Der Umgang mit Karte und Kompass und mit anderen Orientierungshilfen

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1 Unterlagen Wildnistraining, Thema Karte und Kompass, Seite 1 Der Umgang mit Karte und Kompass und mit anderen Orientierungshilfen I. Informationen aus der Karte II. Der erste Schritt: Einnorden III. Die beiden Grundaufgaben IV. Besondere Probleme V. Weitere Orientierungshilfen I. Auf was müssen wir die Leute bei der Kompassarbeit aufmerksam machen? I. Beginnen wir mit der Information, die wir direkt aus der Karte ablesen können: Legende und Maßstab, Zeichen und Höhenlinien - Es ist stets ein Maßstab angegeben, und zwar in der Form 1 : x, wobei x für die gängigen Maßstäbe , (topographische Übersichtskarten), , (Topographische Karten) sowie (Deutsche Grundkarte). Die Zahl gibt an, wie vielen Längeneinheiten in der Natur eine Längeneinheit auf der Karte entspricht. Beispiel: Auf einer Karte 1: entspricht 1 cm auf der Karte cm in der Natur, das sind 350 m. (Weitere unübliche, aber manchmal wegen der Größe praktische Maßstäbe sind (oft in den Alpen), und ). - Man unterscheidet zwischen Karten, die Original im entsprechenden Maßstab erarbeitet wurden und solchen, die nur vergrößert wurden. Beispielsweise erhält man durch Vergrößerung einer Karte auf das Doppelte eine Karte. Diese neue Karte enthält allerdings nicht mehr Information, als das Original, es sei denn, man zeichnet Extras ein (Loipen, Wanderwege). Im Allgemeinen bleiben allerdings Infos wie Höhenlinien, TP (s.u.) etc. unverbessert. - In der Legende einer Topographischen Karte sind angegeben: a) Der Abstand der Höhenlinien b) Die Deklination c) Alle speziellen Zeichen wie Wasserbehälter, Kirchen, Sender etc. d) Angaben über die Vegetation zu a) Je enger Höhenlinien liegen, desto steiler ist es. Je spitzer der Winkel eines Weges zu den Höhenlinien ist, desto steiler geht es bergauf. Eine Steigung in % kann direkt errechnet werden. Siehe dazu folgende Zeichnung zu b) Die Angabe der Deklination bezieht sich entweder auf den Kartenmittelpunkt oder auf einen anderen, extra bezeichneten Punkt der Karte. Bei Gebieten mit starker Variation gibt es eine kleine Extrakarte mit Isolinien der Deklination. Des weiteren bezieht sich ein angegebener Wert auf ein bestimmtes Jahr. Zu dieser Angabe gehört deshalb stets die jährliche Änderung. Beispiel: Die Deklination im Kartenmittelpunkt betrug im Jahr ' OST. Sie verkleinert sich jährlich um 2,5'. Das bedeutet: Seitdem sind 30 Jahre vergangen, 30 * 2,5 = 75 = 1 15', denn 1 hat 60', 1' = 60" (' heißt Minute, " heißt Sekunde) Demnach beträgt heute die Deklination nur noch 1 13'. Unbedeutende Abweichungen, sicher, aber manchmal gibt es eben doch größere Werte.

2 Unterlagen Wildnistraining, Thema Karte und Kompass, Seite 2 Wichtig: Handelt es sich um eine Ost- oder Westabweichung. Abweichung nach Westen bedeutet: Die Kompassnadel zeigt mir um soundso viel Grad zu weit nach Westen (=links), also liegt der Nordpol weiter rechts. Verwechslungen können fatal sein... In Deutschland liegen die Werte der Deklination um die 0, in Kanada (West) zwischen 20 und 40. Was ist eigentlich die Deklination und woher kommt sie. Warum ändert sie sich? Als Deklination bezeichnet man den Winkel zwischen der geographischen und der magnetischen Nordrichtung. Er kommt dadurch zustande, weil der magn. Nordpol eben nicht mit dem geogr. Nordpol übereinstimmt. Er liegt derzeit im Norden Kanadas. Das Magnetfeld der Erde entsteht durch Konvektionsströmungen im flüssigen äußeren Kern der Erde, der zu großen Teilen aus verschiedenen Metallen besteht. Konvektion bedeutet: In einer Flüssigkeit steigen heiße Teile auf, weil sie leichter sind, kühlen sich ab und sinken deshalb wieder. Effekt manchmal im heißen Kaffee zu beobachten, wo sich typische Konvektionsmuster ausbilden. Sich bewegende Ladungen erzeugen ein Magnetfeld. Und da im sich bewegenden Kernmaterial viele freie Elektronen vorhanden sind (Metalle), haben wir ein Magnetfeld. Nun ändern sich die Konvektionsbedingungen im Kern wie in der Kaffeetasse, daher wechselt der Verlauf der magnetischen Feldlinien ebenfalls mit der Zeit. So erklärt sich die Änderung der Deklination. zu c) sämtliche auffallenden Dinge können gute Orientierungspunkte darstellen. Karte und Landschaft daher stets genau studieren. zu d) Für die Vegetation gilt ähnliches, wobei man da auch eventuelle Veränderungen beachten muss. Zum Beispiel werden ganze Wälder abgeholzt, Forstwege verlagert etc. - Meist gilt: Geographisch Nord ist identisch mit der Oberkante der Karte. Wenn anders, besonders in sog. thematischen Karten oder in Kartenausschnitten, ist dies stets angezeigt. Sämtliche Ortsnamen stehen stets in West-Ost-Richtung. Dies ist eine gute Orientierung zum Anlegen des Kompasses in der Kartenmitte oder falls ein Kartenrand nicht vorhanden ist. II. Der erste Schritt bei der Kartenarbeit......ist stets das Einnorden. Ich lege die Karte also so, dass Kartennord in Richtung geogr. Nord zeigt. Und zwar genau dort hin! Genauigkeit ist angezeigt! Ein Fehler von 1 kann bereits verheerende Folgen haben. Zur Erinnerung: Ein Finger der ausgestreckten Hand deckt im Blickfeld ab. Das können am Horizont schon viele 100 m sein... So sollte man vorgehen: * Anlegen des Kompasses, auf der die Deklination voreingestellt ist. * Drehen der Karte, bis die Nordnadel auf N steht (die Kreisscheibe wurde zuvor selbstverständlich so gedreht, dass N bei 0 steht. Hat man einen Kompass, auf dem die Deklination nicht voreinstellbar ist, korrigiert man die Lage der Karte nachträglich. Beträgt die Deklination beispielsweise 12 Ost, so dreht man die nach Kompass eingenordete Karte um 12 nach links.

3 Unterlagen Wildnistraining, Thema Karte und Kompass, Seite 3 * Ist die Karte eingenordet, wird sie fixiert (mit Steinchen z.b.). Stets auf ebenen und horizontalem Untergrund arbeiten, weil sich die Nadel sonst verhakt. Darauf achten, dass das Magnetfeld nicht durch Metall oder Stromleitungen gestört ist. III. Es gibt zwei Grundaufgaben bei der Kompassarbeit a) Ich kenne meinen Standort, weiß, wo ich hin will und möchte für den Weitermarsch den Kompasskurs errechnen ("Vorwärts einschneiden"). b) Ich weiß nicht, wo ich bin und brauche den eigenen Standort ("Kreuzpeilung", "Rückwärts einschneiden"). Dazu folgende Erläuterungen und Zeichnungen: zu a) * Karte einnorden * Kompasskante auf die Gerade legen, die sich durch Verbinden von Standpunkt und Zielpunkt ergibt * Drehgehäuse so drehen, dass N auf der Nordnadel liegt * An der Ablesemarke die Marschzahl in Grad oder ähnlichem ablesen. * Mit dieser Zahl gehe ich jetzt ins Gelände. Zahl einstellen, dann sich solange drehen, bis Nordnadel auf N steht. Über Visierschlitz Geländepunkt anvisieren, dorthin laufen. Messung wiederholen usw. zu b) * Karte einnorden * Markante Geländepunkte suchen (Berg, Felsen, Landzunge, Kirche) * Punkt anvisieren. N auf die Nordnadel stellen und Marschzahl ablesen * Mit zweiten Punkt ebenso umgehen * Es ergeben sich zwei Zahlen, deren Abstand zwischen 45 und 135 liegen sollte. Sind sie wesentlich kleiner/größer, ergeben sich Ungenauigkeiten * Den markanten Punkt auf der Karte suchen * Kompasskante anlegen, die Richtungszahl für diesen Punkt wurde zu vor eingestellt * Kompass-Rosette so lange drehen, bis Nordnadel auf N zeigt * Mit Bleistift Linie entlang der Kompasskante zeichnen * Mit zweitem Punkt ebenso vorgehen * Schnittpunkt der beiden Linien ergibt den Standort. Sind die Linien zu parallel (Winkelabstand zu groß/klein), ist der Kreuzungspunkt nicht eindeutig * Befindet man sich auf einer eindeutigen Linie (Flussufer, Seeufer, Straße), reicht eine Peilung aus. Die zweite kann zur Überprüfung dienen. Tipp: Hat man keine genügend lange Anlegekante, kann man die Karte entsprechend knicken und den Kartenrand als Anlagekante verwenden (Siehe Zeichnung). Eine kleine Geschichte, in die man/frau alle Elemente gut einbauen kann. Die Sache bekommt dadurch einen reellen Bezug, für die Leute, die oft sonst nur mit Schwarzwaldwanderwegen zu tun haben, wird die Arbeit mit dem Kompass dadurch interessanter: "Stellen Sie sich vor, Sie sind auf Ihrer Urlaubsreise beispielsweise in Schweden oder sogar in Kanada unterwegs. Nun möchten Sie per Kanu einen Freund auf der anderen Seite des Sees besuchen. Wir haben also das Problem, auf einer Karte den eigenen Standort zu kennen und auf der Karte den Standort des Zieles zu kennen. So müssen wir nun nur noch die Strecke in das Gelände übertragen. Wie gehe ich also vor?"

4 Unterlagen Wildnistraining, Thema Karte und Kompass, Seite 4 * Einnorden der Karte. Am Kompass zeigen, dass er drehbare Rosette hat. Auf 360 Gradeinteilung aufmerksam machen, Kinder fragen, ob sie Himmelsrichtungen kennen. * Mit dem Kompass die beiden Punkte verbinden, Gradzahl (Marschrichtung) ablesen. * Kompass vor Körper halten, dann drehen, bis roter Pfeil mit Nadel übereinstimmt. * Dann losfahren (Kanu), eventuell Baum anpeilen bzw. Freund vorschicken (kann man vormachen mit Teilnehmer) "Diese Marschzahlen haben wir nun bereits festgelegt und so den Orientierungskurs ausgearbeitet." Jetzt geht die Geschichte weiter: " Wir fahren also los, plötzlich kommt Nebel auf. Wir können uns zwar grob orientieren, am anderen Ufer angekommen erkennen wir aber, dass wir das Ziel wohl etwas verfehlt haben. Aber in welcher Richtung muss ich nun am Ufer lang gehen. Bin ich zu weit rechts oder links? Da ist also das Grundproblem Nummer 2: Ich weiß nur ungefähr, wo ich bin, muss aus dem Gelände aber herausfinden, wo genau. Wir "schneiden rückwärts ein" = Kreuzpeilung." * Bekannte Punkte anpeilen (Turm, eigene Hütte, Kirche) * Gradzahl bestimmen * Kompass an den Punkt legen und drehen, bis rot auf rot liegt * Schnittpunkt mit Seeufer = Standort * Auf potentielle Fehler aufmerksam machen. 1 Grad Fehler = das, was der Finger der ausgestreckten Hand abdeckt!!! Leute selbst versuchen lassen IV. Besondere Probleme - Die Gegenrichtung ergibt sich jeweils durch Addition von 180. Ein Kurs wie "200 m Richtung 90, dann 200 m Richtung 270 " führt demnach zum Ausgangsort. Diese Tatsache kann in einen Orientierungskurs eingebaut werden, die Leute laufen hin und zurück auf dem gleichen Weg, was sie sich hätten sparen können, wenn sie den Kurs zuvor studiert hätten... - Wie finde ich die unbekannte Deklination in einem Gebiet ohne Angabe? * Man baue sich eine Sonnenuhr und messe um die Mittagszeit, vielleicht 2 Stunden um den Sonnenhöchststand herum, alle 5-10 Minuten jeweils die Schattenlänge. * Der Richtung des kürzesten Schattens markiert genau Norden. * Vergleich zwischen der so gefundenen N-S - Linie und der Kompassnadel ergibt die Deklination. * Vorsicht. Wenn man mit der Uhr arbeitet, ist im Allgemeinen nicht um Uhr die Sonne genau im Süden, denn die Uhrzeit bezieht sich jeweils auf eine Zeitzone, nicht auf die wahre Ortszeit. Abweichungen bis zu 15 Grad sind möglich! Eine weitere Möglichkeit ist diese: * Ich messe mit dem Kompass den Winkel (Gradzahl) im Gelände von meinem Standort zu einem in der Karte leicht zu erkennenden Punkt. * Diesen Winkel vergleiche ich mit dem Kartenwert, wobei ich die Karte zuvor normal einnorde. Die Differenz ergibt wiederum die Deklination. - Umgehen von Hindernissen (Wasser, Gletscherspalten etc.): Üblich sind Dreiecks- und Viereckslaufen. Siehe Abbildungen: Dabei gehe ich folgendermaßen vor: * Ursprüngliche Marschrichtung (Beispiel: 70 Grad) kann wegen Gletscherspalte nicht beibehalten werden.

5 Unterlagen Wildnistraining, Thema Karte und Kompass, Seite 5 * Zuerst 90 Grad zur Marschrichtung hinzuzählen (oder abziehen, wenn sich die andere Richtung eher anbietet). In dieser neuen Richtung (160 Grad bzw. 340 Grad) genau abgezählte Schritte gehen, bis Hindernis zuende ist. * Ursprüngliche Richtung einstellen und Hindernis passieren. * Nun die 90 Grad abziehen (hinzu zählen) und die abgezählten Schritte wieder zurücklaufen. - Genaues Laufen bei schlechter Sicht (Nebel etc.): Man schickt den Partner vor und weist ihn in den Kompasskurs ein. Eventuell hängt er ja am Sicherungsseil. Wenn er beispielsweise eine Seillänge gelaufen ist und exakt im Visier steht, geht man nach. V. Andere Möglichkeiten zur Richtungsbestimmung * Sonne: (siehe oben) * Mond: Folgender Trick funktioniert recht gut: a) Mondscheibe in Zwölftel einteilen. Halbmond ist 6/12, Dreiviertelmond ist 9/12. b) Feststellen, ob Mond zu- oder abnehmend ist. Ist die Scheibe rechts rund, ist er zunehmend (Altes deutsches Z = ). c) Bei zunehmenden Mond von der derzeitigen Uhrzeit die Zahl der Zwölftel abziehen, bei abnehmenden Mond dazuzählen. d) Dies ergibt eine neue Uhrzeit. Der Mond steht derzeit dort, wo die Sonne zu dieser Zeit steht. Dies ergibt die Himmelsrichtung. Ein paar Beispiele: - Es ist zunehmender Halbmond und Uhr. Von 21 sind also 6 abzuziehen, ergibt 15. Um Uhr steht die Sonne genau im Südwesten, dort steht also gerade der Mond... - Vollmond, Uhr. Egal ob ab- oder zuzählen, als neue Uhrzeit ergibt sich Mittags (High Noon), als Richtung also Süden. - Abnehmender Viertelmond, morgens um 2 Uhr: 3 Zwölftel, 3 zur Uhrzeit dazuzählen ergibt 5 Uhr morgens. Die Sonne steht (wenn man sie sehen könnte) um 5 Uhr etwas vor Ost, genau gesagt bei ca. 75 Grad. Der Mond Als Gott den lieben Mond erschuf gab er ihm folgenden Beruf: Beim Zu- sowohl wie beim Abnehmen sich deutschen Lesern zu bequemen ein A formierend und ein Z dass keiner groß zu denken hätt. befolgend dies ward der Trabant ein völlig deutscher Gegenstand Christian Morgenstern Trigonometrische Punkte (TP): Das Kreuz und der Stein sind genau ausgerichtet, die Beschriftung TP zeigt nach Süden Reinhard Zwerger, 1994