Wo die Milchleistung nicht alles ist
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- Jacob Dressler
- vor 7 Jahren
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1 Wo die Milchleistung nicht alles ist Welche Zukunft haben die Rassen Angler, Gelbvieh, Jersey und Vorderwälder? Wirtschaftliche Milchviehhaltung braucht eine produktive Rasse. Deshalb stehen in beinahe 90 Prozent der deutschen Herdbuchbetriebe die Rassen Holsteins und Fleckvieh, die mit durchschnittlichen Milchleistungen von l bis über l Milch pro Kuh und Jahr die anderen Rassen weit hinter sich lassen. Trotz dieser Entwicklung behaupten sich einige kleine Milchviehrassen wie Angler, Gelbvieh, Jersey und Vorderwälder in der deutschen Zuchtlandschaft, auch wenn deren Tierzahlen sehr bescheiden sind. Während bei den Anglern (Rotvieh) noch über Herdbuchkühe gehalten werden, sind es bei Gelbvieh noch etwa 7 000, bei den Vorderwäldern rund und bei den Jersey s stehen nur noch Kühe im Herdbuchverzeichnis (siehe Übersicht rechts). Welche Gründe haben Milchviehhalter auf diese Rassen zu setzen, welche Probleme haben sie und welche Perspektiven bieten sich für die Zukunft? Außer bei den Anglern (Rotvieh), die mit einem HB-Durchschnitt von kg Milch bei 4,85 % Fett und 3,62 % Eiweiß sogar das Fleckvieh überholen, ist die Milchleistung für die Züchter der kleinen Rassen nicht das wichtigste Argument. Jersey: Dicke Milch wird gut bezahlt mit effektiv Zucht betrieben werden könne. -slstecken. Die Zwischenkalbezeit von momentan 380 Tagen will er unter 370 drücken. Die leichten Abkalbungen und die Eutergesundheit der Herde lobt Leurs. Mit Stoffwechselproblemen hat er ab und an zu tun, vor allem ab der 2. Laktation: Jerseys haben im Hochleistungsbereich etwas höhere Ansprüche an die Mineral- Jersey-Züchter Arno Leurs. Fotos: Dorsch (2), Dylka, S. Lehnert Für Arno Leurs aus Winternam bei Kerken am Niederrhein hat die Slom-II-Regelung den Ausschlag gegeben, mit der Rasse Jersey Anfang der 90er in die Milchviehhaltung einzusteigen: Wir durften damals unsere Fettquote selbst ermelken und so suchten wir natürlich eine Rasse mit möglichst hohen Inhaltsstoffen. Die 17 Jerseys, die Leurs 1992 einstallte, wollte er nur ein oder zwei Jahre melken und dann wieder verkaufen. Heute hält er 80 Kühe plus Nachzucht. Die Produktivität der kleinrahmigen Rasse, ihre Umgänglichkeit und vor allem die hohen Milchinhaltsstoffe, die sich positiv im Milchpreis niederschlugen, haben ihn überzeugt. 45,5 Cent pro Liter Milch mit 6,15 % Fett und 4,26 % Eiweiß bekam Leurs bei der belgischen Molkerei Walhorn im Jahr ,5 Cent pro Liter Jersey-Milch ergeben bei einer Leistung von Liter unterm Strich genausoviel wie 32,5 Cent für Liter Milch mit weniger Inhaltsstoffen, rechnet der Betriebsleiter vor. Mit diesem Argument und dem geringeren Futteraufwand bei dieser Rasse durch bessere Verwertung kontert er regelmäßig das mitleidige Lächeln seiner Berufskollegen. Auch mit einem Erstkalbealter von 23 Monaten braucht er sich nicht zu verstoffversorgung. Auch Sauger gebe es häufiger als bei anderen Rassen. Ein grundsätzliches Problem bei der Vermarktung des Schlachtviehs ist der mangelnde Fleischansatz. Leurs ist froh, wenn er die Bullenkälber für 20 bis 50 E verkaufen kann. Da das Fleisch der Bullen sehr feinfaserig und daher von besonderer Qualität ist, könnte sich Leurs für die Zukunft den Absatz über Gourmet- Restaurants vorstellen. Von der Zucht auf höhere Milchleistung mit amerikanischen Bullen hält er wenig: Jerseys vertragen höhere Inhaltsstoffe besser als hohe Leistungen, meint der Züchter und favorisiert daher dänische Bullen. Allerdings sei das Sperma sehr teuer, da zu wenig gute Bullen zur Verfügung stünden. In Zukunft gelte es, die rege Nachfrage nach gutem Zuchtmaterial vor allem im Inland zu bedienen, da- R26 top agrar 10/2003
2 R I N D Gelbviehzüchter Holger und Fritz Röder aus Markt Bibart loben die Robustheit der Rasse. Links: Claudia und Martin Röder. Denn die Rassen Gelbvieh, Jersey und Vorderwälder belegen mit Leistungen zwischen bis kg Milch deutlich die hinteren Ränge. Stark in den funktionalen Merkmalen Die Hauptgründe für die Züchter dieser Rassen liegen woanders: Angler und Vorderwälder sind vor allem in den funktionalen Merkmalen wie Langlebigkeit und Robustheit besonders stark und haben daher auf für Hochleistungskühe weniger geeigneten Standorten Vorteile. Die momentan verstärkte Nachfrage nach Anglern aus Südeuropa ist in erster Linie durch deren Vorzüge in Sachen Anpassungsfähigkeit zu erklären: Die Vermarktung von niedertragenden oder abgekalbten Färsen nach Italien, Griechenland und Algerien boomt, da dort besonders temperaturtolerante und anspruchslose Tiere benötigt werden, erklärt Claus-Peter Tordsen, Geschäftsführer des Verbandes Deutscher Rotviehzüchter in Süderbrarup. Angler werden sowohl in Holstein- als auch in Fleckviehherden eingekreuzt, um die Fundamente zu verbessern und die Inhaltsstoffe zu erhöhen. Die Doppelnutzung von Milch und Übersicht: Was die kleinen Milchrassen leisten Herdbuch Milch- Fett Eiweiß Hauptverbrei- Rasse Kühe Betriebe* leistung % % tungsgebiet Angler ,85 3,62 Angeln in (Rotvieh) Schlesw.-Holst. Gelbvieh ,16 3,52 Franken Jersey ,98 4,12 bundesweit, v. a. in Hessen und Niedersachsen Vorderwälder ,16 3,35 Schwarzwald zum Vergleich: sbt. Holsteins ,20 3,41 bundesweit verbreitet Fleckvieh ,15 3,50 bundesweit, v. a. in Bayern und Bad.-Württemb. * ) Betriebe mit mind. 50 % der betreffenden Rasse, Quelle: ADR 2002 top agrar 10/2003 R27
3 R I N D Portraits der Rassen j Angler: Die Rasse Angler ist traditionell in der Region Angeln in Schleswig-Holstein entstanden. Seit 1945 wird die milchbetonte Zweinutzungsrasse mit anderen Rotviehschlägen unter dem Begriff Deutsches Rotvieh zusammengefasst. Die Tiere zeichnen sich durch hohe Milchinhaltsstoffe (Eiweißgehalt über 3,6 %, Kappa-Kasein B), leichte Kalbungen und gute Fundamente aus. Zuchtziel sind kg Milch mit 4,8 % Fett und 3,8 % Eiweiß. j Gelbvieh: Gelbvieh war ursprünglich eine Dreinutzungs-, heute eine Zweinutzungsrasse, die traditionell in Franken gehalten wird. Im Rahmen ist diese Rasse etwas größer als Fleckvieh, zeigt aber Fleisch ist der entscheidende Vorteil bei Gelbvieh und Vorderwäldern. So wird das Risiko besser verteilt als bei einer reinen Milch- oder Fleischrasse, erklärt Fritz Röder, Vorsitzender des Rinderzuchtverbandes Würzburg. Die Fleischleistung ist bei Gelbvieh mindestens genauso gut wie bei Fleckvieh. Vorderwälder sind im Vergleich zu Fleckvieh mittelrahmig und um etwa 100 bis 150 kg leichter. Das geringe Gewicht bringt ihnen aber entscheidende Vorteile in den Steillagen des Schwarzwaldes. Kälber beider Rassen gehen in die Mast, niedertragende Rinder und milch- eine mindestens ebenso hohe Fleischleistung. Gelbvieh ist vollständig pigmentiert, gutmütig und hat gute Fundamente. j Jersey: Hohe Milchinhaltsstoffe, Langlebigkeit und Fruchtbarkeit sind die wichtigsten Attribute für die reine Milchrasse Jersey. Zuchtziel ist eine Kuh mit 400 kg Lebendgewicht, Kreuzbeinhöhe: 128 bis 130 cm, kg Milch mit 6 % Fett und 4,2 % Eiweiß. j Vorderwälder: Vorderwälder sind eine milchbetonte Doppelnutzungsrasse, die hauptsächlich im mittleren und südlichen Schwarzwald verbreitet ist. Im Gegensatz zu Fleckvieh ist diese Rasse mittelrahmig. Das Körpergewicht liegt zwischen 550 bis 650 kg, Kreuzbeinhöhe: 135 bis 138 cm. schwächere Kühe werden von Mutterkuhhaltern nachgefragt. Außerdem werden Zuchtbullen an Mutterkuhbetriebe oder an Holsteinzüchter zur Einkreuzung abgegeben. Bei den Jersey s sind es vor allem die höheren Milchinhaltsstoffe, die Langlebigkeit und das geringe Körpergewicht, was Züchter Lorenz Stiegler aus Eichelsee mit der Jungkuh Nina. Züchter schätzen. Momentan reicht das Zuchtviehangebot nicht aus: Wir können die Anfragen nach guten abgekalbten Färsen nicht befriedigen, bedauert Alois Tiex, Geschäftsführer des Verbandes Deutscher Jerseyzüchter und Mitarbeiter der Rinder-Union West eg (RUW). Seit Oktober 2002 konnte er Anfragen für die Lieferung von etwa 200 Tieren nicht bedienen. Sowohl für die Reinzucht als auch für Gebrauchskreuzungen mit Fleckvieh oder Schwarzbunten Holsteins werden Jerseys gesucht, um die Milchinhaltsstoffe aufzuwerten. Für die italienischen Züchter ist insbesondere das hochwertige Eiweiß Kappa-Kasein-BB der Jerseys für die Käseverwertung von Interesse. Durch die geringen Tierbestände müssen beim Zuchtfortschritt Kompromisse gemacht werden. Der Zuchtfortschritt ist bei den kleinen Rassen langsamer als bei Holsteins oder Fleckvieh, da sie nicht mit den Besamungszahlen der Großen mithalten können. Deshalb müssen wir besondere Wege beschreiten, so Dr. Franz Maus, Zuchtleiter für die Vorderwälder im badischen Donaueschingen. Damit ist z. B. die Einkreuzung von Gelbvieh: Doppelnutzung bringt mehr Zuchtviehabsatz Gelbviehhalter Lorenz Stiegler kann sich über mangelnden Absatz seiner Zuchttiere nicht beklagen. Denn bei der Doppelnutzungsrasse sind alle Leistungsklassen gefragt. Der Züchter hält 50 Kühe. Stiegler vermarktet Zuchtrinder und Jungkühe mit hohen Milchwerten und Einsatzleistungen in der Regel über die Auktionen des Rinderzuchtverbandes Würzburg an Milchviehhalter. Kühe mit niedriger Milchleistung und die entsprechende Nachzucht gehen an Mutterkuhhalter. Hier läuft der Verkauf häufig ab Stall. Aus Sicht von Zuchtleiter Nikolaus Sauer ist für die rege Nachfrage nicht allein die gute Fleischleistung des Gelbviehs entscheidend. Selbst niedrigleistende Gelbviehkühe haben immer noch eine so hohe Milchleistung, dass Absetzer sehr hohe Tageszunahmen von bis zu g erreichen, so der Gelbviehexperte. Weitere Vorzüge sind laut Sauer die Gutmütigkeit, die Fleischqualität, die guten Fundamente und die vollständige Pigmentierung der Gelbviehtiere. Die Argumente scheinen nicht aus der Luft gegriffen zu sein. Denn neben den weiblichen Tieren kann Stiegler auch acht bis zehn Zuchtbullen pro Jahr vermarkten. Die meisten davon gehen in die Fleischproduktion. Unter den Abnehmern sind neben Mutterkuhhaltern auch Holstein- Betriebe, die ihre leistungsschwächeren Kühe mit Gelbvieh anpaaren, um Gebrauchskreuzungen zu erzeugen. Zudem vermarktet der Züchter immer wieder Embryonen. Die wichtigsten Abnehmer sind hier größere Mutterkuhbetriebe in Nord- und Südamerika. Solange der Zuchtviehabsatz so gut läuft, will Stiegler die Nachteile des Gelbviehs bei der Milchleistung in Kauf nehmen. Stiegler hofft, dass sich die Gelbvieh- Population auf dem jetzigen Niveau stabilisiert, weil die Rasse nur dann beim Zuchtfortschritt mithalten kann. - do- R28 top agrar 10/2003
4 Angler: Die eigene Identität wahren Für eine wirtschaftliche Milchviehhaltung brauchen wir die unkomplizierte, langlebige Kuh, die jedes Jahr ein Kalb gebärt und kein Theater macht, so die Meinung von Christina- Johanna Paulsen-Schlüter, passionierte Anglerzüchterin aus dem schleswigholsteinischen Tolk. Während unter den Züchtern der Hochleistungsrassen das Bewusstsein für die funktionalen Merkmale allmählich steigt, erfüllen die Angler diese Anforderungen wie Langlebigkeit, gutes Fundament und gute Eutergesundheit schon längst. Seit Jahrzehnten hält der Betrieb Paulsen Angler. Heute sind es 86 Milchkühe plus Nachzucht im Boxenlaufstall mit halbtägigem Weidegang im Sommer. Ein Blick auf den Jahresabschluss zeigt, dass die Angler in puncto Leistung top sind: Sowohl die Milchleistung mit kg Milch mit 4,56 % Fett und 3,60 % Eiweiß, als auch die biologi- schen Leistungsparameter zeugen von wirtschaftlicher Milchviehhaltung und erfüllen das Zuchtziel: Ein Erstkalbealter von durchschnittlich 26,2 Monaten, Zwischenkalbezeit 381 Tage, Besamungsindex bei 1,4. Kühe mit mehr als fünf Laktationen im Bestand sind keine Seltenheit. Die Eutergesundheit bei den Anglern sei der anderer Rassen überlegen. Im Betrieb Paulsen-Schlüter liegt die somatische Zellzahl momentan bei Die Angler sind insgesamt sehr robust und zeigen nicht die Stoffwechselprobleme, die andere Rassen haben, meint die Züchterin. Sie werden als milchbetonte Zweinutzungsrasse auch für ihre Mastleistung geschätzt: Die Rasse kann je nach verfügbarer Futterqualität kurzfristig anfleischen, aber auch mit wenig auskommen und trotzdem noch gute Leistung erbringen, so Paulsen-Schlüter. In der Mast sind tägliche Zunahmen von g kei- Montbéliarde-Bullen im Zuchtprogramm der Vorderwälder gemeint, um die Milchleistung voran zu bringen. Der hohe Anteil von Natursprung bremst zudem den Zuchtfortschritt. Aber so wird das Inzuchtproblem entschärft, erklärt Maus. Bei Gelbvieh besteht das gleiche Problem: Nur zehn Prüfbullen kommen pro Jahr zum Einsatz, mindestens 350 Erstbesamungen sollen erreicht werden. Unser Ziel ist es, mindestens 50 Prozent der MLP-Kühe mit Prüfbullen zu belegen, meint Zuchtleiter Nikolaus Sauer, der ein angepasstes Jungbullenprüfprogramm für kleine Rassen für unverzichtbar hält. Die Prüfbullen werden dabei mit weniger Töchtern als bei normalen Prüfprogrammen eingestuft. Momentan wird mit den Testbullen eine Besamungsquote von 38 Prozent erreicht. Als Anreiz, diesen Anteil zu steigern, wird das Sperma der Prüfbullen kostenlos zur Verfügung gestellt. Dennoch konnte bei Gelbvieh die Milchleistung seit 1995 jedes Jahr um knapp 100 kg pro Kuh und Jahr auf den heutigen Durchschnitt von kg pro Kuh und Jahr gesteigert werden. Um die eigenen Zuchtlinien nicht allzu sehr einzuengen und um Fortschritte in den Merkmalen zu erreichen, muss bei den seltenen Rassen oft Sperma aus dem Ausland bezogen werden. So setzen die Anglerzüchter neben den momentan zehn eigenen Bullen und 15 Prüfbullen regelmäßig schwedische und dänische Bullen ein, um Leistung und Rahmen weiter zu verbessern. Bei R30 top agrar 10/2003 den Anglern reichen die Tierzahlen nach Claus-Peter Tordsen aus, um ein Zuchtprogramm zu gewährleisten und Fortschritte zu erzielen: Aber natürlich ist es bei uns auch oft ein Problem einen Spitzenvererber hervorzubringen, den die Züchter dann auch wollen, erklärt er. Amerikanische und dänische Bullen Die Jerseyzüchter setzen abwechselnd amerikanische und dänische Bullen ein, um im Eiweißgehalt und in den funktionalen Merkmalen weiter zu kommen. Sie konnten in den letzten Jahren ihre Milchleistung kontinuierlich steigern. Gemessen an den Fett- und Eiweißkilos verzeichneten die Jerseys neben den Kreuzungen 2002 den höchsten Leistungszuwachs, erklärt Alois Tiex. Erst vor kurzem wurde bei den Jerseys das Zuchtziel auf kg Milch mit 6 % Fett und 4,2 % Eiweiß pro Jahr erhöht. Momentan steht für diese Rasse Sperma von insgesamt 34 Bullen zur Verfügung. Aufgrund der geringen Populationsgröße in Deutschland ist es derzeit sinnvoller, weltweit die beste Genetik von geprüften Bullen und auch von Prüfbullen zuzukaufen Erstbesamungen konnten im vergangenen Jahr durchgeführt werden. Das ist ein Plus von 24,8 % im Vergleich zum Vorjahr! Grund dafür ist die steigende Bedeutung der Jerseys für Gebrauchskreuzungen zum Beispiel mit Schwarzbunten. Um Jersey- Sperma in Zukunft billiger anbieten zu
5 R I N D Angler sind leistungsstark und robust, so Christina- Johanna Paulsen-Schlüter und Zuchtleiter Claus- Peter Tordsen. ne Seltenheit. In Feinschmeckerrestaurants sei vor allem das feinfaserige Fleisch der Färsen und Jungbullen gefragt. Die Vermarktung von Zuchtvieh über die Rinderzucht Schleswig-Holstein ab Hof oder über die Auktion in Süderbrarup läuft zurzeit sehr gut, da zunehmend Betriebe mit schwarzbunten Holsteins Angler einkreuzen, um vitalere Kälber, leichtere Geburten, bessere Fundamente und höhere Eiweißprozente zu erzielen. Als Vorsitzende des Verbandes Deutscher Rotviehzüchter ist ihr aber ein wichtiges Anliegen, dass die Angler in Reinzucht bestehen bleiben: Wir wollen unsere Rasse auch aufgrund ihrer traditionellen Rolle in Angeln erhalten. Durch die sehr eiweißreiche Milch und den hohen Anteil an Kappa-Kasein-B seien die Perspektiven für die Zukunft dieser Rasse auch positiv einzuschätzen. -sl- top agrar 10/2003 R31
6 R I N D können, soll für diese Rasse wieder ein eigenes Testbullenprogramm anlaufen. Staat fördert die Zuchtprogramme Um den Rückgang der Tierzahlen zu bremsen und um die Nachteile der kleinen Population zu kompensieren, werden die seltenen Rassen zum Teil vom Staat gefördert. So erhalten Züchter von Vorderwäldern 51,13 E Prämie pro Bestandskuh im Rahmen des MEKA-Programmes in Baden-Württemberg. Bei Gelbvieh wurde eine Förderung beantragt. Die staatliche Förderung allein wird aber nicht reichen, um die Populationen dieser Rassen zu stabilisieren. Ihre Zukunft wird in entscheidendem Maße von den politischen Rahmenbedingungen abhängen. Konkret davon, welche Bedeutung die Milchleistung und die funktionalen Merkmale der Tiere künftig haben werden. Für die Angler und die Jerseys wird entscheidend sein, wie die Fett- und Eiweißgehalte gewichtet werden. Silvia Lehnert Vorderwälder: Rasse für extreme Mittelgebirgslagen Für unseren Standort brauchen wir eine besondere Kuh, ist Klaus Riesle (46) überzeugt. Tatsächlich hat der Milchviehhalter aus Gütenbach im Hochschwarzwald in vielfacher Hinsicht extreme Bedingungen. Weil sein Hof auf 950 m Höhe liegt, ist das Klima rau und die Vegetationsperiode kurz. So gibt es oftmals noch im Juni Frost und bereits im Oktober können die ersten Schneestürme toben. Außerdem sind viele seiner Flächen Steillagen, die nur beweidet werden können. Riesle hält die mittelrahmigen Vorderwälder, die ausschließlich im Schwarzwald beheimatet sind. Sie sind an den Standort angepasst und kommen mit dem extremen Klima gut zurecht, lobt der Züchter die Vorzüge der Rasse. Zudem können sie auch steile Hänge ohne Narbenschäden beweiden, weil sie kleiner und leichter sind als Fleckvieh oder Holsteins. Brigitte und Klaus Riesle konnten die Leistung ihrer Herde durch Einkreuzung mit Montbéliarde-Bullen deutlich steigern. Obwohl als Grundfutter nur Weide, Grassilage und Heu zur Verfügung stehen, gibt seine Herde im Durchschnitt knapp kg. Davon stammen etwa kg aus dem Grundfutter. Als Kraftfutter setzt er zwei energiereiche Milchleistungsfutter ein, die er über den Transponder verabreicht. Wie fit seine knapp 40 Kühe trotz der einfachen Ration sind, zeigt die extrem niedrige Zwischenkalbe- zeit der Herde: Sie liegt bei 349 Tagen. Riesle sieht trotz des schwierigen Standortes eine Perspektive in der Milchviehhaltung und hat deshalb vor vier Jahren E in einen modernen Boxenlaufstall investiert. Dabei will er weiter ganz auf die Vorderwälder bauen. Er ist überzeugt, dass die Rasse auch in naher Zukunft den Anschluss halten kann. -do- R32 top agrar 10/2003
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