50 Jahre Max-Wittmann-Schule
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- Eike Wetzel
- vor 7 Jahren
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1 50 Jahre Max-Wittmann-Schule Ein 50.Geburtstag ist auf jeden Fall ein Grund zum Feiern! Aber warum wurde die Max- Wittmann-Schule erst 1965 gegründet? Immerhin war sie die erste und einzige Schule ihrer Art in Dortmund. Welche Schule besuchten Kinder und Jugendliche mit diesem besonderen Unterstützungsbedarf denn vorher? Um die Frage zu beantworten, müssen wir einmal weit zurückschauen - mehr als 70 Jahre. Ein Blick zurück Während der Zeit des Nationalsozialismus galten geistig Behinderte als unwertes Leben und viele wurden deshalb sogar umgebracht. Nach dem 2. Weltkrieg gab es immer noch Vorurteile gegenüber geistig behinderten Kindern und Jugendlichen, die Familien berichteten aus dieser Zeit von der Ablehnung ihres Kindes. So verwundert es nicht, dass 20 Jahre fast niemand auf die Idee kam, dass auch geistig behinderte Menschen ein Recht auf Bildung haben könnten, man hielt sie für bildungsunfähig. So blieben die Kinder und Jugendlichen zuhause, kamen in eine kirchliche Anstalt oder in die Psychiatrie. Die Eltern nehmen es selbst in die Hand Gründung einer Tagesbildungsstätte Weil die betroffenen Familien alleine gelassen wurden, suchten sie Kontakt zu anderen Eltern in der gleichen Situation, so auch in Dortmund. Der Vortrag eines Mitarbeiters der Lebenshilfe aus Marburg am 25. November 1960 im Fritz-Henßler-Haus war der Auslöser für die weitere Entwicklung. Spontan schlossen sich noch am gleichen Abend 90 Interessierte zu einem Verein zusammen, unter dem Vorsitz der Sonderschulkonrektorin Elisabeth Vormfelde und dem Vater eines behinderten Kindes, Hans Winkler. Insbesondere Frau Vormfelde sorgte mit Engagement und Durchsetzungsvermögen dafür, dass schon 1962 die ersten 74 Kinder und Jugendlichen in einem angemieteten Haus in einer Tagesbildungsstätte gefördert werden konnten. Durch Vermittlung von Mitarbeitern der Zeche Minister Stein in Eving konnte das ehemalige Lehrlingsheim der Zeche für diese Zwecke genutzt werden. Auf diese Weise wurde Eving unser Heimatort, dem wir treu geblieben sind, denn auch für die Neubauten der Max-Wittmann-Schule und der Werkstatt fanden wir Baugrundstücke in Eving. Hier fühlen wir uns von den Mitmenschen angenommen und von unseren Nachbarn verstanden. Hier wohnen wir gerne (Chronik des Elternvereins zur Förderung Geistigbehinderter in Dortmund e.v.). Die Schulgründung vor 50 Jahren Wie es weiterging, beschreibt Klaus Häde, der die Schule von 1978 bis 2005 leitete: 1964 zog die Bildungsstätte in ein größeres Gebäude am Nollendorfplatz um, erprobte ein Betreuungs- und Förderkonzept und entwickelte daraus einen Bildungsplan, der dazu führte, dass die Einrichtung ab dem 1. April 1965 als private Sonderschule für geistig behinderte Kinder vom Kultusministerium anerkannt wurde. Aus Dankbarkeit für die Aufbauhilfe und die Ausbildung der zu Anfang vorrangig eingesetzten Kindergärtnerinnen, Kinderpflegerinnen und Handwerker für die Aufgaben in der Schule wurde sie nach Professor Wittmann, dem ersten Direktor des heilpädagogischen Instituts in Dortmund benannt.
2 Der Neubau an der Oberevingerstraße Mit den Jahren wuchs die Zahl der Schülerinnen und Schüler beständig, 1970 waren es bereits knapp 300. Das Gebäude am Nollendorfplatz war längst zu klein. Der Vereinsvorstand und die Eltern der Schüler schafften es immer wieder, sich Gehör in den Medien und der Öffentlichkeit zu verschaffen, selbst Spenden zu sammeln oder Sponsoren zu gewinnen. So konnte durch viele Aktionen über einige Jahre soviel Geld zusammengetragen werden, dass der Neubau der Schule im Juni 1972 begonnen und im Juni 1975 bereits beendet werden konnte bis 1984 Die Privatschule wird städtisch Zwei Jahre nach dem Einzug in das neue Gebäude wurden auch schwerstmehrfachbehinderte Schülerinnen und Schüler in die Schule aufgenommen. Viele junge Sonderschullehrkräfte konnten eingestellt werden und die schon lange tätigen Erzieherinnen und Handwerker wurden zu Fachlehrkräften weitergebildet war ein trauriges Jahr. Etliche Kinder der Schule erkrankten an Diphtherie und vier von ihnen starben. Dieses Ereignis erschütterte die Schulgemeinde sehr und sorgte in der Öffentlichkeit für großes Aufsehen ging die Max-Wittmann-Schule in städtische Trägerschaft über, der noch bestehende Sonderkindergarten wurde aufgelöst und die verbliebenen Kinder in den St. Stephanus Kindergarten der Caritas integriert. Alle Lehrkräfte wurden in die städtische Schule übernommen. Eine zweite Schule mit dem Förderschwerpunkt Geistige Entwicklung Seit Mitte der 90er Jahre stieg die Zahl der Schülerinnen und Schüler von 250 stetig auf 370 im Jahre damit war sie die größte Förderschule mit dem Förderschwerpunkt Geistige Entwicklung in NRW. Beharrlich wies die Schule auf ihre daraus resultierende große Raumnot hin. Der Rat der Stadt Dortmund beschloss schließlich 2007 die Errichtung einer Dependance der Max-Wittmann-Schule am Standort Eierkampstraße 2-4. Der endgültige Baubeschluss für die Erweiterung und den Umbau erfolgte 2009, die Bagger rollten dann endlich 2010 an. Zum Schuljahr 2011/12 wurden die Schüler und Schülerinnen auf beide Standorte verteilt, dabei war der Wohnsitz maßgeblich. Platz ist am Standort Hombruch für 100 Kinder und Jugendliche, am Standort in Eving werden 240 unterrichtet. Die Berufspraxisstufe, die Berufsschule für geistig behinderte junge Erwachsene, verbleibt für beide Standorte weiter in Eving, da das Gebäude dort mit entsprechenden Werkräumen und einer Trainingswohnung ausgestattet ist. Seit dem Sommer 2012 ist die Dependance nun selbstständig und trägt den Namen Mira- Lobe-Schule.
3 Der Kreis schließt sich Das Kollegium der Max-Wittmann-Schule war und ist stets Partei für seine Schülerinnen und Schüler. Unser Anspruch ist es, einer Schülerschaft gerecht zu werden, von der jeder Einzelne einen besonderen Unterstützungsbedarf hat. Der Unterricht an der Max-Wittmann-Schule hat sich über die Jahre verändert, aber geblieben ist der Anspruch, unseren Schülern die Bildung und Erziehung zu vermitteln, die ihnen ein Leben in möglichst großer Selbstbestimmung und sozialer Integration ermöglicht. Selbstbestimmtes Handeln ist Ziel und Methode des Unterrichts. Dass uns das gelingt, zeigt das überdurchschnittlich gute Ergebnis der Qualitätsanalyse. An Inklusion (früher Integration) waren und sind die Lehrkräfte der Schule als Fachleute und Berater schon seit den ersten Versuchen 1987 bis heute beteiligt. Eltern und Lehrkräfte wünschen sich, dass alle Kinder und Jugendlichen, die auf besondere Art lernen, gleichberechtigt am Leben zusammen mit allen anderen teilnehmen können - das ist schon immer das Ziel unserer Schule gewesen. Wir wissen auch, dass die Durchsetzungskraft neuer Ideen in der Hilfe für behinderte Menschen stets aus der Vision einer Alternative zu Vorhandenem kommt: Das belegt die Gründungsgeschichte der Max-Wittmann-Schule. Noch aber ist das Ziel einer Schule für alle nicht erreicht. In dem sich wandelnden Schulsystem, das darauf ausgerichtet ist, behinderte und nichtbehinderte Kinder gemeinsam zu unterrichten, hat unsere Förderschule weiterhin ihren Platz. Im Mai 2011 trafen sich 40 engagierte Eltern in Dortmund an der Max-Wittmann-Schule zur Gründungsversammlung der Landeselternschaft der Förderschulen mit Schwerpunkt geistige Entwicklung NRW e.v. Der Elternverein will sicherstellen, dass auf dem Weg der schulischen Inklusion gerade Schülerinnen und Schülern mit einer geistigen Behinderung, ohne Einschränkung der speziellen Förderung, mitgenommen werden (aus dem Programm der Landeselternschaft der Förderschulen). So schließt sich der Kreis: Immer sind es Eltern, die sich in besonderer Weise um die Bildung ihrer besonderen Kinder kümmern. Die Schule für geistig behinderte Kinder und Jugendliche ist die einzige Schulform im deutschen Bildungssystem, deren Entstehung fast ausschließlich auf Elterninitiative zurückzuführen ist. Rufen wir uns den Ausgangspunkt der Geschichte ins Gedächtnis: Heute kommt zum Glück niemand mehr auf die Idee, dass es Menschen geben könnte, die bildungsunfähig sind, ganz gleich, wie schwer die Behinderung ist und an welchem Ort die Förderung stattfindet. Frank Schmidt-Kamann (Schulleiter der Max-Wittmann-Schule seit 2006)
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