Medizinprodukte im stationären Bereich: TAVI
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- Nora Müller
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1 Medizinprodukte im stationären Bereich: TAVI Schneider U WINEG Summerschool September 2015
2 Herzklappenersatz: Zwei bekannte Fälle offen-chirurgisch oder minimalinvasiv? 2
3 Hintergrund Verengung der Herzklappen als häufigste Herzklappenerkrankung. Konventioneller Aortenklappenersatz (AKE) erfolgt durch Öffnen des Brustkorbes unter Einsatz einer Herz-Lungen-Maschine (AKE). Neue Behandlungsmethode: kathetergestützter Aortenklappenersatz (TAVI: Transcatheter aortic valve implantation); erstmalig vorgestellt Zugang über Hautschnitt im Rippenbereich (transapikal) oder über Leistenarterie (endovaskulär). Indikationsstellung: inoperable Ältere (>75 Jahre) oder Hochrisikopatienten mit Aortenklappenstenose: geringere Belastungen durch kathetergestützem Eingriff. 3
4 Anforderungen aus G-BA Richtlinie (Auszug) TAVI nur in Krankenhäusern mit einer Fachabteilung für Herzchirurgie und Fachabteilung für Innere Medizin und Kardiologie alternativ: wenn mit anderem Krankenhaus eine beide Fachabteilungen umfassende, räumlich und organisatorisch gemeinsame Einrichtung betrieben wird [ ]. Behandlung durch ein interdisziplinäres, ärztliches Herzteam. Indikationsstellung: neben klinischen medizinischen Faktoren auch Risikoabschätzung über anerkannten Risikoscore (z. B. EURO- oder STS-Score). Übergangsregelung bis : TAVI auch in Krankenhäusern ohne eigene Herzchirurgie, wenn TAVI bereits im Zeitraum bis erbracht wurde. 4
5 Verbreitung TAVI: national Patienten, die mindestens einmal an der Aortenklappe operiert wurden TAVI nach Fallzahl pro Krankenhaus (grau: Herzchirurgie nicht vorhanden) Quelle: AQUA Qualitätsreport 2013 (2014), S. 72 5
6 Verbreitung TAVI: internationaler Vergleich TAVI-Implantate pro 1 Million Einwohner Quelle: Mylotte et al. (2013), S
7 Vergütung 2006: erstmalig als NUB (Neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden) - Antrag beim InEK (Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus). a) 2008/2009: NUB-Verhandlungen; Preise zwischen und : Überführung in Fallpauschalenkatalog (DRG: F98Z Endovaskuläre Implantation eines Herzklappenersatzes oder transapikaler Aortenklappenersatz ); Relativgewicht Preise 1) Relativgewicht Preise 1) TAVI 11, ,33 10, ,92 F98Z bzw. F98B 2) AKE F03F 4, ,05 4, ,34 1) Bezogen auf Bundesbasisfallwert von 2.935,78 (2010) bzw ,82 (2014) 2) Ab 2014 Aufspaltung der F98Z in drei DRG (nach Alter und Komplexität) Quelle: a) Schindel 2012, S
8 Fragestellungen WINEG-Studie I. Einhaltung von Vorgaben hinsichtlich herzchirurgischer Abteilung? Qualitätsvereinbarungen und G-BA-Richtlinie sehen eine institutionalisierte herzchirurgische Abteilung zur Durchführung von TAVI vor. Wie ist die Datenlage? II. Räumliche Verbreitung im Zeitablauf? Wie lässt sich die Marktentwicklung erfassen? Welche Effekte zeigen sich bei einer räumlichen Betrachtung? III. Beurteilung der Notwendigkeit einer TAVI möglich? Existieren Unterschiede in der Altersverteilung der Patienten nach Art des Eingriffs? Wie stark Aussagekraft eines Risikoscores auf Basis von Routinedaten? 8
9 Daten und Methodik Routinedaten der Techniker Krankenkasse (TK) für die Jahre : Patienten mit TAVI; Patienten mit AKE. Aufgreifkriterium OPS-Codes: TAVI: 5-35a a.02; AKE: x I. Herzchirurgische Fachabteilung Näherung über DRG- Abrechnungsposition F03: Herzklappeneingriff mit Herz-Lungen- Maschine F05/F06: Koronare Bypass- Operationen II. Räumliche Verbreitung Aggregation auf Kreisebene Betrachtung von Krankenhäusern Berechnung des Anteils TAVI an allen Eingriffen Differenzierung nach Jahren III. Erfassung Komorbidität Basis: Abbildstrøm et al. (2010): Bypass-OP Logit-Modell: 30-Tage Sterblichkeit ausgewählte Diagnosen (stationär) 1 Jahr vor Eingriff durchgehende Versicherung 9
10 Ergebnisse: I. Herzchirurgische Fachabteilung? Ermittlung auf Basis DRG Herzchirurgie Baisis: G-BA-Richtlinie Mindeststandards bei Herzklappenoperationen ab 2016: u. a. Vorhalten einer herzchirurgischen Fachabteilung Frage 1: TAVI in KHS mit Herzchirurgie (nach Jahr): Jahr KHS mit TAVI und Herzchirurgie alle KHS mit TAVI , , , , , ,3 Anteil in Prozent 10
11 Ergebnisse: II. Marktdurchdringung Anteil TAVI an allen Eingriffen auf Kreisebene Anteil TAVI 2009 Anteil TAVI 2014 Anteil TAVI in % nur TAVI nur AKE 0 bis unter bis unter bis unter bis unter 80 11
12 Ergebnisse: II. Marktdurchdringung % Kreise nach TAVI-Anteil an allen Eingriffen Anteil TAVI nur TAVI 0,0 2,8 2,9 5,5 1,4 8,1 nur AKE 50,0 31,9 14,3 16,4 12,5 2,7 0 bis unter 20 % 39,7 44,4 55,7 37,0 36,1 31,1 20 bis unter 40 % 7,4 19,4 21,4 37,0 41,7 44,6 40 bis unter 60 % 2,9 1,4 5,7 4,1 5,6 12,2 60 bis unter 80 % 0,0 0,0 0,0 0,0 1,4 1,4 > 80 % 0,0 0,0 0,0 0,0 1,4 0,0 Summe % 100 % 100 % 100 % 100 % 100 % Anzahl Kreise rundungsbedingte Differenzen 12
13 Ergebnisse: II. Marktdurchdringung % Krankenhäuser nach TAVI-Anteil an allen Eingriffen Anteil TAVI nur TAVI 3,7 6,9 9,4 10,0 9,2 16,3 nur AKE 49,4 33,3 11,8 15,6 10,3 3,3 0 bis unter 20 % 38,3 40,2 47,1 38,9 32,2 27,2 20 bis unter 40 % 7,4 14,9 23,5 28,9 36,8 38,0 40 bis unter 60 % 1,2 2,3 7,1 6,7 9,2 12,0 60 bis unter 80 % 0,0 2,3 1,2 0,0 1,1 2,2 > 80 % 0,0 0,0 0,0 0,0 1,1 1,1 Summe % 100 % 100 % 100 % 100 % 100 % 1 rundungsbedingte Differenzen 13
14 Ergebnisse: III. Notwendigkeit von TAVI Altersverteilung TAVI - AKE Altersverteilung AKE/TAVI nach Jahr AKE Percent N 1372 Mean 68,54 Minimum 7,00 Maximum 92,00 N 1571 Mean 69,05 Minimum 16,00 Maximum 89,00 N 1696 Mean 69,38 Minimum 19,00 Maximum 89, TAVI Percent N 200 Mean 80,38 Minimum 14,00 Maximum 96,00 N 378 Mean 80,72 Minimum 47,00 Maximum 100,0 N 678 Mean 80,09 Minimum 35,00 Maximum 96, alter
15 Exkurs: Risikobewertung bei Herz-OP I Mortalität als primärer Endpunkt EuroSCORE: European System for Cardiac Operative Risk Evaluation 1999 STS-Score: Society of Thoracic Surgeons 2007 Quelle: Metzler 2011, S
16 Exkurs: Risikobewertung bei Herz-OP II Ansatzpunkte mittels Routinedaten Nicht alle Faktoren der Scores finden sich in Routinedaten, v.a. fehlen klinische Parameter, welche nicht abrechnungsrelevant. Alternativer Ansatz: Komorbiditätsindex nach Abbildstrøm et al. (2010), entwickelt für Bypass-Operationen. Idee: Schätzung der 30-Tage Letalität nach Aortenklappeneingriff (AKE und TAVI) mittels eines Logit-Modells. Erklärende Faktoren: Alter, Geschlecht sowie ausgewählte stationäre Diagnosen 1 Jahr vor Eingriff. 16
17 Ergebnisse: III. Komorbiditätsindex Geschätzte 30-Tage Letalität nach Eingriff Komorbiditätsindex AKE/TAVI nach Jahr N 1372 Mean 0,055 Median 0,040 Maximum 0,460 N 1571 Mean 0,043 Median 0,031 Maximum 0,478 N 1696 Mean 0,037 Median 0,026 Maximum 0,391 AKE Percent N 200 Mean 0,086 Median 0,072 Maximum 0,509 N 378 Mean 0,059 Median 0,038 Maximum 0,536 N 678 Mean 0,052 Median 0,034 Maximum 0,479 TAVI Percent Estimated Probability
18 Zusammenfassung Innovative Verfahren aus der Medizintechnik gelangen in relativ kurzer Zeit in die Regelversorgung. Deutschland liegt bei Anwendung von TAVI international an der Spitze. Probleme: Qualitätsanforderungen (Herzchirurgie) werden nicht in allen Fällen erfüllt. Vergütung: deutlich höhere Preise für neue Verfahren schaffen u. U. Anreize zur häufigen Anwendung Kostenrelevanz. Rasche Ausbreitung von TAVI: Zahlen spiegeln u.u. Substitutionseffekt wieder. Schlussfolgerung: G-BA-Richtlinie wichtig, damit TAVI nur dann eingesetzt wird, wenn sie auch wirklich indiziert ist. Aber: Starker Anstieg der Fallzahlen lassen daran zweifeln. 18
19 Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. PD Dr. Udo Schneider
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