Betriebsvereinbarung zum Gesundheitsschutz im Service Center

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1 Betriebsvereinbarung zum Gesundheitsschutz im Service Center Präambel Diese Betriebsvereinbarung dient der Umsetzung der Verpflichtungen des Arbeitgebers aus dem ArbSchG. Es soll insbesondere der Ablauf der Gefährdungsbeurteilung gemäß 5 ArbSchG als auch der Ablauf der Festlegung der erforderlichen Maßnahmen sowie ihrer Wirksamkeitskontrolle i. S. v. 3 ArbSchG geregelt werden. 1 Geltungsbereich Diese Betriebsvereinbarung gilt für alle Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen des Service Centers in den in der Anlage 1 genannten Bereichen. Soweit im Folgenden die Begriffe Arbeitnehmer oder Untersucher verwendet werden, umfassen sie sowohl weibliche als auch männliche Personen. 2 Gefährdungsbeurteilung Die Arbeitgeberin hat eine Gefährdungsanalyse durchzuführen, um festzustellen, ob und gegebenenfalls welche mit der Arbeit der Arbeitnehmer verbundene Gefährdungen bestehen und welche Maßnahmen des Arbeitsschutzes erforderlich sind. Diese Betriebsvereinbarung dient dazu festzulegen, welche Untersuchungsgegenstände im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung mit welchen Beurteilungsverfahren anhand welcher Beurteilungskriterien auf welche Gefährdungen und Gefährdungsursachen zu untersuchen sind. 1. Durchführung der Gefährdungsbeurteilung Die Gefährdungsbeurteilung besteht aus drei Teilen: (1) Zur Ermittlung psychischer Gefährdungen findet eine Gefährdungsbeurteilung am Arbeitsplatz in Gestalt eines Beobachtungsinterviews statt ( 2 Nr. 1.1). (2) Zur Ermittlung möglicher körperlicher Gefährdungen erfolgt eine Begehung der Arbeitsplätze ( 2 Nr. 1.2) BV Gesundheitsschutz SC.doc Seite 1 von 9

2 (3) Schließlich wird die Gefährdungsursache Software gesondert im Rahmen einer Teamanalyse analysiert ( 2 Nr. 1.3). 1.1 Ermittlung psychischer Belastungen: Beobachtungsinterview Die psychischen Belastungen werden anhand von Beobachtungsinterviews analysiert, die vom Untersucher durchgeführt werden. Dazu wird der Untersucher die Arbeitnehmer an ihrem Arbeitsplatz beobachten und ergänzend dazu interviewen. Bei der Durchführung des Beobachtungsinterviews sind folgende Grundsätze zu beachten: Untersuchungsgegenstand Untersuchungsgegenstand des Beobachtungsinterviews sind die Arbeitstätigkeiten der Arbeitnehmer. Die zu untersuchenden Arbeitsplätze und Arbeitstätigkeiten werden anhand folgender Kriterien ausgewählt: a) Auswahl der Arbeitsplätze Nach statistischer Vorgehensweise werden 25 % der Arbeitsplätze jedes Bereichs gemäß Anlage 1 untersucht. Die zu untersuchenden Arbeitsplätze werden nach dem Zufallsprinzip ausgewählt. b) Auswahl der Arbeitstätigkeiten Unter Arbeitstätigkeiten sind alle Tätigkeiten zu verstehen, die durch die jeweiligen Arbeitsaufgaben am Arbeitsplatz gefordert und zu erledigen sind. Der Untersucher und die an den zu analysierenden Arbeitsplätzen beschäftigten Arbeitnehmer ermitteln gemeinsam, welche Tätigkeiten an dem betreffenden Arbeitsplatz anfallen und welchen zeitlichen Umfang diese einzelnen Tätigkeiten an der Gesamttätigkeit haben. An den ausgewählten Arbeitsplätzen werden sämtliche Tätigkeiten genauer analysiert, die mindestens 2 % des zeitlichen Umfanges der Gesamttätigkeit ausmachen Zu untersuchende Gefährdungen Gemäß 5 Abs. 3 ArbSchG werden die folgenden Gefährdungspotentiale untersucht: Gestaltung und Einrichtung der Arbeitsstätte und des Arbeitsplatzes, Seite 2 von 9

3 physikalische, biologische, chemische Einwirkungen, Gestaltung, Einsatz und Auswahl von Arbeitsmitteln, insbesondere von Arbeitsstoffen, Maschinen, Geräten und Anlagen sowie den Umgang damit, Gestaltung von Arbeits- und Fertigungsverfahren, Arbeitsabläufen und Arbeitszeit und deren Zusammenwirken, unzureichende Qualifikation und Unterweisung der Beschäftigten. Sämtliche zu untersuchenden Arbeitstätigkeiten werden vom Untersucher an den jeweiligen Arbeitsplätzen auf folgende mögliche Gefährdungsursachen untersucht: Entscheidungsspielraum Kommunikation Zeitspielraum Auftragsvielfalt Informationszugang Körperliche Aktivität Durchschaubarkeit der Arbeitsabläufe Behinderungen des Arbeitshandelns (psychische Gefährdungen im engeren Sinne) Beurteilungsverfahren Das Vorliegen und der Grad der Gefährdungen sowie deren Ursachen werden anhand des Beobachtungsinterviews mittels einer angepassten Version des Leitfadens zur kontrastiven Aufgabenanalyse (Anlage 2) analysiert. Die Ergebnisse der Beobachtungsinterviews werden vom Untersucher dokumentiert ( 2 Nr. 2.1). Zur Vorbereitung der Softwareergonomie-Analyse sind vom Untersucher die Ergebnisse der Beobachtungsinterviews vorab zusammenzustellen, die Hinweise auf softwareergonomische Probleme ergeben haben. Seite 3 von 9

4 1.2 Körperliche Gefährdungen und Arbeitsumgebung Zu untersuchende Gefährdungen In Hinsicht auf körperliche Belastungs- und Entlastungsmöglichkeiten werden folgende Gefährdungspotentiale untersucht: die Gestaltung des Arbeitsplatzes, die Auswahl, Gestaltung, Einsatz der Arbeitsmittel sowie der Umgang damit, die Arbeitsumgebung, Qualifikation und Unterweisung Beurteilungsverfahren Körperliche Gefährdungen werden durch ein Beobachtungsinterview im Rahmen einer Begehung anhand physiotherapeutischer oder arbeitsphysiologischer Kriterien ermittelt. 1.3 Untersuchung der möglichen Gefährdungsursache Software Die mögliche Gefährdungsursache Software wird durch eine Teamanalyse untersucht Beurteilungskriterien Die Beurteilung des jeweiligen Softwareprodukts erfolgt vor dem Hintergrund der DIN EN ISO-Norm 9241, insbesondere Teile 110, 8, 11. Zur Beurteilung wird eine angepasste Version des Fragebogens ISO 9241/110 von Martin, Prümper und von Harten (2008) (Anlage 3) herangezogen Untersuchungsteam Die jeweilige Software wird im Rahmen einer Teamanalyse bewertet, an der folgende Personen teilnehmen: der Untersucher, regelmäßig vier zufällig ausgewählte Nutzer, die die Software am Arbeitsplatz nutzen, ein betrieblicher Systemexperte, der für die Installation und Wartung der jeweiligen Software zuständig ist. Seite 4 von 9

5 1.3.3 Untersuchungsablauf Dazu teilt die Arbeitgeberin dem Untersucher mit, welche Software an den Arbeitsplätzen verwendet wird. Beurteilt wird nur die Software, die im Durchschnitt mindestens eine Stunde pro Woche bei der Bearbeitung der Arbeitsaufgaben genutzt wird. MS-Office-Produkte werden nicht beurteilt. Die Ergebnisse der Beobachtungsinterviews, die Hinweise auf softwareergonomische Probleme ergeben haben, sind im Rahmen der Teamanalyse noch einmal anhand der Kriterien der ISO-Norm 9241 zu bewerten. 2. Ergebnisdarstellung / Datenschutz Die Untersucher erstellen einen gemeinsamen Ergebnisbericht, den sie an die Arbeitgeberin und den Betriebsrat übermitteln und in einem gemeinsamen mündlichen Gespräch erläutern. Die Arbeitgeberin hat den Ergebnisbericht höchstens vier Jahre in elektronischer Form aufzubewahren und dem Betriebsrat auf Verlangen erneut zugänglich zu machen. Der Ergebnisbericht hat Gestaltungsvorschläge der Untersucher für die vom Arbeitgeber gemäß 3 Abs. 1 ArbSchG festzulegenden Maßnahmen zu enthalten. Der Ergebnisbericht besteht aus drei Teilen: 2.1 Ergebnisse der Beobachtungsinterviews Im ersten Teil des Berichts sind die untersuchten Arbeitsplätze zu beschreiben. Die Arbeitsaufgaben sind für jeden untersuchten Arbeitsplatz darzustellen. Ferner muss der Bericht für jede untersuchte Arbeitsaufgabe das Vorliegen und den Grad der analysierten Gefährdungen und deren Gefährdungsursachen darstellen und diese auswerten. Der Bericht wird zunächst an die Arbeitnehmer weitergeleitet, die an der Analyse teilgenommen haben. Ihnen wird vom Untersucher Gelegenheit gegeben, den Bericht ggf. zu ergänzen oder zu kommentieren. Auf Wunsch wird der Untersucher den Bericht mit den Arbeitnehmern erörtern. In dem zusammenfassenden Bericht werden die Arbeitsplätze, Arbeitsaufgaben und Ergebnisse ohne namentliche Nennung der an den untersuchten Arbeitsplätzen beschäftigten Arbeitnehmer dargestellt. Personenbezogene Daten dürfen vom Untersucher nur zum Zwecke der Seite 5 von 9

6 Durchführung und Auswertung der Beobachtungsinterviews erhoben und verarbeitet werden. Die zu diesem Zweck erhobenen personenbezogenen Daten dürfen vom Untersucher nicht an die Arbeitgeberin oder andere Personen weitergeleitet werden. Eine Nutzung der zum Zwecke der Durchführung und Auswertung der Gefährdungsbeurteilung erhobenen, verarbeiteten und gespeicherten Daten für eine Leistungs- und/oder Verhaltenskontrolle ist der Arbeitgeberin untersagt. 2.2 Ergebnisse der Ermittlung körperlicher Gefährdungen Der Untersucher hat die Ergebnisse der Ermittlung körperlicher Gefährdungen für jeden Bereich gesondert darzustellen; die untersuchten Arbeitsplätze sind zu benennen. Für jeden Bereich ist festzuhalten, ob und welche körperlichen Gefährdungen vorliegen und auf welche Ursachen diese zurückzuführen sind Ergebnisse der Untersuchung der Softwareergonomieanalyse Der Untersucher hat für jedes Softwareprodukt gesondert festzuhalten, ob und inwieweit die softwareergonomischen Kriterien eingehalten sind bzw. ob und inwieweit Gefährdungen vorliegen, die auf die Software zurückgeführt werden können. Darüber hinaus ist für jedes Softwareprodukt festzuhalten, an welchen Arbeitsplätzen damit gearbeitet wird. 3 Maßnahmen Um den im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung festgestellten Gefährdungen entgegenzuwirken, haben die Arbeitgeberin und der Betriebsrat gemeinsam Maßnahmen gemäß 3 Abs. 1 ArbSchG festzulegen. 1. Erforderliche Maßnahmen Auf der Grundlage der Ergebnisse der Gefährdungsbeurteilung werden die erforderlichen Maßnahmen von Arbeitgeber und Betriebsrat vereinbart. Dabei berücksichtigen sie die Ergebnisse gemäß 3 Nr. 1.1 und 1.2. Kann eine Einigung zwischen den Betriebsparteien nicht erzielt werden entscheidet die Einigungsstelle gemäß 3 Nr Psychische Gefährdungen Die Entwicklung der Maßnahmen zur Entgegenwirkung festgestellter psychischer Gefährdungen erfolgt in Workshops. Für jeden untersuchten Bereich in dem der Untersucher Gefährdungen festgestellt hat, wird ein Seite 6 von 9

7 Workshop durchgeführt. An dem Workshop nehmen die in dem Bereich beschäftigten Arbeitnehmer, höchstens acht pro Bereich, teil. Nehmen nach dieser Regelung nicht alle Arbeitnehmer des Bereiches an dem Workshop teil, erfolgt die Auswahl der Teilnehmer durch den Untersucher nach dem Zufallsprinzip. Die Workshops werden von dem Untersucher moderiert. In den Workshops werden folgende Inhalte behandelt: Ergebnisrückmeldung durch den Untersucher an die Arbeitnehmer des Workshops, Abgleich der Ergebnisse mit den Arbeitnehmern, Präsentation von Maßnahmevorschlägen durch den Untersucher, Entwicklung weiterer Maßnahmevorschläge mit den Arbeitnehmern, Bewertung der Maßnahmevorschläge, Erarbeitung einer Entscheidungsvorlage für die Betriebsparteien (Auswahl der notwendigen Maßnahmen und Festlegung von Prioritäten). Der Untersucher stellt die Ergebnisse der Workshops in einem zusammenfassenden Bericht dar. Dieser Bericht wird der Arbeitgeberin und dem Betriebsrat vorgelegt Körperliche / softwareergonomische Gefährdungen Empfehlungen für Maßnahmen zur Entgegenwirkung festgestellter körperlicher und softwareergonomischer Gefährdungen werden bei der Analyse gemäß 2 Nr. 1.2 und 1.3 von dem Untersucher bzw. den mit der Analyse befassten Personen gemäß 2 Nr erarbeitet. Die erarbeiteten Maßnahmevorschläge sind in dem Bericht gemäß 2 Nr. 2 dargestellt. 2. Maßnahmebeschluss Die Betriebsparteien legen die durchzuführenden Maßnahmen und die zeitliche Abfolge der beschlossenen Maßnahmen in einem Zeitplan gemeinsam fest. Kann eine Einigung zwischen den Betriebsparteien nicht erzielt werden, haben beide Parteien die Möglichkeit die Einigungsstelle anzurufen, die über die zu treffenden Maßnahmen und einen Zeitplan für deren Umsetzung zu entscheiden hat. Hierzu wird eine ständige Einigungsstelle eingerichtet, die sich aus je zwei Beisitzern pro Seite sowie einem unparteiischen Vorsitzenden, Herrn Richter am Arbeitsgericht Hamburg Klaus-Michael Arndt, zusammensetzt. Im Übrigen finden die 76 bis 77 BetrVG Anwendung. Seite 7 von 9

8 4 Wirksamkeitskontrolle Die Wirksamkeitskontrolle wird von den Betriebsparteien in Zusammenhang mit der Festlegung der erforderlichen Maßnahmen geregelt. Hierbei sind mindestens die Art und Weise der Durchführung, die beteiligten Personen und die zeitlichen Rahmenbedingungen festzulegen. Im Übrigen gilt 3 Nr. 2 Satz 2 bis 4. 5 Untersucher Die Arbeitgeberin wird zunächst eine externe Person oder ein Institut mit der Durchführung der ersten Gefährdungsbeurteilung beauftragen. Ggf. wird in der Folgezeit ein Arbeitnehmer zur Durchführung der Gefährdungsbeurteilungen qualifiziert und mit der Durchführung der weiteren Gefährdungsbeurteilungen inklusive Maßnahmeentwicklung und Wirksamkeitskontrolle beauftragt. In jedem Fall legt die Arbeitgeberin dem Betriebsrat den Nachweis über die erforderlichen Qualifikationen / Kenntnisse vor. 1. Untersucher zur Ermittlung psychischer Belastungen Der Untersucher für die Gefährdungsbeurteilung gemäß 2 Nr. 1.1 muss über ein einschlägiges (arbeitswissenschaftliches) Studium vorrangig der Arbeits- und Organisationspsychologie, Arbeits- und Betriebspädagogik, Arbeits- und Industriesoziologie oder Organisationswissenschaften verfügen oder entsprechende Kenntnisse nachweisen können. Notwendig sind darüber hinaus fundierte Kenntnisse in einschlägigen Normen des Arbeits- und Gesundheitsschutzrechts und seiner praktischen Umsetzung in einschlägigen gesicherten arbeitswissenschaftlichen Erkenntnisse sowie im Datenschutz in der Anwendung arbeitswissenschaftlicher Verfahren in den Bereichen Arbeits- und Gefährdungsanalyse sowie im Bereich der Software-Ergonomie (ISO-Norm 9241, Teile 8, ff., Teil 2 sowie in der DIN EN 10075) 2. Untersucher zur Ermittlung physischer Belastungen Der Untersucher für die Gefährdungsbeurteilung gemäß 2 Nr. 1.2 sollte eine Grundausbildung Physiotherapie mehrjährige Berufserfahrung im Bereich Orthopädie/orthopädische Reha, Seite 8 von 9

9 eine Ausbildung und/oder belegbare praktische Erfahrung im Bereich der Ergonomie, bzw. Studium Projektmanagement im Gesundheitswesen ErgoPhysConsult - Fortbildung des Zentralverbandes der Krankengymnasten, eine Fortbildung im Bereich gesetzliche Grundlagen Gesundheitsschutz/Gefährdungsbeurteilung absolviert haben und in die Erhebung der physischen Belastungen und Beanspruchungen auf der Basis des Beobachtungsinterviews mit dem Erhebungsbogen des Verfahrens eingearbeitet sein. 3. Untersucher für die Untersuchung der Software Der Untersucher für die Gefährdungsbeurteilung gemäß 2 Nr. 1.3 muss über Kenntnisse in den Anforderungen der Software-Ergonomie (ISO-Norm Teile 8, 110, 11 ff., Teil 2 und DIN EN ISO 10075) verfügen und in dem Verfahren (Teamanalyse) speziell geschult sein oder über entsprechende praktische Erfahrungen in der Teamanalyse verfügen. 6 Schlussbestimmungen Diese Betriebsvereinbarung tritt mit ihrer Unterzeichnung in Kraft. Sie endet, ohne dass es einer Kündigung bedarf, mit der Umsetzung der vorstehenden Regelungen. Hamburg, den Geschäftsleitung Betriebsrat Beermann Schulz Harms Zuther Seite 9 von 9