewirtschaftung der Anbauflächen zu erreichen. 19

19 2 Branchen Bedeutung für Staat und Gesellschaft Die Ernährungswirtschaft ist für den Staat und die Gesellschaft von existenzieller Bedeutung, da eine quantitativ nicht ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit qualitativ zuträglichen Lebensmitteln zu erheblichen Gesundheitsschäden und Unruhen führen kann. Die sich anschließenden volkswirtschaftlichen Schäden und vielfältigen Auswirkungen auf den Staat und die Gesellschaft werden an dieser Stelle nicht weiter ausgeführt Wahrnehmung der Ernährungswirtschaft innerhalb der Bevölkerung Aus einer Studie zum Sektor Ernährung, in der Experten zur Lebensmittelqualität in Deutschland befragt wurden, geht hervor, dass Lebensmittel aus Deutschland aufgrund ihrer Qualität und Sicherheit eine hohe Akzeptanz genießen [Fraunhofer 2010]. Eine Umfrage von Infratest dimap im Auftrag des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz im Januar 2013 ergab, dass 91 Prozent der Verbraucher mit der Qualität und Vielfalt der Lebensmittel in Deutschland zufrieden sind [BVE 2013]. Des Weiteren wird das Qualitätsniveau deutscher Produkte von mehr als 50 Prozent der Deutschen höher bewertet als das Qualitätsniveau ausländischer Produkte. Die deutsche Ernährungswirtschaft muss sich aber auch mit einigen Kritikpunkten auseinandersetzen. Für viele Bürger hat das Thema Tier- und Naturschutz sowie das Angebot von Fair Trade und Bio-Produkten einen hohen Stellenwert und wird aus Sicht der Verbraucher noch unzureichend abgedeckt. Zurückliegende Skandale (z. B. Pferdefleisch als Rindfleisch deklariert, falsch deklarierte Bio-Eier, kontaminierte Futtermittel etc.) haben den Ruf des Sektors in Mitleidenschaft gezogen. So sind gemäß einer Studie von Nestlé die Verbraucher gegenüber Lebensmittelproduzenten und -kontrollen besonders misstrauisch. Nur jeder dritte Verbraucher vertraut auf die staatlichen Lebensmittelkontrollen und mehr als 40 Prozent der Studienteilnehmer sind der Ansicht, dass die Lebensmittel momentan ungesünder und stärker mit Schadstoffen belastet sind als noch vor 20 Jahren [Nestlé 2012] Volkswirtschaftlicher Kontext In Deutschland existieren ca Betriebe in der Ernährungswirtschaft. Tabelle 3 zeigt die Anzahl der Betriebe, aufgeschlüsselt nach den einzelnen Zweigen des Sektors, deren Umsätze und die Anzahl der Beschäftigten im Jahr 2012 [BLL 2014] bzw. für die Lebensmittelproduktion im Jahr 2013 [BVE 2014a]. Zweig Landwirtschaft Anzahl Betriebe Umsatz (in Mrd. Euro) Anzahl Beschäftigte Lebensmittelhandwerk Lebensmittelproduktion Agrargroßhandel Tabelle 3: Betriebe der Ernährungswirtschaft und deren Umsätze Quelle: [BLL 2014] In der deutschen Landwirtschaft sowie in vor- und nachgelagerten Bereichen waren im Jahr 2005 rund zehn Prozent aller Erwerbstätigen beschäftigt. Die Strukturentwicklung hinsichtlich Anzahl Betriebe und Mitarbeiterzahlen in der Landwirtschaft folgt jedoch einem rückläufigen Trend. Die Anzahl der Betriebe ging im Zeitraum von 1999 bis 2007 um 20,6 Prozent zurück, wobei 94 Prozent der landwirtschaftlichen Betriebe weiterhin Familienbetriebe der Rechtsform Einzelunternehmen sind. Eine Veränderung hin zu größeren Unternehmen hat in den letzten Jahren begonnen und setzt sich weiter fort [BMELV 2009]. 20

20 Branchen Die steigende Produktivität der deutschen Landwirtschaft in den letzten Jahrzehnten spiegelt sich in steigenden Getreideerträgen pro Hektar und in der zunehmenden Milchleistung von Kühen wider. Rund 70 Prozent der landwirtschaftlichen Produktionsmenge wird von Betrieben der Lebensmittelproduktion weiterverarbeitet [BVE 2013]. Die Ernährungsindustrie ist mit einem Umsatz von ca. 175,2 Mrd. Euro und mit rund Mitarbeitern in Betrieben einer der größten Arbeitgeber in Deutschland [BVE 2014b]. Rund 32 Prozent des Umsatzes werden von Lebensmittelexporteuren erwirtschaftet. Damit ist Deutschland einer der bedeutendsten Rohstoff- und Lebensmittelproduzenten der EU Branchenstruktur Strukturierung und Organisationen An der Rohstoffgewinnung und Lebensmittelproduktion sind bis zum fertigen Produkt unterschiedliche Marktteilnehmer aus den Bereichen Landwirtschaft und Produktion beteiligt. Die nachfolgenden Definitio nen geben einen generischen Branchenüberblick, welcher jedoch von anderen Brancheneinteilungen (bspw. in Studien/Veröffentlichungen) abweichen kann. Die Branche Ernährungswirtschaft wird im Rahmen dieser Studie wie folgt unterteilt: Rohstoffgewinnung (Landwirtschaft) Rohstoffhandel (Agrargroßhandel) Lebensmittelproduktion Rohstoffgewinnung (Landwirtschaft) Die erste Verarbeitungsstufe umfasst die landwirtschaftliche Produktion von Rohstoffen zur Lebensmittelproduktion wie etwa Getreide, Obst und Gemüse durch Anbau, Fleisch durch Viehhaltung und Jagd sowie Fisch durch Fischfang. Ein Ausfall der Rohstoffgewinnung beeinträchtigt maßgeblich nachgelagerte Produktions- und Vertriebsprozesse und kann somit zu einem Lebensmittel-Engpass am Markt führen. Bereiche: Ackerbau, Obst- und Gemüseanbau, Weinbau, Viehhaltung, Fischerei und Aquakultur. Rohstoffhandel (Agrargroßhandel) Der Rohstoffhandel ist der Landwirtschaft nachgelagert und vertreibt die gewonnenen Rohstoffe an die Lebensmittelproduzenten. Bereiche: Getreidehandel, Viehhandel, Obst- und Gemüsegroßhandel, Importeure, Exporteure, private und genossenschaftliche Landhandelsorganisationen. Lebensmittelproduktion Die zweite Verarbeitungsstufe umfasst die Verarbeitung von Rohstoffen zu fertigen Lebensmitteln. Bereiche: Herstellung von Brot und Backwaren, Nährmittel und Teigwaren, Fleischwaren, Süßwaren, Getränke, sonstige Verarbeitungsprodukte und Fertiggerichte. Die einzelnen Sparten und deren Anteil am Gesamtumsatz der Ernährungsindustrie werden in Tabelle 4 beschrieben. 21

21 2 Branchen Anteil der Sparten am Gesamtumsatz der Ernährungsindustrie 2013 (in Prozent) Sparte Fleisch und Fleischprodukte 23,3 Milch und Milchprodukte 16,2 Backwaren 8,8 Süßwaren und Dauerbackwaren 7,7 Alkoholische Getränke 7,3 Obst und Gemüse (verarbeitet) 5,7 Fertiggerichte und sonstige Nahrungsmittel 5,1 Mineralwasser und Erfrischungsgetränke 4,4 Öle und Fette 4,0 Mühlen und Stärke 3,6 Würzen und Soßen 2,4 Kaffee und Tee 2,3 Zucker 2,1 Fisch und Fischprodukte 1,2 Teigwaren 0,2 Tabelle 4: Anteil der Sparten am Gesamtumsatz der Ernährungsindustrie 2013 Quelle: [BVE 2014a] Marktteilnehmer Die Lebensmittel-Zeitung veröffentlicht regelmäßig Statistiken für den Sektor Ernährung. Tabelle 5 weist die acht größten Lebensmittelproduzenten in Deutschland aus, die auch mit Lebensmittelprodukten handeln. Rang Unternehmen Umsatz (in Mio. Euro) Geschäftstätigkeit 1 Nestlé Deutschland AG Nahrungsmittel, Kaffee, Süßwaren 2 Dr. August Oetker Nahrungsmittel KG Nahrungsmittel, Bier, Sekt, Getränkefachgroßhandel (GFGH) 3 DMK Deutsches Milchkontor GmbH Molkereiprodukte 4 Vion Food Group N. V Fleisch 5 Tönnies Lebensmittel GmbH & Co. KG Fleisch 6 Tchibo GmbH Kaffee, Nonfood-Artikel 7 Coca-Cola Services N. V Alkoholfreie Getränke 8 Unilever Deutschland Holding GmbH Nahrungsmittel, Nonfood-Artikel Tabelle 5: Top 8 Lebensmittelproduzenten in Deutschland

22 Branchen Quelle: [LZ 2012] Analog zu den acht größten Marktteilnehmern in der Lebensmittelproduktion (insgesamt) werden in der nachfolgenden Tabelle 6 die größten Lebensmittelproduzenten nach ihrer jeweiligen Zuordnung zu den Sparten Fleisch-/Geflügelprodukte, Molkereiprodukte und Sonstige Produkte (Jahr 2013) aufgeschlüsselt. Fleisch-/Geflügelprodukte Vion Food Group N. V. Molkereiprodukte DMK Deutsches Milchkontor GmbH Sonstige Produkte Nestlé Deutschland AG Tönnies Lebensmittel GmbH & Co. Unternehmensgruppe Theo KG Müller S.e.c.s. Dr. August Oetker Nahrungsmittel KG PHW-Gruppe / LOHMANN & CO. AG (Wiesenhof) Royal FrieslandCampina N. V. Unilever Deutschland Holding GmbH Westfleisch eg Bayernland eg Südzucker AG Sprehe Geflügel- und Danone GmbH Tiefkühlfeinkost Handels GmbH & Co. KG Mars GmbH Danish Crown A/S Hochwald Foods GmbH Kraft Foods Group Inc. Rothkötter Mischfutterwerk GmbH Arla Foods Deutschland GmbH KRÜGER GmbH & Co. KG Plukon Food Group Zott SE & Co. KG STUTE Nahrungsmittelwerke GmbH & Co KG Müller Großhandels Ltd. & Co. KG Hochland Deutschland GmbH SCHWARTAUER WERKE GmbH & Co. KGaA Gausepohl Qualitätsfleisch GmbH Molkerei MEGGLE Wasserburg & Co. KG GmbH & Co. KG Laurens Spethmann Holding AG & Co. KG Tabelle 6: Lebensmittelproduzenten nach Sparten Quelle: [LZ 2013] In Deutschland werden die Interessen der Ernährungswirtschaft durch verschiedene Verbände repräsentiert. Die Hauptaufgaben liegen in der Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit und der Mitgestaltung wirtschaftlicher Rahmenbedingungen. Im Aufbau und der Anzahl der Verbände spiegelt sich die Vielfältigkeit der Branche wider. Neben den wesentlichen Verbänden Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie e. V. (BVE), Bund für Lebensmittelrecht und Lebensmittelkunde e. V., Deutsche Gesellschaft für Ernährung e. V., Deutsche Landwirtschafts-Gesellschaft e. V., Bundesverband der Lebensmittelkontrolleure e. V. sowie die Landesverbände und Deutscher Bauernverband vertreten nach Auskunft der BVE über 30 weitere nationale Branchenverbände unterschiedlicher Größe die politischen, rechtlichen und öffentlichen Interessen der Unternehmen. Beispiele hierfür sind: Verband des deutschen Cash and Carry-Großhandels e. V. 23

23 2 Branchen Bundesverband der Agrargewerblichen Wirtschaft e. V. EPEGA Vereinigung der Eier-, Wild- und Geflügelwirtschaft e. V. Verband der Fleischwirtschaft e. V. Deutscher Fruchthandelsverband e. V. Verein der Getreidehändler der Hamburger Börse e. V. Verband des Deutschen Nahrungsmittelgroßhandels und anderer Vertriebsformen e. V Beziehungen innerhalb der Branchen Die Lebensmittelproduzenten sind stark von den Produzenten der Rohstoffe und diese wiederum von bereitgestellten technischen Geräten abhängig. Ebenso bestehen Abhängigkeiten zwischen den einzelnen Lebensmittelproduzenten, da produzierte Lebensmittel teilweise durch nachgelagerte Unternehmen weiterverarbeitet werden. Im Gegensatz zu anderen Sektoren wie beispielsweise dem Energiesektor sind die Mark teilnehmer nicht physisch über ein Netz verbunden und dadurch weniger voneinander abhängig. In der Branche ist eine zunehmende Spezialisierung und eine abnehmende Anzahl von Anbietern gleichartiger Produkte erkennbar, sodass Redundanzen abnehmen und Abhängigkeiten von Vorleistungen anderer Betriebe steigen Rolle der öffentlichen Hand (Liberalisierung und Regulierung) Die Ernährungswirtschaft unterliegt hohen Anforderungen an die Sicherheit von Lebensmitteln. Die Lebensmittelsicherheit (oder auch Lebensmittelhygiene) ist ein Oberbegriff für alle Maßnahmen, die sicherstellen, dass Lebensmittel zum Verzehr geeignet und keine gesundheitsschädlichen Auswirkungen zu erwar ten sind. Der Staat hat eine Reihe von Gesetzen und Verordnungen erlassen, die sowohl die ordnungsgemäße Herstellung von Lebensmitteln als auch die Verteilung von Lebensmitteln im Normal- und im Krisenfall regeln. Der Großteil der Gesetze und Regularien im Sektor Ernährung ist gleichermaßen für die Branchen Ernährungswirtschaft und Lebensmittelhandel gültig. Aus diesem Grund wird von einer Unterscheidung abgesehen und die Rolle der öffentlichen Hand in diesem Abschnitt gesammelt für beide Bereiche beschrieben. Explizit dem Handel zuordenbare Gesetze und Regularien werden in Abschnitt aufgeführt. Die nachfolgend aufgeführten Gesetze und Behörden beziehen sich auf den Sektor Ernährung: Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch (LFGB) Das LFGB verankert grundsätzliche Pflichten und Verbote bei der Herstellung und beim Verkauf von Lebensmitteln und legt als Rahmengesetz grundlegende Definitionen für das gesamte deutsche Lebensmittelrecht sowie Verbote zum Schutz der Gesundheit und vor Täuschung sowie Werbeverbote fest. Eine Beachtung des LFGB erfordert die Umsetzung aus dem Gesetz abgeleiteter, konkretisierender Rechtsvorgaben von über 250 Verordnungen, Richtlinien und nachgelagerten Gesetzen. Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung (TierSchutzNutztV) Die Verordnung zum Schutz landwirtschaftlicher Nutztiere (und anderer zur Erzeugung tierischer Produkte gehaltener Tiere) umfasst Anforderungen an die Haltung von Tieren, die eine stets ausreichende und angemessene Versorgung der Tiere gewährleisten sollen [TAB 2011]. Ernährungssicherstellungsgesetz (ESG) Dieses Gesetz greift bei politisch-militärischen Krisen und hat das Ziel, die Versorgung der Zivilbevölkerung und der Streitkräfte mit land- und ernährungswirtschaftlichen Erzeugnissen sicherzustellen. 24

24 Branchen Ernährungsvorsorgegesetz (EVG) Dieses Gesetz gilt für Versorgungskrisen in friedlichen Zeiten (z. B. verursacht durch Natur- und Umweltkatastrophen) und berechtigt den Staat, entsprechende Lenkungsmaßnahmen zur ausreichenden Versorgung mit Erzeugnissen der Land- und Ernährungswirtschaft zu erlassen. Ernährungswirtschaftsmeldeverordnung (EWMV) Diese Verordnung stellt ein wichtiges Element der Ernährungsnotfallplanung des Staates dar. Durch diese verpflichtet der Staat die Betriebe der Lebensmittelwirtschaft und des Handels, u. a. Mühlen, Bäckereien, Schlachthöfe, Metzgereien, Molkereien, Betriebe zur Herstellung von Fertiggerichten und Lagerbetriebe, regelmäßig bereits vor einer Krise die wichtigsten Daten wie etwa Angaben zu Produktions- und Lagerkapazitäten an die staatlich zuständigen Stellen zu melden. Ernährungsbewirtschaftungsverordnung (EBewiV) Diese Verordnung enthält Vorschriften zu Verfügungsbeschränkungen und Abgabepflichten. Abgabe, Verbrauch, Verarbeitung und Weiterveräußerung der Erzeugnisse werden im Krisenfall streng reglementiert und sind nur bei Vorlage entsprechender Nachweise (z. B. Lebensmittelkarte) zulässig. Weitere Regelungen (z. B. die Lebensmittelzuteilungsverordnung, Umrechnungssätze-Verordnung, Preisstopp-Verordnung und Schwundgüterverordnung) werden derzeit erstellt [Rexroth 2012]. Zur Überwachung der Einhaltung der oben beschriebenen Gesetze und Verordnungen existieren Aufsichtsbehörden, welche nachfolgend aufgeführt und beschrieben sind. Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) Die Aufgabe des Ministeriums liegt darin, eine ausgewogene und gesunde Ernährung mit sicheren Lebensmitteln, klare Verbraucherinformationen beim Lebensmitteleinkauf sowie eine starke und nachhaltige Land-, Wald- und Fischereiwirtschaft und Perspektive für den ländlichen Raum zu fördern. Das Ministerium verantwortet seitens der öffentlichen Hand die Qualitätssicherung von Lebensmitteln. 25

25 2 Branchen Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) Nach eigenen Angaben wurde das BVL im Jahr 2002 als Zulassungs- und Managementbehörde für Lebens mittelsicherheit und Verbraucherschutz gegründet. Das BVL ist eine eigenständige Bundesoberbehörde im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft. Das BVL trägt mit vielfältigen Maßnahmen zur Lebensmittelsicherheit in Deutschland bei. Es spricht Zulassungen aus und koordiniert gemeinsam mit den Bundesländern Überwachungsprogramme. Im Rahmen des europäischen Schnellwarnsystems sorgt es als nationale Kontaktstelle für den Informationsfluss zwischen der EU und den Bundesländern. Das BVL unterstützt das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) beim Krisen management und begleitet Inspektionen der EU und von Drittstaaten in Deutschland. Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) Das Institut wurde im November 2002 errichtet, um den gesundheitlichen Verbraucherschutz zu stärken, und stellt eine wissenschaftliche Einrichtung in Deutschland dar, die Gutachten und Stellungnahmen zu Fragen der Lebens- und Futtermittelsicherheit sowie zur Sicherheit von Chemikalien und Produkten erarbeitet. Das Institut nimmt damit eine wichtige Aufgabe bei der Verbesserung des Verbraucherschutzes und der Lebensmittelsicherheit wahr. Das BfR gehört zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL). In seiner wissenschaftlichen Bewertung und Forschung ist es unabhängig. Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) Die BLE wurde im Januar 1995 gegründet und arbeitet ebenfalls im Geschäftsbereich des BMEL. Die BLE übernimmt Verwaltungsaufgaben für folgende Themengebiete: Marktangelegenheiten, Kontrolle und Zulassung, Programme und Forschungsförderungen, Internationale Zusammenarbeit und Dienstleistungen (wie etwa die Funktion einer Wissens- oder Technologietransfereinrichtung). Als länderübergreifende Instanz erlässt die Europäische Union Verordnungen, die die Lebensmittelqualität in den EU-Mitgliedsstaaten sicherstellen sollen. Die Kommission der europäischen Union hat im Januar 2000 das Weißbuch zur Lebensmittelsicherheit veröffentlicht, welches ein Konzept zur Etablierung eines hohen Standards in der Lebensmittelsicherheit darstellt. Von besonderer Bedeutung ist der darin geforderte Aufbau eines EU-Verfahrens, welches bei Problemen in der Lebensmittelproduktion und daraus resultieren der Gesundheitsgefährdungen für die Endverbraucher schnelle und wirksame Schutzmaßmaßnahmen ermöglicht. Die in dem Konzept geforderte Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit wurde im Jahr 2002 gegründet und ist gemäß Aussage der Kommission im Bereich der Lebensmittel- und Futtermittelsicherheit der Grundpfeiler der Risikobewertung der Europäischen Union. Weitere branchenrelevante Verordnungen der EU sind: VO (EG) 178/2002 Allgemeine Grundsätze und Anforderungen des Lebensmittelrechts VO (EG) 882/2004 Amtliche Kontrollen VO (EG) 852/2004 Lebensmittelhygiene VO (EG) 853/2004 Spezifische Hygienevorschriften für Lebensmittel tierischen Ursprungs VO (EG) 854/2004 Besondere Verfahrensvorschriften für die amtliche Überwachung VO (EG) 2073/2005 Mikrobiologische Anforderungen an Lebensmittel VO (EG) 2074/2005 Durchführungsvorschriften VO (EG) 2075/2005 Trichinenuntersuchung EU-Verordnungen sind unmittelbar wirksam und müssen, anders als zum Beispiel EU-Richtlinien, nicht erst in Form von nationalen Gesetzen umgesetzt werden. 26

26 Branchen 2.2 Lebensmittelhandel Branchenüberblick Einführung in die Branche Die Branche Lebensmittelhandel umfasst den Lebensmittelgroßhandel und -einzelhandel. Der Lebensmittelgroßhandel schließt sich an die Lebensmittelproduktion an und dient, sofern die Produzenten ihre produzierte Ware nicht eigenständig (Direktvertrieb) an den Endverbraucher verkaufen, der Erbringung von Lagerungs- und Distributionsdienstleistungen. Er umfasst alle Tätigkeiten zur Planung, Steuerung und Kontrolle des Warenflusses von den Produzenten zum Lebensmitteleinzelhandel. Neben dem Einzelhandel können auch Endverbraucher als Kunden für Großhändler agieren. Der Lebensmitteleinzelhandel dient dem Verkauf erworbener Waren an Endverbraucher. Hier werden unterschiedliche Absatzwege wie etwa lokal verfügbare Verkaufsstandorte (z. B. Supermarkt-Filialen oder Tankstellen) oder überregionale Verkaufspunkte (z. B. Internet, Telefon-Hotlines) genutzt. Dabei zählen im Rahmen dieser Studie neben den lokal verfügbaren Verkaufsstandorten oder überregionalen Verkaufspunkten auch direkt angebundene Filiallager zum Einzelhandel. Sobald eine Transportdienst leistung von Zentral- oder Regionallagern zur Belieferung der Verkaufsstandorte bzw. Verkaufspunkte erfolgt, werden diese Lager dem Großhandel zugeordnet. Die Prozesse im Lebensmittelhandel werden zunehmend vom IT-Einsatz dominiert. Ein Ausfall dieser IT-Dienste würde bereits heute den Informationsfluss zwischen den Händlern, den Lagern und den Produ zenten stark beeinträchtigen. Analysen vorhandener Logistikstrukturen im Lebensmitteleinzelhandel zeigen, dass der Lagerbestand bei den Händlern bei haltbaren Lebensmitteln zwischen 7 und 30 Tagen und bei Frischwaren zwischen 0 und 10 Tagen liegt [BBK 2011]. Diese unterschiedlichen Lagereigenschaften setzen voraus, dass die Lager kontinuierlich funktionsfähig sind und eine ordnungsgemäße Belieferung erfolgt Bedeutung für Staat und Gesellschaft Der Handel mit Lebensmitteln erfolgt, wie auch die Produktion von Lebensmitteln, durch privatwirtschaftliche Unternehmen und sichert eine flächendeckende Verteilung von Lebensmitteln für die Bevölkerung. Zurzeit werden die deutschen Konsumenten täglich von ca Betrieben des Lebensmitteleinzelhan dels mit Lebensmitteln versorgt [BLL 2014]. Der deutsche Staat hält stets eine bestimmte Menge an staatlichen Notvorräten vor, um auf einen Mangel in der Versorgung reagieren zu können. Diese Lagerhaltung basiert nicht auf einer direkten rechtlichen Verpflichtung, lässt sich jedoch aus der staatlichen Pflicht zur Daseinsvorsorge ableiten. Bisher war der Einsatz der Notvorräte in Deutschland noch nicht notwendig. Selbst während der Hochwasserkatastrophe 2002 konnte trotz der kritischen Situation die Lebensmittelversorgung ohne staatlichen Eingriff sichergestellt werden [BMELV 2011]. Trotzdem empfiehlt der Staat jedem privaten Haushalt, einen privaten Vorrat von Grundnahrungsmitteln anzulegen, mit dem die eigene Verpflegung für einen Zeitraum von ca. zwei Wochen sichergestellt werden kann [BBK 2009] Wahrnehmung des Lebensmittelhandels innerhalb der Bevölkerung Da Verbraucher zunehmend ein Bewusstsein für Fragen zur Qualität, Hygiene, Lebensmittelsicherheit und Nachhaltigkeit von Lebensmittelprodukten entwickeln, muss sich der Handel auf diese Entwicklungen einstellen und seine Produktauswahl daran ausrichten. Aus einem Bericht des Handelsblatts aus dem Jahr 2013 geht hervor, dass die Lebensmittelhändler vor allem die positive Wahrnehmung eigener Markenprodukte fördern wollen. 27

27 2 Branchen Der Verkauf eigener Produkte führt meist zu einer Gewinnsteigerung, verstärkt jedoch das Reputationsrisi ko, da etwaige Lebensmittelskandale verknüpft mit Eigenmarken nicht nur das Image einer Marke, sondern die Reputation der gesamten Handelskette negativ beeinflussen können [Handelsblatt 2013]. Die Funktionsfähigkeit logistischer Prozesse hat für die Wettbewerbsfähigkeit von Lebensmittelgroßhändlern und -einzelhändlern eine hohe Bedeutung, da seitens der Endverbraucher hohe Anforderungen an die kontinuierliche und sichere Warenversorgung gestellt werden [Hofer 2009]. Eine stetige Lebensmittelversorgung wird in der Gesellschaft als üblich und allgegenwärtig angesehen, sodass nur wenige Haushalte einen Notvorrat lagern und somit der Großteil der deutschen Haushalte keine ausreichenden Lebensmittel für den Krisenfall vorrätig hat Volkswirtschaftlicher Kontext In Deutschland existieren derzeit ca Betriebe in der Branche Lebensmittelhandel (z. B. Großhändler Supermarkt-Filialen, lokal verfügbare Verkaufsstandorte bei Landwirten und Tankstellen, überregionale Verkaufspunkte wie Internet oder Telefon). Gemessen an den Lebensmitteleinzelhandelsgeschäften pro Einwohner hat Deutschland im europäischen Vergleich nach Österreich die höchste Ladendichte [DICE 2013]. Tabelle 7 zeigt einen Überblick über die Anzahl der Betriebe im Lebensmittelhandel in den einzelnen Zweigen der Branche, deren Umsätze und die Anzahl der Beschäftigten im Jahr Zweig Anzahl Betriebe Umsatz (in Mrd. Euro) Anzahl Beschäftigte Lebensmittelgroßhandel Lebensmitteleinzelhandel Außer-Haus-Markt Tabelle 7: Betriebe des Lebensmittelhandels und deren Umsätze Quelle: [BLL 2014] Lebensmittelgroßhändler und -einzelhändler sind die wichtigsten Absatzpartner für landwirtschaftliche Betriebe und Lebensmittelproduzenten [BVE o. J.a]. Im Jahr 2012 betrug der Lebensmittelumsatz im Handel ca. 174 Mrd. Euro, der vorrangig durch große Handelsunternehmen erwirtschaftet wurde. Die fünf größten Händler vereinten im Jahr 2012 knapp dreiviertel der Umsätze auf sich [BVE 2013]. Bei der Betrachtung der Gesamtausgaben der Privathaushalte wird ersichtlich, dass der Konsumanteil für Nahrung von 17,7 Prozent auf 11,6 Prozent im Zeitraum von 1991 bis 2012 sank [BVE 2013]. Als Folge der demographischen Entwicklung werden stagnierende Einkommenshöhen prognostiziert und somit das Umsatzwachstum im Einzel handel begrenzt, sodass die Unternehmen in dieser Branche die Effizienz ihrer Prozesse erhöhen müssen, um die Profitabilität zu steigern und wettbewerbsfähig zu bleiben. Abbildung 5 zeigt die prozentuale Verteilung der Beschäftigten im Einzelhandel [HWWI 2013]. 28

28 Branchen EH mit Waren verschiedener Art, Hauptrichtung Nahrungsmittel und EH mit Nahrungsmitteln EH mit Textilien, Bekleidung, Schuhe, Lederw. Bereiche im Einzelhandel EH mit Möbeln, Einrichtungsg., Hausrat, Glas, Porzellan EH mit Waren verschiedener Art, Hauptrichtung Nicht-Nahrungsmittel EH mit kosmetischen Erzeugnissen, Körperpflege EH mit Blumen, Pflanzen, Saatgut EH mit Unterhaltungselektronik und elektr. Hausgeräten % Versand- und Internethandel EH mit Büchern, Zeitschriften, Schreibwaren EH mit Fahrrädern, Sport- und Campingartikeln EH mit Schmuck EH mit Spielwaren Anzahl Beschäftigte in % Abbildung 5: Beschäftigte im Einzelhandel (2009) Quelle: [HWWI 2013] Branchenstruktur Strukturierung und Organisationen Analog zur Branche Ernährungswirtschaft lässt sich die Branche Lebensmittelhandel in weitere Bereiche unterteilen. Die nachfolgenden Definitionen geben einen generischen Branchenüberblick, welcher jedoch von anderen Brancheneinteilungen (bspw. in Studien/Veröffentlichungen) abweichen kann. Der Lebensmittelhandel stellt sich durch die Vielzahl verschiedener Handelsunternehmen am Markt als heterogen dar [Hofer 2009] und wird im Rahmen dieser Studie in die folgenden Unterbereiche unterteilt: Lebensmittelgroßhandel Lebensmitteleinzelhandel Die verschiedenen Betriebstypen des Einzelhandels sind in Abbildung 8 aufgeführt. Zu den nicht-stationären bzw. halb-stationären Betriebsformen zählen Heimlieferanten, während sich der stationäre Handel dadurch charakterisiert, dass der Endverbraucher die Einkaufsstätten aufsuchen muss. Der stationäre Einzelhandel wiederum unterscheidet sich anhand der marketing-politischen Positionierung. 29

29 2 Branchen Abbildung 6: Betriebstypen des Einzelhandels Quelle: [Hofer 2009] In den nachfolgenden Kapiteln werden aufgrund ihrer herausgestellten Bedeutung der stationäre Lebens mittelgroßhandel und -einzelhandel im Detail betrachtet. Der Einzelhandel verkauft seine Produkte meist an Endverbraucher, während der Lebensmittelgroßhandel vorrangig Unternehmen aus dem Einzelhandel beliefert und nur teilweise mit Endverbrauchern interagiert. Der Außer-Haus-Markt kann als eine Sonderform des Einzelhandels betrachtet werden, da auch hier die Kunden meistens Endverbraucher sind. Als Abgrenzungskriterium gilt hierbei also nicht die verkaufte Warenmenge, sondern der überwiegende Kundenkreis. Zu den wichtigsten Betriebsformen im Lebensmitteleinzelhandel zählen SB-Warenhäuser, Supermärkte und Discounter. Abbildung 7 weist die prozentuale Verteilung der wesentlichen Betriebsformen aus. 15% 4% SB-Warenhäuser 45% 37% Supermärkte Discounter Übrige Abbildung 7: Betriebsformen im Einzelhandel Quelle: [KPMG 2006] 30

30 Branchen Große Einzelhandelsketten (wie beispielsweise EDEKA, REWE, Lidl und ALDI) verfügen über eigene Logistikprozesse, mehrere (dezentrale) Lagerstandorte und eigene Lkw zur eigenständigen und unabhängi gen Versorgung ihrer Filialen [EDEKA o. J.]. ALDI Nord verfügte im Jahr 2002 über ca. 35 Regionallager [BBK 2011] Marktteilnehmer In Deutschland werden kleine Unternehmen des Lebensmittelhandels zunehmend durch große Handelsbetriebe aus dem Einzelhandel und Großhandel vom Markt verdrängt [HWWI 2013]. Aus Abbildung 8 geht hervor, dass im Jahr 2013 die fünf größten Lebensmittelhändler ca. dreiviertel des Gesamtumsatzes der Branche erwirtschafteten. Die Verteilung im Vergleich zum Jahr 1980, in dem dieser Wert nur ein Viertel betrug, zeigt die kontinuierliche Erhöhung des Marktanteils und die zunehmende Konzentration auf einzel ne große Marktteilnehmer in den letzten drei Jahrzehnten [Warich 2011]. Marktanteile im Lebensmittelhandel 13,0% 17,0% 19,5% 15,4% 16,3% 16,7% 14,3% 6,8% 10,6% 13,5% 12,0% 12,5% 14,9% 6,0% 14,4% 11,1% 11,4% 12,3% 30,3% 26,8% 26,9% Anteil in Prozent 15,0% 37,9% ,5% EDEKA REWE Metro-Group Lidl/Kaufland Aldi Übrige LH Jahr Abbildung 8: Konzentration im Lebensmittelhandel Quelle: [HWWI 2013] Die Gründe für die hohe Konzentration auf wenige führende Marktteilnehmer sind zahlreiche Fusionen, Übernahmen und technologische Fortschritte, wie beispielsweise die Einführung moderner Barcodes und Scannerkassen, die insbesondere bei großen Betrieben zur Kostenoptimierung eingeführt wurden und zu einem deutlichen Wettbewerbsvorteil führten [DICE 2013]. Im Vergleich zu anderen Ländern der EU haben die Discounter in Deutschland einen hohen Marktanteil mit ca. 40 Prozent (vorrangig Lidl, Netto, Penny und Norma) [DICE 2013]. EDEKA und REWE sind seit einigen Jahren die dominierenden Konzerne im Lebensmittelhandel und beschäftigen (gemäß ihrer Geschäftsberichte für das Jahr 2012) ca Mitarbeiter. Die beiden Unternehmen setzen sich dabei aus selbstständigen Einzelhändlern, in Eigenregie geführten Filialen, Großhandelsbetrieben und Discount-Märkten zusammen. Der Großteil der Handelsunternehmen vertritt seine Interessen über den Handelsverband Deutschland, welcher aus rund Mitgliedsunternehmen aller Branchen, Standorte und Größenklassen besteht. Der Sicherung eines nachhaltigen Wohlstands für Deutschland gelten alle Anstrengungen des HDE und seiner Landes-, Regional- und Fachverbände. Gemeinsam engagieren sich die Mitglieder für die flächendeckende Nahversorgung sowie für ein qualitativ hochwertiges Sortiment zu günstigsten Preisen. Als Vertreter der drittgrößten deutschen Wirtschaftsbranche nach Industrie und Handwerk nimmt der HDE die Verantwortung für jeden zwölften Arbeitsplatz in Deutschland wahr. Im engen Dialog mit Herstellern, der Politik und der Öffentlichkeit vertritt er die Interessen einer stark mittelständisch geprägten Branche, da 98 Prozent der Handelsunternehmen unter 50 Mitarbeiter beschäftigen und maximal 10 Mio. Euro Umsatz im Jahr erzielen [HDE 2012]. 31

31 2 Branchen Beziehungen innerhalb der Branchen Es existieren direkte Abhängigkeiten zwischen dem Lebensmittelgroßhandel (der die produzierten Lebens mittel von den Produzenten erwirbt, lagert und verteilt) und dem Lebensmitteleinzelhandel (der die erworbenen Lebensmittel an den Endverbraucher verkauft). Weitere Abhängigkeiten bestehen innerhalb der einzelnen Unternehmensgruppen, da eine Interaktion des Mutterkonzerns mit den einzelnen Gesellschaften erfolgt. Die internen Beziehungen werden im nachfolgenden Abschnitt am Beispiel der EDEKA-Gruppe dargestellt. Die Grundstruktur der EDEKA-Gruppe besteht aus dem Mutterkonzern EDEKA Zentrale AG & Co, sieben Regionalgesellschaften und selbständigen Händlern (z. B. Filialbetriebe). Die eigenständig operierenden Regionalgesellschaften steuern das operative Warengeschäft und übertragen zentrale Aufgaben, wie etwa die Bündelung des nationalen Warengeschäfts inklusive der Strategie, Eigenmarkenentwicklung, Qualitätssicherung oder der Werbung, an die EDEKA Zentrale AG & Co. KG. Die selbstständigen Händler kooperieren mit den Regionalgesellschaften und werden von diesen beliefert [EDEKA 2012]. In Abbildung 9 ist die Struktur des EDEKA-Verbunds dargestellt. Abbildung 9: Struktur des EDEKA-Verbunds Quelle: [EDEKA 2012] Neben dem Kerngeschäft des selbstständigen Einzelhandels führen die sieben EDEKA-Regionalgesellschaften auch einen Grundbestand an Märkten in eigener Regie (Regie-Einzelhandel). Darüber hinaus sind der Discounter Netto sowie EDEKA-Großhandelsbetriebe Teil der EDEKA-Gruppe, sodass sich das aktuelle EDEKA-Vertriebsnetz aus dem selbstständigen Einzelhandel, dem Regie-Einzelhandel, dem EDEKAGroßhandel und den Filialen des Netto Marken-Discounts zusammensetzt. Die konkrete Verteilung der Verkaufsstellen ist in Abbildung 10 dargestellt [EDEKA 2012]. EDEKA verfügt über ein eigenes Logistiknetz, welches auf einem dezentral organisierten Netzwerk aus derzeit 36 Logistikzentren für den regionalen EDEKA-Einzelhandel und 18 Lagerstandorten für den Netto Marken-Discount besteht. 32

32 Branchen 1347 Selbstständiger Einzelhandel Netto Marken-Discount Regie-Einzelhandel Abbildung 10: Vertriebsnetz EDEKA Quelle: [EDEKA 2012] Rolle der öffentlichen Hand (Liberalisierung und Regulierung) Der Großteil der Gesetze und Regularien im Sektor Ernährung ist gleichermaßen für die Branchen Ernährungswirtschaft und Lebensmittelhandel gültig. Aus diesem Grund wird von einer Unterscheidung abgesehen und die Rolle der öffentlichen Hand in Abschnitt gesammelt für beide Bereiche beschrieben. Zusätzlich existieren für den Lebensmittelhandel die folgenden spezifischen Gesetze und Regularien: Lebensmittel- und Bedarfsgegenständegesetz (LMBG) Das LMGB ist ein im Jahr 1997 formuliertes Gesetz über den Verkehr mit Lebensmitteln, Tabakerzeugnissen, kosmetischen Mitteln und sonstigen Bedarfsgegenständen und stellt Anforderungen an die Qualität von Lebensmittelprodukten. Durch die Einführung des LFGB im Jahr 2005 (siehe Abschnitt ) wurden die Bestimmungen des LMBG weitgehend abgelöst. Handelsklassengesetz Das Handelsklassengesetz ermöglicht dem Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Wirtschaft und Energie mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung) die Einführung von Handelsklassen im Lebensmittelhandel. An diese Handelsklassen werden konkrete Anforderungen, wie beispielsweise Qualität, Herkunft, Art und Weise sowie Zeitpunkt der Erzeugung, Gewinnung, Herstellung und Behandlung, definiert. 33

33 2 Branchen 2.3 Öffentliche Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung Branchenüberblick Einführung in die Branche Der KRITIS-Sektor Wasser besteht aus den Branchen Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung. Obwohl sich die Dienstleistungen der Branchen in ihrem Auftrag voneinander unterscheiden, besitzen sie viele Gemeinsamkeiten in der Erbringung. Diese spiegeln sich vor allem in der Bedeutung für Staat und Gesellschaft, in der Rolle der öffentlichen Hand und der Verwendung von Verfahren und Anlagen wider. Die Dienstleistungen der beiden Branchen, Trinkwasserversorgung und Abwasserbeseitigung, greifen ineinander und bilden einen in sich geschlossenen Wasserkreislauf. Die betriebsinternen Prozesse in der Trinkwasserversorgung reichen dabei von der Gewinnung von Wasser über die Aufbereitung, Speicherung, den Transport bis hin zur Verteilung von Wasser an den Endverbraucher. Bei der Abwasserbeseitigung gehört die Zuleitung von Abwässern, die Behandlung dieser, die Ausleitung des gereinigten Wassers und die Klärschlammbeseitigung bzw. -verwertung zu den zentralen Leistungen. Abbildung 11: Wasserkreislauf Quelle: eigene Darstellung Die Trinkwasserversorgung unterteilt sich in die drei Prozesse Wassergewinnung, Wasseraufbereitung und Wasserverteilung. Zur Gewährleistung der quantitativen und qualitativen Versorgung mit Trinkwasser müssen die Wasserversorgungsunternehmen geltende Gesetze (z. B. Wasserhaushaltsgesetz, Landeswassergesetz) und Verordnungen (z. B. Trinkwasserverordnung) einhalten. In der Wassergewinnung wird im Wesentlichen in die drei Arten Grund-, Quell- und Oberflächenwassergewinnung unterschieden. In Deutschland werden rund 62 Prozent des Trinkwassers aus dem Grund- und rund 30 Prozent aus dem Oberflächenwasser gewonnen. Den geringsten Anteil an der Wassergewinnung hat das Quellwasser mit rund acht Prozent [BDEW 2011a]. Das in dieser Phase gewonnene Wasser wird als Rohwasser bezeichnet und mit Hilfe von elektrisch betriebenen Pumpen in die Wasserwerke, in denen die Aufbereitung erfolgt, geleitet. In der Wasseraufbereitung wird das gewonnene Rohwasser durch den Einsatz mechanischer (Rechen, Sieben, Sedimentation), biologischer (Gasaustausch, Belüftung) oder chemischer (Flockung, Oxidation) Verfahren in verschiedenen Aufbereitungsschritten zur Genussfähigkeit veredelt [TV Verden o. J.]. 34

34 Branchen Das aufbereitete Trinkwasser wird anschließend in Reinwasserbehältern (auch Wasserreservoirs) gespeichert, von denen es über die Hauptleitungen des Wasserversorgungsnetzes in die Versorgungsgebiete transportiert und mittels Versorgungsleitungen an die einzelnen Verbrauchsstellen abgegeben wird. Die Zwischenspei cherung des Trinkwassers in Reservoirs dient auch dem Lastausgleich, um kontinuierlich und in nahezu gleichbleibender Menge die Wasserversorgung zu unterschiedlich intensiven Wasserentnahmezeiten zu gewährleisten [BWB o. J.a]. In der Abwasserbeseitigung werden die anfallenden Abwässer von den Verbrauchsstellen über das öffentliche Kanalisationsnetz in die zentralen Klär- bzw. Abwasserbeseitigungsanlagen transportiert. Beim Kanalisationsnetz wird zwischen den Mischwasser- und Trennwassersystemen unterschieden. Beim Mischwassersystem wird sowohl Schmutz- als auch Regenwasser durch ein gemeinsames Kanalisationsrohr in die Kläranlage geleitet. Beim Trennsystem werden Schmutz- und Regenwasser in zwei verschiedenen Kanalisationsrohren abgeleitet. In Klär- und Abwasserbeseitigungsanlagen werden die Abwässer durch mechanische, biologische und chemische Verfahren so behandelt, dass ein Reinigungsgrad erreicht wird, der eine Rückleitung in den natürlichen Wasserkreislauf ermöglicht. Während der Behandlung von Abwässern entsteht Klärschlamm als Neben- bzw. Abfallprodukt. Im Anschluss an die Wasserbehandlung erfolgt die Ausleitung des gesäuberten Wassers in die umliegenden Gewässer. Die ausgeleiteten Wassermengen werden dabei fortlaufend gemessen und regelmäßig über Wasserproben analysiert, um die Qualität der Gewässer gemäß gesetzlicher Vorschriften sicherzustellen. Die Prozesse der Trinkwasserversorgung und Abwasserbeseitigung bedürfen einer kontinuierlichen Überwachung und Steuerung. Insbesondere bei großen und weitläufigen Wasserversorgungs- sowie Abwasserbeseitigungsanlagen wird i. d. R. eine zentrale Überwachung über Prozessleitsysteme und eine dezentrale Steuerung über Speicherprogrammierbare Steuerungen (SPS) auf der Feldebene realisiert. Prozessleitsysteme erlauben es dem Betriebspersonal einen Überblick über den Betriebsstatus der Wasserversorgungs- und Abwasserbeseitigungsanlagen zu gewinnen. Die Grundlage für die Funktionsfähigkeit und Effizienz der Leittechnik ist die Fernwirktechnik, welche am jeweiligen Einsatzort Daten sammelt, verarbeitet und an das entfernte Prozessleitsystem übergibt. Die Datenerfassung d. h. die Erfassung von Messwerten erfolgt an den Messorten der Wasserversorgungs- und Abwasserbeseitigungsanlagen (z. B. in Brunnen, Behältern, Pumpen, Filtern, Armaturen oder Rohren) durch den Einsatz von Sensoren. Sensoren sind in der Lage, Parameter (z. B. Druck) zu messen und Mengen (z. B. Wasserdurchlaufmenge) zu zählen. Mit Hilfe dieser Informationen können die am Prozess beteiligten Systeme untereinander automatisch oder durch manuelle Befehle der Leitstelle gesteuert werden. Durch den vermehrten Einsatz von Speicherprogrammierbaren Steuerungen und der damit einhergehenden Automatisierung von Abläufen, verschiebt sich die Rolle der Leitstellen von der Steuerung hin zur Überwachung [Mutsch. 2011]. Wasserwirtschaft in Deutschland In Deutschland obliegen die Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung den Kommunen, was aus dem Grundgesetz Art. 28 Abs. 2 und den Landesverfassungen hervorgeht: (2) Den Gemeinden muss das Recht gewährleistet sein, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln. Auch die Gemeindeverbände haben im Rahmen ihres gesetzlichen Aufgabenbereiches nach Maßgabe der Gesetze das Recht der Selbstverwaltung. Die Gewährleistung der Selbstverwaltung umfasst auch die Grundlagen der finanziellen Eigenverantwortung; zu diesen Grundlagen gehört eine den Gemeinden mit Hebesatzrecht zustehende wirtschaftskraftbezogene Steuerquelle. [BMJV o. J.] So müssen sie sämtliche Angelegenheiten zur Verwaltung der örtlichen Gemeinschaft, was auch finanzielle Verantwortlichkeiten einschließt, autonom durchführen. Der Handlungsspielraum der Kommunen wird hierbei durch weitergehende Gesetze und Verordnungen vorgegeben. Als länderübergreifende Instanz erlässt die Europäische Union (EU) Richtlinien, die durch die Mitgliedsstaaten der EU in nationales Recht umgesetzt werden [planetwissen 2012]; [BDEW 2011a]. 35

35 2 Branchen Dies geschieht in Deutschland durch diverse Landesgesetze und Verordnungen, welche die Anforderungen zum Schutz und zur Nutzung von Gewässern sowie zur Trinkwasserversorgung und Abwasserbeseitigung festlegen [LWG o. J.]. Eine weiterführende Betrachtung der rechtlichen Rahmenbedingungen erfolgt in Abschnitt Anteil in Prozent Betriebsformen Wasseversorgungsunternehmen ,0% öffentlich-rechtlich 56,0% privatrechtlich 44,0% 22,0% Jahr Abbildung 12: Betriebsformen der Wasserversorgungsunternehmen Quelle: [BMU 2011] In Deutschland existieren mehr als Betriebe zur Wasserversorgung und knapp Kläranlagen zur öffentlichen Abwasserbeseitigung, welche sich in unterschiedlichen Betriebsformen organisieren [BMU 2011]. Die Betriebsformen lassen sich in öffentlich-rechtliche und privatrechtliche Organisationen einteilen. In Abbildung 12 wird das Verhältnis der Betriebsformen bei den Wasserversorgungsunternehmen im Jahr 2008 in Prozent, verglichen mit dem Jahr 1993, dargestellt. Die Veränderung zu mehr privatrechtlichen Organisationen folgt der ordnungspolitischen Maxime, grundsätzlich privater Initiative Vorrang vor staatlicher Zuständigkeit zu geben, um so mehr ökonomische Effizienz zu nutzen und Anpassung an sich verändernde Marktverhältnisse zu ermöglichen. Für die Abwasserbeseitigung lässt sich die Veränderung hinsichtlich Betriebsformen und Verschiebung von öffentlich-rechtlichen zu privatrechtlichen Organisationen aufgrund fehlender Informationen nicht ohne Weiteres belegen. Aus einer Befragung der Deutschen Vereinigung für Wasserwirtschaft (DWA) im Jahr 2010 geht hervor, dass die Abwasserbeseitigung mehrheitlich öffentlich-rechtlich organisiert ist [DWA 2011]. So existieren in der Abwasserbeseitigung 96 Prozent öffentlich-rechtliche und lediglich vier Prozent privatrechtliche Unternehmen (siehe Abbildung 13). Ein Grund hierfür könnte das deutsche Steuerrecht sein, welches bei privatrechtlichen Betriebsformen sieben Prozent Umsatzsteuer auf Abwasserleistungen erhebt. Bei der Wahl einer öffentlich-rechtlichen Betriebsform sind die erbrachten Dienstleistungen eines Abwas serbeseitigungsunternehmens steuerfrei [BMU 2000]. Aufgrund der Steuerersparnisse haben die Kommunen keinen Anreiz, ihre Abwasserbeseitigungsanlagen privatrechtlich zu organisieren. 36

36 Branchen Betriebsformen Abwasserbeseitigungsunternehmen Anteil in Prozent öffentlich-rechtlich 50 privatrechtlich Jahr Abbildung 13: Betriebsformen der Abwasserbeseitigungsunternehmen im Jahr 2010 Quelle: [DWA 2011] Bedeutung für Staat und Gesellschaft In Deutschland hat sich seit den 1930er Jahren die Daseinsvorsorge als politische Verpflichtung herausgebil det. Als Daseinsvorsorge wird die Pflicht des Staates verstanden, die Verfügbarkeit von Infrastrukturen und Dienstleistungen zur Versorgung der Bevölkerung mit überlebensnotwendigen Gütern sicherzustellen. Neben der Versorgung mit z. B. Energie und Lebensmitteln zählt hierzu auch die Versorgung mit Trinkwasser und die Entsorgung von Abwasser. Eine Beeinträchtigung oder gar ein Ausfall der Wasserversorgung würde kurz- bis mittelfristig vor allem hygienische und gesundheitliche Probleme hervorrufen. Eine Beeinträchtigung der Trinkwasserqualität hätte zudem direkten Einfluss auf das körperliche Wohlbefinden oder würde die Zubereitung von Lebensmitteln stark einschränken. Ein Ausfall oder eine Beeinträchtigung der Trinkwasserversorgung hätte eben falls Auswirkungen auf andere Sektoren und Branchen der Wirtschaft sowie auf die Aufgabenwahrnehmung des Staates. Bei der Abwasserbeseitigung würden Beeinträchtigungen oder Ausfälle ebenfalls zu hygienischen und gesundheitlichen Problemen führen. Aber auch bei der Grundstücksentwässerung könnte ein Ausfall oder eine Beeinträchtigung, vor allem in den tief gelegenen Regionen Deutschlands, zu einem erhöhten Überschwemmungsrisiko führen Wahrnehmung Die Branchen der Wasserwirtschaft genießen innerhalb der Gesellschaft ein großes Vertrauen, wie eine aktuelle Umfrage des BDEW aus dem Jahr 2013 zeigt. So vergaben 77 Prozent der rund Befragten die Schulnoten 1 oder 2 für die Zufriedenheit mit ihrem Wasserversorger und ihrem Abwasserentsorger [BDEW 2013]. Das entgegengebrachte Vertrauen liegt vor allem in der hohen Verfügbarkeit der Wasserversorgungs- und Abwasserbeseitigungsleistungen begründet. In den letzten Jahrzehnten kam es in Deutschland nur verein zelt zu Versorgungsbeeinträchtigungen oder gar Ausfällen. Auch hinsichtlich der Wasserqualität, welche maßgeblich durch die gesetzlichen Vorgaben und die regelmäßigen Kontrollen sichergestellt wird, ist in Deutschland eine positive Einschätzung vorhanden [BDEW 2011a]. 37

37 2 Branchen Verstärkt wird diese Haltung in der Gesellschaft dadurch, dass in den überregionalen Medien nur sehr selten von Versorgungsbeeinträchtigungen innerhalb der Wasserwirtschaft in Deutschland berichtet wird. In der Bevölkerung kritisch gesehen wird dagegen die Privatisierung in der Wasserwirtschaft. Der hohe Kostendruck, vor allem in den 1990er Jahren, führte dazu, dass Leistungen durch die Kommunen an private Unternehmen ausgelagert wurden. Die erhofften Kostenersparnisse auf Seiten der Kommune und der Konsumenten stellten sich nicht ein, stattdessen sind die Wasserpreise teils erheblich gestiegen [attac 2013]. Mit dem Verkauf von 49,9 Prozent der Berliner Wasserbetriebe an die privaten Wasserversorger Veolia und RWE Aqua vom Berliner Senat im Jahr 1999, ist eine der ersten und größten Öffentlich-Privaten Partnerschaften entstanden. Teilprivatisierungen sind in den letzten Jahren immer wieder auf starke Kritik gestoßen, da man privatwirtschaftlichen Versorgern vorhält, nicht in jedem Fall die allgemeinen Interessen der Gemeinde vertreten, sondern vorwiegend ökonomische Interessen zu verfolgen. In Berlin wurde der Rückkauf der Anteile von RWE und Veolia in den Jahren 2012 und 2013 umgesetzt und damit die vollständige Rekommunalisierung der Berliner Wasserbetriebe vollzogen [Zeit Online 2013]; [TI 2011] Volkswirtschaftlicher Kontext Die Branche Wasserversorgung beschäftigt ca und die Abwasserbeseitigung ca Menschen in Deutschland (Stand 2009) [Destatis 2011]. Die Wasserwirtschaft stellt mit insgesamt Mitarbeitern weniger als ein Prozent der erwerbstätigen Menschen in Deutschland (Stand 2013) Branchenstruktur Strukturierung und Organisation Neben der Unterteilung in öffentlich-rechtliche und privatrechtliche Wasserwirtschaftsunternehmen lässt sich diese Aufteilung weiter in die jeweiligen Rechtsformen untergliedern. Aus einer Studie des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft aus dem Jahr 2011 geht hervor, welchen Anteil die verschiedenen Betriebsformen an der Wasserversorgung in Deutschland haben (siehe Abbildung 14). Hierzu wurden in der Studie Wasserversorgungsunternehmen erfasst, welche einen Anteil von 78 Prozent, gemessen an der gesamten Wasserfördermenge in Deutschland, ausmachen. Zu den verbleibenden 22 Prozent konnten keine Daten ermittelt werden[bdew 2011b]. Verteilung Betriebsformen Wasserversorgung 15% 19% Zweckverbände Eigenbetriebe Anstalt des öffentlichen Rechts 13% 9% gemischt-öffentlich-privatwirtschaftliche Gesellschaften AG/GmbH Regiebetriebe 5% 6% Eigengesellschaften AG/GmbH Wasser- und Bodenverbände 11% 21% 1% öffentliche Gesellschaften AG/GmbH sonstige privatrechtliche Gesellschaften Abbildung 14: Verteilung der Betriebsformen in der Branche Wasserversorgung Quelle: [BDEW 2011] 38

38 Branchen Bei der Abwasserbeseitigung existieren ebenfalls verschiedene Betriebsformen (siehe Abbildung 15) [DWA 2011]. Es wird hauptsächlich in Regiebetriebe, Eigenbetriebe und Verbände (Zweckverbände, Wasserverbände) unterschieden. Einer der Hauptgründe für die geringe Anzahl der privatrechtlichen Betriebsformen in der Abwasserbeseitigung liegt in der staatlichen Besteuerung. So besitzen Regie- und Eigenbetriebe, die sich zudem in Verbänden organisieren dürfen, das Privileg, dass keine Ertragssteuer, Substanzsteuer und vor allem keine Umsatzsteuer abgegeben werden müssen. Verteilung Betriebsformen Abwasserbeseitigung 23% Zweckverband, Wasserverband, sonstige gesetzliche Verbände 23% Eigenbetrieb, eigenbetriebsähnliche Einrichtungen 4% 8% Anstalt des öffentlichen Rechts sonstige Regiebetriebe 42% Abbildung 15: Verteilung der Betriebsformen in der Abwasserbeseitigung" Quelle: [DWA 2011] Im Folgenden werden die wesentlichen Betriebsformen kurz vorgestellt: Regiebetriebe sind Bestandteile der Kommune und besitzen keine eigene Rechtspersönlichkeit. Das bedeutet gleichermaßen, dass die Kommune die volle Haftung gegenüber Dritten übernimmt. Aufgrund des nicht vorhandenen Konkursrisikos, außer im Fall einer Staatspleite, erhalten Regiebetriebe sehr günstige Kreditkonditionen. Da ein Regiebetrieb ein Teil der allgemeinen Verwaltung ist, hat die Kommune den größtmöglichen Einfluss auf die Betriebe. Eine Kooperation zwischen Regie- und Eigenbetrieben oder die Organisation in Zweckverbänden ist jederzeit möglich. Die Erbringung von Dienstleistungen eines Regiebetriebs ist nur innerhalb eines Zweckverbands und kommunaler Grenzen möglich [BWL-W o. J.]; [BMU 2000]. Der wesentliche Unterschied zum Regiebetrieb liegt beim Eigenbetrieb in der Einflussnahme auf betriebliche Entscheidungen. Anders als beim Regiebetrieb wird eine Entscheidungsinstanz ernannt, welche die Betriebsleitung übernimmt. Dabei sind jedoch seitens der Kommune die Leistungsvorgaben stets durchsetzbar. Zusätzlich besteht ein Unterschied zum Regiebetrieb darin, dass nicht nur eine kameralistische Buchhaltung erfolgt, sondern beim Eigenbetrieb auch eine Kosten- und Leistungsrechnung existiert, um Ausgaben kontrollieren zu können [BMU 2000]. In der Kameralistik werden lediglich zahlungswirksame Ein- und Auszahlungen betrachtet. Es wird demnach schwerpunktmäßig der Verbrauch von Geld, allerdings nicht von Ressourcen abgebildet. Zur Erfüllung der zur Wasserversorgung und öffentlichen Abwasserentsorgung erforderlichen Aufgaben wird den Kommunen durch das Wasserverbandsgesetz die Möglichkeit geboten, sich in (Zweck-) Verbänden zu organisieren. Hiermit wird vor allem den Regie- und Eigenbetrieben die Möglichkeit gegeben, sich trotz der fehlenden Beteiligungsfähigkeit zusammenzuschließen und Synergien zu nutzen [BMU 2000]. Als Verband können sich hierbei sowohl natürliche als auch juristische Personen, solange mindestens 39

39 2 Branchen eine Kommune beteiligt ist, zusammenschließen. Als Rechtsform zählen Verbände unter die Körperschaften des öffentlichen Rechts [BWL-W o. J.]. Die Anstalt des öffentlichen Rechts ist eine Rechtsform, die mit einer Stiftung oder Körperschaft des öffentlichen Rechts gleichzusetzen ist. Sie wird per Gesetz oder Satzung zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben betreut, welche sie dann als juristische Person des öffentlichen Rechts wahrnimmt [Juraforum 2013a]. In Deutschland sind die Berliner Wasserbetriebe eine der größten Anstalten des öffentlichen Rechts [BWB o. J.b]. Zu den gemischt-öffentlich-privatrechtlichen Gesellschaften AG/GmbH zählen u. a. die ÖffentlichPrivaten-Partnerschaften (ÖPP). Durch den zunehmenden Kostendruck, dem auch verstärkt die Kommunen ausgesetzt waren, hat man ihnen durch Öffentlich-Private-Partnerschaften die Möglichkeit gegeben, Teile ihrer Wertschöpfungskette zu privatisieren [Zeit Online 2013]; [TI 2011]. Die öffentlichen Gesellschaften (auch öffentliche Unternehmen) sind dadurch gekennzeichnet, dass sie meist als juristische Person (AG/GmbH), also mit eigener Rechtspersönlichkeit, aufgestellt sind. Dies ist auch der wesentliche Unterschied zu den Regie- und Eigenbetrieben, die keine Beteiligungsfähigkeit besitzen. Trotz der privatrechtlichen Organisation nimmt die Kommune eine beherrschende Rolle ein, welche in Abhängigkeit von der gewählten Rechtsform zum Beispiel durch mehrheitliche Unternehmensanteile oder Stimmrechte gewährleistet werden kann [BWL-W o. J.]. Als eine Unterform des öffentlichen Unternehmens ist die Eigengesellschaft privatrechtlich organisiert und von ihrer Rechtsfähigkeit eine juristische Person. Demnach kann es sich unter anderem um eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) oder Aktiengesellschaft (AG) handeln, deren Anlagen sich vollständig im Besitz der jeweiligen Kommune befinden. Im Gegensatz zum Regie- und Eigenbetrieb sind Eigengesellschaften voll steuerpflichtig. Das bedeutet, dass Ertrags-, Substanz- und Umsatzsteuer (auch bei Abwasserbeseitigung) entrichtet werden müssen [BWL-W o. J.]; [BMU 2000]. Bei allen beschriebenen Betriebsformen besitzt die Kommune die Handlungshoheit. Dies wird zumeist durch Anteile an den Versorgungsbetrieben oder durch die Einräumung von Stimmrechten gewährleistet. Bei Betriebsformen, an denen privatwirtschaftliche Akteure beteiligt sind, besteht die Möglichkeit, dass diese ebenfalls an der Forschung, Entwicklung und Produktion von Anlagen für die Wasserwirtschaft beteiligt sind. Erbringt ein solcher Akteur Dienstleistungen für mehrere Kommunen und setzt dabei vorrangig eigens entwickelte Technologien ein, könnte sich dieser in einem Interessenskonflikt befinden, auf den die Kommune keinen direkten Einfluss nehmen kann Marktteilnehmer In diesem Abschnitt werden die wesentlichen Marktteilnehmer der Wasserversorgungs- und Abwasserbeseitigungswirtschaft aufgeführt. Generell zeichnet sich in Deutschland ein stark fragmentiertes Bild in der Wasserwirtschaft. Der verteilte Markt begründet sich durch die kommunale Verantwortung und die regionale Abdeckung in der Trinkwasserversorgung und Abwasserbeseitigung. Aufgrund komplexer Beteiligungsstrukturen ist eine Identifizierung der größten und einflussreichsten Marktteilnehmer anhand typischer Kennzahlen wie beispielsweise der Wasserabgabemenge oder Grundstücksanschlüsse schwer möglich. Aus diesem Grund werden Marktteilnehmer als wesentlich gesehen, die die größten deutschen Städte, gemessen an der Einwohneranzahl, mit Dienstleistungen versorgen. Die Anzahl der Versorgten ist dabei in der Regel höher als die Einwohneranzahl der jeweiligen Stadt, da das regionale Umland häufig durch die Wasserwirtschaftsunternehmen der Großstädte mit versorgt wird. Ausgehend von einer Bevölkerungsanzahl von rund 80,52 Mio. (Stand 2012) [Destatis 2013] und der Anzahl der Einwohner der fünf größten Städte (siehe Tabelle 8) von rund 8,39 Mio. (Stand 2012) vereint sich ein Anteil von rund zehn Prozent auf die fünf großen Betreiber der gesamten Branche Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung in Deutschland. Neben den kommunalen Wasserwirtschaftsunternehmen erbringen zahlreiche private Unternehmen wasserwirtschaftliche Dienstleistungen. Einige von ihnen zeichnen sich vor allem dadurch aus, dass sie 40

40 Branchen branchen- und sektorübergreifend Dienstleistungen erbringen. Ein Vertreter ist beispielsweise der Gelsenwasser Konzern, der ein Gemeinschaftsunternehmen der Stadtwerke Dortmund AG und der Stadtwerke Bochum GmbH ist. Die Gelsenwasser AG bietet die Dienstleistungen Wasserversorgung, Abwasserbeseitigung und Energieversorgung an. In Tabelle 9 sind die größten Vertreter national oder regional übergreifend agierender Unternehmen im deutschen Markt aufgeführt. Aufgrund fehlender oder unvollständiger Zahlen ist eine Vergleichbarkeit der Unternehmen untereinander oder mit den in Tabelle 8 aufgeführten Betreibern nicht möglich [Pelkmann 2004]. Andere Unternehmen wiederum erbringen lediglich Dienstleistungen innerhalb der Wasserversorgung oder sind an kommunalen Wasserversorgungsunternehmen beteiligt, wie z. B. die RWE Aqua GmbH. In der Branche Wasserversorgung wurden fünf wesentliche Betreiber identifiziert, die in Tabelle 8 dargestellt sind. In Deutschland wurden im Jahr 2013 pro Kopf am Tag rund 120 Liter Wasser verbraucht [BDEW 2014c]. Auf das Jahr gerechnet, ergibt sich bei rund 80,52 Mio. Einwohnern ein Gesamtverbrauch von rund 4,4 Mrd. m³ [statista 2013]. Die Wasserversorger der fünf größten Städte Deutschlands leisten mit einer Wasserabgabemenge von rund 515,7 Mio. m³ einen Anteil von 12 Prozent an der Gesamtwasserabgabemenge Deutschlands. Analog zur Branche Wasserversorgung können die fünf wesentlichen Betreiber an der Einwohnerzahl der Stadt festgemacht werden. In Tabelle 8 sind neben den Betrieben zur Trinkwasserversorgung auch die zur Abwasserbeseitigung enthalten. Die Betreiber der fünf größten Städte Deutschlands, gemessen an ihrer Einwohneranzahl, haben im Jahr 2012 eine Abwassermenge zwischen rund 677,9 und 742,9 Mio. m³ behandelt. Im Verhältnis zu der in Deutschland behandelten Gesamtabwassermenge von ca. 10,1 Mrd. m³ Abwasser (Stand 2011) [BMU 2011], ergibt dies einen Anteil von rund sieben Prozent. In Tabelle 9 sind die größten Vertreter national oder regional übergreifend agierender Unternehmen im deutschen Markt aufgeführt. Aufgrund fehlender oder unvollständiger Zahlen ist eine Vergleichbarkeit der Unternehmen untereinander oder mit den in Tabelle 8 aufgeführten Betreibern nicht möglich [Pelkmann 2004]. Nr. Stadt Einwohner (Stand 2012) Betreiber Wasser-abgabe Betreiber Behandelte Wasserversor-g Abwasser-beseitigu Abwasser-m ung menge in ng enge in Mio. m³ Mio. m³ (Stand 2012) (Stand 2012) 1 Berlin Berliner [UNdata 2014] Wasserbetriebe AöR 2 Hamburg Hamburger [UNdata 2014] Wasserwerke GmbH 3 München Stadtwerke [UNdata 2014] München GmbH 4 Köln Stadtwerke Köln [UNdata 2014] GmbH 5 Frankfurt a. M Mainova AG [UNdata 2014] Top 5 Gesamt 192,0 Berliner [BWB 2014] Wasserbetriebe AöR 231,0 [BWB o. J.c] 107,6 Hamburger [HW o. J.] Stadtentwässerung AöR 140,1 [HW 2013] 89,0 Münchner [SWM 2013] Stadtentwässerung Eigenbetrieb 181,8 [MSE 2013] 85,6 Stadtent-wässerung [SWK o. J.] sbetriebe Köln AöR 41,5 [mainova Stadtentwässerung AG o. J.] Frankfurt Eigenbetrieb 515,7 80,0-110,0* 45,0-80,0* 677,9-742,9 Tabelle 8: Wasserversorgungs- und Abwasserbeseitigungsbetriebe der fünf größten Städte in Deutschland 41

41 2 Branchen Quelle: eigene Darstellung * geschätzter Wert Nr. Betreiber Branche Wasser-ab Behandelte Versorgte Versorgte gabe-men Abwasser- Menschen mit Menschen mit ge in menge in Wasser-versorg Abwasser-besei Mio. m³ Mio. m³ ungs-leistunge tigungs-leistun (Stand (Stand 2012) n gen 2012) 1 Gelsenwasser AG Wasserversorgung/ Abwasserbeseitigung 239,9 [GW 2013] 8,1 2,7 Mio. [GW 2013] [Gelsenwasser 2 014] keine Angabe 2 Veolia Wasser GmbH Wasserversorgung/ Abwasserbeseitigung keine Angabe keine 1,03 Mio. [Veolia Angabe Wasser o. J.] Einwohner [Veolia Wasser o. J.] 3 Thüga AG Wasserversorgung 287,4 [Thüga AG 2013] keine Angabe [Thüga AG 2013] keine Angabe Tabelle 9: Wesentliche private Unternehmen der Wasserwirtschaft Quelle: eigene Darstellung Wie in Abschnitt beschrieben, wird den kommunalen Betrieben zur Erfüllung ihrer Wasserversorgungs- und Abwasserentsorgungsleistungen die Möglichkeit geboten, sich in (Zweck-)Verbänden zu organisieren und eine Vielzahl Einwohner zu versorgen. Nachfolgend werden in Tabelle 10 einige große Verbände aufgeführt. Nr. Verband 1 Zweckverband Bodensee-Wasserve rsorgung (BWV) 2 Emscher-genossens chaft Lippeverband 3 hansewasser Bremen GmbH 4 Oldenburgisch-Ost friesischer Wasserverband (OOWV) 5 Abwasserverband Obere Iller Versorgte Einwohner in Mio. Wasser-abgabe menge in Mio. m³ 4,00 125,00 [BWV o. J.] [BWV o. J.] Angeschlossene Einwohner in Mio. Behandelte Abwassermenge in Mio. m³ keine Angabe keine Angabe 1,39 [EGLV 2013] keine Angabe keine Angabe keine Angabe keine Angabe keine Angabe keine Angabe 50,00 [hansewasser 2013] 0,90 [OOWV o. J.] 76,00 [OOWV o. J.] 0,49 [OOWV o. J.] 34,00 [OOWV o. J.] keine Angabe keine Angabe keine Angabe 12,50 [AOI 2014] Tabelle 10: Wesentliche Verbände in der Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung Quelle: eigene Darstellung 42

42 Branchen In Deutschland werden die Interessen der Wasserwirtschaft durch mehrere Verbände repräsentiert: Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft e. V. (BDEW) Ein großer Verband ist der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW). Der Verband vertritt über Unternehmen, wozu privatwirtschaftliche sowie kommunale Unternehmen wie z. B. die Gelsenwasser AG oder die Berliner Wasserbetriebe zählen [BDEW 2014a]. Bezogen auf die deutsche Wasserwirtschaft vertritt der BDEW 80 Prozent der Trinkwasser-Förderung und circa 33 Prozent der Abwasserbeseitigung [BDEW o. J.]. Verband kommunaler Unternehmen e. V. (VKU) Der VKU bündelt die Interessen von rund kommunalen Mitgliedsunternehmen der Energie-, Wasser-, Abwasser, Wärme- und Entsorgungswirtschaft. Deutsche Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall e. V. (DWA) Die DWA hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Entwicklung der Wasserwirtschaft als politisch und wirtschaftlich unabhängige Vereinigung unter Gesichtspunkten der Nachhaltigkeit mitzugestalten. Hierzu bündelt sie mit rund Mitgliedern die dafür notwendige Kompetenz und bildet im europäischen Raum die größte Organisation dieser Art [DWA 2013]. Deutscher Verein des Gas- und Wasserfaches e. V. (DVGW) Der DVGW zählt rund Mitglieder und fördert die Entwicklung des Gas- und Wasserfaches aus technischer und technisch-wirtschaftlicher Sicht. So wirkt der Verein als politisch und wirtschaftlich unabhängige Organisation bei der Erarbeitung neuer Standards und Regeln bei der Technik für die Gas- und Wasserwirtschaft mit. Darüber definiert der DVGW in seinen Regelwerken branchen spezifische Sicherheits- und Qualitätsstandards, nach denen neue Verfahren, Geräte oder einzelne Bauteile zertifiziert werden können [DVGW o. J.]. Deutscher Bund der verbandlichen Wasserwirtschaft e. V. (DBVW) Zum DBVW haben sich acht Landesverbände der Wasserwirtschaft zusammengeschlossen, um die Interessen auf Bundes- und vor allem auf europäischer Ebene zu vertreten. Die Interessen untergliedern sich hierbei u. a. in die Trinkwasserversorgung, Abwasserentsorgung, die Unterhaltung von Gewässern und den Hochwasserschutz. Zudem zählt der DBVW zu den Mitgliedern der European Union of Water Management Associations [DBVW o. J.]. European Union of Water Management Association (EUWMA) Die Mitglieder der EUWMA sind diverse Interessenvertretungen aus verschiedenen EU- Mitglieds staaten. Aktuell umfasst dies Organisationen aus Belgien, Deutschland, Ungarn, Italien, den Niederlanden, Spanien und dem Vereinigten Königreich [EUWMA o. J.]. European Water Association (EWA) Die EWA wurde im Jahr 1981 mit dem Ziel gegründet, Interessen der Wasserwirtschaft und des Gewässerschutzes zu vertreten. Sie umfasst nahezu alle Mitgliedstaaten der EU sowie Russland, Serbien, Norwegen und die Schweiz. Sie bildet auf europäischer Ebene eine Plattform zur Diskussion technischer und politischer Fragestellungen [EWA o. J.]. 43

43 2 Branchen Beziehungen innerhalb des Sektors Die Branchen Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung befinden sich in einer Wechselwirkung zueinander. Die Leistungen der Wasserversorgung bauen auf nachhaltig nutzbaren Wasserquellen auf, welche durch eine qualitativ hochwertige Abwasserbehandlung und die Ausleitung in diese Wasserquellen beeinflusst werden. Dem täglichen Verbrauch von Trinkwasser folgt die notwendige Beseitigung des Abwassers. Dabei ist Wasser in der Abwasserbeseitigung wiederum von Bedeutung, um in Leitungsnetzen Abfälle zu transportieren und mit dem Reinigungseffekt Ablagerungen und Bakterienentwicklung vorzubeugen. In den Abschnitten 3.2 und 3.3 wird näher auf die einzelnen Prozessschritte der Dienstleistungen und deren Abhängigkeiten untereinander eingegangen Rolle der öffentlichen Hand (Liberalisierung und Regulierung) Die Aufgabe der öffentlichen Hand besteht darin, durch Gesetze und definierte Ordnungsrahmen Bedingungen für die Wasserwirtschaft zu schaffen, die eine Trinkwasserversorgung und Abwasserbeseitigung in Deutschland sicherstellen und gleichzeitig die natürlichen Ressourcen für nachfolgende Generationen schützen. Als Mitgliedsland der Europäischen Union sind durch die öffentliche Hand dabei übergeordnete Richtlinien der EU zu beachten [BDEW 2011a]. Durch die EU werden Richtlinien zur Trinkwasserqualität (EU-Trinkwasserrichtlinie) und zur Abwasserbeseitigung (EU-Kommunalabwasserrichtlinie) vorgegeben, die in Deutschland durch die Trinkwasser- und Abwasserverordnung umgesetzt werden [BDEW 2011a]. Die Richtlinien der EU sind, anders als Verordnungen, durch die Mitgliedsstaaten eigenständig in nationales Recht umzusetzen. Diese Flexibilität gibt den Mitgliedsstaaten die Möglichkeit, eigene Schwerpunkte zu setzen, indem beispielsweise die Vorgaben zur Rohwasserqualität im nationalen Recht höher sind, als in der EU-Richtlinie vorgeschrieben. Die Umsetzung der EU-Richtlinien ist in Deutschland in Form des Wasser haushaltsgesetzes und diversen Landeswassergesetzen erfolgt [BDEW 2011a]. Die Europäische Union (EU) setzt als länderübergreifende Instanz seit 2000 die Rahmenbedingungen für eine einheitliche Wasserpolitik im europäischen Raum, indem sie Richtlinien und Verordnungen erlässt, bei denen es vor allem auf den Schutz der natürlichen Ressourcen als nachhaltig nutzbare Wasserquellen ankommt. So enthält die EU-Wasserrahmenrichtlinie (2000/60/EG), kurz WRRL, konkrete Zielvorgaben zur erforderlichen Wasserqualität der Gewässer. Hinsichtlich der Abwasserbeseitigung gibt die EU durch die Kommunalwasserrichtlinie (Richtlinie 91/271/EWG) vor, die Mindeststandards für die Reinigung von Abwässern einzuhalten sind. Dabei werden an empfindliche Gebiete, aus denen Deutschland nahezu vollständig besteht, höhere Anforderungen gestellt. Als empfindliche Gebiete werden die Gebiete eingestuft, deren Gewässer bereits umgekippt (ungebremstes Wasserpflanzenwachstum) sind oder absehbar umkippen werden, für die Trinkwassergewinnung bestimmt sind und eine höhere Nitratkonzentration enthalten können als durch die EU-Richtlinie 75/440/EWG vorgesehen ist oder eine Behandlung über die Bestimmungen des Artikels 4 hinaus benötigen, um der EU-Richtlinie 75/440/EWG nachzukommen. Im Wasserhaushaltsgesetz (WHG) sind die Rechte und Pflichten der Wasserversorger und Abwasserbeseitiger hinsichtlich der Nutzung und dem Schutz von Gewässern geregelt. Sowohl die Wasserversorgung als auch die Abwasserbeseitigung sind hier als öffentlich-rechtliche Aufgaben definiert. Darüber hinaus finden sich im WHG Regelungen unter anderem zum nachhaltigen Umgang mit Wasser, Vorgaben zum Einsatz von technischen Anlagen oder zur Einstufung wassergefährdender Stoffe [BDEW 2011a]. 44

44 Branchen In den Landeswassergesetzen können die Länder, ergänzend zum Wasserhaushaltsgesetz, weitere Konkretisierungen vornehmen. Den Ländern wird hierbei eine gewisse Flexibilität in der Ausarbeitung der Landeswassergesetze eingeräumt, welche auch abweichende Regelungen zum Wasserhaushaltsgesetz zulässt, insofern diese nicht stoff- oder anlagenbezogen sind. Das bedeutet, dass von den Regelungen der Landeswasser gesetze, die sich beispielsweise auf wassergefährdende Stoffe oder auf den Einsatz technischer Anlagen beziehen, nicht abgewichen werden darf. Den Ländern wird damit die sogenannte Abweichungskompetenz eingeräumt [Lenz 2012]. Die Trinkwasserverordnung gibt konkrete Anforderungen zur Beschaffenheit und Aufbereitung des Trinkwassers vor und regelt die Untersuchungspflichten der Betreiber sowie der zuständigen Behörden [BDEW 2011a]. Die Abwasserverordnung legt Mindeststandards zur Reinigung von Abwasser fest. Diese definieren Anforderungen an den Ort und die Art von Probennahmen sowie die anzuwendenden Analyse- und Messverfahren [BDEW 2011a]. Die Umsetzung dieser Gesetze und Verordnungen liegt in der Verantwortung der Kommunen, welche nach Grundgesetz Art. 28 Abs. 2 und diversen Landesverfassungen dazu verpflichtet sind, die Daseinsvorsorge hinsichtlich der Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung zu übernehmen [BDEW 2011a]. Neben der Gesetzgebung nimmt die öffentliche Hand eine weitere sehr wichtige Aufgabe wahr: die Qualitätssicherung. Zur Sicherstellung der Trinkwasserqualität werden durch die Gesundheitsämter regelmäßig, gemäß der Vorgaben aus der Trinkwasserverordnung, Kontrollen bei den Wasserversorgern und Endabnehmern durchgeführt. Auch in der Abwasserbeseitigung sind durch die Abwasserverordnung Vorgaben zum Reinigungsgrad des Abwassers vorgegeben, deren Einhaltung regelmäßig geprüft wird. Sowohl in der Qualitätssicherung der Wasserversorgung als auch in der Abwasserbeseitigung werden sogenannte staatlich anerkannte Untersuchungsstellen in den Qualitätssicherungsprozess eingebunden, um flächendeckend Untersuchungen durchführen zu können. Im Gegensatz zur Privatisierung, bei der es um die Abkopplung von Dienstleistungen von der Kommunal verwaltung zu privatrechtlichen Unternehmen geht, versteht man unter Liberalisierung die Auflösung von Wettbewerbsschranken. In der Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung ist mit dem Wegfall des 103 GWB am 28. April 1998 [Schwint. 1997], [BMU 2000] der Weg für eine Liberalisierung des Marktes gelegt worden. Die Monopolstellungen der Kommunen können seitdem durch die Möglichkeit, Versorgungsleistungen über Kommunalgrenzen hinweg zu erbringen, aufgelöst werden. 45

45 3 Kritische Dienstleistungen 3 Kritische Dienstleistungen Im Kapitel Kritische Dienstleistungen werden diejenigen Dienstleistungen der Sektoren Ernährung und Wasser identifiziert und beschrieben, welche für Deutschland eine bedeutende Rolle zur Sicherung des Gemeinwohls leisten. Kritische Dienstleistungen sind Dienstleistungen, deren Ausfall oder Beeinträchtigung zu nachhaltig wirkenden Versorgungsengpässen, erheblichen Störungen der öffentlichen Sicherheit oder anderen dramatischen Folgen führen kann [BMI 2009]. Diese Auswahl an kritischen Dienstleistungen kann zum einen auf den staatlichen Auftrag zur Daseinsfür sorge zurückgeführt werden, zum anderen auch auf ihre Bedeutung als technische Basisinfrastrukturen für andere kritische Dienstleistungen innerhalb und außerhalb des Sektors Ernährung und Wasser. Diese Abhängigkeiten zeichnen sich durch eine Vielzahl von Verbindungen und Wechselwirkungen aus, sodass man von einer komplexen Interdependenz zwischen den Sektoren und den damit verbundenen kritischen Dienstleistungen ausgehen muss [BMI 2011]. Im Rahmen dieser Studie werden in den Sektoren Ernährung und Wasser drei kritische Dienstleistungen untersucht: die Lebensmittelversorgung (DL1), die Trinkwasserversorgung (DL2) und die Abwasserbeseitigung (DL3). Die Begründung der Auswahl wird in dem jeweiligen Kapitel der kritischen Dienstleistung aufgeführt, unterstützt durch beispielhafte Szenarien der dramatischen Folgen eines Ausfalls. Diese Szenarien orientie ren sich an realen Vorfällen oder basieren auf skizzierten Ursachen und Folgen, welche von Experten als realistisch angesehen werden. Im jeweiligen Abschnitt der Dienstleistung (DL) wird diese als ein Gesamtprozess betrachtet und in ihrer Funktion beschrieben. Hierzu wird die kritische Dienstleistung in Prozessschritte (PS) untergliedert. Diese ermöglichen eine übersichtliche Betrachtung der zur Erbringung der Dienstleistung nötigen Schritte oder Komponenten (siehe Abbildung 16). Jedem Prozessschritt sind betriebsinterne Prozesse (BP) zugeordnet, welche die detaillierteste Betrachtungsebene im Rahmen dieser grundlegenden Sektorstudie darstellen. Diese Prozesse bilden einen allgemeinen und von der Realität teils abstrahierten Blick auf den Gesamtpro zess. Es werden jedoch keine Betreiber-spezifischen Eigenheiten betrachtet. Abbildung 16: Modellierung kritischer Dienstleistungen Quelle: eigene Darstellung In die Studie werden nur jene betriebsinternen Prozesse aufgenommen, deren Ausfall oder Störung zu einem Ausfall oder einer Beeinträchtigung der gesamten Dienstleistung führen können. In diesem Sinne sind sie die kritischen betriebsinternen Prozesse der Dienstleistung. Auf diese Prozesse wird inhaltlich näher eingegangen, um den Bezug zu betroffenen Anlagen und Betriebsstätten (feste Geschäftseinrichtun- 46

46 Kritische Dienstleistungen gen, die der Tätigkeit des Unternehmens dienen) sowie Abhängigkeiten und Zusammenhänge von anderen kritischen betriebsinternen Prozessen herauszustellen. Zur Überleitung in die Analyse der Abhängigkeiten der kritischen Dienstleistungen von Informations- und Kommunikationstechnologie (IKT) und zur Bestimmung des aktuellen Stands der Cyber-Sicherheit werden in der Beschreibung der betriebsinternen Prozesse Risikoelemente vom Typ Systeme der Informationstechnik (IT) und Kommunikationstechnik (KT) identifiziert. Zu beachten ist, dass aufgrund der Komplexität und Heterogenität der Prozesse Details ausgeblendet werden müssen und Zusammenhänge nicht immer vollständig aufgelöst werden können. Die Ausführungen in dieser Studie haben vorrangig zum Ziel, die weitergehenden Fragestellungen zur Cyber-Sicherheit verorten zu können und mit dem grundlegenden Verständnis der Dienstleistungen gezielt auf künftige Herausforderungen und Fragestellungen eingehen zu können. Im Folgenden werden die kritischen Dienstleistungen in jeweils eigenen Abschnitten betrachtet. 3.1 Lebensmittelversorgung (DL1) Die Gesellschaft hat ein erhebliches Interesse an der ausreichenden Qualität und Quantität von Lebensmit teln, da diese für die Bevölkerung lebensnotwendig sind. Hierbei spielt die Sicherstellung der kontinuierli chen Herstellung und Verteilung der Lebensmittel eine wesentliche Rolle, da durch den Ausfall von Prozes sen innerhalb der Wertschöpfungskette flächendeckende Versorgungsengpässe entstehen können, die je nach Schwere des Ausfalls eine Beeinträchtigung des gesundheitlichen Zustands der Bevölkerung und der Stabilität der Volkswirtschaft als Folge haben. Den ersten Prozessschritt innerhalb der Wertschöpfungskette der Dienstleistung Lebensmittelversorgung bildet die Lebensmittelproduktion (PS1), in dem die Lebensmittel hergestellt und in einem verzehrfähigen Zustand an den Lebensmittelgroßhandel (PS2) oder an den Lebensmitteleinzelhandel (PS3) geliefert werden. Dabei sind die Geschäftspartner im Prozessschritt PS2 vorrangig Handelsunternehmen. Der direkte Verkauf von Lebensmitteln an Endverbraucher durch Produzenten wird als Direktvertrieb der Produzenten bezeich net. In Abbildung 17 werden diese Prozesse, welche einen typischen Warenstrom abbilden, generisch veranschaulicht, wobei eine Abdeckung aller Facetten der Lebensmittelversorgung aufgrund der Komplexität dieser Dienstleistung in diesem Aggregationsgrad nicht möglich ist. Dienstleistung Lebensmittelversorgung (DL1) PS1 Lebensmittelproduktion PS2 Lebensmittelgroßhandel PS3 Lebensmitteleinzelhandel Abbildung 17: Ablauf der Prozessschritte in der Lebensmittelversorgung Quelle: eigene Darstellung Abbildung 18 stellt eine Übersicht der Prozessschritte, betriebsinternen Prozesse und Anlagen der kritischen Dienstleistung Lebensmittelversorgung dar. 47

47 3 Kritische Dienstleistungen Abbildung 18: Schematische Darstellung der kritischen Dienstleistung Lebensmittelversorgung Quelle: eigene Darstellung Ausfall der Lebensmittelversorgung Die Gründe für den Ausfall der Lebensmittelversorgung können vielschichtig sein, da einige direkte Abhängigkeiten vom Output unterschiedlicher Sektoren bestehen. So werden beispielsweise für die Produktion und Auslieferung von Lebensmitteln Wasser, Informationstechnologie und Energie in Form von Strom, Gas und Öl benötigt. Des Weiteren sind im Bereich der Lebensmittelproduktion klimatische Bedingungen von großer Bedeutung, da extreme Wetterbedingungen wie beispielsweise Dürre oder Kälte den landwirtschaftlichen Anbau und die Verarbeitung von Rohstoffen beeinträchtigen und somit Versorgungsengpässe entstehen können. Die folgenden Praxisbeispiele beschreiben erhebliche Beeinträchtigungen der Lebensmittelversorgung in der Vergangenheit: EHEC-Epidemie im Jahr 2011: Im Jahr 2011 kam es zu einer schweren EHEC-Epidemie in Deutschland, bei der mindestens Menschen [foodwatch o. J.] an Darmbakterien erkrankten. Nach einer aufwändigen und zeitintensiven Analyse wurde festgestellt, dass importierte Samen aus Ägypten die Ursache für die Epidemie bilden. Die volkswirtschaftlichen Folgen des EHEC-Skandals in Deutschland bezifferten sich auf mehr als 60 Mio. Euro Schaden [BMP ]. Dieses Beispiel zeigt, dass Schwachstellen wie fehlende Kontrollen oder Ausfälle der Qualitätssicherung hinsichtlich der Lebensmittelsicherheit weitreichende Konsequenzen haben können. Im genannten Fall konnte die Ursache für die Epidemie eingeschränkt und zeitnah behandelt werden. Würde man dieses Szenario auf Grundnahrungsmittel wie etwa Getreide, Gemüse oder Milchprodukte erweitern, so könnten gravierende Engpässe bei der Lebensmittelversorgung entstehen. Kältewelle im Jahr 2005: Im Herbst 2005 fiel im Münsterland aufgrund eines extremen Kälteeinbruchs und damit einhergehender starker Schneefälle lokal der Strom aus. Im Rahmen einer Befragung betroffe ner Haushalte stellte sich heraus, dass ca. 14 Prozent der betroffenen Bevölkerung keine Lebensmittel in den lokalen Supermärkten erwerben konnten, da die gesamte Elektrik und Elektronik nicht funktionsfähig war [FH-Münster 2008]. Da es sich in diesem Beispiel um einen lokal begrenzten Ausfall handelte, konnte die Lebensmittelversorgung durch Supermärkte in Nachbarorten gewährleistet werden. Bei einem großflächigen Ausfall der Stromversorgung kann diese kompensierende Maßnahme nur in Teilen genutzt werden, sodass erhebliche Beeinträchtigungen der Lebensmittelversorgung zu erwarten sind. 48

48 Kritische Dienstleistungen Folgen eines Ausfalls der Lebensmittelversorgung: Die Folgen eines Ausfalls der Lebensmittelversorgung unterscheiden sich in den einzelnen Teilen der Gesellschaft: Ein Ausfall der Lebensmittelversorgung kann zu dramatischen Auswirkungen innerhalb der Gesellschaft führen, da das Bekanntwerden eines solchen Ausfalls in der Bevölkerung zu Unruhen und kurzfristig zu stark verändertem Kaufverhalten (z. B. sogenannte Hamsterkäufe) führen kann. Falls in diesem Falle keine ausreichende Nachlieferung von Lebensmitteln bewerkstelligt werden kann, können aufgrund von Engpässen starke Unruhen innerhalb der Bevölkerung entstehen. Aus Sicht der Wirtschaft führt ein Ausfall der Lebensmittelproduktion und des Handels zu Einbußen der Einnahmen bei produzierenden Unternehmen, Logistikfirmen und Händlern. Da in Deutschland ca. 5,4 Mio. Menschen in diesem Sektor arbeiten und rund sieben Prozent der deutschen Bruttowertschöpfung erwirtschaften, hätte ein anhaltender Ausfall der Lebensmittelversorgung erhebliche wirtschaftliche Konsequenzen für die deutsche Industrie. Neben den Umsatzeinbußen in der Ernährungsindustrie führt eine nicht ausreichende Lebensmittelversorgung der Mitarbeiter zu einer Beeinträchtigung aller Wirtschaftssektoren, die auf personelle Kapazitäten angewiesen sind. Der Ausfall der Lebensmittelversorgung führt zu einer Einschränkung der Funktionsfähigkeit staatlicher Ordnungsdienste, da die Arbeitsfähigkeit der Angestellten durch eine nicht ausreichende Grundversorgung mit Lebensmitteln eingeschränkt wird. Als Erstmaßnahme bei einem Ausfall der Lebensmittelversorgung ist der Staat in der Lage, mittels gelagerter Notfallrationen (Schätzungen zu Folge Tonnen Weizen, Tonnen Roggen und Tonnen Hafer) eine grundlegende Versorgung mit Lebensmitteln für einen Teil der Bevölkerung sicherzustellen. Die Versorgung ist abhängig von der Perso nenanzahl für einen Zeitraum von wenigen Tagen bis zu mehreren Wochen möglich [Rexroth 2012]. Abhängigkeiten kritischer Dienstleistungen im Sektor Innerhalb der Dienstleistung Lebensmittelversorgung ist vor allem die Lebensmittelproduktion stark von der Trinkwasserversorgung abhängig. Diese Abhängigkeit zeigt sich bei der Rohstoffgewinnung im Bereich der landwirtschaftlichen Produktion, da Wasser für den Anbau von Obst, Gemüse und Getreide sowie für die Versorgung von Vieh zwingend notwendig ist. Des Weiteren ist Wasser ein wesentlicher Bestandteil vieler Lebensmittel, die im Rahmen der Lebensmittelproduktion erzeugt werden. 49

49 3 Kritische Dienstleistungen Prozessschritt Lebensmittelproduktion (PS1) Die Lebensmittelproduktion ist der erste Prozessschritt der gesamten Wertschöpfungskette der Dienstleis tung Lebensmittelversorgung und umfasst die Herstellung von Lebensmitteln, die dann in einem verzehrfähigen Zustand an den Lebensmittelgroßhandel oder -einzelhandel übergeben werden. Dieser Prozessschritt muss sicherstellen, dass eine zur Versorgung der Bevölkerung ausreichende Menge an Lebensmitteln produziert wird. Der Prozessschritt Lebensmittelproduktion unterteilt sich in die vier betriebsinternen Prozesse Rohstoffgewinnung, Verwaltung des Produktionsmaterials, Produktion sowie Lagerung und Ausliefe rung, die im Allgemeinen in dieser Reihenfolge durchlaufen werden. Der erste betriebsinterne Prozess BP1 wird durch landwirtschaftliche Betriebe erbracht und stellt sicher, dass eine ausreichende Menge an Rohstoffen für die Lebensmittelproduktion zur Verfügung steht. Im Falle einer Beeinträchtigung oder eines Ausfalls dieses Prozesses, werden die Folgeprozesse innerhalb der Lebensmittelproduktion stark eingeschränkt, da diese Rohstoffe als Input benötigen, sodass Versorgungsengpässe entstehen können. Im Rahmen des betriebsinternen Prozesses BP2, der durch die Lebensmittelproduzenten erbracht wird, werden die zur Aufrechterhaltung eines kontinuierlichen Produktionsprozesses notwendigen Rohstoffe (Ergebnis des BP1) und technischen Geräte ermittelt, bestellt und gelagert. Im Zuge der Produktion (BP3) werden die Rohstoffe zu verzehrfähigen Lebensmitteln verarbeitet. Bei einem Ausfall der Produktion kann die Bevölkerung lediglich mit Rohstoffen, die bereits verzehrfähig geerntet werden (z. B. Obst und Gemüse), versorgt werden. Nach Abschluss der Produktion (BP3) werden die Lebensmittel gelagert und ausgeliefert (BP4). Der betriebsinterne Prozess BP4 bildet die Schnittstelle zum Prozessschritt Lebensmittelgroßhandel und -einzelhandel. Mit der Auslieferung der produzierten Lebensmittel endet der Prozessschritt Lebensmittelproduktion. Prozessschritt Lebensmittelproduktion (PS1) BP1 BP2 Rohstoff-gewi nnung Verwaltung des Produktions-ma terials BP3 Produktion BP4 Lagerung und Auslieferung Abbildung 19: Prozessschritt Lebensmittelproduktion der Dienstleistung Lebensmittelversorgung Quelle: eigene Darstellung Nachfolgend werden die betriebsinternen Prozesse der Lebensmittelproduktion näher beschrieben. 50

50 Kritische Dienstleistungen Betriebsinterner Prozess Rohstoffgewinnung DL PS BP Zusammenfassung Abhängigkeit Logistik Risikoelemente (IKT) Rohstoffgewinnung Die Rohstoffgewinnung stellt sicher, dass die Herstellung und Auslieferung von bestellten Rohstoffen rechtzeitig, vollständig und in ausreichender Qualität erfolgt. unwesentlich wesentlich (KRITIS relevant) Die gelieferten Produktionsmaterialien und die produzierten Rohstoffe müssen durch interne und externe Logistikprozesse an Lagerorte der landwirtschaftlichen Betriebe oder der Lebensmittelproduzenten transportiert werden. Steuerungs- und Warenwirtschaftssysteme (Verwaltung von Warenströmen, Produktionsmaterialien, technischen Geräten, Lieferanten und Lagerbeständen) Kommunikationsmittel (zur Kommunikation mit Lieferanten/Kunden) Steuerungselemente der eingesetzten technischen Geräte Tabelle 11: Betriebsinterner Prozess Rohstoffgewinnung (DL1 PS1 BP1) Prozessbeschreibung Die landwirtschaftlichen Betriebe produzieren die Rohstoffe zur Lebensmittelproduktion wie etwa Getreide, Obst, Gemüse, Fleisch sowie Fisch. Ein Ausfall des Prozesses Rohstoffgewinnung beeinträchtigt maßgeblich die nachgelagerten Produktions- und Vertriebsprozesse. Die erste Phase in der Rohstoffgewinnung umfasst die Ermittlung, Bestellung und Überwachung der techni schen Geräte (z. B. Traktoren, Mähmaschinen, Getreidewaagen und Förderbänder) und Produktionsmaterialien (z. B. Chemikalien, Düngemittel oder Saatgut). Im Anschluss erfolgt die eigentliche Rohstoffgewinnung in teil- oder vollautomatisierten Produktionsstätten unter Verwendung technischer Geräte. Ein Ausfall dieser Geräte würde zu einer Beeinträchtigung bzw. zu einem Stopp des gesamten Rohstoffgewinnungsprozesses führen, da die Arbeiten heutzutage manuell nicht angemessen realisierbar sind. Nach der erfolgten Rohstoffgewinnung können unterschiedliche Folgeprozesse angestoßen werden. Falls keine weitere Verarbeitung der angebauten Rohstoffe geplant ist, so werden diese gelagert und als fertige Lebensmittel direkt an Kunden (Großhandel, Einzelhandel oder Endverbraucher) verkauft und ausgeliefert. Ist die Weiterverarbeitung der produzierten Rohstoffe geplant, so erfolgt eine Lieferung an weiterverarbeitende Lebensmittelproduzenten, welche die Rohstoffe zu fertigen Lebensmitteln verarbeiten (siehe Abschnitt ff.). Die Prozesse zur Lagerung und Lieferung der Rohstoffe erfolgen analog zu den beschriebenen betriebsinternen Prozessen in Abschnitt und werden dort genauer erläutert. Auslieferungen können dabei durch das Unternehmen selbst, den Kunden oder extern beauftragte Logistik-Dienst leister erfolgen. Die produzierten Rohstoffe werden an die Lebensmittelproduzenten zur Produktion verzehrfähiger Lebensmittelprodukte übergeben. Vor dem eigentlichen Produktionsprozess identifizieren die Lebensmittelproduzenten ihren Bedarf an Produktionsmaterialien und technischen Geräten, bestellen diese und verwalten die gelieferten Materialien. Als Produktionsmaterialien werden hier alle Materialien bezeichnet, die zur Produktion von Lebensmittelprodukten benötigt werden (z. B. Rohstoffe, Zwischenerzeugnisse oder Chemikalien). Die Tätigkeiten des betriebsinternen Prozesses Verwaltung des Produktionsmaterials werden im Folgenden genauer erläutert. 51

51 3 Kritische Dienstleistungen Betriebsinterner Prozess Verwaltung des Produktionsmaterials DL PS BP Zusammenfassung Abhängigkeit Logistik Verwaltung des Produktionsmaterials Der betriebsinterne Prozess Verwaltung des Produktionsmaterials umfasst die Sicherstellung der Verfügbarkeit von Produktionsmaterialien und technischen Geräten. Dies beinhaltet sowohl die Anlieferung und Bestandsüberwachung als auch die Verwaltung der Materialien. unwesentlich wesentlich (KRITIS relevant) Es muss sichergestellt werden, dass die Lieferung von bestelltem Produktionsmaterial rechtzeitig, vollständig und in ausreichender Qualität erfolgt und diese im gesamten Produktionsprozess verfügbar ist. Des Weiteren muss sichergestellt werden, dass benötigte technische Geräte funktionsfähig sind. Die gelieferten Produktionsmaterialien müssen durch interne Logistikprozesse an vordefinierte Lagerorte transportiert werden. Risikoelemente (IKT) Steuerungs- und Warenwirtschaftssysteme (Verwaltung von Warenströmen, Produktionsmaterialien, technischen Geräten, Lieferanten und Lagerbeständen) Kommunikationsmittel (zur Kommunikation mit externen Dienstleistern/Lieferanten) Steuerungselemente der eingesetzten technischen Geräte (beispielsweise von Förderbändern, Funkscannern und Elektrohängebahnen) Transport Management Systeme (Software-Komponenten zur Verwaltung, Abrechnung, Kontrolle und Durchführung von Transportdienstleistungen) Tabelle 12: Betriebsinterner Prozess Verwaltung des Produktionsmaterials (DL1 PS1 BP2) Prozessbeschreibung Um eine effektive Durchführung des Prozessschritts Lebensmittelproduktion sicherzustellen, müssen benötigte Produktionsmaterialien und technische Geräte rechtzeitig, vollständig und in ausreichender Qualität zur Verfügung stehen, da sonst Beeinträchtigungen oder Ausfälle des nachfolgenden Produktionsprozesses (siehe Abschnitt ) entstehen können. Die Bereitstellung technischer Geräte erfolgt meist initial beim Aufbau oder bei der Erweiterung eines Werkes oder einer Produktionsstraße und unregelmäßig aufgrund eines Ausfalls oder bei Weiterentwicklungen von vorhandenen Geräten. Somit liegt im Rahmen der Produktion der Fokus auf der Funktionsfähigkeit vorhandener technischer Geräte während des gesamten Produktionsprozesses. Die Anlieferung von Produktionsmaterialien erfolgt regelmäßig im laufenden Produktionsbetrieb und erfordert einen geregelten Prozess zur Bedarfsermittlung, Bestellung und Annahme der notwendigen Produktionsmaterialien nicht nur zu Beginn, sondern auch während und nach der durchgeführten Produk tion. Dies erfordert eine stetige, IT-gestützte Überwachung der aktuell vorhandenen Produktionsmaterialien durch ERP-Systeme, eine elektronische Kommunikation mit dem Materiallieferanten sowie Steuerungssysteme zur Verwaltung der Lieferanten, verhandelter Preise und Liefermengen [KBG 2011]. Die Verwaltung des Produktionsmaterials beinhaltet auch die Verwaltung des Lagers, in welchem aus betriebswirtschaftlichen Gründen häufig eine Minimierung des Lagerbestands, einhergehend mit einer just in time -Produktion, angestrebt wird. Für diesen Prozess ist die Anbindung des Lagers an das Warenwirt schaftssystem essentiell. Im Rahmen der teil- oder vollautomatisierten Lagerung werden technische Geräte 52

52 Kritische Dienstleistungen (Förderbänder, Funkscanner, Elektrohängebahnen etc.) verwendet, deren Ausfall zu einer Verzögerung bzw. zum Stopp der Lagerprozesse und somit zu einer unzureichenden Bereitstellung des Produktionsmaterials führt. Sind ausreichende Produktionsmaterialien vorhanden, folgt im nächsten Schritt die Produktion der Lebensmittel Betriebsinterner Prozess Produktion DL PS BP Zusammenfassung Abhängigkeit Logistik Risikoelemente (IKT) Produktion (gesamte Produktionskette) Der betriebsinterne Prozess Produktion umfasst die Verarbeitung von Rohstoffen oder Zwischenerzeugnissen zu verzehrfähigen Lebensmitteln unter Verwendung von (teil-)automatisierten Produktionsverfahren und den dafür notwendigen Produktionsmaterialien und technischen Geräten. unwesentlich wesentlich (KRITIS relevant) Interne logistische Prozesse müssen die Lieferung von Produktionsmaterialien an unterschiedliche Produktionsstandorte sicherstellen. Steuerungselemente der eingesetzten technischen Geräte (Produktionsprozesssteuerung) Warenwirtschaftssysteme (Verwaltung von Warenströmen in der Produktion) Laborinformationssysteme (Analyse der Lebensmittelsicherheit, z. B. Hygieneanforderungen) Tabelle 13: Betriebsinterner Prozess Produktion (DL1 PS1 BP3) Prozessbeschreibung Die Lebensmittelproduzenten produzieren aus natürlichen und chemischen Rohstoffen Lebensmittel. Der Ausfall des Produktionsprozesses führt zu einer verringerten oder ausbleibenden Lebensmittelproduktion und kann somit zu Versorgungsengpässen führen. Die für die Produktion benötigte Bereitstellung des notwendigen Produktionsmaterials (z. B. Rohstoffe, Zwischenerzeugnisse und Chemikalien) und der technischen Geräte erfolgt im betriebsinternen Prozess Verwaltung des Produktionsmaterials (siehe Abschnitt ). Im nächsten Schritt erfolgt die Verarbeitung einzelner oder mehrerer Rohstoffe zu einem Lebensmittelprodukt. Abhängig von der Größe des Betriebs sowie der Art der zu verarbeitenden Rohstoffe unterscheidet sich der Automatisierungsgrad im Produktionsprozess. Der Automatisierungsgrad ist bei der Produktion von Milchprodukten, Getränken, Brot und Backwaren im Gegensatz zur Fleisch- und Fisch-verarbeitenden Industrie sehr hoch [Fraunhofer 2010]. Prozesse mit hohem Automatisierungsgrad sind beispielsweise das industrielle Backen von Brot, die Herstellung von Käse und das Trocknen von Früchten in Großbetrieben. Größere Betriebe haben mittlerweile auf eine fast vollau tomatisierte Produktion umgestellt (z. B. bei der Herstellung von Fertigpizzen). Dabei kommen in Abhängigkeit vom Lebensmittelprodukt unterschiedliche technische Geräte zum Einsatz (z. B. Maschinen zum Abfüllen, Dosieren, Schneiden, Mischen, Kochen, Backen, Tiefkühlen, Verpacken oder Etikettieren). Der Ausfall technischer Geräte in der Produktion kann zu einer Beeinträchtigung oder zum Stopp des gesamten Produktionsprozesses führen. Der Produktionsprozess ist abgeschlossen, wenn ein fertiges Lebensmittelprodukt erzeugt wurde und für den Verkauf an Endverbraucher und Händler vorbereitet ist. 53

53 3 Kritische Dienstleistungen Wird das Lebensmittelprodukt an ein Handelsunternehmen verkauft, so schließt sich dem Produktionsprozess der Prozessschritt PS2 (siehe Abschnitt 3.1.2) an, welcher durch Großhandelsunternehmen umgesetzt wird. Beim Verkauf von Lebensmittelprodukten an Einzelhändler oder Endverbraucher ohne die Einbindung von Großhandelsunternehmen schließt sich dem Produktionsprozess der Prozessschritt PS3 (siehe Abschnitt 3.1.3) oder der direkte Verkauf an Endverbraucher an. Die notwendigen Tätigkeiten zur Lagerung und Auslieferung werden nachfolgend beschrieben Betriebsinterner Prozess Lagerung und Auslieferung DL PS BP Zusammenfassung Abhängigkeit Logistik Risikoelemente (IKT) Lagerung und Auslieferung Der betriebsinterne Prozess Lagerung und Auslieferung umfasst die interne Lagerung und externe Auslieferung der produzierten Lebensmittelprodukte an Lebensmittelhändler oder Endkunden durch die Produzenten. unwesentlich wesentlich (KRITIS relevant) Logistische Prozesse müssen die Auslieferung produzierter Lebensmittel an die Kunden unter Berücksichtigung unterschiedlicher Transport-Anforderungen sicherstellen. Interne logistische Prozesse müssen den Transport der Lebensmittel innerhalb der eigenen Lager regeln. Warenwirtschaftssysteme (Verwaltung von Warenströmen im Rahmen der Lagerung und Auslieferung, Lagerverwaltung) Steuerungselemente der technischen Geräte (Förderbänder, Scanner etc.) Transport Management Systeme (Software-Komponenten zur Verwaltung, Abrechnung, Kontrolle und Durchführung von Transportdienstleistungen) Tabelle 14: Betriebsinterner Prozess Lagerung und Auslieferung (DL1 PS1 BP4) Prozessbeschreibung Nach Abschluss der Lebensmittelproduktion werden die gelagerten Produkte an Kunden (Großhandel, Einzelhandel oder Endverbraucher) geliefert, wobei die logistische Umsetzung der Lieferung durch unterschiedliche Unternehmen erbracht werden kann. Je nach Komplexität der Kundenanfragen müssen die Lebensmittelproduzenten eine Kommissionierung der Lebensmittel im Lager durchführen. Dieser Prozess erfolgt analog zur Kommissionierung durch reine Großhandelsunternehmen und wird detailliert in Abschnitt beschrieben. Die Lagerung von Lebensmitteln durch die Produzenten erfolgt unmittelbar nach Abschluss des Produktionsprozesses auf unterschiedliche Weise (Lagerung auf Transporteinheiten, Silolagerung, Regallagerung etc.). Sie ist abhängig von der Form, Menge und Haltbarkeit der Lebensmittel [MaWiLog 2013]. Im Rahmen der teil- oder vollautomatisierten Lagerung werden technische Geräte (Förderbänder, Funkscanner, Elektrohängebahnen, Pickmobile etc.) verwendet, deren Ausfall zu einer Verzögerung bzw. zu einem Stopp der Lagerungsprozesse führt. Ein gut organisiertes Lebensmittellager ermöglicht, dass bei Eingang von Bestellungen zeitnah eine Kommissionierung und anschließende Lieferung in ausreichender Menge realisiert werden kann. Um dies zu gewährleisten, muss ein kontinuierlicher Prozess zur Steuerung des Lagerbestands auf Basis der Absatzkalkulation und eingehender Bestellungen erfolgen, der meist durch die Verwendung spezieller IT-Systeme und Anwendungen unterstützt wird. Auf Basis des ermittelten Bedarfs an Lagerbeständen erfolgt die voll- oder teilautomatisierte Einlagerung der Lebensmittel an zuvor definierten Lagerorten. 54

54 Kritische Dienstleistungen Die Lagerung produzierter Lebensmittel durch Großhandelsunternehmen (siehe Abschnitt ) in Zentral- oder Regionallagern unterliegt dabei meist höheren Anforderungen als denen der Lebensmittelproduzenten, da eine größere Anzahl und Vielfalt an unterschiedlichen Lieferanten, Kunden, Bestellungen, Produktmengen und -arten bedient wird. Die Auslieferung der Lebensmittel erfolgt in Abhängigkeit von der Art des zu transportierenden Guts und kann durch verschiedene Auslieferungsformen und Transportmittel bewerkstelligt werden. Für die logistische Umsetzung der Auslieferung an Kunden bestehen die folgenden Optionen: Auslieferung erfolgt über die logistischen Prozesse und eingesetzten Transportmittel des Lebensmittelproduzenten; Auslieferung erfolgt über beauftragte Logistik-Dienstleister; Auslieferung erfolgt über die logistischen Prozesse des Kunden. Ausfälle der Transportmittel führen zu Beeinträchtigungen oder zum Stopp der Lebensmittelauslieferung und müssen durch Redundanzen und Ausweichmethoden kompensiert werden. Die nun folgenden Prozessschritte Lebensmittelgroßhandel und Lebensmitteleinzelhandel sind von der quantitativ ausreichenden und qualitativ hochwertigen Produktion von Rohstoffen und Lebensmitteln durch die landwirtschaftlichen Betriebe und Lebensmittelproduzenten abhängig. 55

55 3 Kritische Dienstleistungen Prozessschritt Lebensmittelgroßhandel (PS2) Der Prozessschritt Lebensmittelgroßhandel erfolgt nach Abschluss der Lebensmittelproduktion, falls zuvor kein Direktvertrieb durch die Lebensmittelproduzenten erfolgt ist. Dieser Prozessschritt dient der Übergabe der Lebensmittelprodukte von Lebensmittelproduzenten an den Einzel- oder Großhandel oder Endverbraucher und umfasst alle Tätigkeiten zur Planung, Steuerung und Kontrolle des Warenflusses. Prozessschritt Lebensmittelgroßhandel (PS2) BP1 Organisation des Lager-bestand s BP2 Kommissio-ni erung BP3 Tourenplan-u ng und Auslieferung Abbildung 20: Prozessschritt Lebensmittelgroßhandel der Dienstleistung Lebensmittelversorgung Quelle: eigene Darstellung Der Lebensmittelgroßhandel wird in die kritischen betriebsinternen Prozesse Organisation des Lagerbestandes, Kommissionierung sowie Tourenplanung und Auslieferung unterteilt, die nachfolgend näher beschrieben werden. 56

56 Kritische Dienstleistungen Betriebsinterner Prozess Organisation des Lagerbestands DL PS BP Zusammenfassung Abhängigkeit Logistik Risikoelemente (IKT) Organisation des Lagerbestands Der betriebsinterne Prozess Organisation des Lagerbestands umfasst die Bestellung, Anlieferung und Lagerung von verzehrfähigen Lebensmittelprodukten und basiert im Wesentlichen auf Absatzkalkulationen und Kundenbestellungen. unwesentlich wesentlich (KRITIS relevant) Es muss sichergestellt werden, dass die Anlieferung von Lebensmitteln, die durch die Händler bei den Lebensmittelproduzenten bestellt wurden, rechtzeitig, vollständig und in ausreichender Qualität erfolgt. Steuerungs- und Warenwirtschaftssysteme (Verwaltung von Warenströmen beim Organisieren des Lagerbestands, Lieferantenverwaltung, Preise, Liefermenge, Lagerverwaltung etc.) Kommunikationsmittel (zur Kommunikation mit Lebensmittelproduzenten) Steuerungselemente der eingesetzten technischen Geräte (Förderbänder, Roboter-Palettierung etc.) Transport Management Systeme (Software-Komponenten zur Verwaltung, Abrechnung, Kontrolle und Durchführung von Transportdienstleistungen) Steuerung der Transportmittel (inkl. Routenplanung, Navigationssysteme) Tabelle 15: Betriebsinterner Prozess Organisation des Lagerbestands (DL1 PS2 BP1) Prozessbeschreibung Ein Großteil des Lebensmittelhandels wird heutzutage durch Großhandelsunternehmen realisiert, sodass der Ausfall dieses Prozesses zu einer Beeinträchtigung der Folgeprozesse Kommissionierung ( siehe Abschnitt ) und Tourenplanung und Auslieferung (siehe Abschnitt ) führt. Der Bedarf an Lebensmitteln, die im Lager vorgehalten werden müssen, wird auf Basis von Absatzkalkulatio nen, eingegangenen Kundenbestellungen und unter Verwendung spezieller Software kontinuierlich überwacht. Um sich bei Ausfall bestimmter Lebensmittelproduzenten vor Engpässen zu schützen, wird eine diversifizierte, redundante Lieferantenauswahl angestrebt. Die Lagerung erfolgt dabei analog zur Lagerung durch Lebensmittelproduzenten (Lagerung auf Transporteinheiten, Silolagerung, Regallagerung etc.) unter Verwendung technischer Geräte (Förderbänder, Funkscanner, Elektrohängebahnen, Pickmobile etc.), deren Ausfall zu einer Verzögerung bzw. zum Stopp der Lagerungsprozesse führen kann. An die Lager von Großhandelsunternehmen werden höhere Anforderungen gestellt als an die der Lebensmittelproduzenten, da durch die Vielzahl an unterschiedlichen Lieferanten, Kunden, Bestellungen, Produktmengen und -arten große Zentrallager mit getrennten Lagerabschnitten und einer aufwendigen internen und externen Logistik benötigt werden. So muss beispielsweise eine Trennung der Tiefkühl-, Trocken- und Frischelager erfolgen. Um diesen Anforderungen gerecht zu werden, stellen Großhandelsunternehmen weiträumige Zentral- und Regionallager mit effizienten und voll- oder teilautomatisierten Einlagerungsprozessen bereit. Werden alle Produkte ordnungsgemäß gelagert, können die Waren entsprechend der eingegangenen Bestellungen kommissioniert werden. Der betriebsinterne Prozess Kommissionierung wird nachfolgend beschrieben. 57

57 3 Kritische Dienstleistungen Betriebsinterner Prozess Kommissionierung DL PS BP Zusammenfassung Abhängigkeit Logistik Risikoelemente (IKT) Kommissionierung Der betriebsinterne Prozess Kommissionierung umfasst die Zusammenstellung von bestellten Lebensmittelprodukten zu einem Auftrag. Dies umfasst sowohl durch Menschen als auch durch Maschinen durchgeführte Aufgaben. unwesentlich wesentlich (KRITIS relevant) Es bestehen keine wesentlichen Abhängigkeiten. Warenwirtschaftssysteme (Verwaltung von Warenströmen im Rahmen der Kommissionierung, Lagerverwaltung) Steuerelemente der Kommissioniermaschinen Tabelle 16: Betriebsinterner Prozess Kommissionierung (DL1 PS2 BP2) Prozessbeschreibung Der betriebsinterne Prozess Kommissionierung dient der Zusammenstellung von bestellten Lebensmitteln aus einer bereitgestellten Gesamtmenge (das Sortiment im Lager). Der Mitarbeiter, welcher den Auftrag zusammenstellt, wird als Kommissionierer, Picker oder Greifer bezeichnet. Im Rahmen der teil- oder vollautomatisierten Kommissionierung werden Kommissioniermaschinen (Förderbänder, Funkscanner, Elektrohängebahnen, Pickmobile, Kommissionierautomaten oder Kommissionierroboter) in Verbindung mit Mitarbeitern verwendet, welche die fehlerfreie und zeitnahe Zusammenstellung der bestellten Lebensmittel gewährleisten. Das dominante Verfahren im Lebensmittelgroßhandel ist das konventionelle Kommissionieren mit einer statischen Artikelbereitstellung, einer manuellen Entnahme unter Verwendung technischer Geräte (z. B. Barcodescanner, RFID-Lesegeräte) und einer zentralen Abgabe der kommissionierten Paletten. Ein weiteres Verfahren ist die vollautomatisierte Kommissionierung mit einer automatischen Entnahme durch Pickmobile, bei der technische und manuelle Kontrollen erforderlich sind. In der teil- und vollauto matisierten Kommissionierung führt der Ausfall verwendeter Kommissioniermaschinen zu einer Verzögerung bzw. dem Stopp des Prozesses. Zur Umsetzung der Kommissionierung werden verschiedene IT-gestützte Verfahren ( Pick-by-Voice, Pickby-Light etc.) angewendet, welche auf Pickzetteln, mobiler Datenerfassung, Barcodes oder anderen technischen Hilfsmitteln basieren. Ein Ausfall dieser Hilfsmittel kann die Durchführung der Kommissionierung stark beeinträchtigen. Nach Abschluss der Kommissionierung erfolgt die Tourenplanung und Auslieferung. 58

58 Kritische Dienstleistungen Betriebsinterner Prozess Tourenplanung und Auslieferung DL PS BP Zusammenfassung Abhängigkeit Logistik Risikoelemente (IKT) Tourenplanung und Auslieferung Der betriebsinterne Prozess Tourenplanung und Auslieferung umfasst die wichtigsten Schritte im Rahmen der Auslieferung von Lebensmittelprodukten. unwesentlich wesentlich (KRITIS relevant) Logistische Prozesse müssen die Auslieferung produzierter Lebensmittel an die Kunden unter Berücksichtigung unterschiedlicher Transport-Anforderungen sicherstellen. Interne logistische Prozesse müssen den Transport der Lebensmittel innerhalb der eigenen Lager regeln. Transport Management Systeme (Software-Komponenten zur Verwaltung, Abrechnung, Kontrolle und Durchführung von Transportdienstleistungen) Steuerung der Transportmittel (inkl. Routenplanung, Navigationssysteme) Tabelle 17: Betriebsinterner Prozess Tourenplanung und Auslieferung (DL1 PS2 BP3) Prozessbeschreibung Die am häufigsten verwendete Form der Auslieferung, welche momentan bei ca. 90 Prozent der Handelsunternehmen Anwendung findet, ist die Auslieferung über eigene Verteilzentren. Dabei werden die Lebensmittel zunächst in einem Zentrallager vorgehalten, von dem aus sie nach Bestelleingang kommissioniert und im Anschluss als Paket an die lokal verfügbaren Verkaufsstandorte bzw. an überregionale Verkaufspunkte ausgeliefert werden [Kuhn 2014]. Weitere Auslieferungsformen, die jedoch nur bei wenigen Großhandelsunternehmen verwendet werden, sind die Direktbelieferung, bei der die Einzelhandelsunternehmen (z. B. Supermarktketten) ihre Filialen direkt von Lieferanten beliefern lassen, und die Cross-Docking-Belieferung. Beim Cross-Docking werden Waren vom Lieferanten vorkommissioniert geliefert, sodass beim Empfänger der Einlagerungsprozess und die anschließende Kommissionierung entfällt. Für die logistische Umsetzung der Auslieferung werden neben Lkw als führende Transportmittel auch Flugzeuge und Güterzüge eingesetzt. Analog zu Abschnitt (BP Lagerung und Auslieferung ) existieren die drei Optionen: Auslieferung erfolgt über die logistischen Prozesse und eingesetzten Transportmittel des Handelsunternehmens; Auslieferung erfolgt über beauftragte Logistik-Dienstleister; Auslieferung erfolgt über die logistischen Prozesse des Kunden (z. B. Supermarktkette). Ausfälle der Transportmittel führen zu Beeinträchtigungen oder zum Stopp der Lebensmittelauslieferung und müssen durch Redundanzen und Ausweichmethoden kompensiert werden. Mit der Auslieferung werden die Waren an den Lebensmittelhandel, der die gelieferten Produkte an den Endverbraucher verkauft, übergeben. 59

59 3 Kritische Dienstleistungen Prozessschritt Lebensmitteleinzelhandel (PS3) Der Lebensmitteleinzelhandel ist der letzte Schritt innerhalb der Wertschöpfungskette der Lebensmittelver sorgung und bildet den Übergabepunkt zum Endverbraucher. Der Prozessschritt Lebensmitteleinzelhandel wird in die zwei kritischen betriebsinternen Prozesse Organisation der Waren sowie Verkauf der Waren unterteilt und wird durch lokal verfügbare Verkaufsstandorte (z. B. Supermarkt-Filialen oder Tankstellen) oder überregionale Verkaufspunkte (z. B. Internet, Telefon-Hotlines) erbracht. Prozessschritt Lebensmitteleinzelhandel (PS3) BP1 BP2 Organisation der Waren Verkauf der Waren Abbildung 21: Prozessschritt Lebensmitteleinzelhandel der Dienstleistung Lebensmittelversorgung Quelle: eigene Darstellung Nachfolgend werden die betriebsinternen Prozesse Organisation der Waren und Verkauf der Waren näher beschrieben Betriebsinterner Prozess Organisation der Waren DL PS BP Zusammenfassung Abhängigkeit Logistik Risikoelemente (IKT) Organisation der Waren Der betriebsinterne Prozess Organisation der Waren umfasst die Organisation der Lebensmittel am lokal verfügbaren Verkaufsstandort bzw. am überregionalen Verkaufspunkt. Es werden die Bestandsaufnahme, Warenprüfung und -distribution berücksichtigt. unwesentlich wesentlich (KRITIS relevant) Es besteht eine Abhängigkeit von internen und externen Logistikprozessen, welche die zeitnahe und vollständige Anlieferung der Waren sicherstellen. Steuerungs- und Warenwirtschaftssysteme (Verwaltung von Warenströmen, Lieferanten und Lagerbeständen, Lagerverwaltung) Kommunikationsmittel (zur Kommunikation mit Lebensmittelproduzenten oder Handelsunternehmen) Tabelle 18: Betriebsinterner Prozess Organisation der Waren (DL1 PS3 BP1) Prozessbeschreibung Wichtige Grundlagen für diesen betriebsinternen Prozess sind die Absatzplanung, Prognose der Marktnachfrage und der sich daraus ergebenden Planungswerte für die Produktbewegungen. Entsprechend der Planung werden die benötigten Lebensmittelprodukte für den Vertrieb an den lokal verfügbaren Verkaufs standorten (z. B. Supermarkt-Filialen) bzw. am überregionalen Verkaufspunkt vorgehalten. Die Organisation der Lebensmittel erfolgt zyklisch nach einem Bestell- und Lieferrhythmus. 60

60 Kritische Dienstleistungen Vor der Bestellung wird der aktuelle Bestand geprüft, sodass bei einer Unterschreitung vom festgelegten Minimal-Bestandsniveau eine Bestellung ausgelöst und an den Lieferanten kommuniziert wird. Dabei wird das Minimal-Bestandsniveau so festgelegt, dass der Bestand die Nachfrage bis zum nächsten Lieferzeitpunkt deckt. Die Ermittlung der Bestellmengen kann dabei unterschiedlich vorgenommen werden. Bei der manuellen Ermittlung wird die Bestellmenge durch Disponenten auf Basis von Daten wie Abverkäufen in der Vergan genheit, Lagerbestände, Verpackungseinheiten und Mindestbestellmengen festgelegt und freigegeben. Automatische Bestellungen werden durch Warenwirtschaftssysteme automatisch generiert, welche dann durch den Dispositionsverantwortlichen freigegeben werden müssen. Bei vollautomatischen Bestellvorgängen kann sowohl die Ermittlung des Bestellbedarfs als auch die Freigabe automatisiert durch das System ausgelöst werden, sodass eine direkte Bestellung erfolgt. Da die Eingriffsmöglichkeiten der Mitarbeiter dabei eingeschränkt sind, werden unerwartete Ereignisse oder Abweichungen der Sollbestände durch ein Warnsystem gemeldet. Nach erfolgter Belieferung werden die gelieferten Lebensmittel in einer zentralen Annahmestelle am lokal verfügbaren Verkaufsstandort bzw. am überregionalen Verkaufspunkt geprüft und im lokalen Filiallager eingelagert bzw. direkt auf der Verkaufsfläche platziert. Der gesamte Prozess zur Organisation der Lebensmittel von der Planung über die Bestellung bis hin zur Annahme und Distribution am lokal verfügbaren Verkaufsstandort bzw. am überregionalen Verkaufspunkt erfolgt IT-gestützt Betriebsinterner Prozess Verkauf der Waren DL PS BP Zusammenfassung Abhängigkeit Logistik Risikoelemente (IKT) Verkauf der Waren Der betriebsinterne Prozess Verkauf der Waren umfasst den Verkauf von Lebensmittelprodukten an Endverbraucher durch verschiedene Vertriebskanäle. unwesentlich wesentlich (KRITIS relevant) Es besteht keine wesentlichen Abhängigkeiten. Barcodescanner Kassensysteme Warenwirtschaftssysteme (Verwaltung von Warenströmen im Rahmen des Verkaufs von Lebensmitteln in den Filialen) Tabelle 19: Betriebsinterner Prozess Verkauf der Waren (DL1 PS3 BP2) Prozessbeschreibung Neben den Einzelhandelsketten verkaufen auch landwirtschaftliche Betriebe (siehe Abschnitt ), Lebensmittelproduzenten (siehe Abschnitt ) oder Großhandelsunternehmen (siehe Abschnitt ) die Lebensmittel direkt an Endverbraucher oder Geschäftskunden. Der Verkauf von Lebensmitteln an Endverbraucher kann über mehrere Plattformen erfolgen. Der Großteil der heutigen Lebensmitteleinkäufe erfolgt an lokal verfügbaren Verkaufsstandorten, sodass diese Absatzform essentiell für die ausreichende Lebensmittelversorgung der Bevölkerung ist. Des Weiteren besteht auch die Möglichkeit des Einkaufs an überregionalen Verkaufspunkten (z. B. Internet, Telefon-Hotlines). Dabei bestellt der Endverbraucher die Lebensmittelprodukte direkt bei Lebensmittelproduzenten, Großhandelsunternehmen oder Einzelhändlern, die anschließend durch die Logistikprozesse der Anbieter selbst oder durch unabhängige Logistikdienstleister ausgeliefert werden. Momentan erfolgen nur ca. zwei Prozent des Lebensmittelvertriebs über den Online-Handel [HWWI 2013]. 61

61 3 Kritische Dienstleistungen An den lokal verfügbaren Verkaufsstandorten werden Barcodescanner und elektronische Kassensysteme eingesetzt, die über zahlreiche interne und externe Schnittstellen zum Datenaustausch verfügen (beispielsweise zum Zentrallager). Die Kommunikation zum Zentrallager wird genutzt, um den Bedarf an benötigten Lebensmittelprodukten am Verkaufsstandort aufzunehmen und entsprechende Bestellungen zu generieren. Eine andere Schnittstelle bildet die Verbindung zu den Geldinstituten, die beim Einsatz von elektronischen Kassensystemen die Prüfungen und Buchungen der bargeldlosen Zahlungen übernehmen. Ein Ausfall der Datenschnittstellen kann zu erheblichen Beeinträchtigungen der Verkaufsprozesse führen und den Lebensmitteleinkauf durch den Endverbraucher stark einschränken. 62

62 Kritische Dienstleistungen 3.2 Trinkwasserversorgung (DL2) Trinkwasser muss nicht nur in ausreichender Menge, sondern auch in entsprechender Qualität zur Verfügung stehen. Hierfür wird es zunächst aus dem Bodengrund oder von der Oberfläche gewonnen und anschließend bis zur Trinkbarkeit (siehe Trinkwasserverordnung in Abschnitt ) aufbereitet. Danach wird das gereinigte Wasser (zwischen-)gespeichert und an die Verbrauchsstellen weitergeleitet. Abbildung 22 zeigt den zeitlichen Zusammenhang der Prozessschritte innerhalb der kritischen Dienstleistung Trinkwasserversorgung. Die Prozessschritte Gewinnung und Zuleitung, Aufbereitung (Reinigung) und Verteilung sind funktional voneinander abhängig und werden sequenziell durchlaufen. Dienstleistung Trinkwasserversorgung (DL2) PS1 Gewinnung und Zuleitung PS2 Aufbereitung (Reinigung) PS3 Verteilung Abbildung 22: Ablauf der Prozessschritte in der Trinkwasserversorgung Quelle: eigene Darstellung Abbildung 23 zeigt eine Übersicht der Prozessschritte, betriebsinternen Prozesse und Anlagen der kritischen Dienstleistung Trinkwasserversorgung. Abbildung 23: Schematische Darstellung der kritischen Dienstleistung Trinkwasserversorgung Quelle: eigene Darstellung 63

63 3 Kritische Dienstleistungen Ausfallszenarien der Trinkwasserversorgung Der Ausfall der kritischen Dienstleistung Trinkwasserversorgung kann verschiedene Auswirkungen und Schweregrade annehmen. Nachfolgend werden exemplarisch drei Szenarien und teils real vorgekommene Auswirkungen beschrieben. Durch einen externen Angriff und die Manipulation von Steuerungssystemen (MSR-Systemen) in der Fernwirkzentrale eines Wasserversorgungsunternehmens werden fehlerhafte Informationen zum Zustand verschiedener Steuerungsgeräte innerhalb des Wasserversorgungsnetzes angezeigt. Eine invalide Informationsbasis in der zentralen Steuerung provoziert falsche oder ausbleibende Entscheidungen zur Regulierung der notwendigen Betriebszustände, beispielsweise in der Aufrechterhaltung des Drucks innerhalb des Wasserversorgungsnetzes. Ohne den benötigten Druck im Netz würde die Verteilung des Wassers an die Endverbraucher zum Erliegen kommen. Abhängig von der Ursachenanalyse und der Beseitigung der vorgenommenen Manipulation fällt für die betroffene Region die Versorgung mit Trinkwasser vollständig aus. Im Falle einer Störung im Pumpwerk, hervorgerufen durch eine Unterbrechung der Stromversorgung, fallen Geräte und Komponenten aus, die für den Transport des Trinkwassers benötigt werden. Die Verbrauchsstellen im Versorgungsgebiet werden so lange nicht mit Wasser versorgt, bis die in der Regel externe Stromversorgung wieder zur Verfügung steht. Die Zerstörung einer Hauptversorgungsleitung im Wasserversorgungsnetz führt zu einem Ausfall der Trinkwasserversorgung innerhalb des Versorgungsgebietes. Darüber hinaus kann es nahe der Bruchstelle zu Überschwemmungen in den umliegenden Gebäuden kommen. Um das Ausmaß der Schäden in diesem Fall zu verringern, wird die Wasserverteilung im betroffenen Bereich gestoppt, was zu einer temporären Unterversorgung respektive einem Ausfall der Trinkwasserversorgung im Zielgebiet führt. Folgen eines Ausfalls der Trinkwasserversorgung Die Art und Schwere der Auswirkungen bei einem Ausfall der Trinkwasserversorgung hängt im Wesentlichen von drei Faktoren ab dem Zeitpunkt, der Dauer und dem Wirkungskreis des Ausfalls. Der Zeitpunkt eines Ausfalls fällt in eine bestimmte Jahres-, Wochen- und Tageszeit. So ist der Wasserbe darf der Gesellschaft oder Wirtschaft während der Sommerzeit höher als im Winter. Ein Ausfall der Trinkwasserversorgung während einer regenlosen Sommerzeit wiegt schwerer als während einer regenintensiven Zeit. Auch die Tageszeit spielt eine wichtige Rolle. Die Hauptentnahmezeiten liegen innerhalb der Woche in den frühen Morgen- und späten Abendstunden, wohingegen in der Nacht der Wasserverbrauch sehr gering ist. Die Dauer des Ausfalls ist ebenfalls ein wichtiger Faktor. Je länger die Ausfallzeit der Trinkwasserversorgung, desto größer sind die Auswirkungen auf die Gesellschaft, die Wirtschaft und den Staat. Der Wirkungskreis wird durch die Anzahl der betroffenen Verbrauchsstellen bzw. der Größe der betroffenen Region beschrieben. Eine hohe Anzahl von Betroffenen bzw. eine große betroffene Region erhöht die Schwere der Auswirkungen während eines Versorgungsausfalls. Die zuvor beschriebenen drei Einflussfaktoren treten stets zeitgleich ein. In Abhängigkeit von ihrer Ausprägung beeinflussen sie die Art und Schwere der Auswirkungen auf Staat, Gesellschaft und Wirtschaft. Die Ausprägungen der Einflussfaktoren können in einer unglücklichen Kombination zu einer Extremsituation führen. Nachfolgend werden mittels Annahmen zur Ausprägung der jeweiligen Einflussfaktoren exemplarisch Auswirkungen für Gesellschaft, Unternehmen und Staat aufgeführt. Ausfall der Trinkwasserversorgung Sonntagvormittag (Winter), Zeitraum bis zu 24 Stunden, Wirkungskreis deutsche Großstadt, hat keinen erheblichen Einfluss auf die Gesellschaft. Auf das nicht zur Verfügung stehende Trinkwasser kann verzichtet oder auf käuflich erwerbbares Trinkwasser ausgewichen werden. Jedoch hat ein Trinkwasserversorgungsausfall für Einrichtungen des Gesundheitswesens, die wie z. B. Krankenhäuser oder Pflegeeinrichtungen besondere Anforderungen an die Hygiene haben, einen erheblichen Einfluss auf den Betrieb. Denn diesen Institutionen ist es nicht ohne weiteres möglich, den 64

64 Kritische Dienstleistungen Wasserbedarf durch käuflich erwerbbares Trinkwasser zu ersetzen. Eine Verschlechterung der Hygiene und die damit einhergehende Gefährdung der Gesundheit der Patienten wären die Folge. Ausfall der Trinkwasserversorgung im Sommer, Zeitraum mehr als 24 Stunden, Wirkungskreis landwirtschaftliches Gebiet, hat erhebliche Auswirkungen auf die Unternehmen der Agrarwirtschaft. Bei den landwirtschaftlichen Betrieben, die über keine eigene Wassergewinnung verfügen, ist eine Bewässerung der Felder nicht mehr möglich. Insbesondere zu regenarmen Sommerzeiten, die eine Bewässerung zwingend erforderlich machen, führt dies zu Ernteausfällen. Ausfall der Trinkwasserversorgung unabhängig vom Zeitpunkt, Zeitraum mehr als 48 Stunden, Wirkungskreis deutsche Großstadt, hat unmittelbare Folgen für die Gesellschaft und dadurch mittelbare Folgen für den Staat. Durch die Verschlechterung der hygienischen Bedingungen erhöht sich der Krankheitsstand der Bediensteten. Daraus resultieren Einschränkung der Funktionalität des Staatsapparates und Proteste der Bevölkerung. Abhängigkeiten von anderen kritischen Dienstleistungen im Sektor Da die Trinkwasserversorgung einen Teil des Wasserkreislaufes bildet, befindet sich die Trinkwasserversorgung in Wechselwirkung mit der Abwasserbeseitigung. Das bedeutet, dass die kritische Dienstleistung Trinkwasserversorgung auf Rohwasser mit einer hohen Güte angewiesen ist. Die Wasserqualität der Gewässer wiederum wird durch die kritische Dienstleistung Abwasserbeseitigung maßgeblich beeinflusst. Eine intakte Abwasserbeseitigung ist die Grundlage für eine nachhaltige Gewinnung von Trinkwasser und ein nachhaltiges Umweltmanagement. Im nachfolgenden Abschnitt wird detailliert auf die Prozessschritte der Trinkwasserversorgung und deren betriebsinterne Prozesse eingegangen. Sie geben einen Einblick in die Abläufe und Abhängigkeiten der kritischen Dienstleistung Trinkwasserversorgung. Die Gewinnung von Rohwasser bildet den Ausgangspunkt der Dienstleistung Trinkwasserversorgung. Um die Aufwände in der Aufbereitung (siehe Abschnitt 3.2.2) möglichst gering zu halten, sollte das Rohwasser aus Vorkommen gewonnen werden, die bereits eine Wasserqualität gemäß der gesetzlichen Anforderungen vorweisen (siehe Abschnitt ) Prozessschritt Gewinnung und Zuleitung (PS1) Der erste Schritt in der Trinkwasserversorgung ist die Gewinnung von Rohwasser, das auf verschiedene Art gewonnen werden kann (siehe Abschnitt ). Über eine Förderanlage wird das gewonnene Rohwasser über Wasserleitungen in das Wasserwerk zur Aufbereitung (Reinigung) transportiert. 65

65 3 Kritische Dienstleistungen Betriebsinterner Prozess Gewinnung und Zuleitung DL PS BP Zusammenfassung Abhängigkeit Logistik Risikoelemente (IKT) Gewinnung und Zuleitung Der betriebsinterne Prozess Gewinnung und Zuleitung betrachtet die Gewinnung von Rohwasser und Zuleitung in die Aufbereitungsanlagen. unwesentlich wesentlich (KRITIS relevant) Es bestehen keine wesentlichen Abhängigkeiten. Förderanlagensteuerungssystem (z. B. Pumpanlagen- oder Motorsteuerung) Wasserhauptleitungssteuerungssystem (z. B. Klappen- oder Ventilsteuerung) Prozessleitsystem Sensorsystem Tabelle 20: Betriebsinterner Prozess Gewinnung und Zuleitung (DL2 PS1 BP1) Prozessbeschreibung Die Gewinnung kann auf drei verschiedene Arten (Grund-, Quell- und Oberflächenwassergewinnung) erfolgen. In Deutschland werden rund 62 Prozent des Trinkwassers aus dem Grund- und rund 30 Prozent aus dem Oberflächenwasser gewonnen. Die topographische Lage spielt eine wesentliche Rolle in der Durchführung des betriebsinternen Prozesses Gewinnung und Zuleitung. Befindet sich die Quelle in einer erhöhten Lage, so genügt die Ableitung des Quellwassers in das tiefer gelegene Wasserwerk. Der Transport des Wassers erfolgt hierbei über Wasserrohre/-leitungen. Im Fall, dass Grundwasser gewonnen wird oder sich die Wasserquelle in tieferliegenden Regionen befindet, kommen zusätzlich Pumpen- bzw. Drucksteigerungsanlagen zum Einsatz, die das Wasser in die Wasserwerke befördern. Diese können durch einen Verbrennungsoder Elektromotor betrieben werden [Mutsch. 2011]. Um eine unterbrechungsfreie Gewinnung von Rohwasser sicherstellen zu können, müssen viele Parameter wie beispielsweise die Drehzahl und der Druck der Pumpensysteme überwacht und gesteuert werden. Dies erfolgt entweder vor Ort mittels Mess-, Steuer- und Regelungstechnik (MSR- bzw. SCADA-Technik) oder über Fernwirkzentralen [TAB 2011]. Auf Fernwirkzentralen wird bei der Darstellung des betriebsinternen Prozesses Betrieb Aufbereitungsanlagen (siehe Abschnitt ) näher eingegangen. Der Betrieb der Wasserrohre/-leitungen und der Pumpanlagen sind zentrale Bestandteile bei der Gewinnung und Zuleitung von Rohwasser. Die Zerstörung eines Wasserrohrs oder einer Wasserleitung oder der Ausfall einer Pumpanlage kann die Zuleitung des Rohwassers in das Wasserwerk unterbrechen. Bei einer kurzen Unterbrechung kann das Wasserwerk noch auf bestehende Kapazitäten aus der Wasserspeicherung (siehe Abschnitt ) zurückgreifen und die nachgelagerten Prozessschritte Aufbereitung (Reinigung) und Verteilung aufrechterhalten. Mit vollständiger Leerung der Wasserspeicher in den Prozessschritten Gewinnung und Zuleitung und Aufbereitung (Reinigung) kommt die Dienstleistung Trinkwasserversorgung zum Erliegen Prozessschritt Aufbereitung (Reinigung) (PS2) Da Rohwasser nicht immer in einer trinkbaren Qualität (siehe Trinkwasserverordnung ) gewonnen werden kann, ist eine Aufbereitung des Rohwassers notwendig. Hierzu wird das geförderte Wasser den Wasserwer ken zugeleitet und dort zu Trinkwasser aufbereitet. Mit der erfolgreichen Reinigung wird eine Wasserbeschaffenheit erreicht, die den lebenslangen Genuss von Wasser ermöglicht, ohne die Gesundheit des Menschen zu schädigen. 66

66 Kritische Dienstleistungen Um dieses Ziel zu erreichen, müssen die gesetzlichen Anforderungen (siehe Abschnitt ) an die Qualität des zu reinigenden Rohwassers erfüllt werden. Die dabei zu beachtenden technischen Anforderungen an das Wasserwerk werden durch DIN 2000 ( Zentrale Trinkwasserversorgung Leitsätze für Anforderungen an Trinkwasser Planung, Bau und Betrieb der Anlagen ) beschrieben. Sind die Qualitätsanforderungen erfüllt, ist die Aufbereitung des Wassers abgeschlossen und das Trinkwasser bereit zur Verteilung an die Verbrauchsstellen Betriebsinterner Prozess Betrieb Aufbereitungsanlagen DL PS BP Zusammenfassung Abhängigkeit Logistik Risikoelemente (IKT) Betrieb Aufbereitungsanlagen Der betriebsinterne Prozess Betrieb Aufbereitungsanlagen umfasst den Betrieb von Anlagen zur Aufbereitung von Rohwasser. unwesentlich wesentlich (KRITIS relevant) Es bestehen keine wesentlichen Abhängigkeiten. Wassertransportsteuerungssystem (z. B. Überlauf-, Förderschnecken-, oder Pumpensteuerung) Steuerungssystem mechanischer Verfahren (z. B. Rechen-, Sieb- oder Filtersteuerung) Steuerungssystem biologischer Verfahren (z. B. Belüftungsanlagensteuerung, Dosieranlagensteuerung) Prozessleitsystem Tabelle 21: Betriebsinterner Prozess Betrieb Aufbereitungsanlagen (DL2 PS2 BP1) Prozessbeschreibung Zur Aufbereitung des Rohwassers stehen eine Vielzahl Verfahren zur Verfügung. Die Auswahl und Abfolge der Verfahren wird im Wesentlichen durch drei Faktoren bestimmt Rohwasserbeschaffenheit, Trinkwasserqualität und Wasserwerksgröße. Das Rohwasser durchläuft während der Aufbereitung verschiedene Phasen. Innerhalb jeder Phase können wiederum unterschiedliche Verfahren zur Aufbereitung angewendet werden. Der Transport des Wassers von einer Phase zur Nächsten erfolgt mit Hilfe von Rohrsystemen, Überläufen, Förderschnecken, Hebewerken und Pumpen. Das zugeleitete Wasser kann z. B. in einem Depot innerhalb des Wasserwerks gespeichert (siehe Abschnitt ) und anschließend über eine Förderschnecke der ersten Reinigungsphase zugeführt werden. In der ersten Reinigungsphase findet eine Vorreinigung statt. Die Auswahl der hier anwendbaren Verfahren ist abhängig vom Ursprung und der Beschaffenheit des gewonnenen Rohwassers. Sollte das Wasser beispielsweise aus einem See entnommen worden sein, so können sich noch Lebewesen oder grobe Verun reinigung, wie z. B. Äste und Schilf, im Wasser befinden. Die Anwendung von Grobrechen und Fischabweisern kann bereits größere Verunreinigungen entfernen. Im Anschluss können durch den Einsatz von fein maschigen Sieben kleine Stoffe wie z. B. Plankton entfernt werden. Bei der Gewinnung aus dem Fluss kommen vor allem Feinrechen und Sandfänge zum Einsatz [Mutsch. 2011]. Nachdem das Rohwasser von den gröberen Verunreinigungen befreit worden ist, werden nun unerwünschte Partikel aus dem Wasser entfernt. Dies erfolgt meist durch die Sedimentation unter Einsatz von Flockung (Absetzverfahren), Oxidation und Filtrierung des vorgereinigten Rohwassers [Mutsch. 2011]. 67

67 3 Kritische Dienstleistungen Bei der Sedimentation setzen sich die Stoffe mit einer höheren Dichte als Wasser auf dem Beckengrund ab. Hierzu muss die Strömungsgeschwindigkeit des Rohwassers reduziert werden. Von hier werden sie mit Hilfe von Pumpen und Räumern entfernt. Bei sehr kleinen und schwebenden Partikeln kann dieser Vorgang unverhältnismäßig lange dauern. Aus diesem Grund wird das Wasser durch die Zugabe von Flockungsmitteln (z. B. Aluminium- und Eisensalzen) zur Flockung gebracht. Dabei verbinden sich die kleinen Partikel miteinander und setzen sich schneller auf den Beckengrund ab [Mutsch. 2011]. Bei der Oxidation werden dem Wasser unter Zuhilfenahme chemischer Substanzen (Oxidationsmitteln) organische und anorganische Stoffe entzogen. Diese Substanzen können z. B. Wasserstoffperoxid, Kaliumpermanganat oder Ozon sein. Hierbei werden vor allem Eisen und Mangan, die das Rohwasser aus dem Erdreich aufgenommen hat, entzogen. Es wird daher auch von einer Enteisenung und Entmanganisierung gesprochen. Die Entfernung dieser Wasserinhaltsstoffe kommt vor allem dem Wassergeschmack, der Wasserfarbe und der Langlebigkeit des Wasserverteilungsnetzes zugute. Grundlage für die Durchführung der Entmanganisierung ist ein konstantes Kalk-Kohlensäure-Gleichgewicht. Dies erfordert die vorherige Durchführung des Verfahrensschrittes Gasaustausch und Entsäuerung [Oldenburg 2013]. Bei der Filtrierung können zwei verschiedene Arten zum Einsatz kommen die Oberflächen- und die Tiefenfiltrierung. Bei der Oberflächenfiltrierung werden die zu entfernenden Stoffe an der Filteroberfläche gesammelt. Dies kann bereits nach kurzer Zeit zu einer Verstopfung des Filters führen. Bei der Tiefenfiltrie rung existieren mehrere Filterstufen. Bei den ersten Stufen werden die Maschen bewusst grob gewählt, um Partikel hindurch zu lassen. Die Verstopfung der Oberfläche verlagert sich demnach auf die hinteren Filterstufen. Dies erhöht die Langlebigkeit und Wirksamkeit des Filters [Mutsch. 2011]. Die Auswahl und Abfolge der Verfahren (Sedimentation, Flockung, Oxidation und Filtrierung) ist im Wesentlichen von der Konzentration und Größe der Partikel im Wasser abhängig. Zur Entfernung von gelösten organischen Wasserinhaltsstoffen wird das Absorptionsverfahren eingesetzt. Es dient vor allem der Entfernung von organischen Spurenstoffen wie z. B. Arzneimitteln und der geschmacklichen Neutralisierung des Trinkwassers. Organische Spurenstoffe im Trinkwasser spielen eine zunehmend wichtigere Rolle bei der Trinkwasseraufbereitung, da eine hohe Konzentration dieser Wasserinhaltsstoffe die Gesundheit des Konsumenten gefährden können. Die zur Absorption häufig verwendeten Aktivkohlefilter zeichnen sich vor allem durch ihre Wirtschaftlichkeit aus. Behandelte Aktivkohle weist eine große Oberfläche auf, die Schadstoffe gut binden kann [Mutsch. 2011]. Um das Wasser von gelösten Gasen zu befreien, wird das Wasser mit Hilfe von Verdüsungs- oder Belüftungs anlagen behandelt. Dieses Verfahren wird als Gasaustausch oder Entsäuerung bezeichnet [Mutsch. 2011]. Bei der Durchführung des Verfahrens ist es besonders wichtig, den ph-wert stets zu überwachen und konstant zu halten. Dies kann manuell oder automatisiert erfolgen. Die Entsäuerung kommt vor allem den Rohrlei tungen der Wasserverteilung zugute, da durch die geringe Konzentration an Kohlensäuren das Eisen der Metallleitungen nicht so stark beansprucht wird [Oldenburg 2013]. Im letzten Verfahrensschritt wird das Wasser desinfiziert. Hierbei werden durch Zugabe von Chlor Mikroorganismen und Bakterien abgetötet. Alternativ können diese durch Abkochen oder die UV-Bestrahlung unschädlich gemacht werden [Oldenburg 2013]. Alternativ zu den zuvor beschriebenen Verfahren existiert das Membranverfahren, das in der Praxis immer mehr Anwendung findet. Es stellt eine besondere Form der Filtrierung dar und ist in Abhängigkeit von der gewählten Verfahrensart in der Lage, sämtliche Wasserinhaltsstoffe, von gelösten Stoffen bis hin zu schwebenden Partikeln, zu entfernen. Hierbei wird in die vier verschiedenen Membranverfahren Umkehrosmose, Nanofiltration, Ultrafiltration und Mikrofiltration unterteilt, die sich in der Porosität der Membranwände unterscheiden. Die Membranwand kann aus verschiedensten organischen und anorganischen Materialien zu einem Membranelement zusammengesetzt werden. Mehrere Membranelemente bilden einen Membranblock. Die Anordnung verschiedener Membranblöcke bildet schlussendlich die Membrananlage [Mutsch. 2011]. 68

68 Kritische Dienstleistungen Da die Umsetzung lediglich eines der oben beschriebenen Verfahren in der Regel nicht ausreicht, um die Anforderungen der Trinkwasserverordnung zu erfüllen, bedarf es der Anwendung mehrerer Verfahren. Da diese in einem Wasserwerk sequenziell ablaufen, kann der Ausfall eines Verfahrens den kompletten Reinigungsprozess zum Erliegen bringen. So ist es z. B. denkbar, dass bereits zu Beginn des Reinigungsprozesses die Rechung oder Siebung nicht ordnungsgemäß funktioniert. Dadurch können die Maschinen der nachgelagerten Reinigungsschritte Schaden nehmen und zum Ausfall der Anlage führen. Das Rohwasser kann dann nicht weiter aufbereitet und den Verbrauchsstellen zugeleitet (siehe Abschnitt 3.2.3) werden. Je nach Architektur des Wasserwerkes kann bei einer Unterbrechung eines Verfahrensschrittes noch auf bestehende Kapazitäten aus der Wasserspeicherung (siehe unten) zurückgegriffen werden, um den nachgelagerten betriebsinternen Prozess Betrieb des Wassernetzes (siehe Abschnitt 3.2.3) aufrecht zu erhalten. Sollte die Unterbrechung so lange andauern, dass alle Wasserspeicher inkl. des Reinwasserbehälters geleert sind, würde das Versorgungsgebiet nicht mehr mit Trinkwasser beliefert werden. Der zunehmende Einsatz von IT-Komponenten zur (Teil-)Automatisierung von Prozessschritten und betriebsinternen Prozessen steigert die Möglichkeit, Zustände einzelner Abläufe zu messen, zu bewerten, angemessene Reaktionen abzuleiten und Steuerungsmaßnahmen vorzunehmen. Innerhalb eines Wasserwerkes existiert typischerweise eine Fernwirkzentrale, in der alle nötigen Prozessschritte (Gewinnung und Zuleitung, Aufbereitung (Reinigung), Verteilung) zentral überwacht und eine Vielzahl dezentral laufender IT-Komponenten gesteuert werden. Bei verteilten Werken oder Anlagen sowie innerhalb eines Verbands wird eine Fernwirkzentrale als zentrale Instanz für sämtliche Werke und Anlagen in einer Region eingesetzt. Die Basis für die Funktionsfähigkeit einer Fernwirkzentrale sind Informationen über Zustände. Diese werden innerhalb der Prozessschritte bzw. betriebsinternen Prozesse durch unterschiedlichste Sensoren an Geräten oder im Leitungsnetz und Systemen gemessen und an die Fernwirkzentrale übermittelt. Die Anbindung der IT-Systeme kann dabei kabelgebunden (innerhalb der Betreibernetzwerke) oder kabellos (via Mobilfunk) erfolgen. Die in der Fernwirkzentrale auflaufenden Daten werden in den jeweiligen zentralen Systemen gesammelt und ausgewertet. Die kollektive Auswertung der eingegangenen Messwerte und Logdaten ermöglicht weitreichende und präzise Aussagen zum Zustand der für die Prozesse relevanten Anlagen und Einrichtungen. Eine Speicherprogrammierbare Steuerung (SPS) nimmt die durch einen Sensor gemessenen Werte entgegen und sendet anhand der programmierten Logiken ein Signal zur Steuerung der jeweiligen Anlage. So wird z. B. der Füllstand eines Aufbereitungsbeckens automatisiert und ohne Einwirken der Fernwirkzentrale durch das Öffnen und Schließen der Klappensteuerung des Zulaufs reguliert. Bei einem Ausfall der Fernwirktechnik könnten sämtliche Prozessschritte der Trinkwasserversorgung, die in einer Fernwirkzentrale überwacht und gesteuert werden, nicht mehr kontrolliert werden. Doch nicht nur der vollständige Ausfall von Messen, Steuern, Regeln, sondern bereits eine Störung kann gravierende Auswirkungen auf den reibungslosen Ablauf der betriebsinternen Prozesse bedeuten. Dies betrifft insbeson dere die Integrität der von den Sensoren gemessenen, übermittelten, ausgewerteten und angezeigten Daten, da diese Daten die Entscheidungsgrundlage für sämtliche Steuerungsaktivitäten innerhalb der Fernwirkzentrale sind. Fehlerhafte oder nicht verfügbare Daten stellen daher eine ernstzunehmende Gefährdung für den gesamten Prozess dar. 69

69 3 Kritische Dienstleistungen Betriebsinterner Prozess Betrieb Wasserspeicher DL PS BP Zusammenfassung Abhängigkeit Logistik Risikoelemente (IKT) Betrieb Wasserspeicher Der betriebsinterne Prozess Betrieb Wasserspeicher umfasst die Speicherung des Wassers innerhalb eines Wasserwerks. unwesentlich wesentlich (KRITIS relevant) Es bestehen keine wesentlichen Abhängigkeiten. Pumpanlagensteuerungssystem Sensorsystem Prozessleitsystem Tabelle 22: Betriebsinterner Prozess Betrieb Wasserspeicher (DL2 PS2 BP2) Prozessbeschreibung Die Speicherung von Wasser innerhalb eines Wasserwerks hat verschiedene Aufgaben, dient jedoch hauptsächlich dem Ausgleich von Bedarfsschwankungen und der Regulierung des Wasserdrucks. Die Speicherung von Wasser findet hauptsächlich nach dem Prozessschritt Aufbereitung (Reinigung) in Reinwasserbehältern statt. Da die Gewinnung und Zuleitung und Aufbereitung von Rohwasser kontinuierlich und in nahezu gleichbleibender Menge erfolgen, kann es zu typischen Wasserentnahmezeiten zu Versorgungsengpässen kommen. Um eine unterbrechungsfreie Trinkwasserversorgung sicherstellen zu können, muss ein Lastausgleich stattfinden, der durch die Zwischenspeicherung von Trinkwasser (auch Reinwasser) in Wasserspeichern erfolgt. Doch nicht nur nach der Aufbereitung findet eine Speicherung von Wasser statt. Auch nach dem Prozessschritt Gewinnung und Zuleitung (siehe Abschnitt 3.2.1) erfolgt die Speicherung von Rohwasser. So kann bei einem Ausfall der Rohwassergewinnung der Prozessschritt Aufbereitung (Reinigung) für eine geraume Zeit mit dem gespeicherten Rohwasser weiter versorgt werden. Darüber hinaus werden Wasserspeicher auch innerhalb des Prozessschrittes Verteilung (siehe Abschnitt 3.2.3) eingesetzt. Die Speicher dienen zur Druckregulierung. Hochwasserbehälter sind z. B. in der Lage, den Druck im Wasserversorgungsnetz zu regulieren. Zusätzlich wird es durch den Einsatz von Wasserspeichern möglich, ein Versorgungsgebiet je nach Bedarf in verschiedene Druckzonen einzuteilen. Die Wasserspeicher bilden hierbei das Bindeglied zwischen verschie denen Druckzonen und sorgen für einen gleichmäßigen sowie angemessenen Wasserdruck [Mutsch. 2011]. Um das Wasser in die Reservoirs zu befördern, werden elektrisch betriebene Pumpsysteme eingesetzt. Für den Betrieb der Anlagen ist es wichtig zu berechnen, welche Pumpen wie lange, wann und mit welcher Leis tung laufen müssen. Dafür werden in den Reservoirs MSR-Komponenten eingesetzt, die den Wasserstand und andere Steuerparameter überwachen und regulieren. Die Folge eines Ausfalls der Wasserspeicherung ist der fehlende Lastausgleich. Vor allem zu Verbrauchsspitzenzeiten besteht dadurch die Gefahr, dass nicht alle Endverbraucher mit Trinkwasser versorgt werden können. 70

70 Kritische Dienstleistungen Prozessschritt Verteilung (PS3) Wie in Abschnitt Wasserspeicherung beschrieben, wird das aufbereitete Trinkwasser in Reinwasserbehältern gelagert und über das Wasserversorgungsnetz an die Verbrauchsstellen verteilt. Der Betrieb des Wasserversorgungsnetzes dient demnach der Verteilung von Trinkwasser an die jeweiligen Endverbraucher Betriebsinterner Prozess Betrieb Wasserversorgungsnetz DL PS BP Zusammenfassung Abhängigkeit Logistik Risikoelemente (IKT) Betrieb Wasserversorgungsnetz Der betriebsinterne Prozess Betrieb Wasserversorgungsnetz beinhaltet den Transport des Trinkwassers über das Wasserversorgungsnetz in das Versorgungsgebiet. unwesentlich wesentlich (KRITIS relevant) Es bestehen keine wesentlichen Abhängigkeiten. Systeme zur Steuerung des Wasserversorgungsnetzes (z. B. Pumpanlagensteuerung, Klappensteuerung oder Ventilsteuerung) Prozessleitsystem Sensorsystem Tabelle 23: Betriebsinterner Prozess Betrieb Wasserversorgungsnetz (DL2 PS3 BP1) Prozessbeschreibung Das Wasser wird aus den Reinwasserbehältern über die Hauptleitungen in die zu versorgende Region transportiert und dort über Versorgungsleitungen an die Haushalte verteilt. Die fest installierten Haupt- und Versorgungsleitungen bilden das Wasserversorgungsnetz. Das zu verteilende Trinkwasser wird in Hochwas serspeichern2 oder Wasserbehältern in Tieflage vorgehalten. Um es durch das Versorgungsnetz transportieren zu können, ist entweder ein Gefälle (Wasserbehälter in Hochlage) oder ein Pumpwerk (Wasserbehälter in Tieflage) nötig. Das Versorgungsnetz wird meist zentral mit einem Druck von 4 bis 6 Bar betrieben. In beson ders hoch gelegenen Regionen oder bei hohen Gebäuden können dezentral zusätzliche Pumpen zum Einsatz kommen, um die Trinkwasserverteilung bis in die einzelnen Wohn- oder Geschäftseinheiten sicherzustellen [BWB o. J.a]; [TAB 2011]. Der Einsatz von MSR-Technik rund um den Betrieb des Versorgungsnetzes beinhaltet die Informationssammlung und -aufbereitung zur Kapazitätssteuerung, Leistungserbringung und Gewährleistung der Funktionsfähigkeit des Netzes. Die an den Rohren angebrachten Sensoren messen unter anderem den Druck und Durchfluss des Wassers per Ultraschall oder magnetischer Induktion. Diese Informationen ermöglichen eine intelligente Verteilung des Reinwassers innerhalb des Wasserverteilungssystems. Aus den Messungen können ebenso Rückschlüsse auf die Beschaffenheit der Rohre und eventuelle Lecks gezogen werden [Mutsch. 2011]. Der Aufbau des Wasserverteilungssystems unterliegt bei den meisten Wasserversorgungsunternehmen der Geheimhaltung, da aus der genauen Kenntnis über den Aufbau des Netzes Angriffspunkte für Sabotage und Manipulationen abgeleitet werden können. 2 Wasserbehälter in Hochlage (Hochbehälter), deren Wasserspiegel höher als das Versorgungsgebiet liegt und von dem aus das Wasser dem Versorgungsnetz mit natürlichem Gefälle zufließt. 71

71 3 Kritische Dienstleistungen 3.3 Abwasserbeseitigung (DL3) Die Abwasserbeseitigung stellt wie die Trinkwasserversorgung eine Dienstleistung dar, die der Aufgabe der staatlichen Daseinsvorsorge zuzuordnen ist. Sie sorgt dafür, dass das entstehende Schmutzwasser von den Verbrauchsstellen in die Kläranlagen geleitet und dort behandelt wird. Die Behandlung der mit Schadstoffen belasteten Abwässer ist gesetzlich geregelt (Wasserhaushaltsgesetz, Landeswassergesetze und die Abwasserverordnung) und hat in einem Maß zu erfolgen, in dem die aufbereiteten Abwässer bedenkenlos in die öffentlichen Gewässer abgegeben werden oder eine Rückleitung in das Grundwasser erfolgen kann. Eine hohe Wasserqualität der Gewässer ist daher die Basis einer stabilen Wassergewinnung und weniger aufwendigen Aufbereitung. Abbildung 24 weist die zeitlichen und funktionalen Abhängigkeiten einzelner Prozessschritte der kritischen Dienstleistung Abwasserbeseitigung aus. Die Prozessschritte Entwässerung, Abwasserbehandlung und Wasserausleitung laufen sequenziell ab und bilden die Hauptwertschöpfungskette. Der Prozessschritt Klärschlammbehandlung geht aus dem Prozessschritt Abwasserbehandlung hervor und stellt einen Parallelprozess zu diesem dar. Dienstleistung Abwasserbeseitigung (DL3) PS1 Entwässerung PS2 Abwasserbehandlung PS3 Wasserausleitung PS4 Klärschlammbehandlung Abbildung 24: Ablauf der Prozessschritte in der Abwasserbeseitigung Quelle: eigene Darstellung Abbildung 25 stellt eine Übersicht aller Prozessschritte, betriebsinternen Prozesse und Anlagen der kritischen Dienstleistung Abwasserbeseitigung dar. 72

72 Kritische Dienstleistungen Abbildung 25: Schematische Darstellung der kritischen Dienstleistung Abwasserbeseitigung Quelle: eigene Darstellung Ausfallszenarien in der Abwasserbeseitigung Der Ausfall der kritischen Dienstleistung Abwasserbeseitigung wirkt sich sowohl auf die angeschlossenen Haushalte und besiedelten Gebiete als auch auf die Gewässer aus, in die Abwässer ausgeleitet werden. Der qualitative Aspekt bezieht sich dabei auf die Anforderung zur Reinigung von Abwasser, bevor es in umlie gende Seen, Flüsse und Kanäle ausgeleitet werden darf. Der quantitative Aspekt dagegen bezieht sich auf den Abtransport (d. h. die notwendigen Leitungskapazitäten) von Abwasser und Fäkalien aus den Haushalten respektive den besiedelten Gebieten (Städte, Gemeinden etc.). Nachfolgend werden Beispielszenarien erläutert, die zum Ausfall der Abwasserbeseitigung führen können: Durch einen langanhaltenden und intensiven Regenfall wird das Kanalisationsnetz so stark belastet, dass es zu einer Überlastung der Regenüberläufe sowie der Regenüberlaufbecken kommt. Verfügt das Hochwasserpumpwerk in hochwassergefährdeten Gebieten nicht über ausreichend Leistung zur Wahrnehmung der Entwässerung oder fällt gar aus, ist mit einer großflächigen Überschwemmung des Einzugsgebietes zu rechnen. In einem Versorgungsgebiet wird die Unterdruckentwässerung eingesetzt. In der zentral betriebenen Unterdruckstation kann aufgrund technischer Probleme im Betrieb der Vakuumpumpe kein Unterdruck zum Abzug der Abwässer aufrechterhalten werden. Der Transport der Abwässer kommt vollständig zum Erliegen. Folgen eines Ausfalls der Abwasserbeseitigung Der Ausfall oder die Störung der kritischen Dienstleistung Abwasserbeseitigung wirkt sich auf das betroffene Versorgungsgebiet und die dort lebenden Menschen aus. Dabei bezieht sich das Ausmaß der Schäden auf die Größe des Versorgungsnetzes bzw. der Kanalisation und die Anzahl der angeschlossenen Kunden. Analog zur Trinkwasserversorgung sind die Auswirkungen eines Ausfalls von den Ausprägungen der drei Einflussfaktoren Zeitpunkt, Dauer und Wirkungskreis abhängig. Je nach Ausprägung der Faktoren entstehen unterschiedliche Folgen, die sich im unglücklichsten Fall zu Extremsituationen zuspitzen können. Nachfolgend werden jedem Szenario eine Annahme zur Ausprägung des jeweiligen Einflussfaktors zu Grunde gelegt und exemplarisch einige Auswirkungen auf die Gesellschaft, die Wirtschaft und den Staat aufgeführt. 73

73 3 Kritische Dienstleistungen Ausfall der Abwasserbeseitigung während einer intensiven Regenphase, Zeitraum unter 24 Stunden, Wirkungskreis deutsches Bundesland, hat erhebliche Auswirkungen auf die Gesellschaft. Sollte die Abwasserbeseitigung, speziell der Prozessschritt Entwässerung (siehe Abschnitt 3.3.1), zu diesem Zeitpunkt ausfallen, würden sich daraus direkte Konsequenzen für die Gesellschaft ergeben. Der Verlust oder die starke Beschädigung von Privateigentum durch Überschwemmungen kann für die Bewohner des betroffenen Gebietes vor allem zu einer psychischen und finanziellen Belastung werden. Darüber hinaus kann durch Überschwemmungen auch verunreinigtes Wasser in das Oberflächen- oder Grundwasser gelangen, was sich negativ auf die Umwelt und die Rohwasserqualität auswirkt. Ausfall der Abwasserbeseitigung (Entwässerung) während einer intensiven Regenphase, Zeitraum mehrere Tage, Wirkungskreis landwirtschaftliches Gebiet, hat erhebliche Konsequenzen für die Agrarwirtschaft. Für die Landwirtschaft bedeutet der Ausfall, dass Felder überwässert und damit Ernten vernichtet werden können. Für Gebiete mit einem hohen und dichten Verkehrsaufkommen wie z. B. dem Ruhrgebiet besteht bei Überschwemmungen die Gefahr, dass dabei beschädigte Straßen und Schienen für eine hohe Anzahl von Menschen unbenutzbar werden. Der Personen- und Gütertransport wäre stark eingeschränkt. Das Umfahren von Überschwemmungsgebieten ist zwar möglich, erfordert jedoch einen zeitlichen und finanziellen Mehraufwand. Ausfall der Abwasserbeseitigung unabhängig vom Zeitpunkt, Zeitraum mehr als 24 Stunden, Wirkungskreis deutsche Großstadt, hat unmittelbare Folgen auf die Gesellschaft und mittelbare Folgen für den Staat. Abwässer und Fäkalien können nicht mehr abtransportiert werden, wodurch eine Verschlechterung der hygienischen Bedingungen eintritt. Ein erhöhter Krankheitsstand der Bürger und somit auch der Bediensteten ist die Folge. Daraus resultiert eine eingeschränkte Funktionalität des Staatsapparates und der Wirtschaftsakteure. Abhängigkeiten von anderen kritischen Dienstleistungen im Sektor Die Abwasserbeseitigung als Teil des Wasserkreislaufes steht in Wechselwirkung mit der Trinkwasserversorgung. Die Abwasserbeseitigung ist aus mindestens zwei Gründen auf die kritische Dienstleistung Trinkwasserversorgung angewiesen. So dient Trinkwasser z. B. als Transportmittel für Feststoffe, die sich im Kanalisationsnetz befinden und ansammeln können. Mit Ausbleiben der Trinkwasserversorgung bzw. dem Zufluss von (Schmutz)Wasser können sich in der Kanalisation Ablagerungen bilden, die unter anderem die Infrastruktur beschädigen oder zu einer erhöhten Bakterienbildung führen können. Eine Kernaufgabe der Abwasserbeseitigung, der Abtransport von Fäkalien aus den Haushalten und innerhalb der Kanalisation, ist bei ausbleibendem Trinkwasser gestört. Ein Transport ist nicht mehr möglich und die Fäkalien bleiben dort, wo sie anfallen. Ein Großteil der Abwässer entsteht durch die Benutzung von Trinkwasser bei den Verbrauchsstellen. Der Umfang der zu behandelnden Abwässer in der Abwasserbeseitigung wird durch die Menge des verbrauchten Trinkwassers mit bestimmt. In dem nachfolgenden Abschnitt wird detailliert auf die Prozessschritte der Abwasserbeseitigung und deren betriebsinterne Prozesse eingegangen. Sie geben einen Einblick in die Abläufe und Abhängigkeiten der kritischen Dienstleistung Abwasserbeseitigung. 74

74 Kritische Dienstleistungen Prozessschritt Entwässerung (PS1) Durch Verbrauch von Wasser oder anderweitig entstehende Abwässer werden über Abwasserrohre in die Kanalisation geleitet. Die Entwässerung fungiert an dieser Stelle vor allem als Bindeglied zwischen dem Wasserverbrauch und der Abwasserbehandlung (siehe Abschnitt 3.3.2). Eine Beeinträchtigung dieses Prozessschrittes kann zu einer Unterbrechung oder Störung der nachgelagerten Prozessschritte führen. Der Prozessschritt Entwässerung wird in zwei kritische betriebsinterne Prozesse unterteilt. Dies ist zum einen der Betrieb des Kanalisationsnetzes als notwendiges Transportmedium von Abwasser und Regenwasser in Wohn- und Industriegebieten; zum anderen die Wasserstandsregulierung, die die Aufgabe hat, die vorgegebenen Pegelmaße von natürlichen und künstlichen Gewässer zu sichern und damit das Umfeld (z. B. besiedelte Gebiete) vor Überschwemmungen zu schützen. Dazu werden je nach Art (Fluss, See, Kanal etc.) unterschiedliche Instrumente zur Regulierung des Wasserstandes eingesetzt. Beispielhaft seien natürli che Hindernisse, künstliche Sperranlagen (Deiche, Betonwerke etc.) oder Schöpf- bzw. Pumpwerke genannt. Prozessschritt Entwässerung (PS1) BP1 Betrieb Kanalisationsnetz BP2 Wasserstandsregulierung Abbildung 26: Prozessschritt Entwässerung der Dienstleistung Abwasserentsorgung Quelle: eigene Abbildung 75

75 3 Kritische Dienstleistungen Betriebsinterner Prozess Betrieb Kanalisationsnetz DL PS BP Betrieb Kanalisationsnetz Zusammenfassung Der betriebsinterne Prozess Betrieb Kanalisationsnetz umfasst den Betrieb des Kanalisationsnetzes, um das Abwasser von den Verbrauchsstellen in die Kläranlagen zu leiten. Abhängigkeit Logistik unwesentlich wesentlich (KRITIS relevant) Es bestehen keine wesentlichen Abhängigkeiten. Risikoelemente (IKT) Kanalisationsnetzsteuerungssystem (z. B. Pumpanlagensteuerung, Rohrnetzsteuerung oder Motorsteuerung) Prozesssystem Sensorsystem Tabelle 24: Betriebsinterner Prozess Betrieb Kanalisationsnetz (DL3 PS1 BP1) Prozessbeschreibung Das Abwasser wird von den Verbrauchsstellen über das Kanalisationsnetz zur Abwasserbehandlung in die Kläranlagen geleitet. Es existieren zwei Systeme zur Aufnahme von Abwässer in das Kanalisationsnetz. Das ist zum einen das Trennsystem und zum anderen das Mischsystem. Nachfolgend wird auf die jeweiligen Eigenschaften beider Systeme eingegangen (siehe Abbildung 27). Abbildung 27: Ableitung von Abwasser Quelle: [Engelhardt 2014] Die Anwendung des Trennsystems entlastet die Abwasserbeseitigungsanlagen, da lediglich das durch die Verbraucher verschmutzte Wasser in die Anlagen transportiert wird. Das Regenwasser wird über getrennte Leitungen in Regenklärbecken oder Regenrückhaltegraben geführt. Auf dem Weg in den Vorfluter können bereits kleine Mengen des Regenwassers versickern oder verdunsten [Sieker 2005]. Der Entlastung der Kläranlagen steht der fehlende Spüleffekt durch Regenwasser in gemeinsamen Rohren (Mischsystem) entgegen. 76

76 Kritische Dienstleistungen Aus diesem Grund werden beim Trennsystem die Kanalisationsnetze regelmäßig einem Spülprozess unterzogen. Die Spülung der Rohre unterstützt den ordnungsgemäßen Abtransport von Ablagerungen, Rückständen sowie Abfällen und beugt möglichen Korrosionen vor. Bei der Spülung des Kanalisationsnetzes kommen vor allem mobile Spülfahrzeuge zum Einsatz, die mit Hochdruckreinigern ausgestattet sind [Mutsch. 2011]. Beim Mischsystem wird der Betrieb des Kanalisationsnetzes und der Anschluss von Endverbrauchern erleichtert, da nur ein Rohrsystem verbaut werden muss und Schmutz- sowie Regenwasser gemeinsam transportiert werden. Das Regenwasser spült und reinigt zugleich die Kanalisationsrohre, was das Auftreten von Korrosionen, Ablagerungen und Bakterien verringert. Um die Abwässer zu reinigen und in der geforderten Qualität auszuleiten, müssen die Kapazitäten der Kläranlagen beim Einsatz des Mischsystems deutlich größer ausgelegt sein. Eingesetzte Anlagen zur Mischwasserentlastung sind bspw. Speicherbecken und -kanäle. In Abhängigkeit von topographischen Gegebenheiten erfolgt der Abwassertransport entweder durch ein natürliches Gefälle oder unter Zuhilfenahme von Druck- oder Unterdruckentwässerungsanlagen [Resch 2010]. Bei der Druckentwässerung kommt in der Regel das Trennsystem zum Einsatz, bei dem die häuslichen Abwässer über Abwasserpumpen und Sammelschächte in der Sammelleitung auflaufen und dann weiter über den öffentlichen Abwasserkanal oder eine zentrale Sammelpumpstation zur Kläranlage gefördert werden. Die Unterdruckentwässerung kommt oftmals da zum Einsatz, wo kein oder nur ein sehr flaches Gefälle vorliegt. Die Abwässer gelangen über Unterdruckleitungen in den Unterdruckbehälter (Sammelstelle) in einer zentral betriebenen Unterdruckstation. Der Unterdruck wird mit Hilfe einer Vakuumpumpe im Unterdruckbehälter erzeugt. Aus dem Unterdruck behälter fördert eine Abwasserpumpe die gesammelten Abwässer zu einer Kläranlage [Resch 2010]. Ein Ausfall des Kanalisationsnetzes z. B. durch Zerstörung einer Pumpe oder von Abwasserrohren hätte zur Folge, dass Klärwerke keine Abwässer erhalten. Darüber hinaus werden die Abwässer und darin enthaltenden Abfälle (Fäkalien) nicht mehr aus der Stadt abtransportiert, was zu Problemen (Geruchsentwicklung, Überlauf der Gullis, Rücklauf der Abwässer in die Haushalte etc.) führen kann. Der nachgelagerte Prozessschritt Abwasserbehandlung (siehe Abschnitt 3.3.2) wird beeinträchtigt. Im Falle eines Rohrbruchs ist die schwerwiegendste Folge, dass unbehandelte Abwässer in das Ökosystem gelangen. Der Ausfall von Pumpanlagen kann zu einem mangelhaften oder ausbleibenden Abtransport der Abwässer führen, was eine Überlastung der Kanalisation und mögliche Überschwemmungen der umliegenden Region bedeutet. 77

77 3 Kritische Dienstleistungen Betriebsinterner Prozess Wasserstandsregulierung DL PS BP Zusammenfassung Abhängigkeit Logistik Risikoelemente (IKT) Wasserstandsregulierung Der betriebsinterne Prozess Entwässerung betrachtet die Regulierung des Wasserstandes im Kanalisationsnetz, die zur Steuerung und Einhaltung der Kapazitätsgrenzen des Netzes notwendig ist. unwesentlich wesentlich (KRITIS relevant) Es bestehen keine wesentlichen Abhängigkeiten. Kanalisationsnetzsteuerungssystem (z. B. Pumpanlagensteuerung, Rohrnetzsteuerung oder Motorsteuerung) Prozessleitsystem Sensorsystem Tabelle 25: Betriebsinterner Prozess Wasserstandsregulierung (DL3 PS1 BP2) Prozessbeschreibung Unter besonderen Umständen können die Kapazitätsgrenzen des Kanalisationsnetzes überschritten werden. Dies kann z. B. bei sehr starken oder langanhaltenden Regenfällen der Fall sein. Bei der Betrachtung der Wasserstandsregulierung ist zwischen den Mischwasser- und Trennwassersystemen zu unterscheiden. Bei dem Mischwasserverfahren wird sowohl Schmutz- als auch Regenwasser durch ein gemeinsames Kanalisationsrohr in die Kläranlage geleitet. Beim Trennverfahren werden Schmutz- und Regenwasser in zwei verschiedenen Kanalisationsrohren abgeleitet, was eine getrennte Behandlung ermöglicht und somit die Kläranlagen entlastet. Da bei Mischwassersystemen die betroffenen Gebiete nicht nur mit Regenwasser, sondern auch mit Schmutzwasser überschwemmt werden, ist die Wasserstandsregulierung bei Einsatz dieses Systems besonders wichtig. Um Überschwemmungen zu vermeiden, ist die Regulierung des Wasserstandes durch Regen überläufe, Regenüberlaufbecken, Regenrückhaltebecken und Hochwasserpumpwerke notwendig. Ist eine Speicherung aufgrund überlasteter Kapazitäten nicht möglich, werden die Wassermengen ungefiltert in umliegende Seen, Flüsse, Kanäle und Bäche abgeleitet. Die Mischwassermengen (Entlastungsmengen), die ungereinigt in die Gewässer zurückgeleitet worden sind, werden soweit möglich protokolliert und in den Jahresberichten der Abwasserbeseitigungsunternehmen aufgeführt. Dies wird mit Hilfe von Durchlaufzählern/-sensoren realisiert [Resch 2010]. Bei Trennsystemen wird das gesammelte Regenwasser durch Versickerungsverfahren in das Grundwasser zurückgeführt. Sollte das Niederschlagswasser stark verschmutzt sein, sind die im Wasser befindlichen Fest stoffe vor der Versickerung zu entfernen. Hierbei können Rechen und Siebe oder Absetz- und Regenklärbecken zum Einsatz kommen. Um bei der Versickerung Überschwemmungen zu vermeiden, muss die Versickerung des Niederschlagswassers kontrolliert erfolgen [Resch 2010]. Eine Störung oder ein Ausfall der Wasserstandsregulierung hätte Überschwemmungen oder Überlastun gen von Kläranlagen zur Folge. Der nachgelagerte Prozessschritt Abwasserbehandlung kann nicht wie notwendig durchgeführt werden, was in der Wasserausleitung im schlimmsten Fall zu einer direkten Ausleitung der nicht gereinigten Abwässer führt. Ein Ausfall der Wasserstandsregulierung würde letztlich zu Überschwemmungen führen und das Ökosystem dadurch belasten, dass Abwässer unbehandelt ausgeleitet werden. 78

78 Kritische Dienstleistungen Prozessschritt Abwasserbehandlung (PS2) Dem Transport der Abwässer in die Kläranlagen folgt die Abwasserbehandlung. Im Prozessschritt Abwasserbehandlung wird das verunreinigte Abwasser mit Hilfe verschiedener Verfahren so gereinigt, dass es gemäß der gesetzlichen Regelungen (siehe Abschnitt ) in das Grundwasser oder die öffentlichen Gewässer zurückgeführt werden kann Betriebsinterner Prozess Betrieb Behandlungsanlagen DL PS BP Zusammenfassung Abhängigkeit Logistik Risikoelemente (IKT) Betrieb Behandlungsanlagen Der betriebsinterne Prozess Betrieb Behandlungsanlagen dient der Reinigung der zugeleiteten Abwässer. Gemäß der gesetzlichen Vorgaben werden diese so gereinigt, dass die Umwelt bei der Rückleitung in die Gewässer keinen Schaden erleidet. Darüber hinaus wird durch eine hohe Gewässergüte auch die Trinkwasseraufbereitung erleichtert. unwesentlich wesentlich (KRITIS relevant) Es bestehen keine wesentlichen Abhängigkeiten. Klärwerkssteuerungssystem (z. B. Klärbeckensteuerung) Prozessleitsystem Sensorsystem Tabelle 26: Betriebsinterner Prozess Betrieb Behandlungsanlagen (DL3 PS2 BP1) Prozessbeschreibung Die Behandlung des Abwassers dient der Entziehung von Schmutz- und Schadstoffen, die die Umwelt belasten und die Trinkwassergewinnung bzw. -aufbereitung erschweren würden. Wie in Abschnitt und beschrieben, werden verschiedene Verfahren (biologisch, chemisch, mechanisch) zur Behandlung der Abwässer eingesetzt. Die anwendbaren Verfahren zur Abwasserbehandlung gleichen hierbei denen der Trinkwasseraufbereitung. Auf die Besonderheiten gegenüber der Trinkwas seraufbereitung wird nachfolgend eingegangen. Ein wesentlicher Unterschied liegt vor allem in der Intensi tät der Anwendung der Verfahren, da Abwässer in der Regel stärker belastet sind als das gewonnene Rohwasser. Zudem werden in der Abwasserbehandlung Verfahren eingesetzt, die in der Trinkwasseraufbereitung häufig nicht benötigt werden, wie z. B. Methoden zur Phosphateliminierung. 79

79 3 Kritische Dienstleistungen Abbildung 28: Mechanische Reinigung von Wasser Quelle: [Engelhardt 2014] Ähnlich der Aufbereitung von Trinkwasser beginnt der betriebsinterne Prozess zunächst mit der mechanischen Reinigung (siehe Abbildung 28), um die groben Verunreinigungen aus den Abwässern zu entfernen. Dieser Verfahrensschritt ist zum reibungslosen Betrieb und zum Schutz der eingesetzten Anlagen essentiell. Hierzu werden meist Rechen, Siebe und Sandfänge eingesetzt. Sind die Abwässer von den groben Verunreinigungen befreit worden, gelangen sie in das Vorklärbecken. Durch dieses fließen die Abwässer in einer lang samen Fließgeschwindigkeit, wodurch sich die Feststoffe auf dem Beckengrund absetzen. Dieses Verfahren wird als Sedimentation oder Vorklärung bezeichnet. Vom Bodengrund werden die Feststoffe mit Hilfe eines Räumers in die Sammelrinne des Vorklärbeckens geschoben. Von dort aus können sie mit Hilfe einer Pumpe abtransportiert werden.im Anschluss erfolgt die biologisch-chemische Reinigung. Hierzu wird ein Belebtschlammverfahren durchgeführt. Dieses enthält die Verfahren Nitrifikation, Denitrifikation und Phosphateliminierung. Bei der vorgeschalteten Denitrifikation (siehe Abbildung 29) wird das vorgeklärte Abwasser, was noch reich an Ammoniumverbindungen ist, durch die Denitrifikation in den Verfahrensschritt Nitrifikation geleitet. Bei der Durchleitung durch die Denitrifikationsstufe werden die organischen Inhaltsstoffe des Abwassers bereits biologisch abgebaut. Dadurch wird im nächsten Schritt, bei der Nitrifikation, weniger zusätzlicher Sauerstoff benötigt. Der Prozess kann somit effizienter und unter Einsparung von Energie ablaufen. Bei der Nitrifikation werden die Ammoniumverbindungen unter Zugabe von Sauerstoff zu Nitrat umgewandelt (aerober Vorgang). Denn durch den Sauerstoff im Wasser finden Mikroorganismen einen optimalen Lebensraum vor, der die Mikroorganismen dazu anregt die Ammoniumverbindungen aufzulösen [W-W o.j.]. Das entstandene Nitrat wird durch die Rezirkulation der Abwässer und die Rückführung des Belebtschlamms der Denitrifikation zurückgeführt. Die im Belebtschlamm befindlichen Mikroorganismen benötigen Sauerstoff zum Überleben. Da der Sauerstoff nur in gebundener Form als Nitrat (NO³-N) vorliegt, wird das Nitrat anstelle des Sauerstoffs als Elektronenakzeptor benutzt und veratmet (Nitratatmung). Dieser Vorgang findet anaerob, also ohne Sauerstoff, statt und wird als Denitrifikation bezeichnet [W-W o.j.]. Um die Mikroorganismen (Phosphat), die sich im Belebtschlamm befinden, zu entfernen, wird das Wasser in das Nachklärbecken geleitet. Vor der Einleitung in das Nachklärbecken wird ein Fällungsmittel, zur Unterstützung der Phosphateliminierung (Phosphatfällung), beigefügt. Hierzu kommen in der Regel Eisensalze oder Aluminiumsalze zum Einsatz. Diese bewirken die Zusammenführung feinster im Wasser befindlicher 80

80 Kritische Dienstleistungen Substanzen zu Flocken. Dies unterstützt den Prozess der Sedimentierung, der im Nachklärbecken stattfindet. Nach der Sedimentation wird der Belebtschlamm durch eine Absaugvorrichtung entfernt [W-W o.j.]. Da die Umsetzung nur eines der oben beschriebenen Verfahren nicht ausreicht, um die gesetzlichen Anforderungen zu erfüllen, bedarf es der Anwendung mehrerer Verfahren. Diese laufen in einem Klärwerk sequenziell ab. Daher kann der Ausfall eines Verfahrens den kompletten Behandlungsprozess zum Erliegen bringen. So ist es z. B. denkbar, dass bereits zu Beginn des Reinigungsprozesses die Rechung oder Siebung nicht ordnungsgemäß funktioniert. Dadurch können die Maschinen der nachgelagerten Reinigungsschritte Schaden nehmen und zum Ausfall der Anlage führen. Das behandelte Abwasser könnte dem Wasserkreislauf dann nicht oder nicht in der geforderten Qualität zurückgeführt werden. Abbildung 29: Biologisch/chemische Reinigungsstufe Quelle: [Engelhardt 2014] 81

81 3 Kritische Dienstleistungen Prozessschritt Wasserausleitung (PS3) Die Ausleitung des gereinigten Wassers ist ein wesentlicher Vorgang. Um die Kapazitäten für die Reinigung neuer Abwässer zu schaffen, müssen die gereinigten Abwässer ausgeleitet werden. Die behandelten Abwäs ser werden während der Wasserausleitung dem Vorfluter oder der Versickerungsanlage zugeführt Betriebsinterner Prozess Betrieb Ausleitungsanlagen DL PS BP Zusammenfassung Abhängigkeit Logistik Risikoelemente (IKT) Betrieb Ausleitungsanlagen Der betriebsinterne Prozess Betrieb Ausleitungsanlagen umfasst den Betrieb von Anlagen, die die behandelten Abwässer ausleiten. unwesentlich wesentlich (KRITIS relevant) Es bestehen keine wesentlichen Abhängigkeiten. Wasserleitungssteuerungssystem Pumpanlagensteuerungssystem Prozessleitsystem Sensorsystem Tabelle 27: Betriebsinterner Prozess Betrieb Ausleitungsanlagen (DL3 PS3 BP1) Prozessbeschreibung Die in der Kläranlage behandelten Abwässer werden durch Rohrsysteme zum Vorfluter oder zur Versickerungsanlage geleitet. Als Vorfluter werden Seen, Meere, Flüsse, Kanäle und Bäche bezeichnet, in die das gereinigte Abwasser eingeleitet wird. Abhängig von der topographischen Lage wird entweder ein Gefälle oder eine Druck- oder Vakuumpumpe zur Ausleitung des Wassers benötigt [Resch 2010]. Die gereinigten Abwässer können auch in das Grundwasser zurückgeführt werden. Statt das Wasser in den Vorfluter zu leiten, werden sie in eine Versickerungsanlage abgegeben [Resch 2010]. Wird die ordnungsgemäße Wasserausleitung unterbrochen, läuft das gereinigte Wasser in den Wasserspeichern auf bis es zum Überlauf kommt. In den vorgelagerten betriebsinternen Prozessen kann es zu einer Stauung der zu reinigenden Abwässer kommen, da die Kläranlagen dies nicht mehr aufnehmen können. 82

82 Kritische Dienstleistungen Prozessschritt Klärschlammbehandlung (PS4) Die Klärschlammbehandlung hat keinen direkten Einfluss auf die Verfügbarkeit der kritischen Dienstleistung Abwasserbeseitigung. Sie wird an dieser Stelle jedoch der Vollständigkeit halber erwähnt und kurz erläutert. Eine tiefer gehende Betrachtung durch Aufteilung des Prozessschrittes in betriebsinterne Prozesse wird nicht vorgenommen. Klärschlamm ist ein Nebenprodukt der Abwasserbehandlung. Als Schlammbehandlung bezeichnet man alle Verfahren, mit denen die Verwertbarkeit oder die Transport- und Lagerfähigkeit des Klärschlamms verbessert werden. Eine Reduzierung der organischen Substanzen (Stabilisierung) ermöglicht, dass der Klärschlamm ohne oder mit geringer Geruchsbelastung gelagert und transportiert werden kann. Für die Stabili sierung werden im Wesentlichen aerobe und anaerobe Verfahren eingesetzt. Bei der anaeroben Stabilisie rung (Faulung) ist vorab eine Voreindickung erforderlich, um die große Masse durch Wasserentzug des Rohschlammes zu reduzieren und den Faulungsprozess zu unterstützen. Der Klärschlamm als natürliches Nebenprodukt der Abwasserbehandlung kann neben der Nutzung zu Düngezwecken (vor allem zur Phosphatdüngung) in der Landwirtschaft auch zur Gewinnung von Wärme und Strom genutzt werden. Aus der Verwertung (Fäulnis- und Klärprozesse) des Klärschlamms werden Klärgase gewonnen. Die Klärgase werden verbrannt (thermische Verwertung) und als Wärmelieferant oder in Blockheizkraftwerken zur Erzeugung von Strom genutzt. Die alternative Stromversorgung mindert die Abhängigkeit von öffentlichen Stromversorgern. Eine vollständige Eigenversorgung ist aufgrund der schwankenden Klärschlammmenge (abhängig von der Menge der zu behandelten Abwässer) und der damit fehlenden kontinuierlichen Stromerzeugung nicht möglich. In Deutschland sind rund Kläranlagen in der Lage, Faulschlamm zu Biogasen zu verarbeiten. Von diesen Kläranlagen verfügen ca. 63 Prozent über ein Blockheizkraftwerk, in dem die Biogase zu Strom umgewandelt werden. Der erzeugte Strom wird in Notfällen wie dem Ausfall externer Stromversorger und zur Senkung der Stromkosten in den Klärwerken genutzt. Die nicht verbrauchten und überbleibenden Feststoffe des Klärschlamms werden verdickt und kompostiert [TAB 2011]. 83

83 4 Vorfallsammlung 4 Vorfallsammlung Die Sektoren Ernährung und Wasser erfahren eine steigende Zahl von Sicherheitsvorfällen im Bereich IT. In diesem Kapitel wird eine Auswahl von in der Vergangenheit aufgetretenen Vorfälle, die durch IT-Versagen oder IT-Angriffe hervorgerufen wurden, aufgeführt. Dabei handelt es sich sowohl um nationale als auch internationale Vorfälle. Um der Tatsache Rechnung zu tragen, dass eine trennscharfe Kategorisierung der Eigenschaften der gesammelten Vorfälle nicht immer möglich ist, werden die Vorfälle jeweils konsolidiert in einer Tabelle dargelegt. Jeder Vorfall wird mit einem individuellen Titel bezeichnet und mit einer Identifikationsnummer (ID) versehen. Anhand dieser ist eine Zuordnung der einzelnen Attribute zu einem bestimmten Vorfall möglich. Zu den gesammelten Vorfällen liegt, sofern dies konkret möglich ist, eine Zuordnung zu der jeweiligen vom Vorfall betroffenen Kritische Dienstleistung (DL) aus dem Sektor, dem jeweiligen Prozessschritt der kritischen Dienstleistung (PS) und dem jeweiligen betriebsinternen Prozess der kritischen Dienstleistung (BP) vor. Die Auswirkungen auf die betroffene kritische Dienstleistung besitzen je nach Sicherheitsvorfall einen individuellen Schweregrad. Zur Einschätzung der Schwere eines Sicherheitsvorfalls werden die ermittelten Sicherheitsvorfälle mithilfe der drei Klassen hohe Auswirkungen, mittlere Auswirkungen und geringe Auswirkungen bewertet. Die Definition der Klassen ist dabei wie folgt: Hohe Auswirkungen Ein Vorfall, bei dem offiziellen Angaben zufolge ein großer Schaden oder Ausfall der Dienstleistungen eingetreten ist. Mittlere Auswirkungen Ein Vorfall, bei dem offiziellen Angaben zufolge kein schwerwiegender Schaden eingetreten ist, der jedoch zu einem Schaden mit hohen Auswirkungen hätte führen können. Geringe Auswirkungen Ein Vorfall, bei dem offiziellen Angaben zufolge kein oder geringer Schaden eingetreten ist. Bei den gesammelten Vorfällen sind in vielen Fällen auch konkrete Anlagen bzw. IKT-Risikoelemente im Zusammenhang mit dem betriebsinternen Prozess der kritischen Dienstleistung betroffen. Diese werden benannt, sofern eine solche Zuordnung möglich ist. Sofern eine Reaktion (technisch oder nicht-technisch) der betroffenen Betreiber bekannt ist, wird diese ebenfalls mit aufgeführt. Einige Vorfälle führten zu Reaktionen (technisch oder nicht-technisch) innerhalb des betroffenen Sektors bzw. der Branche. Diese werden, soweit identifiziert, dargestellt. Zum Teil konnten auch Reaktionen von beteiligten Behörden aufgeführt werden. Diese beziehen sich auf organisatorische oder regulatorische Maßnahmen, beispielsweise in Form der Herausgabe von Handlungsempfehlungen oder gar Gesetzen und Verordnungen. 84

84 Vorfallsammlung Nachfolgend ist die Struktur der Vorfallsbeschreibungen zusammenfassend erläutert. Hieraus geht die konkrete Zuordnung der vorgenannten Eigenschaften der Vorfälle zu den Feldern in den Tabellen hervor. Die Beschreibung der Vorfälle erfolgt anhand öffentlich zugänglicher Daten und Informationen. Unterschiede hinsichtlich des Detailgrades sind hierauf zurückzuführen. Das Vorfallsdatum ( Aktualität ) variiert daher ebenfalls je nach Datenverfügbarkeit. Zellentitel Inhalt ID Identifikationsnummer des Vorfalls Titel des Vorfalls Titel des Vorfalls DL Gegebenenfalls Nummer der betroffenen kritischen Dienstleistung aus dem Sektor PS Gegebenenfalls Nummer des betroffenen Prozessschritts der betroffenen kritischen Dienstleistung BP Gegebenenfalls Nummer des betroffenen betriebsinternen Prozesses der betroffenen kritischen Dienstleistung Aktualität Datierung der Quelle des Vorfalls Herkunft Nationaler oder internationaler Ursprung des Vorfalls Grad der Auswirkung auf die kritische DL Kategorisierung der Auswirkungen des Vorfalls auf die Verfügbarkeit der kritischen Dienstleistung des Betreibers anhand der Kategorien hohe Auswirkung, mittlere Auswirkung und niedrige Auswirkung Anlagen Gegebenenfalls Abbildung der betroffenen Anlagen der Prozessschritte der kritischen Dienstleistung Risikoelemente Gegebenenfalls Darlegung der betroffenen Risikoelemente des betroffenen betriebsinternen Prozess der Prozessschritte Vorfallkurzbeschreibung Kurze Darstellung des Hergangs und Kontextes des beschriebenen Vorfalls Einfluss auf Dienstleistung Darstellung des Einflusses des Vorfalls auf die betroffene kritische Dienstleistung Reaktion Betreiber Darstellung der Reaktionen des Betreibers auf den konkreten Sachverhalt des Vorfalls Reaktion beteiligte Behörde Darstellung der Reaktionen von Behörden bzw. Institutionen aufgrund des konkreten Sachverhalts des Vorfalls Auswirkungen Sektor/Branche Darstellung der Auswirkungen auf den Sektor bzw. die Branche des Betreibers aufgrund des konkreten Sachverhalts des Vorfalls Quellen Angabe der Quelle(n) des Vorfalls und Datum des Quellenabrufs Tabelle 28: Überblick der Eigenschaften der gesammelten Vorfälle 85

85 4 Vorfallsammlung 4.1 Nationale Vorfälle Nachfolgend werden Sicherheitsvorfälle, die in Deutschland aufgetreten sind, aufgeführt. ID 01 Hackerangriff auf Stadtwerke Lübeck DL 2, 3 Aktualität Juni 2014 PS - Herkunft National BP - Grad der Auswirkung auf die kritische DL Mittlere Auswirkung Betroffene Anlagen - Betroffene Risikoelemente - Vorfallkurzbeschreibung Hackern ist es gelungen, sich Zugriff auf einen Webserver der Stadtwerke Lübeck zu verschaffen, der die Webseite des Unternehmens sowie das Online-Servicecenter zur Verfügung stellt. Der Server sollte mutmaßlich für den Versand von Spam- s missbraucht werden. Einfluss auf Dienstleistung Die Versorgungsdienstleistung war nicht unmittelbar beeinträchtigt. Ein Übergriff von den Systemen der Office-IT auf die Systeme zur Steuerung der Anlagen (Prozess-IT) war nicht ohne Weiteres möglich. Die Form des Angriffs zielte nicht auf die Beeinträchtigung von Systemen, sondern auf die Nutzung der Systeme als Hub für den Vertrieb von Spam- s ab. Reaktion Betreiber Der Betreiber nahm die Trennung der Server vom Netz vor, um die ausgenutzte Sicherheitslücke zu schließen. Reaktion beteiligte Behörde Auswirkungen Sektor/Branche Quellen 86 ( ) ( )

86 Vorfallsammlung ID 02 Störfall im Wasserwerk Eichenkamp des Stadtbetriebs Bornheim DL 2, 3 Aktualität April 2013 PS - Herkunft National BP - Grad der Auswirkung auf die kritische DL Geringe Auswirkung Betroffene Anlagen - Aufbereitungsanlagen - Wasserspeicher Betroffene Risikoelemente Vorfallkurzbeschreibung Aufgrund einer Fehldosierung befand sich eine erhebliche Menge konzentrierter Natronlauge im Trinkwasser, das über das Versorgungsnetz an die Haushalte abgegeben wurde. Durch eine Verstopfung in der Dosieranlage kam es zu einem Rücklauf konzentrierter Natronlauge in den Weichwasserbehälter, der entkalktes Wasser zur Verdünnung der Natronlauge bereitstellt. Da der Messwert Maximum ph erst zeitverzögert an die interne Steuerung gemeldet wurde, hatte das erste kontaminierte Wasser bereits die Endverbraucher erreicht. Nach Detektion der erhöhten Konzentration erfolgte keine Mitteilung an das Wachpersonal, weswegen das Betriebspersonal erst nach Eingang der ersten Beschwerden der Bevölkerung von dem Störfall erfuhr. Einfluss auf Dienstleistung Durch die fehlerhafte Dosierung der konzentrierten Natronlauge kam es zwischen 14:00 Uhr und 19:30 Uhr (4,5 h) zu einer Kontamination des Trinkwassers, das an die Endverbraucher des Versorgungsgebietes verteilt wurde. Die Störung hat demnach nicht zu einem Ausfall der Trinkwasserversorgung selbst geführt, vielmehr eine starke Beeinträchtigung der Dienstleistung im Sinne der Verletzung der vorgeschriebenen Trinkwasserqualität hervorgerufen. Wie viele Konsumenten das Wasser zu sich genommen haben und inwieweit dadurch direkte gesundheitliche Schäden entstanden sind, ist nicht bekannt. Erste Meldungen seitens Konsumenten sind kurz nach Verteilung des kontaminierten Trinkwassers in der Meldestelle des Betreibers eingegangen. Reaktion Betreiber Nach Detektion der Kontamination wurde die Dosieranlage umgehend abgeschaltet, um der Überdosierung mit Natronlauge entgegenzuwirken. Reaktion beteiligte Behörde Auswirkungen Sektor/Branche Quellen toerfall_sbb_bornheim-stand_ pdf ( ) 87

87 4 Vorfallsammlung 4.2 Internationale Vorfälle Nachfolgend werden Sicherheitsvorfälle, die außerhalb Deutschlands aufgetreten sind, aufgeführt. ID 03 Cyberangriff auf Wasserversorgung von Haifa DL 2 Aktualität Mai 2013 PS - Herkunft International BP - Grad der Auswirkung auf die kritische DL Mittlere Auswirkung Betroffene Anlagen unklar Betroffene Risikoelemente unklar Vorfallkurzbeschreibung Die Wasserversorgung der Stadt Haifa wurde von einer syrischen Hackergruppe angegriffen. Der Angriff wurde scheinbar als Vergeltung für Luftangriffe in Syrien durchgeführt. Einfluss auf Dienstleistung Nach offiziellen Angaben gab es keinen Einfluss auf die Wasserversorgung. Die Angreifer behaupten, in mehrere Server eingedrungen zu sein und sensible Daten entwendet zu haben. Falls dies zutrifft, sind weitere Angriffe auf Basis detaillierter Informationen möglich. Reaktion Betreiber Reaktion beteiligte Behörde Auswirkungen Sektor/Branche Quellen 88 ackieren-wasserversorgung_aid_ html ( ) ( )

88 Vorfallsammlung ID 04 Defekt der Pumpenanlage führte zu Wasserausfall DL 2 Aktualität November 2011 PS - Herkunft International BP - Grad der Auswirkung auf die kritische DL Hohe Auswirkung Betroffene Anlagen Förderanlage Betroffene Risikoelemente Leitsysteme Vorfallkurzbeschreibung Das Supervisory Control and Data Acquisition System (SCADA) des Wasserversorgers in Illinois (USA) wurde nach Aussage von Joe Weiss, eines Managing Partners des Sicherheitsunternehmens Applied Control Solutions, gehackt. Über den Angriff wurde eine Pumpe in zeitlich kurzen Rhythmen angeschaltet sowie ausgeschaltet und überhitzte infolgedessen. Das Department of Homeland Security bestritt kurz darauf dessen Aussage und ordnete weitere Untersuchungen an. Nach inoffiziellen Berichten haben diese Untersuchungen ergeben, dass es sich um einen normalen Defekt der Pumpanlage gehandelt hat. Einfluss auf Dienstleistung Unabhängig davon, ob der Ausfall der Anlage durch einen normalen Defekt oder durch die Manipulation des SCADA-Systems hervorgerufen wurde, führte der Ausfall der Pumpanlage zur Unterbrechung der Wasserversorgung in dem Versorgungsgebiet. Es waren mehrere tausend Personen betroffen. Reaktion Betreiber Es sind keine konkreten Informationen verfügbar. Das FBI und beteiligte Stellen wurden zur Aufklärung und zur Analyse des Vorfalls hinzugezogen. Reaktion beteiligte Behörde Das FBI hat den Vorfall mit untersucht. Auswirkungen Sektor/Branche Quellen 89

89 4 Vorfallsammlung ID 05 Kontrollsysteme von Versorgungsunternehmen gehackt DL 2, 3 Aktualität Mai 2014 PS - Herkunft International BP - Grad der Auswirkung auf die kritische DL Mittlere Auswirkung Betroffene Anlagen unklar Betroffene Risikoelemente unklar Vorfallkurzbeschreibung Die Kontrollsysteme eines Versorgungsunternehmens in den USA wurden durch Hacker angegriffen. Der Zugriff erfolgte über ein an das Internet angebundene System, das Technikern einen Fernwartungszugang ermöglichen sollte. Das System war nur durch eine Passworteingabe geschützt, was die Angreifer ausnutzten, um sich mittels Brute-Force Angriff Zugang zu verschaffen. Um welches Unternehmen es sich handelte, wurde nicht veröffentlicht. Einfluss auf Dienstleistung Laut Aussagen des Department of Homeland Security konnte der Angriff bemerkt werden, bevor Schaden angerichtet wurde. Die Versorgungsdienstleistung war nicht beeinträchtigt. Reaktion Betreiber Der Betreiber ergriff Schritte durch Unterstützung des ICS-CERT, um Schaden oder Beeinträchtigungen der Systeme vorzubeugen. Reaktion beteiligte Behörde Auswirkungen Sektor/Branche Quellen 90 D ( )

90 Vorfallsammlung ID 06 Simulierte Wasserpumpstation zieht Hacker an DL 2, 3 Aktualität Juni 2014 PS 1 Herkunft International BP 1 Grad der Auswirkung auf die kritische DL Geringe Auswirkung Betroffene Anlagen Förderanlage Wasserwerk Betroffene Risikoelemente Leitsysteme Vorfallkurzbeschreibung Ein IT-Experte aus den USA hat mittels gekaufter Steuerungsanlagen eine Wasserpumpstation nachgebaut, um diese als Honeypot mit dem Internet zu verbinden und Angriffe von Hackern zu provozieren und zu untersuchen. Der Aufbau wirkte für mögliche Angreifer wie ein SCADA-System einer Wasserpumpstation in einer Kleinstadt der USA. Ergebnis des Versuchs: Über wenige Monate hinweg wurden zahlreiche automatisierte und ungezielte Angriffe registriert, aber auch 74 gezielte Angriffe, bei denen umfangreiches Fachwissen notwendig war. Die Angreifer nahmen bei ihren Angriffen bewusst auch Ausfälle der Systeme in Kauf. Einfluss auf Dienstleistung Es handelt sich um ein Test-Szenario. Die Komponenten im Test werden so und auch in ähnlicher Form auch real bei Betreibern eingesetzt. Im Test-Szenario wurden die Systeme teils so sabotiert, dass die Steuerung der Anlagen fehlgeleitet war (in der Quelle ist von Wasserverschmutzung und -überhitzung sowie Überlastung der Steuerungs-Hardware die Rede). Es ist davon auszugehen, dass derartige Angriffe und Auswirkungen ein Risiko für Anlagen und Systeme der realen Betreiber darstellt. Die Wasserversorgung kann in einem solchen Fall beeinträchtigt werden. Reaktion Betreiber Reaktion beteiligte Behörde Auswirkungen Sektor/Branche Quellen (2013) he-scada-that-didnt-cry-wolf.pdf (2013) 91

91 5 Cyber-Sicherheit 5 Cyber-Sicherheit Das Kapitel Cyber-Sicherheit beschreibt die sektor- und marktüblichen Maßnahmen zur IT- und Informationssicherheit in den Sektoren Ernährung und Wasser in Deutschland. Diese beziehen sich auf den derzeit umgesetzten Stand der Technik. Die Erläuterung der IKT-Sicherheit in den Sektoren Ernährung und Wasser, die in Abschnitt 5.1 CyberSicherheit im Sektor stattfindet, umfasst die Betrachtung vorhandener Standards. Diese erfolgt anhand einer Beschreibung und Kategorisierung der Standards. Zudem beschreibt der Abschnitt aktuelle Trends hinsichtlich der Prävention von Sicherheitsvorfällen, Trends zur Erkennung von Sicherheitsvorfällen und Trends zur verbesserten Reaktion auf Risiken und Sicherheitsvorfälle. Der darauffolgende Abschnitt 5.2 Gesetzliche Anforderungen betrachtet die Anforderungen an die IT-Sicherheit hinsichtlich Normen, Gesetzen und weiteren spezifischen Regularien. Abschnitt 5.3 Umsetzungsgrad der Cyber-Sicherheit enthält eine Darstellung der Anwendung von Standards und Best Practices, aufgeteilt nach kritischen Dienstleistungen. Dabei werden Prozesse zur Identifikation, Analyse und Behandlung von Risiken beschrieben. Ferner behandelt der Abschnitt die aktuellen Trends und Entwicklungen bezüglich Reaktionsfähigkeit, Sensibilisierung und Verfolgung einer Cyber-Sicherheitsstrategie. Dies berücksichtigt auch die daraus resultierenden bzw. aktuellen Probleme. Die Darstellung erfolgt unter anderem anhand der Auswertung der Betreiberbefragungen. Im Sektor Wasser wurden Gespräche mit den größten Verbänden der Wasserwirtschaft, Betreibern in Großstädten und Flächenversorgern verschiedener Größe geführt. In Anlehnung an die vom BDEW gewählten Größenklassen von Betreibern der Wasser- und Abwasserbranche werden folgende Unterscheidungen getroffen, die in der Ergebnisaufbereitung zur Einordnung der Zustände genutzt werden. Größenklasse Kennzahl Groß (Stufe 1) über Einwohner Mittel (Stufe 2) bis Einwohner Klein (Stufe 3) bis Einwohner Tabelle 29: Größenklassen der Betreiber im Sektor Wasser Der BDEW unterscheidet zusätzlich in eine vierte Größenklasse, die alle Betreiber beinhaltet, die bis Einwohner versorgen. Auf Grund der geringen Kritikalität einzelner Betreiber und somit deren geringer Relevanz im KRITIS-Kontext, wurden keine Vertreter von Betreibern dieser Klasse befragt. Im Sektor Wasser wurden Betreiber aus jeder der drei genannten Stufen identifiziert und befragt. Um die Repräsentativität der erlangten Ergebnisse und Aussagen gewährleisten zu können, wurden pro Größenklasse mindestens zwei Betreiber befragt. Darüber hinaus wurden in zwei zusätzlichen Terminen Vertreter eines Branchenverbands und eines -vereins zu Themenstellungen der Cyber-Sicherheit befragt. Das Ziel, drei bis vier der wichtigsten Betreiber jeder Branche im Sektor Ernährung zu befragen, wurde leider nicht erreicht. Den über 30 Gesprächsanfragen wurde in den meisten Fällen eine Absage erteilt. Viele Absagen erfolgten aus Ressourcengründen und mit der Begründung, dass sie von Anfragen rund um die Entwicklungen zum IT-Sicherheitsgesetzes überlaufen werden. Es konnte letztlich mit zwei großen Lebensmittelhändlern, einem Vertreter aus dem produzierendem Gewerbe und einigen Experten aus dem Umfeld des Lebensmittelhandels gesprochen werden. Entwicklungen und Herausforderungen, die aktuell oder absehbar Einfluss auf die Cyber-Sicherheit in den Sektoren Ernährung und Wasser nehmen, werden in Abschnitt 5.4 Herausforderungen und Trends dargestellt. Die Aufbereitung erfolgt aus verschiedenen Perspektiven und wird in den Kategorien Organisa torisch, Technisch, Regulatorisch und Marktbezogen zusammengefasst. 92

92 Cyber-Sicherheit 5.1 Cyber-Sicherheit in den Sektoren Ernährung und Wasser Die folgende Aufzählung von Standards und bewährten Vorgehensweisen sogenannten Best Practices ist aufgrund ihrer Vielzahl und der international unterschiedlichen Ausprägungen nur ein Auszug der besonders relevanten Elemente. Es erfolgt lediglich die Aufführung von Standards, die für Deutschland bedeutend sind und direkt auf die IKT-Sicherheit bezogen werden können. Die Standards und Best Practices besitzen innerhalb der Sektoren Ernährung und Wasser, sogar innerhalb der Branchen, einen unterschiedlichen Verbreitungsgrad. Da sich die IKT-Systeme zur Überwachung und zum Betrieb von Anlagen in den Branchen des Sektors Wasser nicht oder nur geringfügig unterscheiden, geht dieser Abschnitt sofern nicht anders angegeben von sektorweiten Standards und Best Practices aus. Im Sektor Ernährung bestehen zwar Unterschiede zwischen den Branchen Ernährungswirtschaft und Lebensmittelhandel bezüglich eingesetzter technischer Anlagen und IT-Einsatz. Die Anforderungen an Cyber-Sicherheit weisen jedoch keine substantiellen Unterschiede auf, sodass auch hier eine sektorübergreifende Berücksichtigung relevanter Standards und Best-Practice-Ansätze erfolgt. Diese Studie nimmt eine Einteilung der Standards und Best Practices hinsichtlich verschiedener Aspekte vor (siehe Abbildung 30). Im deutschen Wassersektor wurden Standards und Best Practices von verschiedenen Institutionen erarbeitet und vorgestellt. Daher unterscheidet die Studie einerseits zwischen nationalem und internationalem Ursprung, andererseits hinsichtlich der technischen und organisatorischen Betrachtung der jeweiligen Veröffentlichung. Für den Sektor Ernährung konnten keine sektorspezifischen Standards und Best Practices ermittelt werden. Abbildung 30: Standards und Best Practices für die Cyber-Sicherheit in den Sektoren Ernährung und Wasser Quelle: eigene Darstellung Der nachfolgende Abschnitt greift die einzelnen Standards auf und beschreibt deren Zielstellung. Die in der Übersicht dargestellte Nummerierung dient hierbei der Orientierung und ist auch Bestandteil der Beschreibung der jeweiligen Standards und Best Practices. Nationaler Ursprung 1. BSI-Grundschutzstandards bis Die BSI-Standards enthalten methodische, prozessuale, vorgehens- und verfahrenstechnische Empfeh 93

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