Psychologische Schutz- und Risikofaktoren
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- Harald Ackermann
- vor 7 Jahren
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1 Psychologische Schutz- und Risikofaktoren Jürgen Bengel & Lisa Lyssenko Abteilung für Rehabilitationspsychologie und Psychotherapie Institut für Psychologie, Universität Freiburg Symposium Reha 2020: Lebensstil und gesundheitliches Risiko Freiburg,
2 Beispiele für Risikofaktorenmodelle Risikofaktoren der Koronaren Herzerkrankung u.a. Hypercholesterin, Rauchen, Hypertonie, Übergewicht, Depression Risikofaktoren für Entwicklungsstörungen u.a. unerwünschte Schwangerschaft, mangelnde soziale Integration, ausgeprägte chronische Schwierigkeiten, psychischen Störungen der Eltern Abt. Rehabilitationspsychologie und Psychotherapie, Institut für Psychologie, Universität Freiburg Bengel & Lyssenko - 2
3 Psychologische Risikofaktoren - Stressoren Kritische Lebensereignisse, z.b. Tod einer nahestehenden Person Traumatische Ereignisse, z.b. schwerer Unfall Andauernde Stressoren, z.b. Probleme am Arbeitsplatz Abt. Rehabilitationspsychologie und Psychotherapie, Institut für Psychologie, Universität Freiburg Bengel & Lyssenko - 3
4 Psychologische Risikofaktoren - Risikoverhalten Rauchen Alkohol- und Drogenkonsum Übermäßiges Essen und Fehlernährung Bewegungsmangel, Inaktivität Dysfunktionale Belastungsverarbeitung Sexuelles Risikoverhalten Unangemessenes Verhalten beim Autofahren, Rasen Sonnenbaden Abt. Rehabilitationspsychologie und Psychotherapie, Institut für Psychologie, Universität Freiburg Bengel & Lyssenko - 4
5 Psychologische Risikofaktoren - Dispositionen Ängstlichkeit, Angst Depressivität, Depression Ärger, Feindseligkeit, Aggression (Typ-A, Typ-C) Negative Emotion, Neurotizismus, Typ-D Psychophysische Reaktion (kardiovaskulär/immunologisch) Verhaltenskonsequenz riskantes Verhalten Abt. Rehabilitationspsychologie und Psychotherapie, Institut für Psychologie, Universität Freiburg Bengel & Lyssenko - 5
6 Resilienzforschung Spannkraft, Elastizität, Strapazierfähigkeit Resilienz im Erwachsenenalter: Psychische Widerstandskraft angesichts belastender Lebensereignisse Resilienz bei Kindern und Jugendlichen: Günstige / normale Entwicklung trotz ernsthafter Gefährdungen und Probleme Abt. Rehabilitationspsychologie und Psychotherapie, Institut für Psychologie, Universität Freiburg Bengel & Lyssenko - 6
7 Risikokinder auf Kauai (Werner & Smith, 2001) Identifizierung von Risiko- und Schutzfaktoren für die Entwicklung Kohorte aller 1955 auf Kauai geb. Kinder (n=698) Längsschnittstudie über 40 Jahre Von 201 Hochrisikokindern zeigten 72 als junge Erwachsene gute Entwicklungsergebnisse und Kompetenzen vulnerable but invincible Abt. Rehabilitationspsychologie und Psychotherapie, Institut für Psychologie, Universität Freiburg Bengel & Lyssenko - 7
8 Modell der Salutogenese (Antonovsky, 1979) Aaron Antonovsky (1923, USA 1994, Israel) Studie zu Auswirkungen der Menopause bei Frauen, geb % trotz traumatischer Erfahrung mit guter psychischer Gesundheit Wie bleiben bzw. werden Menschen trotz vieler potentiell gesundheitsgefährdender Einflüsse (wieder) gesund? Kohärenzgefühl (SOC): - Verstehbarkeit - Handhabbarkeit - Sinnhaftigkeit bzw. Bedeutsamkeit Abt. Rehabilitationspsychologie und Psychotherapie, Institut für Psychologie, Universität Freiburg Bengel & Lyssenko - 8
9 Potentielle Schutzfaktoren im Erwachsenenalter Kognitive Schutzfaktoren Optimismus, Hoffnung Selbstwirksamkeitserwartung Internale Kontrollüberzeugungen Kohärenzgefühl, Hardiness Religiosität Emotionale Schutzfaktoren Selbstwertgefühl Positive Emotionen Interaktionale Schutzfaktoren Aktive Bewältigungsstrategien Soziale Unterstützung Bengel & Lyssenko (2012, in Vorb.) Abt. Rehabilitationspsychologie und Psychotherapie, Institut für Psychologie, Universität Freiburg Bengel & Lyssenko - 9
10 Selbstwirksamkeit(serwartung) Subjektive Erwartung, Anforderungssituationen aus eigener Kraft bewältigen zu können (Bandura, 1977) konsistent protektiv bei einer Vielzahl von Stressoren Wirkmechanismen Geringere Vulnerabilität und geringere wahrgenommene Bedrohung Tendenz, zu aktiven, problemorientierten Bewältigungsstrategien Größeres Durchhaltevermögen bei Rückschlägen Günstigere Bewertung der eigenen Bewältigungsanstrengungen Erhöhte Motivation zur Verhaltensänderung (Benight & Bandura, 2004) Abt. Rehabilitationspsychologie und Psychotherapie, Institut für Psychologie, Universität Freiburg Bengel & Lyssenko - 10
11 Religiosität Probleme bei der Operationalisierung Inkonsistente Befunde (Zwingmann & Moosbrugger, 2004) Erklärungsansätze: Wechselwirkung mit sozialer Unterstützung Differentielle Wirkung je nach Stressor und Lebensumständen kann zum Risikofaktor werden Religiöse Copingstile (Pargament & Cummings, 2010) passives religiöses Coping kooperatives religiöses Coping religiöses Selbstmanagement Abt. Rehabilitationspsychologie und Psychotherapie, Institut für Psychologie, Universität Freiburg Bengel & Lyssenko - 11
12 Selbstwertgefühl (self-esteem) Affektive und evaluative Komponente der bewussten Selbstwahrnehmung Baumeister et al., 2003 Begriffsunklarheit im Deutschen: Selbstvertrauen, Selbstbewusstsein, Selbstwert(gefühl) 80er Jahre (USA): Allheilmittel gegen psychische Erkrankungen, Substanzmissbrauch und Verhaltensauffälligkeiten sowie Garantie für beruflichen Erfolg und soziale Integration Inkonsistente Befunde Niedriges Selbstwertgefühl deutlicher Risikofaktor Personen mit hohem Selbstwertgefühl berichten höhere Lebenszufriedenheit Kein protektiver Effekt eines hohen Selbstwertgefühls Abt. Rehabilitationspsychologie und Psychotherapie, Institut für Psychologie, Universität Freiburg Bengel & Lyssenko - 12
13 Positive Emotionen Positive Gefühle und Stimmungen wie Freude, Stolz, Zufriedenheit, Zuversicht, Fröhlichkeit, Wohlbehagen Positive Emotionen haben vielfältige günstige Nebenwirkungen, wirken allgemein protektiv Unterschied zwischen Alltag und Belastungssituation*: Alltag: Negative und positive Emotionen unabhängig voneinander Belastung: Kontinuum der Emotionen negative Emotionen überwiegen Resiliente Personen können auch bei schweren Belastungssituationen sowohl positive als auch negative Emotionen empfinden * Dynamic Model of Affect Reich, Zautra & Davis (2003) Abt. Rehabilitationspsychologie und Psychotherapie, Institut für Psychologie, Universität Freiburg Bengel & Lyssenko - 13
14 Soziale Unterstützung Empirisch sehr gut abgesicherter Schutzfaktor Differenzierung in wahrgenommene und tatsächlich erhaltene soziale Unterstützung Soziales Netz Soziale Unterstützung KHK-Risiko bei verheirateten Männer 9%, bei geschiedenen Männern 20% (Rosengren et al. 1989; Malcolm & Dobson 1989) KHK-Mortalitätsrate von Witwern im ersten halben Jahr nach Tod der Frau um 40% höher (Broken Heart Study, Parkes et al. 1969) Krankheitsverlauf günstiger bei Männern in Partnerschaft (siehe Titscher & Schöppl 2000) Abt. Rehabilitationspsychologie und Psychotherapie, Institut für Psychologie, Universität Freiburg Bengel & Lyssenko - 14
15 Wirkungsweise der Schutzfaktoren Präventiv Gesundheitsverhalten Geringeres Risiko für kritische Ereignisse In kritischen Situationen Nach kritischen Situationen & bei chronischen Stressoren Geringere Bedrohungswahrnehmung Puffern der Belastung Adäquate Copingstrategien Höheres Durchhaltevermögen Abt. Rehabilitationspsychologie und Psychotherapie, Institut für Psychologie, Universität Freiburg Bengel & Lyssenko - 15
16 Fazit Schutzfaktoren entfalten ihre Wirkung in Abhängigkeit von der Art des Stressors bzw. der Risikobedingungen vom zeitlichen Verlauf der Interaktion von Mensch und Umwelt der Wechselwirkung mit anderen Faktoren Abt. Rehabilitationspsychologie und Psychotherapie, Institut für Psychologie, Universität Freiburg Bengel & Lyssenko - 16
17 Salutogenese wirkt als Idee nach, aber Forschung hat sich von Antonovsky s Modell gelöst Resilienz als neuer Hype Gemeinsame Grundfrage: Was hält Menschen gesund? Abt. Rehabilitationspsychologie und Psychotherapie, Institut für Psychologie, Universität Freiburg Bengel & Lyssenko - 17
18 Prävention und Rehabilitation Was sind resilienzfördernde Maßnahmen? Welche Schutzfaktoren sollten gestärkt werden? Programme zur Resilienzförderung Informationsbasierte Webseiten Zielgruppenorientierte Angebote Mehrebenenprogramme Abt. Rehabilitationspsychologie und Psychotherapie, Institut für Psychologie, Universität Freiburg Bengel & Lyssenko - 18
19 30 Minuten für das Wohlergehen Ein gesunder Lebensstil ist nicht nur etwas für Asketen und Sportskanonen. Oft reicht schon eine halbe Stunde täglich aus, um die Gesundheit nachweislich zu verbessern... (Focus Online, ) Focus Online empfiehlt: Täglich jeweils 30 min länger schlafen länger im Bad bleiben Kaffeepause machen selbst eine gesunde Mahlzeit zubereiten mit Freunden telefonieren Licht tanken nicht fernsehen
20 10 Ways to create resilience Website der American Psychological Association 1. Bemühen Sie sich um soziale Beziehungen. 2. Betrachten Sie Krisen als überwindbare Probleme. 3. Akzeptieren Sie, dass Veränderung Teil des Lebens ist. 4. Streben Sie danach, Ihre Ziele zu erreichen. 5. Entschließen Sie sich zum Handeln. 6. Suchen Sie nach Möglichkeiten, um sich selbst zu finden. 7. Fördern Sie ein positives Selbstbild. 8. Betrachten Sie Situationen nüchtern. 9. Behalten Sie eine optimistische Erwartungshaltung bei. 10. Sorgen Sie für sich selbst. Abt. Rehabilitationspsychologie und Psychotherapie, Institut für Psychologie, Universität Freiburg Bengel & Lyssenko - 20
21 Zielgruppenorientierte Angebote Stress am Arbeitsplatz (Australien): READY - Schutzfaktoren: positive Emotionen, kognitive Flexibilität, soziale Unterstützung, Lebenssinn, aktive Bewältigung - Interventionen: Psychoedukation, Gruppendiskussionen, Verhaltensexperimente, Hausaufgaben (Nurton, Pakenham & Brown, 2009) Polizeianwärter (USA): Trauma Resilience Training - Imaginations- und Fertigkeiten-Training zum Umgang mit potentiell traumatischen Situationen (Arnetz et al., 2009) Abt. Rehabilitationspsychologie und Psychotherapie, Institut für Psychologie, Universität Freiburg Bengel & Lyssenko - 21
22 Mehrebenenprogramm Internetbasiertes Assessment Allgemeines Resilienztraining (physisch, emotional, sozial, familiär, spirituell) Vertiefende Kursmodule Verbreitung einer Resilienzkultur durch die Befehlshaber Enge Zusammenarbeit mit der Forschung In Teilen implementiert und evaluiert (Casey, 2011) Abt. Rehabilitationspsychologie und Psychotherapie, Institut für Psychologie, Universität Freiburg Bengel & Lyssenko - 22
23 Systematische Reviews - Schutzfaktoren Bengel, J., Strittmatter, R. & Willmann, H. (2001). Was erhält Menschen gesund? Antonovskys Modell der Salutogenese Diskussionsstand und Stellenwert (erweiterte Aufl.). Köln: BZgA. Bengel, J., Meinders-Lücking, F. & Rottmann, N. (2009). Schutzfaktoren bei Kindern und Jugendlichen Stand der Forschung zu psychosozialen Schutzfaktoren für Gesundheit. Köln: BzGA. Bengel, J. & Lyssenko, L. (2012, in Vorbereitung). Resilienz und psychosoziale Schutzfaktoren im Erwachsenenalter. Köln: BZgA. Gefördert von der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, Köln Abt. Rehabilitationspsychologie und Psychotherapie, Institut für Psychologie, Universität Freiburg Bengel & Lyssenko - 23
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