Eine Art Wunder-Frage

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1 Ausgabe 8: Eine Frage, die alles verändern kann Hallo an Sie, gestern haben Sie ein weiteres Element des Winnetou-Prinzips kennen gelernt: den Schutzschild. Er kann Ihnen helfen, sich bei besonders schmerzhafter Kritik zu schützen und zu wappnen. Sodass die Kritik Sie im ersten Moment weniger verletzt. Und Sie sich weniger hilflos oder ohnmächtig fühlen. Sie also leichter in den Plus-Bereich der Kritik kommen und selbstbestimmt auf die Kritik reagieren können. Nach besonders schwerwiegender Kritik ist es aber manchmal so, dass Kritik einem trotz des Schutzschildes nach der Kritiksituation noch lange im Kopf nachgeht. Die Gedanken kreisen um das, was der andere gesagt hat. Man fühlt sich vielleicht klein und verletzt. Oder vielleicht auch wütend und ärgerlich. Wäre es da nicht schön, wenn man schneller wieder zu innerer Gelassenheit zurückkehren könnte? Sie haben dazu in Ausgabe 4 ja schon die Klopftechnik kennen gelernt. Vielleicht haben Sie auch schon erlebt, wie wirkungsvoll diese Methode Ihnen helfen kann, nach einer Kritiksituation den Ausstieg aus seinen Gedanken und belastenden Gefühlen zu finden. Eine Art Wunder-Frage Heute lernen Sie eine weitere Technik kennen, mit der es Ihnen sehr gut gelingen kann, belastende Gedanken und Gefühle nach einer Kritiksituation wieder loszuwerden. Und zwar ohne viel Aufwand und so, dass die Methode hervorragend in Ihren Alltag passt. Diese Technik besteht aus einer einzigen Frage, die Sie sich stellen und die Ihnen hilft, aus Ihren Gedanken wieder auszusteigen. Diese Frage stammt aus dem Wandel-Prozess, den wir in unserem Kurs Belastendes loslassen trainieren. Deswegen nennen wir sie hier einfach die Wandel-Frage. Diese Frage lautet: Wer wäre ich ohne diesen Gedanken? Falls diese Frage nicht zu Ihrem Denken passt, gibt es aber noch weitere Alternativen zu dieser Formulierung, weil wir ja alle unterschiedlich sind. Weil wir uns von unterschiedlichen Formulierungen verschieden stark angesprochen fühlen. Hier ein paar Beispiele: Was würde ich jetzt tun oder denken, wenn ich diesen Gedanken jetzt nicht hätte? Was könnte ich jetzt erleben, wenn ich diesen Gedanken nicht denken würde? Was könnte ich tun oder denken, wenn ich dieses Gefühl jetzt nicht spüren würde? Besser mit Kritik umgehen Ausgabe 8 1

2 Immer geht es bei der Wandel-Frage also darum, sich bewusst zu machen, was statt eines belastenden Gedankens oder Gefühls möglich wäre, wenn wir den belastenden Gedanken einfach nicht denken würden. Denn wenn wir diese Frage ehrlich beantworten, dann merken wir, dass es unsere eigenen Gedanken sind, die uns wirklich belasten, und nicht das, was unsere Gedanken ausgelöst hat. Wer wäre ich ohne diesen Gedanken? Diese oder eine ähnlich formulierte Frage ist für viele Teilnehmer von Belastendes loslassen und auch für einige von uns hier bei Zeit zu leben so etwas wie eine Art Wunder-Frage geworden. Denn mit ihr kann es sehr einfach und wirksam gelingen, Distanz zu seinen Gedanken zu bekommen. Und so sehr gut einen Weg zu finden, sich von problematischen und belastenden Gedanken zu lösen. Wie leicht fällt es Ihnen, Kritik wieder aus dem Kopf zu bekommen? Sodass man sich ganz schnell wieder den Dingen zuwenden kann, die einem wichtig sind, die das Leben schön machen und mit denen man sich eigentlich viel lieber befassen würde. Die Schwierigkeit der Wandel-Frage Eines gleich vorweg: Es gibt eine Schwierigkeit bei dieser Technik. Sie ist nämlich nicht für alle Fälle geeignet. Es gibt Situationen, in denen man die Wandel-Frage besser nicht stellt bzw. in denen es einfach gar nicht guttut, diese Technik anzuwenden: Und zwar immer dann, wenn man sich tatsächlich um ein Problem kümmern muss. Es gibt ja Situationen, in denen ist es sehr sinnvoll, belastende Gedanken bewusst zu behalten. Immer dann, wenn ein Problem nicht nur in unseren Gedanken oder in unserem Kopf besteht. Über eine Kritiksituation nachzudenken und die negativen Gefühle, die damit einhergehen können, auszuhalten, anstatt sie loswerden zu wollen. Zum Beispiel: Wenn das Finanzamt Sie wegen Nachlässigkeit kritisiert und droht, dass Sie Strafe zahlen müssen, wenn Sie nicht schnellstmöglich Ihre Steuererklärung machen. Wenn der Arzt sagt: Sie müssen sich anders ernähren, sonst kann ich nichts mehr für Sie tun, denn dann sind Sie bald ein Fall für den Bestatter. Wenn der Partner sagt: Wenn du nicht aufhörst, mich zu betrügen, dann verlasse ich dich. Bestimmt fällt Ihnen auch die eine oder andere Situation ein, in der unangenehme Gefühle und Gedanken durchaus sinnvoll sind. In denen sie eine Motivation sein können, sein Verhalten zu ändern. Sodass Probleme sogar langfristig gelöst werden können. Besser mit Kritik umgehen Ausgabe 8 2

3 Wenn Sie Zweifel haben, ob Sie einen Gedanken überhaupt loslassen möchten. Ob es sinnvoll ist, ein belastendes Gefühl hinter sich zu lassen. Fragen Sie sich: Gibt es irgendetwas an diesem Gedanken oder diesem Gefühl, das mir hilft, mir nützt oder für mich in irgendeiner Form sinnvoll ist? Falls Sie diese Frage mit Nein beantworten, wissen Sie, dass dieser Gedanke völlig überflüssig für Sie ist. Dass Ihnen nichts Besseres passieren könnte, als wenn dieser Gedanke verschwinden würde. Und dann lohnt es sich auf alle Fälle, die Wandel-Frage so oder ähnlich zu stellen: Was könnte ich jetzt tun oder denken, wenn ich diesen Gedanken oder dieses Gefühl nicht hätte? Wie geht das nun genau? Wie gehen Sie nun mit der Wandel-Frage um? Am besten gehen Sie dazu in vier kurzen Schritten vor. Keine Sorge, das klingt jetzt erst einmal viel. Aber letztendlich lassen sich diese Schritte ganz schnell durchgehen. 1. Wahrnehmen, wenn Sie eine Kritiksituation länger verfolgt Registrieren Sie, wenn es Ihnen schwerfällt, eine Kritiksituation hinter sich zu lassen. Wenn Sie z. B. noch lange nach der Situation über das Gesagte nachdenken. Zum Beispiel noch am Nachmittag über eine Kritik nachgrübeln, die Ihnen Ihr Chef am Morgen gesagt hat. Oder, wenn Sie die Gefühle, die in der Kritiksituation entstanden sind, nur schwer hinter sich lassen können. Zum Beispiel, wenn Sie das ganze Wochenende schlecht gelaunt sind, weil Ihr Partner Sie am Samstagmittag kritisiert hat. 2. Die Frage stellen und beantworten Stellen Sie sich eine der folgenden Variationen der Wandel-Frage. Oder formulieren Sie eine Frage für sich so um, dass sie für Sie passt. Wer wäre ich ohne diesen Gedanken? Wer wäre ich ohne dieses Gefühl? Was würde ich tun oder denken, wenn ich diesen Gedanken jetzt nicht hätte? Was könnte ich jetzt erleben, wenn ich diesen Gedanken nicht denken würde? Was könnte ich tun oder denken, wenn ich dieses Gefühl jetzt nicht spüren würde? Beantworten Sie sich die Frage. Fragen Sie sich z. B.: Wenn die Kritiksituation gar nicht passiert wäre, was würde ich dann jetzt machen? Wenn ich einen Knopf in meinem Kopf hätte, der die Kritiksituation löschen würde, was würde dann jetzt in meinem Kopf vorgehen? Was würde ich denken? Besser mit Kritik umgehen Ausgabe 8 3

4 Was könnte ich tun oder denken, wenn ich diesen Gedanken jetzt loslassen könnte? Beispiele: Ich würde ins Schwimmbad gehen. Ich würde darüber nachdenken, was es heut Abend zu essen gibt. Ich würde meinem Hobby nachgehen: Nähen, Handwerkeln, Singen, Computerspielen, Kochen oder Backen. Ich würde darüber nachdenken, ob ich jetzt erst die Handtücher oder die Buntwäsche waschen möchte. Ich würde mich mit meiner Freundin zum Kinobesuch verabreden. Ich würde einen langen Spaziergang mit dem Hund machen. Ich würde im Internet nach einem Kleid für die Feier in vier Wochen suchen. Ich würde mit meinem Partner schön essen gehen. Ich würde mit den Kindern spielen. usw. Diese Frage wirklich zu beantworten ist so wichtig, weil Sie sich die Wahlfreiheit schenken, sich für etwas Besseres als Ihre negativen Gefühle und Gedanken zu entscheiden. Sich dafür zu entscheiden, sich weniger schlecht zu fühlen. Sich gegen die Wut, den Ärger, die Enttäuschung und gegen die Verletzung zu entscheiden. Stattdessen etwas zu tun und zu denken, das Ihr Leben glücklicher und vielleicht fröhlicher macht. Das Sie ein Stück voranbringt und Sie nährt. Sie geben sich damit Ihre eigene Freiheit zu handeln zurück. Damit Sie diese Freiheit auch wirklich nutzen, ist der nächste Schritt besonders wirkungsvoll. 3. Tun Sie, was Sie statt Ihres Gedankens oder Gefühls tun können Handeln Sie nun. Gehen Sie mit dem Hund spazieren, rufen Sie wirklich eine Freundin an oder gehen Sie auf Ihren Partner zu und verbringen Sie mit ihm einen schönen Abend. Lesen Sie ein Stück in einem schönen Buch. Oder gießen Sie Ihre Blumen und nehmen Sie das Grün der Blätter oder die Farbe der Blüten ganz bewusst wahr, um sich mit Ihrem Fokus weg aus dem Kopfkino und wieder hinein in die richtige Welt zu bewegen. Vielleicht denken Sie jetzt: Das kann ich nicht, das schaff ich nicht. Meine Gedanken sind doch da. Ich kann die nicht einfach wegwischen. Natürlich ist es gerade am Anfang schwer, sich von seinen Gedanken zu lösen. Weil wir leider viel zu oft in unseren gewohnten Abläufen verharren. Und wenn man immer und immer wieder andauernd über eine Kritiksituation nachgedacht hat, ist es sehr schwer, es ausgerechnet jetzt einmal nicht zu tun. Sondern auszusteigen aus dem Gedanken- und Gefühlskarussell. Genau deswegen ist das TUN so wichtig. Also wirklich ins Handeln zu kommen. Möglichst etwas zu tun, das ein wenig Konzentration erfordert. Besser mit Kritik umgehen Ausgabe 8 4

5 Wie z. B. ein Möbelstück zusammenzubauen, einen Kuchen zu backen, etwas zu kochen oder ein Bild aufzuhängen. Denn in dem Moment, wenn man sich auf diese andere Sache konzentriert, kann man sich nicht mehr auf seine schwierigen Gedanken konzentrieren. Man kann immer nur einen Gedanken zu einem Zeitpunkt denken. Und auch, wenn sich die belastenden Gedanken, das Gedankenkarussell oder die niedergeschlagenen Gefühle wieder in den Vordergrund drängen. Dann hilft es, sich sofort wieder zu fragen: Was kann ich jetzt tun oder denken statt dieses Gedankens? In diesem Hörbeispiel zeigen wir Ihnen, wie Sie die Wandelfrage ganz praktisch in Ihr Kopfkino einbauen können: 4. Die Macht der Wiederholung Wahrscheinlich ahnen Sie es schon. Wenn Sie sich diese Frage nur einmal stellen, können Sie kaum dauerhaft Ihre Gedanken loswerden. Wenn Sie sich dabei ertappen, dass Sie wieder über die Kritiksituation nachgrübeln oder damit hadern, wie die Situation gelaufen ist. Dann stellen Sie sich die Frage, wieder und wieder. Je öfter Sie sich fragen Was kann ich jetzt tun oder denken statt dieses Gedankens oder dieses Gefühls?, auf diese Frage eine Antwort finden und wirklich auch diese andere Sache tun oder denken, umso schneller und leichter fällt es Ihnen in Zukunft, Kritiksituationen hinter sich zu lassen. Probieren Sie diese vier Schritte immer wieder aus. Vielleicht erinnern Sie sich mit Hilfe eines Zettels oder eines Handyalarms an die Frage, die Sie sich stellen können, wenn Sie gerade mal wieder im Gedankenkarussell stecken. Denn dann denken Sie immer wieder daran, sich die Wandel-Frage zu stellen, und erhöhen die Wahrscheinlichkeit, dass Sie wirklich aus diesem Karussell aussteigen können. Und mit dieser Technik haben Sie ein weiteres Werkzeug, mit dem Sie besser mit Kritik und ihren Folgen umgehen können. den Methoden-Navigator doch gleich einmal aus. Und legen Sie ihn zu Ihrem Trainingsplan. Jetzt sind Sie dran 1. Wenden Sie die vier Schritte immer wieder an. 2. Integrieren Sie die Wandelfrage in Ihren Alltag: Fragen Sie sich bei belastenden Kritiksituationen oder wenn Sie im Nachhinein noch lange über eine Kritiksituation Besser mit Kritik umgehen Ausgabe 8 5

6 nachdenken: Was würde ich gerade tun, wenn ich diesen Gedanken loslassen könnte? Beantworten Sie sich diese Frage und setzen Sie die Antwort möglichst gleich in die Tat um. 3. Bauen Sie die Wandelfrage in Ihr regelmäßiges Training ein. In der nächsten Ausgabe Seinen Fokus zu verschieben. Eine Kritik nicht zu sehr im Vordergrund zu halten, darum geht es auch in der nächsten Ausgabe. Allerdings legen wir da einen anderen Schwerpunkt. Sie lernen eine sehr anschauliche Methode kennen, mit der Sie es schaffen, aus dem Minus- Bereich der Selbstabwertung heraus in den Plus-Bereich der Kritik zu kommen. Herzliche Grüße Barbara, Judith, Mathias, Nicole und Ralf Besser mit Kritik umgehen Ausgabe 8 6

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