Vorkurs Mathematik Logik und Beweise
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- Emilia Frank
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1 Vorkurs Mathematik Logik und Beweise Axel Wagner 30. September 2012 Diese Arbeit basiert in Teilen auf dem Beweis-Vortrag von Bärbel Jansen und Winnifred Wollner, in bearbeiteter Fassung von Casper Goch. Sie steht unter der freien CC-BY-SA-DE 3.0 Lizenz. Für weitere Informationen besuchen Sie Logische Operatoren und Wahrheitstafeln Wir arbeiten in der Mathematik mit einer zweiwertigen Aussagenlogik, das heißt, wir untersuchen Aussagen, denen ein eindeutiger Wahrheitsgehalt zugeordnet werden kann. Man kann also entscheiden, ob die Aussage wahr oder falsch ist, deshalb auch zweiwertige Logik - es existieren genau zwei Wahrheitswerte, die eine Aussage annehmen kann. Beispiele für gültige Aussagen sind es regnet und die Straße ist nass. Eine ungültige Aussage wäre zum Beipsiel vielleicht gewinne ich im Lotto (es sei denn, man definiert vorher genau, was vielleicht bedeutet). Wir benutzen große lateinische Buchstaben vom Anfang des Alphabets (A, B, C,...) als Platzhalter für beliebige Aussagen und schreiben ausserdem kurz w für den Wahrheitswert wahr und f für den Wahrheitswert falsch. Aus bestehenden Aussagen können wir mithilfe von so genannten Operatoren neue Aussagen gewinnen. Ein Operator nimmt eine bestimmte Anzahl von Aussagen ( Operanden ) entgegen und ordnet diesen - abhängig von ihrem Wahrheitswert - entweder w oder f zu. Ein Operator macht also aus einer oder mehreren Aussagen eine neue Aussage. Als einfachster relevanter Operator ist die Negation ( Verneinung ) zu nennen. Der Negationsoperator ordnet einer Aussage A ihr Gegenteil A zu. Die Wirkung des Operators lässt 1
2 sich gerade dadurch beschreiben, dass wenn A wahr ist, A falsch ist und dass wenn A falsch ist, A wahr ist. Wir sehen hier ein Muster für die Definition von Operatoren: Für jeden möglichen Wahrheitswert (oder jede mögliche Wertekombination von Wahrheitswerten) des (oder der) Operanden wird beschrieben, welchen Wahrheitswert die durch den Operator für diesen Fall animmt. Da dies in natürlicher Sprache häufig unhandlich ist, wurde die Notation der so genannten Wahrheitstafeln geschaffen. Das sind Tabellen, in denen jede Spalte eine Aussage repräsentiert und jede Zeile eine mögliche Kombination von Wahrheitswerten. Haben wir nur eine einzige Aussage, ist die dazugehörige Wahrheitstafel trivial: A w f Zu einem nützlichen Werkzeug werden jetzt Wahrheitstafeln, indem wir benutzen, dass die Anwendung eines Operators aus einem Satz von Aussagen wieder eine Aussage macht, die eindeutig von den Operanden abhängt. Wir können also nun eine weitere Spalte für die neue Aussage hinzufügen und in die Spalten jeweils eintragen, welchen Wert der Operator dieser Kombination von Wahrheitswerten zuordnet: A A w f f w Dadurch haben wir das gleiche ausgedrückt, wie oben, nur in deutlich kompakterer Schreibweise (wir sehen so auch, warum der einzig interessante einstellige Operator ist: Die einzig möglichen anderen Kombination in der rechten Spalte sind w, f, w, w und f, f, also die Identität und die triviale Umformung zu w oder f ). Interessanter sehen nun die Wahrheitstafeln für mehrstellige Operatoren (auch Junktoren, oder Verknüpfungen) aus, da es dort deutlich mehr mögliche Kombinationen gibt. So definiert man z.b. die und-verknüpfung durch: und die oder-verknüpfung durch: A B A B w w w w f f f w f f f f A B A B w w w w f w f w w f f f Wir wollen uns nun dem wichtigen Thema der Mathematik zuwenden: Dem Beweis. 2
3 Bei einem Beweis geht es darum, zu zeigen, dass eine bestimmte Aussage wahr ist, man beweist sie. Als Beispiel wollen wir nun den so genannten Satz vom Widerspruch beweisen, der lautet: Für eine beliebige Aussage A ist A A falsch Wir wollen also zeigen, dass unabhängig vom Wahrheitswert von A immer A A den Wahrheitswert falsch hat. Als Werkzeug benutzen wir dabei wieder Wahrheitstafeln. Wir beginnen wieder, indem wir alle möglichen Werte für die Operanden (in diesem Fall nur A) notieren. Unser Ziel ist, den Wahrheitswert von A A eintragen zu können: A A A w f Wir haben nun noch das Problem, dass die rechte Seite so nicht ganz einsichtig sind. Wir spalten die Aussage deshalb in kleinere Teile auf, die einfacher zu handhaben sind. So kennen wir z.b. die Wahrheitswerte von A: A A A A w f f w Wir sehen nun, dass unsere Tabelle im Wesentlichen bereits in der Definition von enthalten ist, wenn wir A statt B einsetzen (da A und B nur Platzhalter für beliebige Aussagen sind, können wir dies). Wir können also direkt die letzte Spalte ausfüllen, indem wir die entsprechenden Werte aus den Zeilen w, f und f, w der Definition nehmen: A A = B A A = A B w f f f w f Und wir sehen, dass A A in jedem Fall falsch ist, wie gewünscht. Wahrheitstafeln dienen uns also nicht nur zur Definition von Operatoren, sondern auch als wichtiges Beweismittel. Der Satz vom Widerspruch ist eine so genannte Schlussfigur. Wir können sie benutzen, um zusammengesetzte Aussagen zu vereinfachen und so leichter zu beweisen. So können wir z.b. in der Aussage A (B B) von nun an schlicht B B durch f ersetzen, da wir ja bereits gezeigt haben, dass völlig unabhängig von B dies der einzig mögliche Wahrheitswert ist. Implikation und Äquivalenz Schlussfiguren und Wahrheitstafeln sind wichtige Mittel, um Beweistechniken zu entwickeln und verstehen. In der Beweispraxis sind sie allerdings eher weniger relevant. 3
4 Bevor wir nun zu grundlegenden Schlusstechniken kommen, müssen wir noch zwei weitere Operatoren einführen: A B A B A B w w w w w f f f f w w f f f w w heißt dabei Implikation und heißt Äquivalenz. Diese Operatoren sind dabei erst einmal nichts besonderes gegenüber den bereits eingeführten: Sie dienen dazu, existierende Aussagen zu neuen zu verknüpfen. Dennoch können sie uns helfen, neues Wissen über den Wahrheitsgehalt von Aussagen herzuleiten. Stellen wir uns vor, wir haben ein Axiom A gegeben, sowie eine weitere Aussage B. Da wir A als wahr annehmen (was gerade die Bedeutung eines Axioms ist), brauchen wir uns nur für die ersten beiden Zeilen der Wahrheitstafel interessieren: A B A B w w w w f f Wir sehen hier, dass, wenn A B wahr ist, B wahr sein muss und dass, wenn B falsch ist, dies auch für A B gilt! Haben wir also gezeigt, dass A B gilt, dann wissen wir automatisch, dass B wahr ist (und können dies dann in weiteren Beweisen benutzen). Es ist also (A (A B)) B wahr (wie sich leicht durch eine Wahrheitstafel beweisen lässt). Die Aussage A B lässt sich also in intuitive Logik übersetzen als Wenn A wahr ist, dann ist auch B wahr. Diese Schlussfigur nennt sich Modus ponendo ponens und sie ist die formale Grundlage für den direkten Beweis. ist die so genannte Äquivalenz von Aussagen und sie hat eine besondere Bedeutung zum Umformen. Wie wir aus der Wahrheitstabelle entnehmen können, haben, wenn A B wahr ist (und nur dann), A und B den gleichen Wahrheitswert. Wir sagen auch A gilt genau dann, wenn B gilt. Das besondere ist, dass wir äquivalente Aussagen zu jedem Zeitpunkt schlicht durcheinander ersetzen können. In beide Richtungen. Sollten wir also in einer Wahrheitstabelle feststellen, dass zwei Spalten die gleichen Einträge haben, dann können wir einfach die Aussage der einen durch die Aussage der anderen Ersetzen und umgekehrt. Mithilfe der bisherigen Mittel sollte es nun ein leichtes sein, folgende Aussagen zu beweisen (und ihre Bedeutung zu verstehen): 1. A B B A 2. A B B A 3. A (B C) (A B) C 4
5 4. A (B C) (A B) C 5. A w A 6. A w w 7. A A A 8. A A A 9. (A B) A B 10. (A B) A B 11. (A B) ( A B) Sätze und Beweise Zunächst brauchen wir einen kleinen Überblick darüber, was eigentlich die allgemeine Struktur eines Satzes ist und wie ein Beweis aufgebaut ist. Für gewöhnlich hat ein mathematischer Satz die grobe Struktur P K Es soll also gezeigt werden, dass aus einer (meistens zusammengesetzten) Aussage P (die Prämisse, oder Voraussetzung ) eine andere (manchmal zusammengesetzte) Aussage K (die Konklusion, oder Folgerung ) folgt, dass also wenn P wahr ist, auch K wahr sein muss. Die Voraussetzungen und Folgerungen zu identifizieren ist ein wichtiger Schritt zu einem sauberen Beweis. Gerade in den ersten Semesters führt ein genaues Aufführen der Vorraussetzungen eins Satzes, gemeinsam mit ein paar einfachen Definitionen und alten Sätzen ziemlich direkt zur Folgerung. Deswegen ist es zu Beginn des Studiums noch empfehlenswert, die Voraussetzungen getrennt aufzuführen. Prädikate und Quantoren Aussagen alleine sind bereits ein sehr mächtiges Werkzeug, aber so nicht ganz ausreichend. Wir können zum Beispiel die Aussage machen Steffen ist ein Mathematikstudent und daraus dann andere Aussagen über Steffen herleiten, zum Beispiel Steffen ist ein Nerd 5
6 Im Allgemeinen wollen wir aber nicht nur eine Aussage über Steffen machen, sondern wir wollen möglicherweise ausdrücken, dass das relevante Merkmal von Steffen ist, Mathematiker zu sein und dass bestimmte Aussagen alleine aus dieser Tatsache folgen. So ist zum Beispiel Claudia auch Mathematikstudentin und damit vermutlich auch eine Nerdine. Aber bisher haben wir das nur für Steffen bewiesen. Wir wollen also eine Aussage beweisen können wie Alle Mathematikstudierenden sind Nerds Dafür brauchen wir Prädikate. Prädikate sind quasi Aussagen mit Lücken, oder Variablen. Zum Beispiel ist A(x) x ist ein e Mathematikstudent in ein Prädikat (in diesem Sinne). Die allermeisten Aussagen, die man im Mathematikstudium kennenlernen werden, sind Prädikate. Wir könnten jetzt ein weiteres Prädikat definieren: und damit die Aussage formulieren und beweisen, ausdrückbar als B(y) y ist ein e Nerd ine A(x) B(x) Wenn x ein e Mathematikstudent in ist, dann ist x ein e Nerd ine Ebenso können wir die Elementrelation zu einer Menge als (zweistelliges) Prädikat auffassen: E(x, M) x M Dies formt wieder eine gültige Aussage, sobald wir für M eine konkrete Menge und für x ein konkretes Objekt einsetzen. Wichtig im Zusammenhang mit Prädikaten sind sogenannte Quantoren. Quantoren formen wieder neue Aussagen, indem spezifiziert wird, für wie viele Elemente des Universums ein bestimmtes Prädikat gilt. Die Quantoren sind: x: A(x) Für alle x ist A(x) wahr x : A(x) Für mindestens ein x ist A(x) wahr Die Quantoren alleine beziehen ein Prädikat auf alle Objekte des Universums. Wollen wir unsere Aussagen auf bestimmte Teilmengen einschränken, brauchen wir zusätzliche Prädikate: x : (A(x) B(x)) Für alle x, für die A(x) gilt, gilt auch B(x) x : (A(x) B(x)) Es gibt ein x, für das sowohl A(x) gilt, als auch B(x) Die Verbindung von der Elementrelation mit Quantoren ist so wichtig, dass man dafür eine extra Kurzschreibweise eingeführt hat: x : (E(x, M) A(x)) x M : A(x) x : (E(x, M) A(x)) x M : A(x) Diese Schreibweise wird euch noch sehr häufig begegnen. 6
7 Der direkte Beweis Die wichtigste Beweistechnik haben wir bereits erschlossen: Der direkte Beweis. Beim direkten Beweis wird direkt (oder über wenige Umwege) von der Prämisse auf die Konklusion geschloschen, wir zeigen also direkt, dass P K wahr ist. Für ein Beispiel eines direkten Beweises nehmen wir kurz an, dass einige Grundsätzliche Tatsachen über das rechnen mit ganzen Zahlen bekannt sind, unter anderem folgende Definitionen: Definition 1. Eine ganze Zahl n heißt gerade, wenn es eine ganze Zahl m gibt, sodass n = 2m. Wir wollen jetzt folgenden einfachen Satz direkt beweisen: Satz 2. Ist n eine gerade Zahl, so ist auch n 2 gerade. oder auch (kompakter): n Z : n gerade n 2 gerade Wir wollen nun die Voraussetzungen und die Folgerungen identifizieren: Voraussetzung: n Z, n gerade, also gibt es ein m, sodass n = 2m. Zu zeigen: n 2 gerade, gesucht ist also eine ganze Zahl k, sodass n 2 = 2k. Beweis: Aus der Voraussetzung wissen wir, dass n = 2m, also können wir umformen: n 2 = (2m) 2 = 4m 2 = 2 (2m 2 ) }{{} =:k = 2k Wir sehen hier, dass wir nicht viel machen mussten; wir haben im Wesentlichen die Voraussetzung in den untersuchten Term eingesetzt und damit den Satz direkt bewiesen. Es ist noch etwas anzumerken: Wir sollten eine Existenzaussage ( Es existiert ein k, sodass... ) beweisen und haben dies getan, indem wir eine Zahl mit den geforderten Eigenschaften konstruiert haben. Solche Beweise nennt man aus naheliegenden Gründen konstruktive Beweise und sie sind die einfachere (aber nicht immer mögliche) Form, Existenzaussagen zu beweisen. Fallunterscheidungen Eine besondere Form des direkten Beweises (oder aller Beweismethoden) ist der Beweis per Fallunterscheidung. Hierbei wird die zu zeigende Aussage in endlich viele leichter zu zeigende Fälle zerlegt und diese dann gezeigt. Ein Beispiel: Definition 3. Sei a eine reelle Zahl. a heißt der Betrag von a, es gilt: a a < 0 a := a a 0 7
8 Satz 4 (Dreiecksungleichung). Seien a, b reelle Zahlen. Zeige: Beweis. Durch Fallunterscheidung: a + b a + b 1. a < 0, b < 0: 2. a 0, b 0: a + b < 0 a + b = (a + b) = ( a) + ( b) = a + b a + b 0 a + b = a + b = a + b 3. o.b.d.a. a < 0, b 0: Durch Fallunterscheidung: a) a + b < 0: a + b = (a + b) = ( a) + ( b) = a b a + b b) a + b 0: a + b = a + b = a + b a + b Es ist besonders wichtig (und nicht immer trivial), dass alle möglichen auftretenden Fälle betrachtet werden. Ein häufiger Anfängerfehler ist, eine Fallunterscheidung zu machen, und dann einzelne Fälle zu vergessen (zum Beispiel unterscheidet man x > 0 und x < 0 und vergisst x = 0). Indirekter Beweis Wir betrachten folgende Wahrheitstafel: Diese Schlussfigur A B A B B A w w w w w f f f f w w w f f w w (A B) ( B A) heißt Kontraposition und ist die Grundlage für den so genannten Indirekten Beweis. Wir sehen also, dass wir statt P K auch K P zeigen können (und umgekehrt). Intuitiv ist das klar: Denn wenn z.b. die Straße immer nass ist, wenn es regnet, dann können wir aus der Tatsache, dass die Straße trocken ist, schließen, dass es wohl nicht regnet. Wir betrachten ein Beispiel für einen indirekten Beweis: 8
9 Definition 5 (Primzahl). Eine natürliche Zahl n 2 heißt Primzahl, wenn sie keinen echten Teiler hat. Definition 6 (Perfekte Zahl). Eine natürliche Zahl n heißt vollkommen, oder perfekt, wenn sie halb so groß, wie die Summe ihrer positiven Teiler ist. Beispiele für perfekte Zahlen sind 6 und 28. Satz 7. Sei n N eine vollkommene Zahl. Dann ist n keine Primzahl. Beweis. Wir zeigen stattdessen die indirekte Aussage: n Primzahl n nicht perfekt Sei n also eine Primzahl. Dann ist ihr einziger echter Teiler 1. Damit ist auch die Summe ihrer echten Teiler 1. Da n 2, ist n 1 und damit nicht vollkommen. Äquivalenzbeweis In einem Äquivalenzbeweis möchte man nicht nur A B, sondern A B zeigen. Die logische Schlussfigur, die man dafür benutzt, ist folgende: A B A B B A (A B) (B A) A B w w w w w w w f f w f f f w w f f f f f w w w w D.h. statt A B zu zeigen, zeigen wir A B und B A. Dazu ein Beispiel: Definition 8. Eine ganze Zahl n heißt ungerade, wenn eine ganze Zahl m existiert, sodass n = 2m + 1. Nicht beweisen werden wir: Lemma 9. Eine ganze Zahl ist entweder gerade, oder ungerade. Satz 10. Eine ganze Zahl n ist genau dann gerade, wenn n 2 gerade ist. Beweis. Ist bereits gezeigt. Zeigen wir indirekt: n ungerade n 2 ungerade. Sei n ungerade und m Z, sodass n = 2m + 1. Dann ist n 2 = (2m + 1) 2 = 4m 2 + 4m + 1 = 2(2m 2 + 2m) + 1 Dies ist eine ungerade Zahl. 9
10 Ringschluss Man kann das Prinzip des Äquivalenzbeweises ausweiten auf beliebig (aber endlich) viele weitere Aussagen durch den Schluss: A 1 A 2... A n A 1 Durch den Schluss A n A 1 schließt man einen Ring von Aussagen. Man kommt nun von jeder Aussage zu jeder anderen, indem man den Implikationspfeilen folgt, d.h. alle Aussagen sind äquivalent. Dies ist häufig (Achtung! Nicht immer!) ein eleganter Weg, eine Mehrfachäquivalenz zu zeigen. Widerspruchsbeweis Widerspruchsbeweise sind ein mächtiges (aber umstrittenes) Werkzeug für eine n Mathematiker in. Sie beruhen auf der logischen Schlussfigur: A A B B A (B B) w f f w f w f f Wir sehen, dass, wenn wir gezeigt haben, dass A (B B) wahr ist, dass dann A falsch sein muss, bzw. eben A wahr. Wir zeigen also A, indem wir das Gegenteil annehmen und zeigen, dass wir daraus einen Widerspruch beweisen können. Da wir wissen, dass Widersprüche nie wahr sind, muss unsere Annahme ergo falsch sein. Wir betrachten wieder ein Beispiel: Definition 11. Eine rationale Zahl ist eine Zahl, die sich als p q ganze Zahl und q eine natürliche Zahl (ungleich 0) ist. darstellen lässt, wobei p eine Satz 12. Es existiert keine rationale Zahl x mit x 2 = 2. Beweis. Angenommen, es existiert eine solche natürliche Zahl. Dann existieren m, n Z mit x = m n Wir können o.b.d.a. annehmen, dass m und n teilerfremd sind. 2 = x 2 = m2 n 2 2n 2 = m 2 D.h. m 2 ist eine gerade Zahl. Damit aber auch m und es existiert ein k, sodass m = 2k 10
11 2n 2 = m 2 = 4k 2 n 2 = 2k 2 Damit ist nun auch n 2 gerade und damit n. Dass aber m und n beide gerade sind, widerspricht der Annahme der Teilerfremdheit. Eindeutigkeitsbeweis Häufig kommt es vor, dass man zeigen will, dass es nur ein einziges Objekt gibt, welches bestimmte Eigenschaften aufweist, dass also dieses Objekt eindeutig durch diese Eigenschaften identifiziert wird. Dies geschieht meistens, indem man annimmt, man hätte ein zweites Objekt mit den gleichen Eigenschaften, von welchem man dann zeigt, dass es mit dem bereits vorhandenen übereinstimmt. Definition 13. Eine reelle Zahl e heißt neutrales Element der Addition, wenn für alle reellen Zahlen x gilt: x + e = x Wir wollen nun zeigen, dass es genau ein solches neutrales Element gibt. Beweis. Angenommen also, wir haben zwei neutrale Elemente e und e gegeben. Dann gilt per Definition: e + e = e e + e = e Wegen der Kommutativität der Addition gilt: e + e = e + e e = e Definition 14. Das neutrale Element der Addition bezeichnen wir mit 0. Ein häufiger Anfängerfehler ist es, in solch einem Fall von dem neutralen Element zu sprechen, ohne vorher zu zeigen, dass es auch wirklich nur eines gibt. Erst durch den Eindeutigkeitsbeweis ist es legitim das neutrale Element zu sagen und erst dann ist das Symbol 0 wie man sagt wohldefiniert. Fußangeln Zuletzt noch ein paar Fußangeln, mit denen Anfänger sich häufig konfrontiert sehen: 11
12 Stil Anfänger neigen dazu, Seitenlange Rechnungen voller möglichst komplizierter Symbole als Beweise abzugeben. Das ist so falsch, wie es nur geht. Ein guter Beweis ist kurz, sauber und einfach zu lesen und verstehen. Es geht bei Beweisen weder darum, sein Wissen proprietär zu halten, noch, mit komplizierter Ausdrucksweise anzugeben, sondern darum, anderen (und sich selbst) das enthaltene Wissen klar zu machen. Dazu gehört es auch, gute und klare Bezeichnungen zu benutzen. Durchgesetzt haben sich z.b. folgende Konventionen: m, n N Widerspruchsbeweis i, j, k, l Z (oder ebenfalls N) p, q Q x, y, z R Der Widerspruchsbeweis ist tatsächlich nicht ganz so klar, wie hier dargestellt. Als Beispiel betrachten wir die Aussage, mit der ein Barbier seine Dienste bewirbt: Ich rasiere genau die, die sich nicht selbst rasieren Und fragen uns, wer ihn rasiert. Nehmen wir an, dass er sich selbst rasiert. Da er Leute, die sich selbst rasieren nicht rasiert, rasiert er sich dann nicht selbst. Widerspruch. Nehmen wir allerdings an, dass er sich nicht selbst rasiert. Nach eigener Aussage rasiert er aber ja jeden, der sich nicht selbst rasiert - also auch sich selbst. Ebenfalls ein Widerspruch. Dies ist eine Variante der bekannten Russelschen Antinomie. Sie lässt sich auflösen, aber dazu muss man schon deutlich tiefer in die formale Logik und Mengentheorie einsteigen und die naive Mengenlehre endgültig hinter sich lassen. Folgerung aus Widerspruch Hier muss noch ein Punkt genannt werden, mit dem Erstsemester häufig verwirrt werden - er wird häufig ausgedrückt als Aus Widersprüchen lassen sich beliebige Aussagen folgern. Der Grund dafür, ist aus folgender Wahrheitstafel ersichtlich: A B A A (A A) B w w f w w f f w f w f w f f f w Wir sehen hier, dass, obwohl A A immer falsch ist, dass die Implikation immer wahr ist. Daraus ist aber nicht zu folgern, dass B wahr ist, im Gegenteil. Der Wahrheitsert von B 12
13 hat überhaupt keinen Einfluss auf die Wahrheitstafel, B kann sowohl wahr als auch falsch sein. Was gemeint ist, wenn gesagt wird, aus Widersprüchen lassen sich beliebige Aussagen folgern, ist, dass die Folgerung korrekt ist, dass also die Implikation wahr ist. Zirkelschluss Häufig kommt es (unbewusst) vor, dass man, im Versuch, einen Satz zu zeigen, diesen bereits voraussetzt. Meistens ist ein solcher Zirkelschluss gut versteckt und nicht offensichtlich. Um Zirkelschlüsse zu vermeiden, hilft nur ein strikt formales Vorgehen. 13
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