Philosophen der Neuzeit: Descartes, Kant, Nietzsche
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1 Vorlesung Wintersemester 2015/2016 Philosophen der Neuzeit: Descartes, Kant, Nietzsche Prof. Dr. Dr. Bernd Irlenborn
2 I. Einleitung Begriff Neuzeit : erst im 19. Jh. für neue Zeit nachweisbar 16./17. Jh.: F. Patrizi, Nova de universis philosophia (Neue Philosophie von allem) F. Bacon, Novum organum de interpretatione naturae (Neue Methode zur Erklärung der Natur)
3 I. Einleitung Kennzeichen neuzeitlicher Philosophie: 1. kritische Vernunft 2. Abwendung vom Aristotelismus 3. Aufkommen empirischer Naturwissenschaft 4. Dominanz der Erkenntnistheorie 5. Trennung Rationalismus - Empirismus
4
5 Rationalistische Philosophie des 17. Jh.: mathematisches Erkenntnisideal sichere Methodengrundlage Vorherrschaft der Vernunft philosophisches System
6 empirische Untersuchungen: Optik, Anatomie etc. methodologische Überlegungen: Suche nach einem Fundament für Wissenschaft Kritik: gegen okkulte Wissenschaft und mittelalterliche Syllogistik
7 Discours de la méthode: vier Regeln 1. Regel der Evidenz 2. Regel der Analyse 3. Regel der methodischen Ordnung 4. Regel der Vollständigkeit
8 Klar nenne ich die Erkenntnis, welche dem aufmerkenden Geiste gegenwärtig und offenkundig ist, wie man das klar sehen kann, was dem schauenden Auge gegenwärtig ist und dasselbe hinreichend kräftig und offenkundig erregt. Deutlich nenne ich aber die Erkenntnis, welche, bei Voraussetzung der Klarheit, von allem Übrigen so getrennt und unterschieden ist, dass sie gar keine anderen als klare Merkmale in sich enthält (Principia Philosophiae I,45)
9 Discours de la méthode: 1. provisorische Moral, bis zur Entwicklung einer wissenschaftlichen Ethik 2. Begründung einer neuen Metaphysik 3. Plan einer neuen Physik
10 Endlich genügt es nicht, das Haus, in dem man wohnt, nur abzureißen, bevor man mit dem Wiederaufbau beginnt, und für Baumaterial und Architekten zu sorgen oder sich selbst in der Architektur zu üben und außerdem den Grundriss dazu sorgfältig entworfen zu haben, sondern man muss auch für ein anderes Haus vorgesorgt haben, in dem man während der Bauzeit bequem untergebracht ist. Um also in meinem Tun nicht unentschlossen zu bleiben, solange mich die Vernunft nötigte, es in meinen Urteilen zu sein, und um so glücklich wie möglich weiterleben zu können, entwickelte ich mir eine Moral auf Zeit ( une morale par provision ), die nur aus drei oder vier Grundsätzen bestand, die ich Ihnen gerne mitteilen möchte. (Discours III,1)
11 Grundsätze der provisorischen Moral ( morale par provision ): 1. [Regel der Anpassung]: An den Gesetzen, Sitten und der Religion des Vaterlandes festzuhalten und mich nach den Überzeugungen der Besonnensten zu richten.
12 Grundsätze der provisorischen Moral ( morale par provision ): 2. [ Regel der Entschlossenheit]: In meinen Handlungen so fest und entschlossen sein wie möglich und dem, zu dem ich mich entschieden hätte, beharrlich zu folgen. 3. [ Regel der Grundhaltung]: Eher mich selbst zu besiegen als das Schicksal
13 Prinzipien der Philosophie (Principia Philosophiae): Grundlagen der Erkenntnis Grundlagen der cartesischen Physik Astronomie cartesische Lehre von der Erde mit belebten und unbelebten Phänomenen
14 prima philosophia: Metaphysik Aristoteles' Metaphysik: pp ist 1. Wissenschaft von den ersten Ursachen und Gründen 2. Wissenschaft vom Seienden als solchem (Ontologie) 3. Wissenschaft von einem höchsten Seienden (philos. Gotteslehre)
15 Brief an Claude Picot, 1645
16 Philosophie: soll verlässliches Fundament für die Wissenschaft liefern (fundamentum inconcussum) Leitfrage: Wie gelangen wir zu sicherer Erkenntnis? Antwort: methodischer Zweifel an aller unsicheren Erkenntnis
17 cogito ergo sum als fundamentum inconcussum res cogitans (denkendes Ding) als (immaterielle) geistige Substanz Denken ohne denkendes Ding (ohne zugrundeliegende Substanz) nicht möglich Substanz: selbständige Seinsform, der (als zugrundeliegender/hypokeimenon) bestimmte Eigenschaften zukommen
18 Dualismus zwischen res cogitans und res extensa: zwischen geistiger Substanz (mit wesentlichem Attribut Denken) und körperlicher Substanz (mit wesentlichem Attribut Ausdehnung) Wir erkennen also Körper und Geist dem Wesen nach nicht nur als verschieden an, sondern sogar in gewissem Sinne als einander entgegengesetzt (Med., Synopsis)
19 1. unabhängige Substanz: Gott 2. abhängige Substanzen (von Gott) 2.1 denkende Substanz 2.2 körperliche Substanz (nach mechanistischen Prinzipen funktionierend)
20 Descartes betont allerdings auch die Einheit von geistiger und körperlicher Substanz: sie seien unvollständige Substanzen, die erst in ihrer Einheit vollständig würden: Weiter lehrt mich die Natur durch die Empfindung des Schmerzes, des Hungers, Durstes usw., ich sei meinem Leibe nicht nur zugesellt wie ein Schiffer dem Schiff, sondern ich sei aufs innigste mit ihm vereint, durchdringe ihn gleichsam und bilde mit ihm ein einheitliches Ganzes. Wie könnte sonst Ich, ein lediglich denkendes Ding, bei einer Verletzung des Körpers Schmerz empfinden? (Sechste Med., AT VII, 81; vgl. Perler,212f.)
21 Positionen in der heutigen Mind-Brain (Geist-Gehirn)-Debatte (vgl. G. Brüntrup) 1. Dualismus zwischen Geist und Gehirn (ausgehend von Platon/Descartes) 2. nichtreduktiver Physikalismus 3. reduktiver Physikalismus 4. eliminativer Physikalismus
22 Leistungen des Cogito-Arguments (vgl. Perler) Gewissheit der eigenen Existenz Gewissheit der Denkfähigkeit Gewissheit der Trennung zwischen res cogitans und res extensa
23 Bedeutung des Cogito-Arguments (vgl. Perler) ich denke unbezweifelbar im Ggs. Etwas zu Aussagen wie Ich spaziere Denkakt, nicht Denkinhalt selbstevident: nur ein Denkakt ist nötig, um zu erkennen, dass ego cogito wahr ist
24 Bedeutung des ego cogito (vgl. Perler) antiskeptisches Fundament exemplarischer Beleg für clare et distincte perceptio (Med. III, 2) sichere Grundlage für neues Wissenssystem
25 Gottesbeweise: Gott als (1) Urheber alles Seienden und als (2) Quelle der Erkenntnisgewissheit bzgl. Außenwelt Weg von der Selbstgewissheit (Med. I./II.) über die Gottesgewissheit (Med. III./V.) zur Erkenntnisgewissheit (Med. IV./VI.) (vgl. W. Röd, Descartes)
26 Gottesbeweise: II. Descartes - ideentheoretischer Gottesbeweis (III. Med.) - ontologischer Gottesbeweis (V. Meditation) - Gott der Philosophen Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs funktionale Bedeutung, nicht religiöse Tröstung
27 Wirkungsgeschichte: 1. Skeptizismus-Problem 2. Gottesbeweise 3. Leib-Seele Dualismus
28
Entwicklung der modernen Naturwissenschaft (speziell der Physik/Mechanik) in Abgrenzung von der mittelalterlich-scholastischen Naturphilosophie
René Descartes (Rationalismus, Leib-Seele-Dualismus) *31. März 1596 (Le Haye) 1604-1612 Ausbildung im Jesuitenkolleg La Flêche 1616 Baccalaureat und Lizenziat der Rechte an der Fakultät zu Poitiers. Vielfältige
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