Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit uns allen. Amen.

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1 Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit uns allen. Amen. Liebe Weihnachtsgemeinde! Es ist wohl gar nicht so einfach, noch einmal nach dem Kind zu schauen heut morgen, wenn die vielen gegangen sind. Am Morgen danach war die Hütte wohl leer und die Geschenke ausgepackt. Eine einfache Erinnerung: Es war die Zeit der Volkszählung unter Kaiser Augustus, Roms Imperator, Alleinherrscher, nachdem er alle Gegner vernichtet hatte und der Rest-Demokratie den Garaus gemacht hatte. Der römische Frieden triefte vor Blut. Volkszählung unter Quirinius, Statthalter Syriens: damit man mehr Geld eintreiben konnte, um Soldaten zu bezahlen: und alle gingen, sich eintragen zu lassen, ein jeder in seine Stadt. Alle gingen. Bis auf einen. Der kam. In Windeln. In einer Krippe. Ziemlich überraschend. Auf der Rechnung stand er bei keinem. Noch eine Erinnerung. Die jüdischen Weisen hatten sich daran erinnert, in den Schriften gesucht und Herodes auf die Spur

2 geführt. Jetzt im Original, die Verheißung des Micha, damals war sie schon fast 600 Jahre alt: PTEXT: Micha 5,1-4a Der Herrscher aus Davids Geschlecht wird aus Bethlehem kommen 5 1 Und du, Bethlehem Efrata, die du klein bist unter den Städten in Juda, aus dir soll mir der kommen, der in Israel Herr sei, dessen Ausgang von Anfang und von Ewigkeit her gewesen ist. 2 Indes lässt er sie plagen bis auf die Zeit, dass die, welche gebären soll, geboren hat. Da wird dann der Rest seiner Brüder wiederkommen zu den Söhnen Israel. 3 Er aber wird auftreten und weiden in der Kraft des HERRN und in der Macht des Namens des HERRN, seines Gottes. Und sie werden sicher wohnen; denn er wird zur selben Zeit herrlich werden, so weit die Welt ist. 4 Und er wird der Friede sein. Wir beherzigen Luthers Aufforderung, zuerst den Wortsinn zu verstehen, und schauen: in welche Situation wurden diese Worte wohl ursprünglich hineingesprochen. So ganz genau ist s nicht zu sagen, aber ziemlich sicher ist: es war die Zeit der Belagerung Jerusalems durch die Babylonier, 587 vor Christus. Vielleicht war die Stadt auch schon gefallen und die sprichwörtlichen oberen waren abgeführt nach Babel. Mit Jerusalem und seinem Königshaus, mit Palast und mit dem Tempel war jedenfalls nicht mehr zu rechnen. Die waren am

3 Ende. Das Glanz war ab und das Gold war weg. Sie hatten auf militärische Stärke gehofft und gingen deshalb unter. Der altböse Feind hat immer mehr Waffen, auch ganz irdische. Der Kampf war nicht zu gewinnen. So lief die Weltgeschichte damals - und vermutlich alle Zeit - auf die Alternative hinaus, die wir mit den beiden Orten benennen können, die geographisch nur ein paar Kilometer auseinander liegen: Jerusalem oder Bethlehem. Oder dann bei Lukas: der Kaiser in Rom oder das Kind in der Krippe. So weit also der Rahmen. Ist es uns schon Hinweis genug, auf das Kleine, Unscheinbare zu achten, das, was die Welt nicht sehen kann, was verborgen, eingepackt, ja fast versteckt zur Welt kommen mag? So schnell fällt unser Blick auf alles Leuchtende, Blickende, Schreiende. Wer auf sich aufmerksam macht, möglichst laut und originell, schrill oder provozierend, der wird gehört. Und weil das Leise dagegen nicht ankommt, wird es übersehen. Selbst die Sterngucker aus dem Osten hatten dann am Ende Mühe, als sie wie mit der Lupe suchen mussten und knapp daneben lagen: Bethlehem und eben nicht Jerusalem. Dort. wo wir meinen, dass das Kind geboren sein könnte, dort herrscht Machtgier und das Schwert des Todes.

4 Wo ist der neugeborene König der Juden? Der Prophet macht s konkret - das lässt uns staunen: dessen Ausgang von Anfang und von Ewigkeit her gewesen ist. Es wird also einer angekündigt, der sich in die irdischen Herrschergeschlechter nicht wird einordnen lassen. Er kommt von Gott her, auf direktem Weg. Mag sein, dass Micha damals noch an eine Art Wiedergeburt des Königshauses dachte. Die ewige Herrschaft war David ja versprochen worden. Mag sein, dass der Prophet an einen Menschen dachte, der aus dem weitverzweigten Geschlecht des Königs stammte, denn die irdische Abstammung musste schon auch stimmen, deshalb haben Matthäus und Lukas ja auch die Stammbäume, die weit zurück führen, über David hinaus, bis zum Anfang der Welt. Aber über all dies, was wir an Wissen und Äußerem zusammen tragen können und was sich auch zusammen fügt, über all dies wird unser Herz noch nicht so recht froh. Wir können die Prophetenverse als deutliche, klare Hinweise nehmen. Aber dann sollten wir ihnen auch folgen. Die Sternenleser aus dem Osten fragten: Wo ist der neugeborene König der Juden?

5 Dann gingen sie hin und beteten ihn an. Weil er der war, dessen Ausgang von Anfang und von Ewigkeit her gewesen ist. Weil er Gottes Sohn war. Wenn wir heute etwa 600 Jahre zurück gehen, dann begegnen wir einem Mann, der damals schon erkannte, worum es geht. Worum es eigentlich geht. Und worum es heute geht: Die Leute meinen, Gott sei nur dort - in Bethlehem - Mensch geworden. Dem ist nicht so, denn Gott ist hier - heute, bei uns - ebenso wohl Mensch geworden wie dort, und er ist aus dem Grunde Mensch geworden, dass er dich als seinen eingeborenen Sohn und seine eingeborene Tochter gebäre und als nicht geringer. [Meister Eckehart, Predigten, S. 357] Solche Tiefe der Erkenntnis, um was es an Weihnachten wirklich geht, hat nach Meister Eckehart, von dem diese Worte stammen, wohl kaum noch jemand erreicht, vielleicht noch manche unserer Liederdichter im Gesangbuch. Gott wird Mensch - um meinetwillen. Für mich persönlich. Gott neigt sich herunter, der von Ewigkeit her gewesen ist soll in mir lebendig werden. Nicht in Gedanken, nicht weil ich mich erinnere, was geschrieben steht. Gott ist Mensch - in einem jeden von uns. Sonst wären wir nicht Mensch. Wir dürfen das nicht rumdrehen, sonst wird Ketzerei daraus. Aber dass Gott Mensch ist, dass er durch mich zur Welt kommt, das ist das Wunder der Heiligen Nacht. Gott bleibt Mensch - es hört ja nicht auf, damals nicht, heut nicht. In dem Kind in der Krippe begann der Erdenweg des Gottessohnes, jeder Schritt, jedes einzelne Wort, alles was er tat war erfüllt von Gottes Gegenwart. Jesus verkörperte Gott, so dass wir nur hinschauen brauchen.

6 Wenn wir diese Frage der Weisen im ganzen geistlich lesen, dann heißt sie: Wo findest du Gott in dir? Ist dir bewusst, dass er in der Krippe deines Herzens schon da ist? Dass er dein König ist, der dich regieren möchte, dich! So dass du selbst Gottes eingeborener Sohn, Gottes eingeborene Tochter bist! Nichts anderes meinten die Worte vom Anfang des Johannesevangeliums [Joh 1,11f], die wir vorhin gebetet haben. Gott kommt in sein Eigentum. Das sind wir. Und wir sind seine Kinder, wenn wir dem Glauben schenken. Die Worte des Micha weiten sich am Ende ja nicht nur in die Ewigkeit sondern auch über die ganze Welt: Der da kommt, der von Ewigkeit her gewesen ist, der wird herrlich sein, so weit die Welt ist. Denn in jedem Menschen kommt er ja zur Welt. So kann kein Streit mehr sein zwischen Menschen, kein Neid, keine Gier, kein Hass. Meister Eckehart geht so weit, dass er sagt: Wenn du 100 Mark bei dir mehr liebst als bei einem andern, so ist das Unrecht. Und hast du die Seligkeit in dir lieber als in einem anderen, so ist das Unrecht. [ebd] Deshalb gilt Weihnachten aller Welt. Deshalb kamen schon damals stellvertretend alle Völker zur Krippe. Friede wird sein, sagt Micha. Weihnachtsfriede. Er ist wahrlich ganz anders, als die Welt ihn geben kann. Es ist der Friede, den ich finde, wenn Gott in mir zur Welt kommt. Dann weiß ich, dass er mir heute in jedem Menschen begegnen möchte, den ich anschaue. Und morgen auch. Amen