Priv.-Doz. Dr. med. Johanna Anneser Palliativmedizinischer Dienst. Palliativmedizin. Wem nutzt sie, was kann sie leisten?
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- Pia Sachs
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1 Priv.-Doz. Dr. med. Johanna Anneser Palliativmedizinischer Dienst Palliativmedizin Wem nutzt sie, was kann sie leisten? 1
2 Was ist Palliativmedizin? Palliativmedizin dient der Verbesserung der Lebensqualität von Patienten und ihren Familien, die mit einer lebensbedrohlichen Erkrankung konfrontiert sind. Dies geschieht durch Vorbeugung und Linderung von Leiden mittels frühzeitiger Erkennung, hochqualifizierter Beurteilung und Behandlung von Schmerzen und anderen Problemen physischer, psychosozialer und spiritueller Natur. WHO (2002)
3 Palliativmedizin - wann? Therapie Maximaltherapie Minimalth. Kurative Therapie Palliative Therapie Palliativmedizin ist Aufgabe aller Ärzte
4 Frau E.A. (70 Jahre) Ovarialkarzinom (bösartiger Tumor des Eierstocks) OP 2006, mehrere Chemotherapien bis September erwachsene Kinder, lebt mit ihrem Lebensgefährten im gemeinsamen Haushalt Pflege wird durch den Lebensgefährten geleistet
5 Oktober 2010 stationäre Aufnahme MRI Frau E.A. Probleme: Schmerzen: Bauchschmerzen, Schmerzen der Beine als Folge der Chemotherapie Übelkeit/Erbrechen: Häufiges Erbrechen, Mundtrockenheit Erste Vorstellung bei unserem Palliativmedizinischen Dienst?
6 Palliativmedizinische Dienste Multiprofessionelles Team mit spezieller Zusatzqualifikation Betreuung stationärer Patienten in der jeweiligen Fachabteilung Palliativmedizinischer Dienst Rechts der Isar
7 Oktober 2010 Stationäre Aufnahme MRI Probleme: Schmerzen: Bauchschmerzen, Schmerzen der Beine als Folge der Chemotherapie Übelkeit/Erbrechen: Häufiges Erbrechen, Mundtrockenheit Frau E.A. Erste Vorstellung bei unserem Palliativmedizinischen Dienst Palliativmedizinische Aufgaben: Symptomkontrolle: Schmerztherapie (subkutane Gabe von Medikamenten) Therapie der Übelkeit/des Erbrechens Behandlung der Mundtrockenheit Entlassplanung: Pflegerische Beratung/Anleitung des Lebensgefährten Einschaltung eines Pflegedienstes, Pflegeschnelleinstufung Erstellung einer Patientenverfügung und einer Vorsorgevollmacht für den Lebensgefährten
8 Behandlung von Tumor-assoziierten Symptomen Es wird geschätzt, dass ca. 50% der onkologischen Patienten keine ausrechende Schmerztherapie erhalten Deandrea et al. (Ann Oncol. 2009) Ähnliche Zahlen für andere Begleitsymptome (Übelkeit, Depression ) besonders bei alten Menschen Rodriguez KL et al. (Am J Geriatr Pharmacother 2010)
9 Die Gabe von Medikamente subkutan (unter die Haut)
10 Die Gabe von Medikamente subkutan (unter die Haut)
11 Die Gabe von Medikamente subkutan (unter die Haut) Durchführung durch Pflegepersonal oder Angehörige Nadel kann relativ lange verbleiben bis zu 7 Tage Durchschnitt 2-3 Tage Keine Einschränkung von Mobilität und Unabhängigkeit Einsatz auch zu hause Konstante Medikamentenspiegel Kontrolle mehrerer Symptome gleichzeitig Mischbarkeit verschiedener Medikamente
12 Die Gabe von Medikamente subkutan (unter die Haut) Welche Medikamente können gegeben werden? Schmerzmittel (Novalgin, Tramal, Morphin, L- Polamidon ) Mittel gegen Übelkeit und Erbrechen (Paspertin, Vomex, Zofran ) Corticoide (Fortecortin)
13 Die Gabe von Medikamente subkutan (unter die Haut) Warum die subkutane Gabe von Medikamenten und Flüssigkeit nicht flächendeckend angewendet wird, ist rational nicht nachvollziehbar
14 Oktober 2010 Stationäre Aufnahme MRI Probleme: Schmerzen: Bauchschmerzen, Schmerzen der Beine als Folge der Chemotherapie Übelkeit/Erbrechen: Häufiges Erbrechen, Mundtrockenheit Frau E.A. Erste Vorstellung bei unserem Palliativmedizinischen Dienst Palliativmedizinische Aufgaben: Symptomkontrolle: Schmerztherapie (subkutane Gabe von Medikamenten) Therapie der Übelkeit/des Erbrechens Mundtrockenheit Entlassplanung: Pflegerische Beratung/Anleitung des Lebensgefährten Einschaltung eines Pflegedienstes, Pflegeschnelleinstufung Erstellung einer Patientenverfügung und einer Vorsorgevollmacht für den Lebensgefährten
15 Patientenverfügung- Betreuungsverfügung- Vorsorgevollmacht Die Patientenverfügung ist eine schriftliche Vorausverfügung eines Volljährigen für den Fall der Einwilligungsunfähigkeit, ob bestimmte Untersuchungen, Eingriffe oder Heilbehandlungen untersagt oder gestattet werden Die Betreuungsverfügung dient dem Zweck, eine Person des eigenen Vertrauens zu benennen, die für den Fall, dass eine Betreuung notwendig werden sollte, vom Gericht bestellt werden soll. In einer Vorsorgevollmacht wird eine Person des eigenen Vertrauens als Bevollmächtigte eingesetzt, die im Unterschied zum Betreuer nicht vom Gericht bestellt werden muss
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17 Zweite Aufnahme Anfang Dezember 2010 Frau E.A. Probleme: zunehmender Aszites (Flüssigkeitsansammlung im Bauchraum) Verschlimmerung der Schmerzen Zunehmende seelische Belastung des Patientin und v.a. des Partners Palliativmedizinische Aufgaben: Symptomkontrolle Stützende Gespräche mit den Angehörigen, Angebot der Mitbetreuung durch Seelsorge und/oder Psychoonkologie Einschaltung eines SAPV-Teams
18 Unterstützung für Zuhause Ambulanter Hospizdienst/Hospizverein von den Kassen gefördert ( 39a SGB V) ausgebildete ehrenamtliche Hospizhelfer Unterstützung der Patienten im häuslichen Umfeld im Alters- und Pflegeheim im Krankenhaus Unterstützung der Familien
19 Unterstützung für Zuhause Spezialisierte Ambulante Palliativversorgung - SAPV die Leistung ist von einem Vertragsarzt oder Krankenhausarzt zu verordnen Multiprofessionelle Teams (Ärzte, Pflegende, Koordinationskräfte, 6-8 Mitarbeiter) ärztliche und pflegerische Leistungen insbesondere Schmerztherapie und Symptomkontrolle zielt darauf ab, die Betreuung in der vertrauten häuslichen Umgebung zu ermöglichen. (24h -Bereitschaft!)
20 Dritte Aufnahme Weihnachten 2010 Frau E.A. Hauptproblem: Ileus (Darmverschluss durch Tumorwachstum) Chirurgie: schlägt Anlage eines Ileostomas (künstlicher Darmausgang) vor Patientin ist sich zunächst drüber unklar, ob sie diese Maßnahme möchte. Sie lehnt schließlich eine Operation ab und nimmt explizit auch eine mögliche Verkürzung des Lebens in Kauf Palliativmedizinische Aufgaben: Unterstützung/Beratung der Patientin hinsichtlich der Therapieentscheidung
21 Indikation und Therapiezieländerung
22 Mögliche Therapieziele Heilung Vorbeugung Rehabilitation Lebensverlängerung Linderung von Leiden Verbesserung der Lebensqualität Ermöglichung eines guten Sterbens
23 Die ärztliche Indikation Überprüfung der Indikation 1. Was ist das Therapieziel? 2. Ist dieses Therapieziel realistisch? Kongruenz mit Patientenwillen 3. Stimmt dieses Therapieziel mit dem Patientenwillen überein?
24 Therapiezieländerung - eine häufige Situation im klinischen Alltag? Daten aus der Intensivmedizin: 50-90% aller Sterbefälle auf Intensivstationen sind ein Sterbenlassen (aktive Entscheidung im Sinne einer Therapiezieländerung) Sprung CL et al, JAMA 2003 Vincent JL et al, Chron Respir Dis 2004
25 Dienst Name der Klinik Therapiezieländerung z.b. Dialyse X z.b. Intensivbehandlung z.b.symptomkontrolle Änderung des Therapieziels
26 Palliativmedizin: gute Lebensqualität - kürzeres Leben? The new england journal of medicine n engl j med 363;8 nejm.org august 19, original article Early Palliative Care for Patients with Metastatic Non Small-Cell Lung Cancer Jennifer S. Temel, M.D., Joseph A. Greer, Ph.D., Alona Muzikansky, M.A., Emily R. Gallagher, R.N., Sonal Admane, M.B., B.S., M.P.H., Vicki A. Jackson, M.D., M.P.H., Constance M. Dahlin, A.P.N., Craig D. Blinderman, M.D., Juliet Jacobsen, M.D., William F. Pirl, M.D., M.P.H.,
27 3 Regeln für Entscheidungen am Lebensende (nach Prof. G.D. Borasio) 1. Reden 2. Reden 3. Reden
28 Therapiezieländerung und Palliativmedizin Palliativmedizin ist die Weiterführung der für den Patienten optimalen Therapie mit geändertem Therapieziel
29 Frau E.A. Weihnachten 2010: Weiterverlegung auf eine Palliativstation weitere Optimierung der Symptomkontrolle Anfang Januar 2011 Verlegung in ein Hospiz Das ausgefallene Silvesterfondue mit der Familie wurde im Hospiz nachgefeiert
30 Palliativstation - Hospiz
31 Palliativstation eigenständige, an ein Krankenhaus angebundene oder integrierte Station ärztliche Leitung ganzheitlicher Behandlungsansatz (interdisziplinär und multiprofessionell) Krisenintervention Ziel der Behandlung: Entlassung in die häusliche Umgebung mit ausreichender Symptomkontrolle
32 Palliativstation- Aufnahmekriterien Schwerstkranke Menschen mit unheilbarer und fortschreitender Erkrankung, bei denen aufgrund einer akuten Krise eine stationäre Behandlung in einer spezialisierten Einrichtung notwendig ist. begrenzte Liegedauer (ø 2 Wochen) Entlassungsrate: >50% Wiederaufnahme möglich Finanzierung durch die Krankenversicherung
33 Stationäres Hospiz Pflegeeinrichtung Überwachung von Schmerztherapie und Symptomkontrolle Palliativpflegerische, psychosoziale und spirituelle Betreuung ärztliche Betreuung durch niedergelassene Ärzte Mischfinanzierung durch Krankenversicherung/ Pflegeversicherung
34 Aufnahmekriterien stationäres Hospiz Schwerstkranke Menschen mit unheilbarer und fortschreitender Erkrankung, bei denen eine stationäre Behandlung im Krankenhaus nicht nötig und eine ambulante Betreuung zu Hause nicht möglich ist Voraussetzung: Symptomstabilität Betreuungsdauer: in der Regel mehrere Wochen, bis zu 3-4 Monaten möglich Entlassungsrate: <2%
35 Was hat Palliativmedizin mit Humanität in der Medizin zu tun? 1) Basis einer humanen Medizin ist das Gewähren der besten verfügbare Behandlung! Der Arzt muss dafür sorgen, dass Heilbares nicht unheilbar wird, und im Unheilbaren muss er sich auskennen, damit er nicht nutzlos quält. Er soll der begleitende Freund und Zeichendeuter des Patienten sein. (Hippokrates)
36 Was hat Palliativmedizin mit Humanität in der Medizin zu tun? 2. Eine humane Medizin respektiert Autonomie und Individualität des Patienten
37 Was ist Palliativmedizin? Palliativmedizin dient der Verbesserung der Lebensqualität von Patienten und ihren Familien, die mit einer lebensbedrohlichen Erkrankung konfrontiert sind. Dies geschieht durch Vorbeugung und Linderung von Leiden mittels frühzeitiger Erkennung, hochqualifizierter Beurteilung und Behandlung von Schmerzen und anderen Problemen physischer, psychosozialer und spiritueller Natur. WHO (2002)
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