Gender, Diversity und Antidiskriminierung in der EU
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- Klaus Ackermann
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1 Gender, Diversity und Antidiskriminierung in der EU Workshop der Summer School Wohin geht die Geschlechterpolitik der EU?, Juli 2010, Hochschule für Wirtschaft und Recht, Berlin Dipl.-Pol. Katharina Schiederig Arbeitsstelle Gender und Diversity, Otto-Suhr- Institut für Politikwissenschaft, Freie Universität Berlin 1
2 These Die Europäische Union arbeitet mit einem Gender & Diversity-Ansatz. Trotz berechtigter Kritik kann die Vorreiterrolle der EU (-Kommission) für Chancengleichheit gewürdigt werden. Einen geeigneten Analyserahmen bietet Diversity Politics. 2
3 Problem & Agenda Setting Diskriminierung (= Benachteiligung oder Herabwürdigung von Gruppen oder Individuen aufgrund von gruppenspezifischen Kriterien in einer gleichen Situation) - Individuelle und institutionelle, mittelbare und unmittelbare Diskriminierung - Beobachtbar: horizontale und vertikale Segregation des Arbeitsmarktes nach Geschlecht, Herkunft und anderen Merkmalen Forderung der Betroffenen und Interessengruppen nach Chancengleichheit Demographischer Wandel, Migration, wirtschaftliche Internationalisierung, zunehmende Frauenerwerbstätigkeit Notwendigkeit der Strategieentwicklung für Unternehmen und Politik Normative und ökonomische Motivation für Ansätze für Chancengleichheit, in der Folge auch rechtliche Obligation 3
4 Debattenkontext: Gender plus Diversity? Gender - seit 1970er Jahren Frauenbewegung, Frauenförderpolitik - seit 1990er Jahren Gender als Begriff für soziales Geschlecht, seit Mitte der 90er Jahre Gender Mainstreaming - Kritik an universalistischem Anspruch, Intersektionalität Diversity - positive Wendung, Wertschätzung von Vielfalt, Erweiterung von Kategorien, horizontaler Ansatz - US-Bürgerrechtsbewegung, Black Empowerment - Personalwesen: Diversity Management - Aufnahme in Politik, NGOs - Diversity Mainstreaming? Gender und Diversity - Albtraum oder Traumpaar? (Andresen/Koreuber/Lüdtke 2009) 4
5 Weitere Konzepte in der Debatte Chancengleichheit (equal opportunities) - Gerechte Verteilung von Zugangs- und Lebenschancen - formale vs. substantielle Chancengleichheit (O Neill) Nicht-Diskriminierung, Antidiskriminierung - Strategie gegen Diskriminierung, rechtlich kodifiziert (Menschenrechte, EU-Antidiskriminierungsrichtlinien) Berücksichtigung von Mehrfachdiskriminierung, Intersektionalität - Akademische und NGO-Debatte 5
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8 Der Diversity-Ansatz Wertschätzung von Vielfalt Vielfalt als Unterschiede und Gemeinsamkeiten (Krell 2008) von Gruppen und Individuen Kernkategorien Big 6 gesetzlich verankert: - Herkunft und ethnische Zugehörigkeit - Geschlecht - Alter - Sexuelle Orientierung - Behinderung - Religion und Weltanschauung Sozialer Status/Klasse sowie Staatsangehörigkeit fehlen 8
9 Der Business Case für Diversity Internationalisierungs- Argument Beschäftigtenstruktur- Argument Flexibilitäts- Argument Finanzierungs- Argument Wettbewerbsvorteile durch Managing Diversity Kosten- Argument Kreativitätsund Problemlösungs- Argument Marketing- Argument Personalmarketing- Argument Nach: Krell, Gertraude (2008): Managing Diversity. Chancengleichheit als Wettbewerbsfaktor, in: dieselbe (Hrsg.): Chancengleichheit durch Personalpolitik. Gleichstellung von Frauen und Mänern in Unternehmen und Verwaltungen, S
10 Zwei Sichtweisen auf Diversity Management Equity Perspective Es geht um Gerechtigkeit! EO AA DiM Chancengleichheit Menschenrechte, Gesetze Anti-Diskriminierung Business Perspective Es geht um komparative Wettbewerbsvorteile! Was habe ich davon? Produktivitätssteigerung Interessanter Arbeitgeber Es geht nur um Geld! Eine Management-Mode. Die Sprache hat sich verändert. Das geht wieder vorbei. Soziales Geschwätz!!! Gesetze sind nur das Minimum. Wir müssen das Thema mit der Strategie verlinken! Öffentlicher Dienst EO-BeraterInnen Gewerkschaften Unternehmen DiM-BeraterInnen Interessengruppen 10
11 Der Nutzen von Vielfalt: die EU-Perspektive Chancengleichheit (equal opportunities) Sozialer Zusammenhalt (social cohesion) Gerechtigkeit, Demokratie, sozialer Frieden Wettbewerbsfähigkeit mit Vielfalt von Arbeitskräften: Die EU als wettbewerbsfähigster Wirtschaftsraum der Welt durch Diversity Management (=> Lissabon-Strategie) - Der Geschäftsnutzen von Vielfalt plädiert dafür, dass Vielfalt für Unternehmen große Vorteile mit sich bringt. Das Einbeziehen von Vielfalt spielt eine immer größere Rolle im Unternehmenssektor, der angemessen und gewinnbringend auf eine immer vielfältiger zusammengesetzte Gesellschaft, Kunden, Marktstruktur und Arbeiterschaft reagieren muss. Die Europäische Kommission hat mit zahlreichen Maßnahmen in den letzten Jahren dafür gesorgt, dass Diversity Management fester Bestandteil im strategischen Geschäftsplan und bei den Aktivitäten von Unternehmen in ganz Europa ist. (Europäische Kommission 2010) Strategien: Gesetze, Geld und Gute Worte 11
12 Diversity Politics als politikwissenschaftlicher Analyserahmen Diversity Politics: politikwissenschaftliche Auseinandersetzung zu Verbindung mit politischer Steuerung und Übertragung in öffentlichen/non-profit Bereich (Riedmüller/Vinz 2007) - Polity: strukturelle Ordnung - Politics: konflikthafte Gestaltung - Policy: inhaltliche Aspekte Wie sollten Gender- und Diversity-Ansätze für die Wohlfahrtsstaats- und Sozialpolitikforschung ausgestaltet sein? - komparative Ansätze, Erweiterung der varieties of gender regime -Forschung (vgl. Walby et al. 2007) - Blick auf Macht und Interessen, Intersektionalität - Fruchtbarmachung der feministischen Theorie, Integration mit Migrations- und Ungleichheitsforschung, Interdisziplinäre Zusammenarbeit mit Bildungs- und Organisationsforschung, BWL und Rechtswissenschaft 12
13 Polity: Institutionalisierung von Diversity in der EU-Struktur Gleichstellung von MigrantInnen Gleichstellung von Frauen und Männern Arbeitsrecht Sozialer Dialog Demographischer Wandel Gegen Diskriminierung Sozialpolitik Gleichstellung von Menschen mit Behinderung 13
14 Policy: Rechtlicher Rahmen Vertrag von Amsterdam Artikel 13: Unbeschadet der sonstigen Bestimmungen dieses Vertrages kann der Rat im Rahmen der durch den Vertrag auf die Gemeinschaft übertragenen Zuständigkeiten auf Vorschlag der Kommission und nach Anhörung des Europäischen Parlaments einstimmig geeignete Vorkehrungen treffen, um Diskriminierungen aus Gründen des Geschlechts, der Rasse, der ethnischen Herkunft, der Religion oder der Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Ausrichtung zu bekämpfen. In Artikel 2 und 3 wird die Gleichstellung von Mann und Frau und Gender Mainstreaming verankert. 14
15 Rechtlicher Rahmen II EU-Antidiskriminierungsrichtlinien: - Die Richtlinie 2000/43/EG: Gleichbehandlung ohne Unterschied der Rasse oder der ethnischen Herkunft die so genannte Antirassismus-Richtlinie - Die Richtlinie 2000/78/EG: Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf die so genannte Rahmenrichtlinie Beschäftigung - Die Richtlinie 2002/73/EG: Gleichbehandlung von Frauen und Männern beim Zugang zur Beschäftigung, zur Berufsbildung und zum beruflichen Aufstieg die so genannte Gender-Richtlinie - Die Richtlinie 2004/113/EG: Gleichbehandlung von Frauen und Männern außerhalb des Beschäftigungsbereichs, z.b. beim Zugang zu und bei der Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen. - Diskussion um 5. Richtlinie Verpflichtung zur Umsetzung in nationales Recht (AGG 2006) 15
16 Policy-Dimension Geld und gute Worte : Kampagnen und Aktionsprogramme Sozialagenda der Kommission, erneuert 2008: enthält Diversity Mainstreaming : Aktionsprogramm zur Bekämpfung der Diskriminierung : PROGRESS - Programm für Beschäftigung und soziale Solidarität der EU, enthält Maßnahmen gegen Diskriminierung, für die Gleichberechtigung von Frauen und Männern, Beschäftigungsmaßnahmen und den Kampf gegen soziale Ausgrenzung Europäisches Jahr der Chancengleichheit für alle - 15 Mio Euro Budget vergleichsweise niedrig Maßnahmen: rechtlicher Rahmen, Kommunikation (z.b. Informationen für Unternehmen), Finanzmittel, Sozialer Dialog und Einbeziehung aller Stakeholder, Mainstreaming aller Politiken 16
17 Einige kritische Fragen zum Schluss Wird Geschlecht durch Diversity marginalisiert? Gender und Diversity: Albtraum oder Traumpaar? Diversity als neoliberale Anerkennung von Differenz statt Umverteilung (Sauer 2008) Machtblindheit des Diversity-Konzepts? Kategorie Klasse fehlt (Vinz, im Erscheinen) Unterscheidung von StaatsbürgerInnen und Nicht- StaatsbürgerInnen vom Diskriminierungsverbot ausgenommen, diskriminierende Immigrationspolitik (Hormel 2008) Fokus auf Einzelklagen und Kampagnen, Durchsetzungskraft? 17
18 Perspektivisch gedacht Gender & Diversity-Mainstreaming als Ansatz in der Bildungspolitik, in der Beschäftigungspolitik und anderen Politikfeldern (mit Quotierung für verschiedene Gruppen?) Gender & Diversity-Kompetenz als Lernperspektive - Individuelles Lernen (z.b. durch Trainings) - Organisationales Lernen (z.b. durch Kommunikation von Leitbildern) - Lernen in der Politik (z.b. durch Forschung, Politikberatung) - Komponenten: Wissen, Methoden, Reflexion => Übung zu Beginn Dankeschön! Fragen? Ideen! 18
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