Fall 8. Ausgangsfall. Hier wurde der unmittelbare Besitz am Gerät von A auf B vollständig übertragen.
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- Björn Dittmar
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1 Fall 8 Ausgangsfall I. Anspruch des A gegen B auf Herausgabe des CD-Players gemäß 346 I BGB Hierfür müsste dem A ein vertragliches ( Rücktritt vorbehalten, vgl. 346 I BGB) oder gesetzliches (insbesondere 323 BGB) Rücktrittsrecht zustehen. Das ist nicht der Fall. II. Anspruch des A gegen B auf Herausgabe des CD-Players gemäß 985 BGB Ein Anspruch aus 985 BGB würde voraussetzen, dass A Eigentümer und B Besitzer der Sache ohne ein Recht zum Besitz wäre. 1. B erlangte mit der Übergabe am die tatsächliche Sachherrschaft über den CD- Player. Er hat auch den nötigen Besitzwillen und ist folglich unmittelbarer Besitzer der Sache, vgl. 854 I BGB. 2. A müsste Eigentümer des Gerätes sein. a. Ursprünglich war A Eigentümer. b. Er könnte aber das Eigentum am durch die Übertragung an B verloren haben. Dafür müssten die vier Grundvoraussetzungen der Eigentumsübertragung bei beweglichen Sachen vorliegen. i. Zunächst müsste eine Einigung über den Eigentumsübergang bestehen gem. 929 S. 1 BGB. A und B haben eine Einigung über den Wechsel des Eigentums am CD-Player getroffen (dinglicher Vertrag). ii. Zur Wahrung des Publizitätsgrundsatzes ist zusätzlich die Übergabe der beweglichen Sache erforderlich (i.d.r. Realakt; Ausnahme: 854 II BGB). Voraussetzung der Übergabe i.s.d. 929 ff. BGB (wichtig): Die Übergabe i.s.d. 929 ff. BGB setzt dreierlei voraus: (1) Vollständige Besitzaufgabe des Veräußerers, (2) Besitzbegründung des Erwerbers (3) auf Veranlassung des Veräußerers. Hier wurde der unmittelbare Besitz am Gerät von A auf B vollständig übertragen. iii. 929 S. 1 BGB fordert, dass sich Veräußerer und Erwerber bei Übergabe immer noch über die Verfügung einig sind (dieses Kriterium ist überhaupt nur dann anzusprechen, wenn Einigung und Übergabe - wie hier - auseinanderfallen). Dies ist hier trotz der zwischenzeitlichen Zweifel des A unproblematisch, da er diese nicht nach außen trägt und letztendlich die Einigung der Vorwoche weiter gelten lassen will. iv. Schließlich muss der Veräußerer zur Eigentumsübertragung berechtigt sein. Berechtigt sind der verfügungsbefugte Eigentümer, der mit der Zustimmung des Eigentümers gem. 185 I BGB Handelnde sowie der vom Gesetz Bevollmächtigte (bspw. der Insolvenzverwalter nach 80 InsO). A war verfügungsbefugter Eigentümer und somit Berechtigter. Beachte: Bei fehlender Berechtigung wäre im Folgenden ein gutgläubiger Erwerb nach den 932 ff. BGB zu prüfen! PÜ Sachenrecht Lösung Fall 08 1
2 v. Da dementsprechend alle Voraussetzungen des 929 S. 1 BGB vorliegen, ist nicht mehr A, sondern B neuer Eigentümer des CD-Players. Ergebnis: Mangels Eigentümerstellung hat A keinen Anspruch aus 985 BGB. III. Anspruch des A gegen B Herausgabe/Rückübereignung des CD-Players nach 812 I 1 Alt. 1 BGB (Leistungskondiktion) Mangels ersichtlicher Nichtigkeitsgründe bzgl. des Kaufvertrags ( 433 BGB) besteht hier augenscheinlich ein Rechtsgrund, so dass 812 I 1 BGB ausscheidet. 1. Abwandlung Der einzige Unterschied ergibt sich unter II. 2. b. ii. Da B bereits im Besitz der Sache ist, wäre eine Übergabe reine Förmelei. Nach 929 S. 2 BGB ist in diesen Fällen keine Übergabe notwendig; es genügt die Einigung zwischen Veräußerer und Erwerber (sog. brevi manu traditio, Übereignung kurzer Hand ). 2. Abwandlung Die Frage richtet sich alleine nach dem Zeitpunkt, in dem B das Eigentum am CD-Player erworben hat. 1. Möglicherweise ist das Eigentum an dem Gerät bereits am übergegangen. Erforderlich wäre eine Einigung i.s.d. 929 S. 1 BGB dahingehend, dass schon zu diesem Zeitpunkt das Eigentum auf B übergehen sollte. Daran fehlt es. 2. In Betracht kommt indes ein Eigentumsübergang am a. Vorausgesetzt wäre wieder eine Einigung nach 929 S. 1 BGB. Eine ausdrückliche Einigung liegt nicht vor, allerdings hat B bereits den Kaufpreis gezahlt, so dass diese konkludent zustande kam. b. Ein Erwerb nach 929 S. 1 BGB würde des Weiteren eine Übergabe erfordern. i. An einer solchen fehlt es hier. ii. Allerdings ist auch ein sog. Übergabesurrogat nach den 930, 931 BGB zur Erfüllung der Erwerbsvoraussetzungen ausreichend. Hier könnte es sich um einen Fall des sog. Besitzkonstituts gem. 930 BGB handeln. Dies erfordert, dass B den mittelbaren Besitz i.s.d. 868 BGB an dem Gerät haben müsste. Voraussetzungen des mittelbaren Besitzes nach Unmittelbarer Besitz des Besitzmittlers 2. Besitzmittlungswillen = der unmittelbare Besitzer muss die Sache als ihm fremd besitzen 3. Besitzmittlungsverhältnis (sog. Besitzkonstitut) i.s.d. 868 (Aufzählung nicht abschließend) zwischen dem unmittelbaren und dem mittelbaren Besitzer 4. Herausgabeanspruch gegen den Besitzmittler (ergibt sich i.d.r. aus 3.) PÜ Sachenrecht Lösung Fall 08 2
3 iii. Zur Erlangung des mittelbaren Besitzes schreibt 868 BGB die Vereinbarung eines Besitzmittlungsverhältnisses zwischen Besitzer und Besitzmittler vor. A und B haben vorliegend einen Leihvertrag gem. 598 BGB geschlossen. Hierbei handelt es sich um ein konkretes Besitzmittlungsverhältnis i.s.d. 868 BGB. Der erforderliche Herausgabeanspruch besteht gem. 604 I BGB. c. Das Einigsein im Zeitpunkt der Besitzkonstitutsbegründung liegt vor. d. An der Berechtigung des Veräußerers A besteht kein Zweifel. Ergebnis: B hat am Eigentum am CD-Player erworben. 3. Abwandlung I. Anspruch des B gegen X auf Herausgabe des CD-Players gemäß 604 I, III, 398 BGB B könnte gegen X einen Anspruch auf Herausgabe des Gerätes aus abgetretenem Recht nach 604 I, III, 398 I BGB haben. 1. Dass B einen Anspruch aus dem Leihvertrag zwischen A und X aus abgetretenem Recht geltend machen kann, würde zunächst einmal einen wirksamen Leihvertrag erfordern. A hat dem X den Player unentgeltlich überlassen, so dass ein Leihvertrag gem. 598 BGB anzunehmen ist. Ein vertraglicher Herausgabeanspruch des A gemäß 598, 604 I, III BGB bestand demnach. 2. Diesen müsste A an B gem. 398 S. 1 BGB abgetreten haben. Die Forderungsübertragung erfolgte konkludent durch die getroffene Abrede, dass sich B das Gerät bei X holen solle (dingliche Einigung). A war auch der berechtigte Forderungsinhaber. Der Anspruch ist also auf B übergegangen, vgl. 398 S. 2 BGB. Anmerkung: Die Abtretung ist eine Art Grundtatbestand der rechtsgeschäftlichen Rechtsübertragung (= Form der Verfügung). Alle anderen Übertragungsvorgänge basieren auf denselben Grundvoraussetzungen. Instruktiv hierzu Hofmann JA 2008, Der Anspruch müsste aber auch einredefrei sein. Hier steht X das Leistungsverweigerungsrecht nach 410 I 1 BGB (i.v.m. mit 274 BGB analog) zu, da der B keinerlei Abtretungsurkunde vorlegen kann. Auch 410 II BGB ist nicht einschlägig. X hat diese Einrede auch durch die Weigerung der Herausgabe konkludent erhoben. Ergebnis: B s Anspruch gegen X auf Herausgabe gem. 604 I, III, 398 BGB ist nicht durchsetzbar. II. Anspruch des B gegen X auf Herausgabe des CD-Players gemäß 985 BGB B könnte gegen X einen Anspruch auf Herausgabe des Gerätes aus 985 BGB haben, wenn B Eigentümer der Sache und X unrechtmäßiger Besitzer ist. 1. X ist unmittelbarer Besitzer, vgl. 854 I BGB. 2. B müsste Eigentümer sein. a. Ursprünglich war A der Eigentümer. PÜ Sachenrecht Lösung Fall 08 3
4 b. Möglicherweise hat B das Eigentum durch Absprache mit A am erworben. i. Die notwendige dingliche Einigung haben A und B getroffen. ii. Des Weiteren müsste A die Sache dem B übergeben oder die beiden müssten sich auf ein Übergabesurrogat geeinigt haben. Hier kommt das Übergabesurrogat nach 931 BGB in Betracht. Dazu müsste A einen Herausgabeanspruch gegen den damaligen Besitzer X abgetreten haben. Die Abtretung des Herausgabeanspruchs aus 604 I, III, 598 BGB ist erfolgt [(s.o.) Das Leistungsverweigerungsrecht des X nach 410 I 1 BGB ist insoweit irrelevant.]. Durch diese Abtretung wird mittelbarer Besitz von A auf B übertragen, vgl. 870 BGB. iii. Bzgl. des Einigseins bestehen keine Probleme. iv. A war auch Berechtigter. 3. Der Anspruch aus 985 führt aber nur dann zum Erfolg, wenn X kein Recht zum Besitz nach 986 BGB innehat. Nach 604 III BGB konnte die Leihe jederzeit beendet werden. Nach h.m. (s. Fall 6) stellt ein eventuelles ZbR auch kein RzB dar. 4. Problematisch ist allerdings auch hier die Einredefreiheit des Anspruchs. Sinnvoll ist der Gleichlauf der Interessenbewertung zu 604. Daher sollte das Leistungsverweigerungsrecht nach 410 I 1 BGB (i.v.m. mit 274 BGB analog) entsprechend anwendbar sein. Ergebnis: B hat keinen Anspruch gegen X auf Herausgabe des CD-Players gemäß 985 BGB. [ Ergänzung ] III. Anspruch des B gegen X auf Herausgabe aus 812 I 1 Alt. 1 BGB Dieser Anspruch würde auf jeden Fall eine Leistung des B an X voraussetzen, an der es hier fehlt. IV. Anspruch des B gegen X auf Herausgabe aus 812 I 1 Alt. 2 BGB Ein Anspruch mittels der Nichtleistungskondiktion in Form der Eingriffskondiktion scheitert bereits am Vorrang der Leistungsbeziehung A X. [ ] 4. Abwandlung Fraglich ist, ob B Eigentümer des CD-Players geworden ist. Dafür müsste A dem B diesen übereignet haben. 1. Die dingliche Einigung zwischen A und B i.s.d. 929 S. 1 BGB liegt vor. 2. Problematisch ist im vorliegenden Fall, ob eine Übergabe stattgefunden oder ein Surrogat vereinbart wurde. a. Eine Übereignung nach 931 BGB scheidet hier aus, da der A dem B den Anspruch auf Herausgabe nicht abgetreten hat. b. In Betracht kommt eine Übergabe nach 929 S. 1 BGB. A gibt seinen mittelbaren Eigenbesitz auf und weist X an, die Sache an B herauszugeben. X und B schließen einen neuen Leihvertrag ( 598 BGB). Damit hat der Veräußerer (A) jeglichen Besitz aufgegeben und dem Erwerber (B) den mittelbaren Besitz verschafft, indem aufgrund seiner Weisung der Besitzmittler (X) dem Erwerber (B) mittelbaren Be- PÜ Sachenrecht Lösung Fall 08 4
5 sitz eingeräumt hat. (Eigentlich sollte X die Sache an B herausgeben und damit die Übergabe i.s.v. 929 S. 1 BGB dementsprechend mit tatsächlicher Übergabe an B durch Erwerb des unmittelbaren Besitzes erfolgen; B hätte dann zu diesem Zeitpunkt von A erworben.) Abgrenzung zu 931 BGB: Bei 931 BGB findet eine Abtretung des (Herausgabe)Anspruchs aus dem Leihvertrag von A an B statt (dadurch Übertragung des mittelbaren Besitzes von A auf B, 870 BGB), hier wird dagegen auf Weisung des A im Verhältnis Besitzmittler X und Erwerber B ein neues Besitzmittlungsverhältnis vereinbart (Begründung mittelbaren Besitzes des B) Stichwort: Erwerb mittels Geheißperson auf Veräußererseite. c. Das Einigsein gem. 929 S. 1 BGB und die Berechtigung des A liegen vor. Ergebnis: B hat das Eigentum am Gerät nach 929 S. 1 erworben. Literaturhinweise: Vieweg/Werner, Sachenrecht, 3. Auflage 2008, 4 Rn. 1 ff. Prütting, Sachenrecht, 33. Auflage 2008, 32 Rn. 371 ff. PÜ Sachenrecht Lösung Fall 08 5
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