Rauben Sie dem Tumor seine Energie zum Wachsen
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- Mareke Straub
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1 Rauben Sie dem Tumor seine Energie zum Wachsen
2 Woher nimmt ein Tumor die Kraft zum Wachsen? Tumorzellen benötigen wie andere Zellen gesunden Gewebes auch Nährstoffe und Sauerstoff, um wachsen zu können. Beides erhalten sie über den Blutkreislauf unseres Körpers. Dieser versorgt somit nicht nur das gesunde Gewebe, sondern liefert auch Tumorzellen essenzielle Nährstoffe. Allerdings reichen die auf diesem Weg bereitgestellten Ressourcen für das Tumorwachstum nicht unbegrenzt aus, so dass der Tumor ab einer bestimmten Größe mehr Sauerstoff und Nährstoffe benötigt, als er über den Blutkreislauf erhalten kann. Es kommt zur sogenannten Angiogenese. Was bedeutet Angiogenese? Der Begriff Angiogenese leitet sich aus dem Griechischen ab (angeion = Gefäß, genesis = Entstehung) und beschreibt den Entstehungsprozess neuer Blutgefäße, die sich aus bereits bestehenden Gefäßstrukturen heraus entwickeln. Die Fähigkeit zu Gefäßwachstum und zur Ausbildung neuer Blutgefäße ist eine wichtige physiologische Eigenschaft des menschlichen Körpers, die bspw. im Rahmen der Embryonalentwicklung von entscheidender Bedeutung ist, aber auch im ausgewachsenen Organismus eine wichtige Rolle spielt. So ist die Angiogenese Teil physiologischer, also gesunder Prozesse wie z. B. der Wundheilung, ist aber auch an pathologischen und somit schädlichen Entwicklungen, z. B. der Tumorentstehung, beteiligt.
3 Kann ein Tumor die Angiogenese selbst beeinflussen? Ja, denn Tumorzellen sind in der Lage, wachstumsfördernde Botenstoffe sogenannte Wachstumsfaktoren selbst freizusetzen. Diese strömen in Richtung der Blutgefäße, treten mit diesen über die Gefäßoberfläche in Kontakt und lösen weitere Signale aus. Über die so hervorgerufenen stimulierenden Reize wird der Prozess der Angiogenese ausgelöst und neue Kapillaren beginnen sich aus den bestehenden Gefäßen zu entwickeln. Das Wachstum der neuen Blutgefäße erfolgt stets in Richtung des stimulierenden Reizes, so dass sie auf das Tumorgewebe zuwachsen.
4 Da Tumorzellen sich sehr schnell teilen, benötigen sie immer mehr Nährstoffe: Der Kreislauf beginnt von vorn. Die Krebszellen setzen immer mehr Botenstoffe frei, so dass der Tumor immer stärker von Blutgefäßen durchzogen wird. Mit der Zeit entsteht so ein tumoreigenes Blutgefäßsystem, das den Tumor ausreichend versorgt und ihm ein kontinuierliches Wachstum sowie eine rasche Verbreitung in andere Körperregionen ermöglicht. Kann die Tumorangiogenese medikamentös beeinflusst werden? Dank umfassender Krebsforschung ist es der Medizin heute möglich, in den Prozess der Tumorangiogenese medikamentös einzugreifen und diesen zu hemmen. Die dafür verwendeten Medikamente werden als Angiogenesehemmer, die Behandlung als anti-angiogene Therapie bezeichnet. Medikamente mit anti-angiogener Wirkung fangen die von den Tumorzellen freigesetzten Botenstoffe ab und unterbinden so die Neubildung von Blutgefäßen. Dadurch fehlen dem Tumor Sauerstoff und Nährstoffe, so dass er nicht weiter wachsen kann. Beide der bisher zugelassenen anti-angiogenen Wirkstoffe (Aflibercept und Bevacizumab) binden den vaskulären endothelialen Wachstumsfaktor-A (VEGF-A = vascular endothelial growth factor A). VEGF-A ist der bisher am besten von der Wissenschaft untersuchte Botenstoff. Forscher sind sich nach aktuellem Kenntnisstand einig, dass VEGF-A eine zentrale Rolle bei der Neubildung von Blutgefäßen spielt. Doch neben diesem Botenstoff gibt es zahlreiche weitere Wachstumsfaktoren, z. B. VEGF-B und den Plazentar- Wachstumsfaktor (PLGF = placental growth factor), die ebenfalls von entscheidender Bedeutung sind. Diese können im Rahmen der anti-angiogenen Therapie heutzutage ebenfalls erfolgreich abgefangen werden.
5 Welche Bedeutung hat die Angiogenese für das Tumorwachstum? Inzwischen ist bekannt: Ohne Angiogenese ist ein kontinuierliches Tumorwachstum nicht möglich. Diese Feststellung verdeutlicht, welchen Stellenwert die Bildung neuer Blutgefäße bei der Tumorentstehung einnimmt. In der Anfangsphase des Tumorwachstums erfolgt die Zufuhr von Sauerstoff und Nährstoffen noch über das bestehende Blutgefäßsystem, wodurch die Wachstumsmöglichkeiten des Tumorgewebes jedoch stark begrenzt sind. Denn ist eine kritische Größe von 1 2 mm Durchmesser erreicht, kann eine adäquate Versorgung mit Sauerstoff nicht mehr gewährleistet werden. Es kommt zum Wachstumsstopp. Erst durch die Entwicklung einer eigenen Blutversorgung wird es dem Tumor möglich, über diesen kritischen Punkt hinaus weiter zu wachsen und dieses Wachstum kontinuierlich aufrechtzuerhalten. Der Prozess der Angiogenese, durch den die Entstehung eines tumoreigenen Gefäßsystems erst möglich wird, ist somit von großer Bedeutung für das Tumorwachstum. Darüber hinaus ist die Angiogenese für das Fortschreiten einer Tumorerkrankung entscheidend. Denn lösen sich mit zunehmendem Krankheitsstadium einzelne Tumorzellen aus dem Gewebeverbund, so können diese gleich in die tumornahen Blutgefäße eindringen und mit dem Blutkreislauf in andere Körperregionen transportiert werden. Dadurch ist der Tumor in der Lage, nicht nur in umliegendes Gewebe vorzudringen, sondern auch in andere Organe zu streuen und dort Tochtergeschwulste sogenannte Metastasen zu bilden.
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