Die neue Regelung der Eigenverwaltung
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- Sophie Becker
- vor 8 Jahren
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1 Deutscher Insolvenzverwalterkongress Berlin 2010 Die neue Regelung der Eigenverwaltung
2 Gliederung I. Die Eigenverwaltung nach geltendem Recht ( 270 ff.) - Voraussetzungen für die Eigenverwaltung II. - Anordnung der Eigenverwaltung, nachträgliche Anordnung und Aufhebung - Rechtsstellung des Sachwalters - Kompetenzen von Sachwalter und Schuldner bei Eigenverwaltung Änderungen des geltenden Rechts - Hürden für die Anordnung der Eigenverwaltung gesenkt ( 270 Abs. 2 Nr. 3 InsO-E) - Bestellung eines vorläufigen Sachwalters ( 270 InsO-E) - Mitwirkung der Gläubiger ( 270 Abs. 3 InsO-E) - nachträgliche Anordnung der Eigenverwaltung 2
3 - Erschwerung für Gläubigerantrag auf Aufhebung - Mitwirkung der Überwachungsorgane ( 276 a InsO-E) III. Neu: Eigenverwaltung zur Vorbereitung einer Sanierung ( 270 b InsO-E) 1. Einleitungsvoraussetzungen - Nachweis der drohenden Zahlungsunfähigkeit und der Sanierungsfähigkeit 2. Bestellung eines vorläufigen Sachwalters 3. Anordnung von Sicherungsmaßnahmen ( 21 Abs. 1 und 2, Nr. 3 bis 5; 21 Abs. 2 Nr. 3) 4. Aufhebung der Anordnung IV. Bewertung 3
4 I. Begriff der Eigenverwaltung Unter Aufsicht eines Sachwalters bleibt der Schuldner verfügungsbefugt und berechtigt, die Insolvenzmasse zu verwalten. Die unternehmerischen Kompetenzen des Schuldners sollen im Interesse der Gläubigerbefriedigung aber auch zur Verbesserung der Sanierungs- und Erhaltungschancen nutzbar gemacht werden. 4
5 Voraussetzungen nach geltendem Recht - Antrag des Schuldners ( 270 Abs. 2 Nr. 1) - Bei Fremdantrag Zustimmung des antragstellenden Gläubigers zum Antrag auf Eigenverwaltung ( 270 Abs. 2 Nr. 2) - Prognoseentscheidung, daß keine Nachteile für die Gläubiger und keine Verzögerung des Verfahrens zu erwarten sind ( 270 Abs. 2 Nr. 3) 5
6 Anordnung, nachträgliche Anordnung, Aufhebung der Eigenverwaltung - Anordnung der Eigenverwaltung mit Beschluß des Insolvenzgerichts über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens ( 270 Abs. 1 S. 1) - Nachträgliche Anordnung der Eigenverwaltung auf Antrag der ersten Gläubigerversammlung, wenn das Insolvenzgericht den Antrag des Schuldners auf Eigenverwaltung zunächst abgelehnt hat ( 271) 6
7 - Aufhebung der Anordnung - Antrag der Gläubigerversammlung (Mehrheit gemäß 76 Abs. 2) - Auf Antrag eines Gläubigers, sofern der Wegfall der Anordnungsvoraussetzungen glaubhaft gemacht wird ( 272 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2) - Antrag des Schuldners 7
8 Besonderheiten der Eigenverwaltung - Der Schuldner behält seine Verwaltungsund Verfügungsbefugnis - Sicherung der Insolvenzmasse und der Gläubigerinteressen mittels Überwachung des Schuldners durch einen Sachwalter - Anzeigepflicht des Sachwalters gegenüber dem Insolvenzgericht, dem Gläubigerausschuß oder den Gläubigern, falls die Fortsetzung der Eigenverwaltung zu Nachteilen für die Gläubiger führen würde ( 274 Abs. 3) 8
9 Kompetenzzuweisung Kompetenzen des Schuldners - Der Schuldner verwaltet und verwertet die Insolvenzmasse einschließlich des Sicherungsgutes selbst ( 270 Abs. 1 S. 1, 282) - Der Schuldner führt die Verzeichnisse ( 151, 152 und 153) - Der Schuldner übt das Wahlrecht bei gegenseitigen Verträgen aus ( 103 ff.) - Der Schuldner erstattet im Berichtstermin den Gläubigern Bericht ( 281 Abs. 2 S. 1) - Dem Schuldner steht das Widerspruchsrecht im Forderungsprüfungstermin zu 9
10 Kompetenzen des Sachwalters - Prüfung der wirtschaftlichen Lage ( 274 Abs. 2, 1. HS) - Überwachung der Geschäftsführung und der Ausgaben für die Lebensführung ( 274 Abs. 2, 2. HS) - Geltendmachung der Haftung der Gesamtschäden und der persönlichen Gesellschafterhaftung ( 280 i.v.m. 92, 93 InsO) - Ausübung des Anfechtungsrechtes ( 280 i.v.m. 129 ff.) - Übernahme der Kassenführung ( 275 Abs. 2) 10
11 Kompetenzzuweisung bei Betriebsfortführung - Zustimmung des Sachwalters zu Verbindlichkeiten, die nicht zum gewöhnlichen Geschäftsbetrieb gehören ( 275 Abs. 1 S. 1) - Widerspruchsrecht des Sachwalters bei der Begründung von Verbindlichkeiten ( 275 Abs. 1 S. 2) 11
12 Defizite der Eigenverwaltung - Geringe Akzeptanz, Quote der Eigenverwaltung bei 1 % - Immer noch gilt: Der Schuldner soll nicht sein eigener Gerichtsvollzieher werden - Schnittstellen zwischen Sachwalter und dem sich selbst verwaltenden Schuldner sind teilweise unklar - Keine Verzahnung der Eigenverwaltung mit dem Eröffnungsverfahren - Anordnung der Eigenverwaltung zum Zeitpunkt der Eröffnungsentscheidung kommt zu spät 12
13 II. Änderungen des geltenden Rechts 1. Voraussetzungen - Hürden für die Anordnung der Eigenverwaltung werden gesenkt. Ablehnung des Antrags nur dann, wenn bereits konkrete Umstände bekannt sind, wonach die Anordnung zu Nachteilen für die Gläubiger führen wird ( 270 Abs. 2 Nr. 3 InsO-E) - Sicherung der Gläubigerautonomie durch Vorverlagerung der Mitwirkungsrechte ( 270 Abs. 3 InsO-E) 2. Mitwirkung der Gläubiger - Wesentliche Gläubiger erhalten Gelegenheit, sich zum Antrag des Schuldners zu äußern ( 270 Abs. 2 InsO-E) - Wird der Antrag von einer nach 56 Abs. 3 S. 2 berechneten Summenmehrheit der Gläubiger unterstützt, kann das Gericht den Antrag nicht ablehnen. - Begründungspflicht des Gerichts im Falle einer ablehnenden Entscheidung ( 270 Abs. 3 InsO-E) 13
14 3. Eigenverwaltung im Eröffnungsverfahren - Keine Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters und keine Verfügungsbeschränkungen bei nicht offensichtlich aussichtlosem Antrag auf Eigenverwaltung ( 270 a Abs. 1 Nr. 1 InsO-E) - Bestellung eines vorläufigen Sachwalters, dem lediglich die Befugnisse gemäß 274, 275 zustehen ( 270 a Abs. 1 Nr. 2 InsO-E) - Bei Bedenken gegen die beantragte Anordnung der Eigenverwaltung hat das Gericht dem Schuldner Gelegenheit zur Stellungnahme zu gewähren ( 270 a Abs. 2 InsO-E) 14
15 4. Sonstiges - Generelle Möglichkeit auch zur nachträglichen Anordnung der Eigenverwaltung ( 271 InsO E) - Erschwerung für Gläubigerantrag auf Aufhebung, Entscheidung nur, wenn offensichtlich Nachteile drohen und dies glaubhaft gemacht wird ( 272 Abs. 1 Nr. 2 InsO-E, 272 Abs. 2 S. 1 InsO-E) - Beschränkung der Mitwirkungsrechte von Aufsichtsrat, Gesellschafterversammlung im Falle der Eigenverwaltung ( 276 a InsO-E) 15
16 III.Neu: Eigenverwaltung zur Vorbereitung einer Sanierung ( 270 b InsO-E) Mit der Regelung wird im Eröffnungsverfahren ein eigenständiges Sanierungsverfahren geschaffen. Dem lediglich drohend zahlungsunfähigen und nicht überschuldeten Schuldner wird unter Aufsicht des mitgebrachten vorläufigen Sachwalters die Möglichkeit eingeräumt, einen Sanierungsplan zu erstellen, ohne in dieser Zeit die Kontrolle über das Unternehmen zu verlieren. 16
17 Voraussetzungen 1. Nachweis der lediglich drohenden Zahlungsunfähigkeit und der Sanierungsfähigkeit durch Vorlage einer Bescheinigung eines Steuerberaters, Wirtschaftsprüfers oder insolvenzerfahrenen Rechtsanwalts ( 270 b Abs. 1 InsO-E) 2. Keine Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters, keine Anordnung von Sicherungsmaßnahmen mit Ausnahme von Anordnungen nach 21 Abs. 1 und 21 Abs. 2 Nr. 3 bis 5. Obligatorische Anordnung eines Vollstreckungsverbots auf Antrag ( 270 b Abs. 2 InsO-E) 17
18 Verfahrensablauf - Antrag auf Eigenverwaltung in Verbindung mit einem Eröffnungsantrag bei drohender Zahlungsunfähigkeit ( 270 b Abs. 1 InsO-E) - Nachweis, daß die angestrebte Sanierung nicht offensichtlich aussichtslos ist durch Vorlage einer Bescheinigung ( 270 b Abs. 1 InsO-E) - Beschluß des Insolvenzgerichts mit dem - eine Frist zur Vorlage eines Insolvenzplans von höchstens 3 Monaten bestimmt wird - ein vorläufiger Sachwalter bestellt wird 18
19 Bindung des Insolvenzgerichts an den Vorschlag des Schuldners, sofern die vorgeschlagene Person nicht offensichtlich ungeeignet ist ( 270 b Abs. 2 InsO-E) 19
20 Aufhebung der Maßnahme ( 270 b Abs. 3 Nr. 1 3 InsO-E) - Bei Eintritt der Zahlungsunfähigkeit ( 270 b Abs. 3 Nr. 1 InsO-E) - Die angestrebte Sanierung aussichtslos geworden ist ( 270 b Abs. 3 Nr. 2 InsO-E) - Umstände bekannt werden, die erwarten lassen, daß die Anordnung zum Nachteil für die Gläubiger führt ( 270 b Abs. 3 Nr. 3 InsO-E) - Nach Aufhebung der Anordnung oder Ablauf der Frist Entscheidung über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens - Ungeregelt: Kann (vorläufiger) Sachwalter zum Insolvenzverwalter bestellt werden??? - Danach: Durchführung des Eröffnungsverfahrens und des Insolvenzverfahrens nach allgemeinen Vorschriften 20
21 IV. Bewertung 1. Der Diskussionsentwurf integriert das vielfach geforderte besondere (außergerichtliche) Sanierungsverfahren mit Hilfe des neuen 270 b InsO-E in die Insolvenzordnung. 2. Dieses Sanierungsverfahren ermöglicht es der Geschäftsleitung, bereits vor der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens die für eine Sanierung des Unternehmens erforderlichen Schritte mit den wesentlichen Gläubigern des Unternehmens im Rahmen eines Insolvenzplans zu vereinbaren, über den nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens entschieden wird. 21
22 3. Die vom Gesetz vorgesehene Frist zur Erarbeitung und Vorlage eines Insolvenzplans beschleunigt das Insolvenzverfahren, das auf diese Weise so kurz wie möglich gehalten werden kann. 4. Planungssicherheit entsteht, weil der noch nicht antragsverpflichtete Schuldner einen (vorläufigen) Sachwalter mitbringen kann. 5. Das in Bezug auf die Person des mitgebrachten Sachwalters vorgegebene Kriterium der Eignung ist unzureichend. Es muß geregelt werden, daß nur solche Sachwalter bestellt werden, die über nachgewiesene Sanierungserfahrungen verfügen. 22
23 6. Außerhalb des Verfahrens nach 270 b InsO-E gewährleisten die vorgeschriebenen Änderungen eine frühzeitige Einbindung der wesentlichen Gläubiger und die bislang fehlende Verzahnung mit dem Eröffnungsverfahren. 7. Der Aspekt der Verfahrensverzögerung als mögliches KO.- Kriterium für ein Verfahren unter Eigenverwaltung verliert seine Bedeutung. Statt dessen wird auf den Nachweis konkreter Nachteile abgestellt. 8. Für das Sanierungsverfahren nach 270 b (InsO-E) ist eine Bescheinigung des hier aufgeführten Personenkreises Antragsvoraussetzung. Dabei sollte auch bei Steuerberatern und Wirtschaftsprüfern der Nachweis insolvenzrechtlicher Erfahrung gefordert werden. 23
24 9. Gefahr einer schnellen Beendigung des Sanierungsverfahrens mit vorzeitiger Aufhebung der Eigenverwaltung wegen Eintritts der Zahlungsunfähigkeit. Es fehlen flankierende Maßnahmen, insbesondere die Privilegierung von Sanierungskrediten, um das außergerichtliche Sanierungsverfahren abzusichern. 10. Rechtfertigt die Absicht, nicht antragspflichtige Schuldner frühzeitig zur Einleitung eines Insolvenzverfahrens in Eigenverwaltung zu veranlassen, den Verzicht auf effektive Aufsichtsmaßnahmen zum Schutz der beteiligten Gläubiger? 24
25 And last but not least: 11. Das Sanierungsverfahren nach 270 b (InsO- E) und hier insbesondere die Möglichkeit einer der Planungssicherheit dienenden Bestimmung der Person des (vorläufigen) Sachwalters verbessert die Kooperationsmöglichkeiten zwischen insolvenzerfahrenen Beratern des Schuldners und den meist dem gleichen Personenkreis entstammenden Bewerbern um das Amt eines Sachwalters. 25
26 Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! 26
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