LEITFADEN ZU DEN ZULÄSSIGKEITSVORAUSSETZUNGEN

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1 LEITFADEN ZU DEN ZULÄSSIGKEITSVORAUSSETZUNGEN

2 Europarat/Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte, 2011 Der Leitfaden wurde im Dezember 2010 veröffentlicht, zuerst in Englisch und Französisch, den offiziellen Sprachen des Gerichtshofes. Herausgeber oder Organisationen, die an einer Vervielfältigung oder Übersetzung interessiert sind, sollten den Gerichtshof über folgende Adresse kontaktieren: Für diese Übersetzung, die durch eine großzügige Zuwendung aus Liechtenstein ermöglicht wurde, ist allein der Übersetzer verantwortlich. Die Originalversionen in Englisch und Französisch und Übersetzungen in einige andere Sprachen sind zum herunterladen auf (Case-law Case-Law Information Admissibility Guide) erhältlich. Der Leitfaden wurde von der Rechercheabteilung vorbereitet und bindet den Gerichtshof nicht. Der Text wurde im Dezember 2009 fertig gestellt und befindet derzeit sich auf dem Stand vom 31. März

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4 INHALTSVERZEICHNIS EINLEITUNG... 8 A. Individualbeschwerden Zweck der Bestimmung Aktivlegitimation Die Freiheit, das Beschwerderecht auszuüben Pflichten des beklagten Vertragsstaates a) Artikel 39 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs b) Sachverhaltsfeststellung c) Untersuchungen B. Opfereigenschaft Der Begriff Opfer Direktes Opfer Indirektes Opfer Tod des Opfers Verlust der Opfereigenschaft I. PROZESSUALE GRÜNDE DER UNZULÄSSIGKEIT A. Nichterschöpfung innerstaatlicher Rechtsbehelfe Zweck der Regel Anwendung der Regel a) Flexibilität b) Einhaltung innerstaatlicher Normen und Grenzen c) Bestehen mehrerer Rechtsbehelfe d) Der Sache nach geltend gemachter Beschwerdepunkt e) Bestehen und Angemessenheit f) Verfügbarkeit und Effektivität Grenzen der Anwendbarkeit der Regel Verteilung der Beweislast Prozessuale Aspekte Einführung neuer Rechtsbehelfe B. Nichteinhaltung der Sechsmonatsfrist Zweck der Sechsmonatsfrist Beginn des Laufs der Sechsmonatsfrist a) Endgültige Entscheidung b) Beginn des Laufs der Frist c) Zustellung der Entscheidung d) Keine Zustellung der Entscheidung e) Kein zur Verfügung stehender Rechtsbehelf f) Berechnung der Sechsmonatsfrist g) Fortdauernde Situation Tag der Einlegung der Beschwerde a) Erster Brief b) Abweichung zwischen dem Datum der Unterschrift und dem Versendungsdatum c) Übermittlung per Fax d) Zeitabstand nach der ersten Kommunikation e) Charakterisierung einer Beschwerde f) Nachträgliche Beschwerdepunkte Beispiele a) Anwendbarkeit zeitlicher Beschränkungen bei der prozessualen Pflicht nach Artikel 2 der Konvention b) Voraussetzung des Laufs der Sechsmonatsfrist in Fällen wiederholter Haftzeiten nach Artikel 5 Abs. 3 der Konvention Europarat/Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte, Dezember 2011

5 C. Anonyme Beschwerde Anonyme Beschwerde Nicht anonyme Beschwerde D. Wiederholte Beschwerde Identische Beschwerdeführer Identische Beschwerden Identische Sachverhalte E. Beschwerde, die bereits bei einer anderen internationalen Instanz eingelegt wurde Der Begriff der Instanz a) Die Instanz muss öffentlich-rechtlicher Natur sein b) Die Instanz muss international sein c) Die Instanz muss unabhängig sein d) Die Instanz muss gerichtlicher Natur sein Prozessuale Garantien a) Streitiges Verfahren b) Anforderungen an das Rechtsprechungsorgan Die Rolle des Verfahrens a) Das Verfahren muss zur Feststellung der Verantwortlichkeit führen können b) Das Verfahren muss zum Ziel haben, der Verletzung ein Ende zu bereiten c) Die Effektivität des Verfahrens F. Missbrauch des Beschwerderechts Allgemeine Definition Irreführung des Gerichtshofs Beleidigende Formulierungen Verletzung des Grundsatzes der Vertraulichkeit des Verfahrens, das auf eine gütliche Einigung gerichtet ist Eine offensichtlich querulatorische oder keinen vernünftigen Zweck verfolgende Beschwerde Andere Fälle Von der Regierung gefordertes Verhalten II. UNZULÄSSIGKEITSGRÜNDE, DIE SICH AUF DIE ZUSTÄNDIGKEIT DES GERICHTSHOFS BEZIEHEN A. Unzuständigkeit ratione personae Grundsätze Zuständigkeit Verantwortlichkeit und Zurechenbarkeit Fragen betreffend die mögliche Verantwortlichkeit von Vertragsstaaten für Handeln oder Unterlassen, das im Zusammenhang mit ihrer Mitgliedschaft in einer internationalen Organisation steht B. Unzuständigkeit ratione loci Grundsätze Sonderfälle C. Unzuständigkeit ratione temporis Allgemeine Grundsätze Anwendung dieser Grundsätze a) Maßgebender Zeitpunkt bezüglich der Ratifikation der Konvention bzw. der Anerkennung der Zuständigkeit der Konventionsorgane Europarat/Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte, Dezember

6 b) Unmittelbar vor oder nach dem In-Kraft-Treten der Konvention oder der Erklärung eingetretene Ereignisse Besondere Situationen a) Fortdauernde Verletzung b) Fortdauernde prozessuale Verpflichtung nach Artikel 2, Todesumstände zu untersuchen: Verfahren, die sich auf Ereignisse beziehen, die außerhalb der zeitlichen Zuständigkeit des Gerichtshofs liegen c) Prozessuale Pflicht nach Artikel 2, das Verschwinden von Personen, das vor dem maßgeblichen Zeitpunkt erfolgte, zu untersuchen d) Berücksichtigung früherer Ereignisse e) Anhängige Verfahren und Haft f) Recht auf Entschädigung bei unrechtmäßiger Verurteilung D. Unzuständigkeit ratione materiae Die Begriffe zivilrechtliche Ansprüche und Verpflichtungen a) Allgemeine Voraussetzungen für die Anwendbarkeit von Artikel 6 Abs b) Der Begriff Streitigkeit c) Vertretbarkeit der Auffassung, dass ein Anspruch nach nationalem Recht besteht d) Zivilrechtliche Natur des Rechts e) Private Natur des Rechts: die finanzielle Dimension f) Ausdehnung auf andere Arten von Streitigkeiten g) Nicht erfasste Bereiche h) Anwendbarkeit von Artikel 6 auf nicht das Hauptverfahren betreffende Verfahren Der Begriff strafrechtliche Verurteilung a) Grundsätze b) Anwendung der Grundsätze Disziplinarverfahren Verwaltungsrechtliche, Steuer, Zoll und wettbewerbsrechtliche Verfahren Politische Streitigkeiten Abschiebung und Ausweisung Verschiedene Stadien von Strafverfahren, Nebenverfahren und nachfolgende Rechtsbehelfe. 48 c) Verhältnis zu anderen Artikeln der Konvention oder der Zusatzprotokolle Die Begriffe Privatleben und Familienleben a) Die Reichweite von Artikel b) Die Reichweite des Privatlebens c) Der Bereich des Familienlebens Das Recht, Vater oder Mutter zu werden Was Kinder betrifft Was Paare betrifft Was andere Beziehungen betrifft Materielle Interessen Die Begriffe Wohnung und Korrespondenz a) Die Reichweite von Artikel b) Die Reichweite des Begriffs der Wohnung c) Beispiele für Eingriffe d) Die Reichweite des Begriffs Korrespondenz Der Begriff Eigentum a) Geschützte Eigentumspositionen b) Autonome Bedeutung c) Bestehende Eigentumsrechte d) Forderungen und Schulden e) Rückgabe von Eigentum f) Zukünftiges Einkommen g) Beruflicher Kundenkreis h) Geschäftslizenzen i) Inflation j) Geistiges Eigentum k) Unternehmensaktien l) Sozialversicherungsleistungen Europarat/Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte, Dezember 2011

7 III. UNZULÄSSIGKEIT AUS MATERIELLEN GRÜNDEN A. Offensichtlich unbegründete Beschwerden Allgemeine Einführung Vierte-Instanz -Beschwerde Offensichtliche Nicht-Verletzung der Konvention a) Kein Anschein von Willkür oder fehlender Fairness b) Kein Anzeichen fehlender Verhältnismäßigkeit zwischen den Zielen und den Mitteln c) Andere relativ klare materielle Fragen Unsubstantiierte Beschwerden: fehlende Beweise Verworrene oder abwegige Beschwerdepunkte B. Kein wesentlicher Nachteil Hintergrund zu dem neuen Kriterium Reichweite Ob dem Beschwerdeführer ein wesentlicher Nachteil entstanden ist Zwei Schutzklauseln a) b) Ob die Achtung der Menschenrechte eine Sachprüfung erfordert Ob der Fall von einem innerstaatlichen Gericht bereits gebührend geprüft wurde Index der Urteile und Entscheidungen Europarat/Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte, Dezember

8 EINLEITUNG 1. Das System des Schutzes der Rechte und Pflichten der Europäischen Menschenrechtskonvention ( der Konvention ) basiert auf dem Grundsatz der Subsidiarität. Es ist primär Sache der Vertragsstaaten der Konvention, ihre Anwendung sicherzustellen; der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte ( der Gerichtshof ) soll nur dann einschreiten, wenn die Staaten ihren Verpflichtungen nicht nachgekommen sind. Die Straßburger Kontrolle wird in erster Linie durch Individualbeschwerden ausgelöst. Diese dürfen von jeder natürlichen oder juristischen Person, die dem Zuständigkeitsbereich eines Vertragsstaates unterfällt, eingereicht werden. Die Zahl der potentiellen Beschwerdeführer ist daher sehr groß: Zusätzlich zu den achthundert Millionen Einwohnern des größeren Europas und den Staatsangehörigen von Drittstaaten, die dort dauerhaft wohnen oder sich vorübergehend aufhalten, kommen noch Millionen von Vereinigungen, Stiftungen, politischen Parteien, Unternehmen usw. hinzu. Ganz zu schweigen auch von den Personen, die als Folge eines extraterritorialen Akts in den Zuständigkeitsbereich eines Vertragsstaates fallen. Seit einigen Jahren wird der Gerichtshof nun aus verschiedenen Gründen mit Individualbeschwerden überschwemmt (über waren am 31. März 2011 anhängig). Die überwiegende Zahl der Beschwerden (mehr als 95 %) wird jedoch ohne Prüfung der Begründetheit deshalb zurückgewiesen, weil eines der Zulässigkeitskriterien der Konvention nicht erfüllt ist. Diese Situation ist aus zwei Gründen unbefriedigend: Zum einen kann der Gerichtshof, der auf jede Beschwerde reagieren muss, deshalb die Beschwerden nicht in angemessener Frist prüfen, die auch eine Sachprüfung erfordern, und dies, obwohl die Öffentlichkeit keinen wirklichen Nutzen von einer unzulässigen Beschwerde hat. Zum anderen werden zwangsläufig die Beschwerden von Zehntausenden zurückgewiesen, und dies oft erst nach jahrelangem Warten der Betroffenen. 2. Die Vertragsstaaten und auch der Gerichtshof und seine Kanzlei haben stets versucht, diese Probleme zu bewältigen und effektiven Rechtsschutz sicherzustellen. Eine der sichtbarsten Maßnahmen war die Verabschiedung von Protokoll Nr. 14. Dieses sieht u.a. vor, dass offensichtlich unzulässige Beschwerden in Zukunft von Einzelrichtern, die von nichtrichterlichen Berichterstattern unterstützt werden, und nicht länger von einem aus drei Richtern bestehenden Ausschuss entschieden werden. Protokoll Nr. 14, das am 1. Juni 2010 in Kraft trat, führte auch ein neues Zulässigkeitskriterium ein, das sich auf die Schwere des erlittenen Nachteils bezieht und das Beschwerdeführer, die keinen wesentlichen Nachteil erlitten haben, von der Einlegung einer Beschwerde abhalten soll. Am 19. Februar 2010 haben sich Vertreter der 47 Mitgliedstaaten des Europarates, die alle an die Konvention gebunden sind, in Interlaken in der Schweiz getroffen, um über die Zukunft des Gerichtshofs und insbesondere den Rückstand der Fälle, der aus der großen Zahl unzulässiger Fälle resultiert, zu diskutieren. In einer feierlichen Erklärung haben sie die zentrale Rolle des Gerichtshofs im europäischen Menschenrechtsschutz unterstrichen und sich verpflichtet, die Effektivität des Systems bei gleichzeitiger Beibehaltung des Rechts auf Individualbeschwerde zu steigern. 3. Die Idee, potentiellen Beschwerdeführern umfassende und objektive Informationen im Hinblick auf das Beschwerdeverfahren und die Zulässigkeitskriterien zu geben, wurde ausdrücklich in Punkt C-6 (a) und (b) der Erklärung von Interlaken erwähnt. Dieser praktische Leitfaden ist im gleichen Kontext zu sehen. Er zielt darauf ab, ein klareres und detaillierteres Bild über die Zulässigkeitsvoraussetzungen zu geben, um hierdurch, zum einen, so weit wie möglich die Zahl der Beschwerden zu reduzieren, die nicht zu einer Sachprüfung führen können, und um, zum anderen, sicherzustellen, dass die Beschwerden, die eine Prüfung der Begründetheit erfordern, die Zulässigkeitsprüfung auch bestehen. Zurzeit wird bei den meisten Beschwerden, die diesen Test bestehen, zugleich über die Zulässigkeit und die Begründetheit entschieden, was das Verfahren vereinfacht und auch beschleunigt. Das vorliegende Dokument richtet sich in erster Linie an Praktiker, insbesondere an Rechtsanwälte, die gegebenenfalls Beschwerdeführer vor dem Gerichtshof vertreten sollen. Ein zweites, weniger umfangreiches und weniger Fachbegriffe enthaltendes Dokument wird als Anleitung für eine breitere und weniger informierte Leserschaft noch erstellt werden. Alle in Artikel 34 (Individualbeschwerden) und Artikel 35 (Zulässigkeitsvoraussetzungen) genannten Kriterien wurden im Lichte der Rechtsprechung des Gerichtshofs analysiert. Manche Voraussetzungen, wie etwa die Sechsmonatsfrist oder das Erfordernis der Erschöpfung des innerstaatlichen Rechtsweges können natürlich leichter dargelegt und definiert werden als etwa die Voraussetzung offensichtlich unbegründet. Gerade zu Letzterer gibt es unerschöpfliche Rechtsprechung. Gleiches gilt für die sachliche und persönliche Vereinbarkeit einer Beschwerde mit der Konvention. Zudem berufen sich Beschwerdeführer auf manche Artikel häufiger als auf andere und manche Staaten haben nicht alle Zusatzprotokolle zur Konvention ratifiziert oder Vorbehalte im Hinblick auf die Reichweite einzelner Bestimmungen erklärt. Die geringe Zahl der Staatenbeschwerden hat keine Berücksichtigung gefunden, da sie ein ganz anderes Vorgehen verlangen. Was das neu eingeführte Zulässigkeitskriterium betrifft, so ist es angesichts der Tatsache, dass Protokoll Nr. 14 erst vor kurzem in Kraft getreten ist, zu früh, diesbezüglich ein genaues Bild der Rechtsprechung des Gerichtshofs zu zeichnen. Der 8 Europarat/Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte, März 2011

9 vorliegende Leitfaden beansprucht daher für sich keine Vollständigkeit, er wird sich vielmehr auf die häufigsten Szenarien konzentrieren. 4. Der Leitfaden wurde von der Abteilung des Jurisconsult des Gerichtshofs erstellt; die hier erfolgte Interpretation der Zulässigkeitsvoraussetzungen bindet den Gerichtshof in keinster Weise. Er wird regelmäßig aktualisiert werden. Er wurde auf Englisch und Französisch verfasst und wird in einige andere Sprachen übersetzt werden, mit Priorität in die Amtssprachen der Staaten mit einem sehr hohen Beschwerdeaufkommen. 5. Nach der Darlegung der Begrifflichkeiten Individualbeschwerde und Opferstatus wird der Leitfaden auf die prozessualen Gründe der Unzulässigkeit eingehen (I), hernach auf Gründe, die mit der Zuständigkeit des Gerichtshofs in Zusammenhang stehen (II), und schließlich auf die Gründe, welche die Begründetheit eines Falles betreffen (III). A. Individualbeschwerden Artikel 34 - Individualbeschwerden Der Gerichtshof kann von jeder natürlichen Person, nichtstaatlichen Organisation oder Personengruppe, die behauptet, durch eine der Hohen Vertragsparteien in einem der in dieser Konvention oder den Protokollen dazu anerkannten Rechten verletzt zu sein, mit einer Beschwerde befasst werden. Die Hohen Vertragsparteien verpflichten sich, die wirksame Ausübung dieses Rechts nicht zu behindern. 1. Zweck der Bestimmung 6. Artikel 34, der das Recht auf Individualbeschwerde garantiert, gibt dem Einzelnen ein Recht, ein Verfahren auf internationaler Ebene einzuleiten. Er ist zugleich eine grundlegende Garantie für die Effektivität des Konventionssystems eine der Schlüsselkomponenten des Menschenrechtsschutzes (Loizidou gegen die Türkei 1 (Verfahrenseinreden), 70, und Mamatkulov und Askarov gegen die Türkei [GK], 100 und 122). 7. Als lebendes Instrument muss die Konvention im Lichte der heutigen Verhältnisse interpretiert werden. Die insoweit ständige Rechtsprechung betrifft auch die prozessualen Bestimmungen wie Artikel 34 (Loizidou gegen die Türkei (Verfahrenseinreden), 71). 2. Aktivlegitimation 8. Reichweite: Jede natürliche Person kann sich im Einklang mit Artikel 1 der Konvention auf den Schutz der Konvention gegenüber einem Vertragsstaat berufen, wenn die behauptete Verletzung im Zuständigkeitsbereich des betroffenen Staates erfolgte (Van der Tang gegen Spanien, 53). Das Opfer muss nicht genau darlegen, welcher Artikel der Konvention verletzt wurde (Guzzardi gegen Italien, 61). 9. Berechtigte Personen: - Jede natürliche oder juristische Person kann unabhängig von ihrer Nationalität, ihrem (Wohn)Sitz, ihrem Personenstand oder ihrer Geschäftsfähigkeit das Recht auf Individualbeschwerde ausüben. Im Hinblick auf eine Mutter, der das Sorgerecht entzogen worden war, s. Scozzari und Giunta gegen Italien [GK], 138; im Hinblick auf einen Minderjährigen s. A. gegen Vereinigtes Königreich; im Hinblick auf eine Beschwerdeführerin, der die Geschäftsfähigkeit fehlte, s. Zehentner gegen Österreich, 39 ff. - Jede Nichtregierungsorganisation im weiten Sinne, d.h. mit Ausnahme von Organisationen, die Regierungsgewalt ausüben, darf das Recht auf Individualbeschwerde ausüben, s. Holy Monasteries gegen Griechenland, 49, und Radio Frankreich und Andere gegen Frankreich (Entschdg.), 24-26; für die, die rechtlich und finanziell vom Staat unabhängig sind, s. Islamic Republic of Iran Shipping Lines gegen die Türkei, 80-81, und Unédic gegen Frankreich, Eine Gemeinde (Ayuntamiento de Mula gegen Spanien (Entschdg.)) oder ein Teil einer Gemeinde (Municipal Section von Antilly gegen Frankreich (Entschdg.)), die auch Hoheitsgewalt ausübt, kann nicht auf der Grundlage von Artikel 34 Individualbeschwerde erheben (siehe auch Döşemealtı Belediyesi v. Turkey (Entschdg.)). 1. Die Hyperlinks führen Sie zum Volltext des Urteils oder Beschlusses in englischer oder französischer Sprache (die beiden offiziellen Sprachen des Gerichtshofes). Weitere Informationen zur Rechtsprechung des Gerichtshofes finden Sie in der HUDOC Datenbank, welche die Urteile und Beschlüsse des Gerichtshofes in englischer und/oder französischer Sprache sowie Übersetzungen in weitere Sprachen, einschließlich Deutsch enthält. Europarat/Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte, März

10 - Jede Gruppe von natürlichen Personen das heißt informelle, meist vorübergehende Verbindungen von natürlichen Personen ( Belgischer Sprachenstreit -Fall) hat ebenfalls das Recht, eine Beschwerde einlegen. Allerdings können lokale Behörden oder jede andere staatliche Stelle nicht durch Personen, aus welchen sie bestehen oder welche sie repräsentieren, Beschwerde einreichen, wenn es um Straftaten nach dem Recht des Staates geht, dem sie angehören und in dessen Namen sie Hoheitsgewalt ausüben (Demirbaş und Andere gegen Türkei (Entschdg.)). 10. Artikel 34 lässt keine allgemeinen Beschwerden über eine Verletzung der Konvention zu. Man kann sich nicht einfach gegen eine nationale Bestimmung mit der Begründung wenden, sie verstoße gegen die Konvention (Monnat gegen die Schweiz, 31-32), auch eine actio popularis ist ausgeschlossen (Klass und Andere gegen Deutschland, 33; The Georgian Labour Party gegen Georgien (Entschdg.); und Burden gegen Vereinigtes Königreich [GK], 33). 11. Eine von einem Bevollmächtigten eingereichte Beschwerde: Wenn sich ein Beschwerdeführer dafür entscheidet, sich bei Einlegung der Beschwerde vertreten zu lassen, verlangt Artikel 45 Abs. 3 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs, dass eine schriftliche und unterzeichnete Vollmacht mit eingereicht wird. Ein Bevollmächtigter muss dartun können, dass er ausdrückliche und spezielle Anweisungen von dem behaupteten Opfer im Sinne von Artikel 34, in dessen Namen er vor dem Gerichtshof handelt, erhalten hat (Post gegen die Niederlande (Entschdg.)). Zur Wirksamkeit einer Bevollmächtigung s. Aliev gegen Georgien, Zur Rechtsgültigkeit einer Beschwerde s. Velikova gegen Bulgarien, Missbrauch des Beschwerderechts: Im Hinblick auf das Verhalten eines Beschwerdeführers, das mit dem Zweck des Beschwerderechts nicht vereinbar ist, s. zu dem Begriff Missbrauch des Beschwerderechts im Sinne von Artikel 35 Abs. 3 (Mirolubovs und Andere gegen Lettland, 62 ff.). 3. Die Freiheit, das Beschwerderecht auszuüben 13. Das Recht, Beschwerde beim Gerichtshof zu erheben, ist absolut und lässt keine Einmischung zu. Dies bedeutet auch, dass frei mit dem Gerichtshof kommuniziert werden können muss (im Hinblick auf Korrespondenz aus dem Gefängnis s. Peers gegen Griechenland, 84, und Kornakovs gegen Lettland, 157 ff.). Siehe in diesem Zusammenhang auch das Europäische Übereinkommen aus dem Jahre 1996 über Personen, welche an Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte teilnehmen (CETS 161). 14. Die nationalen Behörden dürfen keinen Druck auf Beschwerdeführer ausüben, ihre Beschwerde zurückzuziehen oder sie zu ändern. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs kann Druck in Form von direktem Zwang erfolgen, aber auch in Form von offensichtlicher Einschüchterung von (potentiellen) Beschwerdeführern, ihren Familien oder Bevollmächtigten und auch in Form von unangemessenem indirekten Einfluss (Mamatkulov und Askarov gegen die Türkei [GK], 102). Der Gerichtshof untersucht die abschreckende Wirkung auf die Ausübung des Beschwerderechts (Colibaba gegen Moldawien, 68). Besondere Beachtung finden dabei insbesondere die Verwundbarkeit des Beschwerdeführers und das Risiko, dass die Behörden sie oder ihn beeinflussen (Iambor gegen Rumänien (Nr. 1), 212). Beschwerdeführer können in der Untersuchungshaft, wenn Beschränkungen des Kontakts zur Familie und zu Dritten auferlegt wurden, besonders verwundbar sein (Cotlet gegen Rumänien, 71). 15. Erwähnenswerte Beispiele: Befragung im Hinblick auf die Beschwerde seitens der Behörden: Akdivar und Andere gegen die Türkei, 105, und Tanrıkulu gegen die Türkei [GK]; Androhung der Einleitung eines Strafverfahrens gegen den Anwalt der Beschwerdeführerin: Kurt gegen die Türkei, ; Beschwerde der Behörden gegen den Anwalt der Beschwerdeführerin in innerstaatlichen Verfahren: McShane gegen Vereinigtes Königreich, 151; polizeiliche Befragung des Anwaltes und Übersetzers der Beschwerdeführerin im Hinblick auf eine Entschädigungsklage: Fedotova gegen Russland, 49-51; im Hinblick auf eine von der Regierung angeordnete Anfrage: Ryabov gegen Russland, 53-65; fehlende Möglichkeit des Anwaltes und des Arztes des Beschwerdeführers, diesen zu sehen: Boicenco gegen Moldawien, ; Verletzung der Vertraulichkeit der Besprechung des Anwalts mit der Beschwerdeführerin in einem Besprechungszimmer: Oferta Plus SRL gegen Moldawien, 156; Drohung seitens der Strafvollzugsbehörden: Petra gegen Rumänien, 44; Weigerung der Behörden, eine Beschwerde an den Gerichtshof weiterzuleiten, was damit begründet wurde, dass der nationale Rechtsweg noch nicht erschöpft sei: Nurmagomedov gegen Russland, 61; Druck, der auf einen Zeugen in einem Fall betreffend Haftbedingungen ausgeübt wurde: Novinskiy gegen Russland, 119 ff.; 10 Europarat/Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte, März 2011

11 abschreckende Äußerungen seitens der Strafvollzugsbehörden; zudem wurden schriftliche Unterlagen und Dokumente, die für die Einreichung der Beschwerde notwendig waren, nicht oder erst verspätet zur Verfügung gestellt: Gagiu gegen Rumänien, 94 ff. Die Weigerung einer Behörde, einem gefangenen Beschwerdeführer Kopien von Dokumenten zur Verfügung zu stellen, die er für seine Beschwerde beim Gerichtshof benötigt: Naydyon gegen die Ukraine, 68; Einschüchterung und unter Druck setzen eines Beschwerdeführers durch die Behörden im Zusammenhang mit seinem Fall vor dem Gerichtshof: Lopata gegen Russland, Aufgrund der Besonderheiten des Falles kann der behauptete Eingriff in das Beschwerderecht weniger schwerwiegend sein (Sisojeva und Andere gegen Lettland [GK], 118 ff.). Siehe auch Holland gegen Schweden (Entschdg.), wo der Gerichtshof entschied, dass die nach schwedischem Recht erlaubte Vernichtung von Tonbandaufnahmen einer Gerichtsverhandlung vor Ablauf der Sechsmonatsfrist für die Einlegung einer Beschwerde beim Gerichtshof den Beschwerdeführer nicht an der effektiven Ausübung seines Beschwerderechts hinderte; und Farcaş gegen Rumänien (Entschdg.), wo der Gerichtshof der Auffassung war, die behauptete Unfähigkeit des körperlich behinderten Beschwerdeführers, den nationalen Rechtsweg erschöpfen zu können, weil es an speziellen Einrichtungen zur Ermöglichung des Zugangs zu öffentlichen Stellen fehlte, hinderte ihn nicht daran, sein Beschwerderecht effektiv auszuüben. 4. Pflichten des beklagten Vertragsstaates a) Artikel 39 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs 17. Nach Artikel 39 der Verfahrensordnung kann der Gerichtshof einstweilige Maßnahmen empfehlen (Mamatkulov und Askarov gegen die Türkei [GK], ). Artikel 34 ist verletzt, wenn die Behörden nicht alle Maßnahmen getroffen haben, die vernünftigerweise zu treffen waren, um der Anordnung des Gerichtshofs nachzukommen (Paladi gegen Moldawien [GK], 87-92). 18. Einige jüngere Beispiele: Versäumnis trotz einer entsprechenden einstweiligen Maßnahme nach Artikel 39 ein rechtzeitiges Treffen zwischen einem gefangenen Asylsuchenden und einem Rechtsanwalt sicherzustellen: D.B. gegen die Türkei, 67; Überstellung von Häftlingen an irakische Behörden entgegen einer einstweiligen Maßnahme: Al-Saadoon und Mufdhi gegen Vereinigtes Königreich, ; Ausweisung des ersten Beschwerdeführers in Widerspruch zu einer einstweiligen Maßnahme: Kamaliyevy gegen Russland, Es ist Aufgabe des Gerichtshofs, zu prüfen, ob der Staat seiner Verpflichtung im Hinblick auf die einstweilige Maßnahme nachgekommen ist; ein Staat, welcher der Auffassung ist, dass er im Besitz von Unterlagen ist, die geeignet sind, den Gerichtshof zu überzeugen, die einstweilige Maßnahme wieder aufzuheben, sollte den Gerichtshof entsprechend informieren (Paladi gegen Moldawien [GK], 90-92; Olaechea Cahuas gegen Spanien, 70; und Grori gegen Albanien, 181 ff.). Die bloße Tatsache, dass ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Maßnahme gestellt wurde, reicht noch nicht aus, den Staat zu verpflichten, eine Ausweisung aufzuschieben (Al-Moayad gegen Deutschland (Entschdg.), 122 ff.; s. auch zur Verpflichtung des Staates, mit dem Gerichtshof nach Treu und Glauben zu kooperieren). b) Sachverhaltsfeststellung 20. Während es Aufgabe des Gerichtshofs ist, den Sachverhalt festzustellen, obliegt es den Parteien, ihn aktiv zu unterstützen und alle relevanten Informationen beizubringen. Das Verhalten der Parteien kann bei der Such nach Beweisen Berücksichtigung finden (Irland gegen Vereinigtes Königreich, 161). Es ist im Zusammenhang mit Individualbeschwerden von Bedeutung, dass die Staaten die notwendige Unterstützung für eine effektive Prüfung der Beschwerde leisten. Kommt eine Regierung der Beibringung ihr bekannter Informationen ohne ausreichende Erklärung nicht nach, kann der Gerichtshof hieraus Rückschlüsse nicht nur im Hinblick auf die Begründetheit der Behauptungen (Maslova und Nalbandov gegen Russland, ), sondern auch im Hinblick auf Artikel 38 der Konvention ziehen (fehlender Zugang zu Haftunterlagen der Polizei: Timurtaş gegen die Türkei, 66; fehlender Zugang zu Kopien der Untersuchungsakte: Imakayeva gegen Russland, 201). Was die fehlende Offenlegung eines klassifizierten Berichts betrifft s. Nolan und K. gegen Russland, 56 ff. Einem Anwalt den Zugang zu einer Krankenakte des Mandanten zu verweigern, die für die Beschwerde wesentlich war, wurde als Behinderung des Individualbeschwerderechts nach Artikel 34 gesehen (Boicenco Europarat/Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte, März

12 gegen Moldawien, 158). Im Hinblick auf Treffen zwischen einem Anwalt und einem Beschwerdeführer, der in eine Psychiatrie eingewiesen war, s. Shtukaturov gegen Russland, 138 ff.. Anders entschieden wurde ein Fall, in dem die Regierung ergänzende Informationen nur verzögert beigebracht hatte, was für bedauerlich erachtet wurde, ohne jedoch als Behinderung des Individualbeschwerderechts eingestuft zu werden (Öcalan gegen die Türkei [GK], 201). Was das Verhältnis von Artikel 34 zu Artikel 38 betrifft, s. Bazorkina gegen Russland, 170 ff. und 175. Artikel 34, welcher der Sicherung der effektiven Ausübung des Individualbeschwerderechts dient, ist eine Art lex generalis, während Artikel 38 von den Vertragsstaaten speziell Kooperation verlangt. Der Gerichtshof kann auch ohne eine separate Entscheidung über die Zulässigkeit einen Verstoß gegen Artikel 38 feststellen (Artikel 29 Abs. 1): siehe Enukidze und Girgvliani gegen Georgien, 295. c) Untersuchungen 21. Der verantwortliche Staat muss auch bei Untersuchungen mitwirken (Artikel 38), denn es ist Sache des Staates, die erforderliche Hilfe für die effektive Prüfung der Beschwerden zu leisten (Çakıcı gegen die Türkei [GK], 76). Sachverhaltsermittlungen vor Ort seitens des Gerichtshofs zu behindern, bedeutet eine Verletzung von Artikel 38 (ShaMaiev und Andere gegen Georgien und Russland, 504). B. Opfereigenschaft Artikel 34 - Individualbeschwerden Der Gerichtshof kann von jeder natürlichen Person, nichtstaatlichen Organisation oder Personengruppe, die behauptet, durch eine der Hohen Vertragsparteien in einem der in dieser Konvention oder den Protokollen dazu anerkannten Rechten verletzt zu sein, mit einer Beschwerde befasst werden. 22. Nach Artikel 34 können nur Beschwerdeführer, die sich als Opfer einer Menschenrechtsverletzung sehen, eine Beschwerde beim Gerichtshof einreichen. Es ist in erster Linie Sache der Vertragsstaaten, einer behaupteten Verletzung der Konvention abzuhelfen. Die Frage, ob ein Beschwerdeführer behaupten kann, Opfer der behaupteten Verletzung zu sein, ist in jedem Stadium des Verfahrens vor dem Gerichtshof relevant (Scordino gegen Italien (Nr. 1) [GK], 179). 1. Der Begriff Opfer 23. Der Begriff des Opfers wird autonom ausgelegt; er ist unabhängig von nationalen Bestimmungen wie solchen bezüglich des Rechtsschutzinteresses oder der Prozessfähigkeit (Gorraiz Lizarraga und Andere gegen Spanien, 35). Er verlangt keinen Schaden (Brumarescu gegen Rumänien [GK], 50) und auch ein Handeln, das nur vorübergehende rechtliche Auswirkungen hat, kann ausreichen (Monnat gegen die Schweiz, 33). 24. Die Auslegung des Begriffs Opfer ist im Lichte der Bedingungen der heutigen Gesellschaft zu entwickeln und ist ohne exzessiven Formalismus zu handhaben (Gorraiz Lizarraga und Andere gegen Spanien, 38; Monnat gegen die Schweiz, 30-33; Stukus und Andere gegen Polen, 35; und Zietal gegen Polen, 54-59). Der Gerichtshof hat entschieden, dass die Frage der Opfereigenschaft auch in die Prüfung der Begründetheit einer Beschwerde eingebunden sein kann (Siliadin gegen Frankreich, 63). 2. Direktes Opfer 25. Das in Frage stehende Handeln oder Unterlassen muss den Beschwerdeführer direkt betreffen (Amuur gegen Frankreich, 36). Dieses Kriterium darf aber nicht in schematischer und unflexibler Weise gehandhabt werden (Karner gegen Österreich, 25). 26. In einzelnen Fällen hat der Gerichtshof auch Beschwerden von potentiellen Opfern angenommen, d.h. von Personen die keine direkte Verletzung geltend machen konnten. 27. Einige Beispiele: Telefonüberwachung in Deutschland (Klass und Andere gegen Deutschland, 34); im Hinblick auf einen Fall, der eine Auslieferung betraf, s. Soering gegen Vereinigtes Königreich; für Maßnahmen, welche die Verbreitung von Informationen über Abtreibung an Frauen, die in gebährfähigem Alter waren, beschränkten s. Open Door und Dublin Well Woman gegen Irland, Europarat/Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte, März 2011

13 28. Reine Verdächtigungen oder Vermutungen begründen jedoch noch keine Opfereigenschaft. Was das Fehlen einer formellen Abschiebungsanordnung betrifft, s. Vijayanathan und Pusparajah gegen Frankreich, 46; bezüglich angeblicher Auswirkungen eines parlamentarischen Berichts: The Christian Federation of Jehova s Witnesses in France gegen Frankreich (Entschdg.); eine mögliche Bußzahlung der beschwerdeführenden Firma: Senator Lines gegen EU-Staaten [GK] (Entschdg.); angebliche Konsequenzen einer richterlichen Entscheidung betreffend eine dritte, sich im Koma befindende Person: Rossi und Andere gegen Italien (Entschdg.). Ein Beschwerdeführer kann dann nicht geltend machen, Opfer zu sein, wenn er oder sie für die behauptete Verletzung mit verantwortlich ist (Paşa und Erkan Erol gegen die Türkei). 29. Was die nationale Gesetzgebung betrifft: Einzelpersonen können auch dann, wenn kein Vollzugsakt ergangen ist, geltend machen, dass ein Gesetz ihre Rechte verletzt, wenn bereits das Gesetz sie zu einer Änderung ihres Verhaltens zwingt oder Strafverfolgung droht (Norris gegen Irland; Bowman gegen Vereinigtes Königreich), oder wenn sie zu einer Gruppe gehören, bei der ein erhöhtes Risiko besteht, dass sie direkt betroffen sein werden (Burden gegen Vereinigtes Königreich [GK], 34; Johnston und Andere gegen Irland). Im Hinblick auf eine Verfassung eines Staates s. Sejdić und Finci gegen Bosnien und Herzegowina [GK], Indirektes Opfer 30. Der Gerichtshof kann eine Beschwerde von jemandem, der als indirektes Opfer anzusehen ist, dann annehmen, wenn eine persönliche und spezifische Beziehung zwischen dem direkten Opfer und dem Beschwerdeführer besteht. 31. Beispiele: Zu Artikel 2 s. eine Beschwerde der Ehefrau des Opfers (McCann und Andere gegen Vereinigtes Königreich [GK]) und die eines Neffen eines Verstorbenen (Yaşa gegen die Türkei. Zu Artikel 3 s. eine Beschwerde der Mutter eines Mannes, der während der Haft verschwand (Kurt gegen die Türkei); der Bruder eines Mannes, der verschwunden war, wurde jedoch nicht als Opfer eingestuft (Çakıcı gegen die Türkei [GK], 98-99). Zu Artikel 5 Abs. 5 s. einen Fall betreffend den Ehemann einer Beschwerdeführerin, die in eine Psychiatrie eingewiesen worden war (Houtman und Meeus gegen Belgien, 30). Zu Artikel 6 Abs. 1 (faires Verfahren) s. Grădinar gegen Moldawien (Unparteilichkeit der Gerichte); Brudnicka und Andere gegen Polen, 26 ff. (Recht, den guten Ruf des verstorbenen Ehemannes zu verteidigen) und Marie-Louise Loyen und Bruneel gegen Frankreich (Länge und Fairness des Verfahrens). Zu Artikel 6 Abs. 2 s. den Fall der Witwe eines Angeklagten, der Opfer eines Verstoßes gegen die Unschuldsvermutung war (Nölkenbockhoff gegen Deutschland, 33). Auf der Grundlage von Artikel 10 s. Dalban gegen Rumänien [GK], 39, betreffend die Interessen der Witwe des Beschwerdeführers. Aktionäre einer Gesellschaft können jedoch nicht geltend machen, Opfer einer Verletzung der Rechte der Gesellschaft nach Artikel 1 Protokoll Nr. 1 zu sein (Agrotexim und Andere gegen Griechenland, 62 und 64), mit Ausnahme ganz außergewöhnlicher Umstände (Camberrow MM5 AD gegen Bulgarien (Entschdg.)). 4. Tod des Opfers 32. Beschwerden können nur von lebenden Personen oder in ihrem Namen eingereicht werden; Verstorbene können keine Beschwerde einreichen, auch nicht durch einen Bevollmächtigten (Kaya und Polat gegen die Türkei (Entschdg.)). Der Tod eines Beschwerdeführers bedeutet aber nicht automatisch, dass der Fall aus dem Register gestrichen wird. 33. Im Allgemeinen kann die Familie des Verstorbenen die noch zu Lebzeiten eingereichte Beschwerde fortführen, vorausgesetzt, dass ein ausreichendes Interesse hierfür dargetan werden kann. Im Hinblick auf Erben oder nahe Verwandte wie eine Witwe und Kinder s. Raimondo gegen Italien, 2, und Stojkovic gegen die ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien, 25; im Hinblick auf Eltern s. X. gegen Frankreich, 26; ein anderer Fall war Malhous gegen die Tschechische Republik [GK] (Entschdg.); s. jedoch auch das Urteil Scherer gegen die Schweiz, 31-32; bezüglich eines Vermächtnisnehmers, der nicht in einer Verbindung zu dem Verstorbenen stand, s. Thévenon gegen Frankreich (Entschdg.); s. auch Léger gegen Frankreich [GK] (Streichung aus dem Register), Anders zu beurteilen ist der Fall, dass das direkte Opfer vor Einreichung der Beschwerde verstorben ist (Fairfield gegen Vereinigtes Königreich (Entschdg.)). Im Hinblick auf eine Beschwerde betreffend den Tod eines nahen Verwandten s. Velikova gegen Bulgarien (Entschdg.); bzgl. des Verschwindens eines nahen Verwandten s. Varnava und Andere gegen die Türkei [GK], 112. Für Beschwerden unter Artikel 6 s. Micallef gegen Malta [GK], 48 ff. und die dortigen Hinweise. Was nahe Verwandte betrifft, die Beschwerden unter Artikel 8 11 und Artikel 3 Protokoll Nr. 1 im Hinblick auf Verfahren und Fakten betreffend den Verstorbenen erhoben haben: Gakiyev und Gakiyeva gegen Russland, und die dortigen Hinweise. Zur Übertragbarkeit von Beschwerden s. Sanles Sanles gegen Spanien (Entschdg.) Europarat/Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte, März

14 35. Der Gerichtshof kann auch prüfen, ob es angemessen ist, eine Beschwerde aus Gründen des Menschenrechtsschutzes fortzuführen (Karner gegen Österreich, 25 ff.). Hierzu ist er befugt, wenn sich eine Frage von allgemeiner Bedeutung stellt (ebenda, 27, und Marie-Louise Loyen und Bruneel gegen Frankreich, 29). Dies kann insbesondere dann der Fall sein, wenn die Beschwerde die Gesetzgebung, das Rechtssystem oder eine Rechtspraxis des Vertragsstaates betrifft (s., mutatis mutandis, Karner gegen Österreich, 26 und 28; s. auch Léger gegen Frankreich [GK] (Streichung aus dem Register), 51). 5. Verlust der Opfereigenschaft 36. Der Beschwerdeführer muss während des gesamten Verfahrens in der Lage sein, seinen Opferstatus darzutun (Burdov gegen Russland, 30). 37. Die Herabsetzung einer Strafe oder der Erlass einer dem Beschwerdeführer günstigen Maßnahme seitens der nationalen Behörden wird dem Beschwerdeführer nur dann die Opfereigenschaft nehmen, wenn die Verletzung ausdrücklich, oder zumindest der Sache nach, anerkannt und Wiedergutmachung geleistet wurde (Scordino gegen Italien (Nr. 1) [GK], 178 ff. und 193). Dies hängt u.a. von der Art des Rechts, das verletzt sein soll, den für die Entscheidung gegebenen Gründen (Jensen gegen Dänemark (Entschdg.)) und den gegebenenfalls auch nach der Entscheidung fortbestehenden negativen Auswirkungen für die betroffene Person ab (Freimanis und Lidums gegen Lettland, 68). 38. Beispiele: Dalban gegen Rumänien [GK], 44 (Artikel 10); Brumarescu gegen Rumänien [GK], 50 (Artikel 1 Protokoll Nr. 1 und Artikel 6). Im Hinblick auf Beschwerden nach Artikel 6, welche Verfahren betrafen, die letztlich eingestellt wurden bzw. in einem Freispruch resultierten, s. Oleksy gegen Polen (Entschdg.); vgl. mit der Beschwerde über die überlange Verfahrensdauer; vgl. mit Arat gegen die Türkei, 47, und Bouglame gegen Belgien (Entschdg.); im Hinblick auf weitere spezifische Situationen s. Constantinescu gegen Rumänien, 40-44; Guisset gegen Frankreich, 66-70; Chevrol gegen Frankreich, 30 ff.; Moskovets gegen Russland, 50 (Haft); Moon gegen Frankreich, 29 ff.; D.J. und A.-K.R. gegen Rumänien (Entschdg.), 77 ff. (Artikel 2 Protokoll Nr. 4); und Sergey Zolotukhin gegen Russland [GK], 115 (Artikel 4 Protokoll Nr. 7). 39. Die geleistete Wiedergutmachung muss angemessen und ausreichend sein. Dies hängt von allen Umständen des Falles ab, insbesondere von der in Frage stehenden Verletzung der Konvention (Gäfgen gegen Deutschland [GK], 116). 40. Ob jemand (noch) Opferstatus genießt, kann auch von der Höhe der geleisteten Wiedergutmachung und der Effektivität (einschließlich der Unverzüglichkeit) des Wiedergutmachung leistenden Rechtsbehelfs abhängen (Normann gegen Dänemark (Entschdg.) und Scordino gegen Italien (Nr. 1) [GK], 202; s. auch Jensen und Rasmussen gegen Dänemark (Entschdg.) und Gäfgen gegen Deutschland [GK], ). 41. Präzedenzfälle: Im Hinblick auf die Angemessenheit von Maßnahmen, die seitens der nationalen Behörden im Zusammenhang mit Artikel 2 getroffen wurden, s. Nikolova und Velichkova gegen Bulgarien, Bezüglich Artikel 3 s. Gäfgen gegen Deutschland [GK], , Kopylov gegen Russland, 150. Im Hinblick auf eine geltend gemachte Verletzung von Artikel 3 bezüglich der Haftbedingungen s. Shilbergs gegen Russland, Siehe auch Ciorap gegen Moldawien (Nr. 2), 23-25, wo der Gerichtshof befand, dass der Beschwerdeführer weiterhin ein Opfer im Sinne von Artikel 34 war, da die ihm vom nationalen Gericht zugesprochene Entschädigung deutlich niedriger war als die Mindestsumme, die normalerweise in Straßburg in Fällen zugesprochen wird, in denen eine Verletzung von Artikel 3 vorgelegen hat. Bezüglich Artikel 6 Abs. 1 (Verfahrensdauer) s. Scordino gegen Italien (Nr. 1) [GK], ; Cocchiarella gegen Italien [GK], ; und Delle Cave und Corrado gegen Italien, 26 ff.; im Hinblick auf eine verzögerte Urteilsumsetzung s. Kudic gegen Bosnien und Herzegowina, 7-18, und Burdov gegen Russland (Nr. 2). 42. Eine Beschwerde kann aus dem Register gestrichen werden, weil der Beschwerdeführer nicht länger geltend machen kann, Opfer zu sein. Im Hinblick auf eine Lösung des Falles auf nationaler Ebene nach einer Zulässigkeitsentscheidung des Gerichtshofs s. Ohlen gegen Dänemark (Streichung aus dem Register); im Hinblick auf eine Abtretung von Rechten, die Gegenstand einer anhängigen Beschwerde vor dem Gerichtshof waren, s. Dimitrescu gegen Rumänien, Der Gerichtshof prüft auch, unter Berücksichtigung nachträglicher Umstände, ob ein Fall aus einem oder mehreren der in Artikel 37 genannten Gründe aus dem Register gestrichen werden muss (Pisano gegen Italien [GK] (Streichung aus dem Register), 39), unabhängig davon, ob sie oder er noch geltend machen kann, Opfer einer Verletzung zu sein. Im Hinblick auf nach einer Verweisung eines Falles an die Große Kammer neu eingetretenen Umständen s. El Majjaoui und Stichting Touba Moskee gegen die Niederlande [GK] (Streichung aus dem Register), 28-35; nachdem die Beschwerde für zulässig erklärt wurde: Shevanova gegen Lettland [GK] (Streichung aus dem Register), 44 ff.; und nach einem Kammerurteil: Sisojeva und Andere gegen Lettland [GK], Europarat/Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte, März 2011

15 I. PROZESSUALE GRÜNDE DER UNZULÄSSIGKEIT A. Nichterschöpfung innerstaatlicher Rechtsbehelfe Artikel 35 Abs.1 - Zulässigkeitsvoraussetzungen 1. Der Gerichtshof kann sich mit einer Angelegenheit erst nach Erschöpfung aller innerstaatlichen Rechtsbehelfe in Übereinstimmung mit den allgemein anerkannten Grundsätzen des Völkerrechts befassen. 44. Wie der Wortlaut von Artikel 35 selbst zeigt, beruht diese Voraussetzung auf völkerrechtlichen Regeln. Die Verpflichtung, den innerstaatlichen Rechtsweg zu erschöpfen, gehört zum Völkergewohnheitsrecht und ist als solche in der Rechtsprechung des Internationalen Gerichtshofs anerkannt (s. bspw. den Fall Interhandel (Schweiz gegen die USA), Urteil vom 21. März 1959). Auch in anderen internationalen Menschenrechtsverträgen findet sie sich wieder: Im Internationalen Pakt über Bürgerliche und Politische Rechte (Artikel 41 Abs. 1 (c) und dem Fakultativprotokoll hierzu (Artikel 2 und 5 Abs. 2 (b)), in der Amerikanischen Menschenrechtskonvention (Artikel 46) und der Afrikanischen Charta der Menschenrechte und der Rechte der Völker (Artikel 50 und 56 Abs. 5). Wie der Gerichtshof im Fall De Wilde, Ooms und Versyp gegen Belgien festgestellt hat, kann der Staat auf das Erfordernis der Rechtswegerschöpfung verzichten; diesbezüglich besteht eine gefestigte internationale Praxis ( 55). 45. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte ist im Verhältnis zu den nationalen für den Menschenrechtsschutz verantwortlichen Instanzen subsidiär, und es ist angebracht, dass zunächst die nationalen Gerichte die Möglichkeit haben, Fragen der Vereinbarkeit nationalen Rechts mit der Konvention zu klären A, B und C gegen Irland, [GK], 142). Wenn hernach eine Beschwerde dennoch nach Straßburg gelangt, soll der Gerichtshof von den Auffassungen der nationalen Gerichte profitieren, die in direktem und steten Kontakt mit den wesentlichen Kräften ihres Landes stehen (Burden gegen Vereinigtes Königreich [GK], 42). 46. Es kann sich die Frage stellen, ob ein Rechtsbehelf nationalem oder internationalem Recht zuzuordnen ist. Wenn es dem nationalen Recht zuzuordnen ist, muss es grundsätzlich eingelegt werden, bevor Beschwerde zum Gerichtshof erhoben werden kann. Wenn es dem internationalen Recht zuzuordnen ist, kann die Beschwerde nach Artikel 35 Abs. 2 (b) der Konvention zurückgewiesen werden. Es ist Sache des Gerichtshofs, unter Berücksichtigung aller relevanter Faktoren, einschließlich des Rechtscharakters des Rechtsbehelfs, der Grundlage des Handelns der zuständigen Instanz, ihrer Kompetenzen, der Verortung des Rechtsbehelfs in einem bestehenden Rechtssystem und der Finanzierung, zu entscheiden, ob eine Instanz als national oder international einzustufen ist (Jeličić gegen Bosnien und Herzegowina (Entschdg.); Peraldi gegen Frankreich (Entschdg.)) (siehe Punkt I.E.). 1. Zweck der Regel 47. Zweck des Grundsatzes der Rechtswegerschöpfung ist es, den nationalen Behörden, insbesondere den Gerichten, die Gelegenheit zu geben, die behauptete Konventionsverletzung zu verhindern oder wiedergutzumachen. Er beruht auf der Vermutung, die sich auch in Artikel 13 widerspiegelt, dass das nationale Rechtssystem einen effektiven Rechtsbehelf für Konventionsverletzungen zur Verfügung stellt. Dies ist ein wesentlicher Aspekt der Subsidiarität des Konventionssystems: Selmouni gegen Frankreich [GK], 74; Kudła gegen Polen [GK], 152; Andrášik und Andere gegen die Slowakei (Entschdg.). Der Grundsatz findet ungeachtet dessen Anwendung, ob die Bestimmungen der Konvention in nationales Recht umgesetzt worden sind (Eberhard und M. gegen Slowenien). Der Gerichtshof hat kürzlich wiederholt, dass der Grundsatz der Rechtswegerschöpfung ein unabdingbarer Bestandteil des Schutzmechanismus der Konvention und ein Grundprinzip ist (Demopoulos und Andere gegen die Türkei, (Entschdg.) [GK], 69 und 97). 2. Anwendung der Regel a) Flexibilität 48. Der Grundsatz der Rechtswegerschöpfung ist eine goldene Regel und nicht in Stein gemeißelt. Die Kommission und der Gerichtshof haben oft die Notwendigkeit unterstrichen, angesichts des Kontextes der Menschenrechte den Grundsatz mit einer gewissen Flexibilität und ohne übertriebenen Formalismus zu Europarat/Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte, März

16 handhaben (Ringeisen gegen Österreich, 89; Lehtinen gegen Finnland (Entschdg.)). Der Grundsatz ist weder absolut, noch kann er automatisch angewendet werden (Kozacioglu gegen die Türkei [GK], 40). Zum Beispiel hat der Gerichtshof entschieden, dass es übertrieben formalistisch wäre, die Beschwerdeführer auf einen Rechtsbehelf zu verweisen, auf den nicht einmal das höchste innerstaatliche Gericht die Beschwerdeführer verwiesen hatte (D.H. und Andere gegen die Tschechische Republik [GK], ). Der Gerichtshof berücksichtigte in einem weiteren Fall die knappen Fristen, die den Beschwerdeführern für eine Antwort gesetzt worden waren, und betonte die Eile, mit der sie ihr Vorbringen übermitteln mussten (Financial Times Ltd und Andere gegen Vereinigtes Königreich, 43-44). Allerdings ist es insbesondere dann bedeutsam, auf nationaler Ebene Rechtsschutz im Wege der dortigen Verfahren und im Einklang mit den nationalen Formerfordernissen zu suchen, wenn Erwägungen zur Rechtsklarheit und Rechtssicherheit auf dem Spiel stehen (Saghinadze und Andere gegen Georgien, 83-84). b) Einhaltung innerstaatlicher Normen und Grenzen 49. Beschwerdeführer müssen die nationalen Bestimmungen und Verfahren einhalten, andernfalls ist es sehr wahrscheinlich, dass die Voraussetzung des Artikel 35 nicht erfüllt ist (Ben Salah, Adraqui und Dhaime gegen Spanien (Entschdg.); Merger und Cros gegen Frankreich (Entschdg.); MPP Golub gegen die Ukraine (Entschdg.)); Agbovi gegen Deutschland (Entschdg.). Artikel 35 Abs. 1 ist nicht eingehalten worden, wenn ein Rechtsbehelf wegen eines verfahrensrechtlichen Fehlers des Beschwerdeführers nicht zur Prüfung angenommen wurde (Gäfgen gegen Deutschland [GK], 143) Zu beachten ist jedoch, dass dann die Voraussetzungen des Artikel 35 erfüllt sind, wenn ein Berufungsgericht eine Sachentscheidung trifft, obwohl es den Rechtsbehelf für unzulässig erachtet, (Voggenreiter gegen Deutschland). Dies gilt auch dann, wenn innerstaatliche Formvorschriften nicht beachtet wurden, die Beschwerde aber dennoch in der Sache geprüft wurde (Vladimir Romanov gegen Russland, 52). Gleiches gilt auch für sehr oberflächlich formulierte Klagen, die kaum die rechtlichen Voraussetzungen erfüllen, wenn das Gericht, wenn auch nur kurz, zur Sache Stellung nimmt: Verein gegen Tierfabriken Schweiz (VgT) gegen die Schweiz (Nr. 2) [GK], c) Bestehen mehrerer Rechtsbehelfe 50. Wenn mehr als ein effektiver Rechtsbehelf zur Verfügung steht, muss der Beschwerdeführer nur einen nutzen (Moreira Barbosa gegen Portugal (Entschdg.); Jeličić gegen Bosnien und Herzegowina (Entschdg.); Karakó gegen Ungarn, 14; Aquilina gegen Malta [GK], 39). Wenn bereits ein Rechtsbehelf eingelegt wurde, muss ein weiterer Rechtsbehelf, der im Wesentlichen den gleichen Zweck erfüllt, nicht eingelegt werden (Riad und Idiab gegen Belgien, 84; Kozacioglu gegen die Türkei [GK], 40 ff.; Micallef gegen Malta [GK], 58). Der Beschwerdeführer kann den für seinen Fall adäquaten Rechtsbehelf wählen. Wenn das nationale Recht mehrere parallele Rechtsbehelfe in unterschiedlichen Rechtsgebieten bereithält, muss ein Beschwerdeführer, der sich um Abhilfe wegen eines behaupteten Konventionsverstoßes im Wege eines dieser Rechtsbehelfe bemüht hat, nicht zwingend andere Rechtsbehelfe einlegen, die im Wesentlichen das gleiche Ziel haben (Jasinskis gegen Lettland, 50 und 53-54). d) Der Sache nach geltend gemachter Beschwerdepunkt 51. Der Beschwerdeführer muss sich im nationalen Verfahren nicht ausdrücklich auf das Konventionsrecht berufen, es muss jedoch zumindest der Sache nach geltend gemacht werden (Castells gegen Spanien, 32; Ahmet Sadik gegen Griechenland, 33; Fressoz und Roire gegen Frankreich, 38; Azinas gegen Zypern [GK], 40-41). Das heißt, dass wenn der Beschwerdeführer sich nicht auf Vorschriften der Konvention berufen hat, muss er Argumente vorgetragen haben, die auf der Grundlage des nationalen Rechts ähnliche oder gleiche Auswirkungen haben, um zunächst den nationalen Gerichten die Möglichkeit zu geben, der behaupteten Verletzung abzuhelfen (Gäfgen gegen Deutschland [GK], 142, 144 und 146; Karapanagiotou und Andere gegen Griechenland, 29; und im Hinblick auf einen Beschwerdepunkt, der nicht, auch nicht implizit, in der letzten Instanz vorgetragen worden ist, Association Les témoins de Jéhovah gegen Frankreich (Entschdg.)). e) Bestehen und Angemessenheit 52. Beschwerdeführer müssen nur innerstaatliche Rechtsbehelfe erschöpfen, die zur maßgebenden Zeit theoretisch und praktisch zur Verfügung standen und die sie selbst direkt erheben können, d.h. die zugänglich waren, im Hinblick auf die Beschwerdepunkte Wiedergutmachung leisten konnten und begründete Aussicht auf Erfolg hatten (Sejdović gegen Italien [GK], 46; Paksas gegen Litauen [GK], 75). 53. Im Ermessen stehende oder außerordentliche Rechtsbehelfe, wie etwa eine Anfrage an das Gericht, die Entscheidung zu überdenken, müssen nicht eingelegt werden (Cinar gegen die Türkei (Entschdg.); Prystavka 16 Europarat/Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte, März 2011

17 gegen die Ukraine (Entschdg.)). Auch muss die Wiederaufnahme eines Verfahrens nicht beantragt werden, außer unter besonderen Umständen, wenn beispielsweise ein solcher Antrag nach dem nationalen Recht tatsächlich einen effektiven Rechtsbehelf darstellt (K.S. und K.S. AG gegen die Schweiz) (Entschdg.); oder wenn die Aufhebung eines Urteils, das in Rechtskraft erwachsen ist, das einzige Mittel für den beklagten Staat ist, um die Angelegenheit im innerstaatlichen Rechtssystem zu korrigieren (Kiiskinen gegen Finnland (Entschdg.); Nikula gegen Finnland (Entschdg.)). Gleichermaßen stelle eine Beschwerde zum Verfassungsgericht bzw. zu einer höheren Instanz keinen effektiven Rechtsbehelf dar (Horvat gegen Kroatien, 47; Hartmann gegen die Tschechische Republik, 66); dies gilt auch für einen Rechtsbehelf, der nicht direkt vom Beschwerdeführer eingelegt werden kann, sondern im Ermessen eines Schlichters steht (Tănase gegen Moldawien [GK], 122). Im Hinblick auf Beschwerden, die vor einen Ombudsmann gebracht werden, gilt, dass diese grundsätzlich nicht eingelegt werden müssen, s. hierzu die Begründung in Egmez gegen Zypern, Schließlich kann auch ein nationaler Rechtsbehelf, der keiner Frist unterworfen ist und daher unsicher ist, nicht als effektiv betrachtet werden (Williams gegen Vereinigtes Königreich (Entschdg.), und die dort zitierten Verweise). Wenn ein Beschwerdeführer einen Rechtsbehelf eingelegt hat, der vom Gerichtshof als nicht effektiv erachtet wird, führt dies nicht zur Unterbrechung der Sechsmonatsfrist, so dass die Beschwerde als verfristet zurückgewiesen werden kann (Rezgui gegen Frankreich (Entschdg.) und Prystavska gegen die Ukraine (Entschdg.)). f) Verfügbarkeit und Effektivität 54. Das Bestehen der Rechtsbehelfe muss nicht nur theoretisch, sondern auch praktisch ausreichend sicher feststehen. Bei der Bestimmung, ob ein bestimmter Rechtsbehelf die Kriterien der Verfügbarkeit und Effektivität erfüllt, müssen die Umstände des Einzelfalles Berücksichtigung finden (siehe Punkt 4 unten). Die von den nationalen Gerichten vertretene Auffassung muss in der nationalen Rechtsordnung hinreichend gefestigt sein. Dementsprechend hat der Gerichtshof entschieden, dass die Berufung auf ein höheres Gericht solange wegen Divergenzen in der Rechtsprechung dieses Gerichts ineffektiv bleibt, wie diese Abweichungen bestehen (Ferreira Alves gegen Portugal (Nr. 6), 28-29). Der Gerichtshof muss nicht nur formelle innerstaatliche Rechtsbehelfe berücksichtigen, sondern auch den allgemeinen rechtlichen und politischen Kontext und die persönlichen Verhältnisse des Beschwerdeführers (Akdivar und Andere gegen die Türkei, 68-69; Khashiyev und Akayeva gegen Russland, ). Er muss prüfen, ob der Beschwerdeführer alles, was vernünftigerweise von ihm oder ihr erwartet werden konnte, um die nationalen Rechtsbehelfe zu erschöpfen, getan hat (D.H. und Andere gegen die Tschechische Republik [GK], ). Es sollte beachtet werden, dass Grenzen, tatsächliche oder rechtliche, nicht per se die nationale Rechtswegerschöpfung hindern. Grundsätzlich sind Beschwerdeführer, die außerhalb der Jurisdiktion eines Vertragsstaates leben, nicht von der Verpflichtung, den nationalen Rechtsweg dieses Staates auszuschöpfen, ausgenommen; dies gilt auch ungeachtet praktischer Schwierigkeiten und nachvollziehbaren persönlichen Widerstrebens (Demopoulos und Andere gegen die Türkei, (Entschdg.) [GK] 98 und 101; dies betraf Beschwerdeführer, die sich nicht freiwillig der Jurisdiktion des beklagten Staates unterwerfen wollten). 3. Grenzen der Anwendbarkeit der Regel 55. Nach den allgemein anerkannten Grundsätzen des Völkerrechts können spezielle Umstände vorliegen, in denen der Beschwerdeführer von der Verpflichtung, die zur Verfügung stehenden Rechtsbehelfe einzulegen, befreit ist (Sejdović gegen Italien [GK], 55) (siehe auch unten Punkt 4.). Dies gilt auch dann, wenn eine Verwaltungspraxis besteht, die mit der Konvention nicht vereinbar ist, aber von den Behörden geduldet wird und das Verfahren sinnlos oder ineffektiv macht (Aksoy gegen die Türkei, 52). Der Beschwerdeführer ist von dieser Voraussetzung in solchen Fällen befreit, in denen das Einlegen eines bestimmten Rechtsmittels praktisch unzumutbar wäre und ein unangemessenes Hindernis für die effektive Ausübung des Individualbeschwerderechts unter Artikel 34 der Konvention darstellte (Veriter gegen Frankreich, 27; Gaglione und Andere gegen Italien, 22). Eine Buße am Ende eines Verfahrens, die nicht wegen eines Missbrauchs des Beschwerderechts auferlegt wird, macht ein Verfahren ineffektiv: Prencipe gegen Monaco, Verteilung der Beweislast 56. Macht die Regierung den Einwand der Nichterschöpfung geltend, obliegt es ihr darzulegen, dass der Beschwerdeführer einen Rechtsbehelf nicht erschöpft hat, der effektiv und verfügbar war (Dalia gegen Frankreich, 38; McFarlane gegen Irland [GK], 107). Die Verfügbarkeit eines Rechtsbehelfs muss ausreichend sicher sein, sowohl in rechtlicher als auch in praktischer Hinsicht (Vernillo gegen Frankreich). Die Europarat/Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte, März

18 Rechtsgrundlage des Rechtsbehelfs muss deshalb feststehen (Scavuzzo-Hager gegen die Schweiz (Entschdg.); Norbert Sikorski gegen Polen, 117; Sürmeli gegen Deutschland [GK], ). Der Rechtsbehelf muss geeignet sein, den Rügen des Beschwerdeführers abzuhelfen, und begründete Aussicht auf Erfolg haben (Scoppola gegen Italien (Nr. 2), [GK], 71). Der Ablauf und die Verfügbarkeit eines vermeintlichen Rechtsbehelfs, einschließlich seines Anwendungsbereiches und seiner Anwendung, müssen klar festgelegt sein und durch die Praxis bzw. Rechtsprechung bestätigt oder ergänzt worden sein (Mikolajová gegen die Slowakei, 34). Dies gilt sogar für ein vom Common Law inspiriertes System mit einer geschriebenen Verfassung, die implizit das Recht enthält, auf das sich der Beschwerdeführer beruft (McFarlane gegen Irland, [GK], 117, betraf einen Rechtsbehelf, der theoretisch seit fast 25 Jahren bestand, aber nie benutzt worden war). Die Argumentation der Regierung gewinnt an Gewicht, wenn sie Beispiele aus der Rechtsprechung dartut (Doran gegen Irland; Andrášik und Andere gegen die Slowakei (Entschdg.); Di Sante gegen Italien (Entschdg.); Giummarra gegen Frankreich (Entschdg.); Paulino Tomás gegen Portugal (Entschdg.); Johtti Sapmelaccat Ry und Andere gegen Finnland (Entschdg.)), die sich auch als relevant herausstellen (Sakhnovskiy gegen Russland, [GK], 43-44). 57. Wenn die Regierung argumentiert, dass sich der Beschwerdeführer unmittelbar vor den nationalen Behörden auf die Konvention hätte berufen können, muss die ausreichende Bestimmtheit des Rechtsbehelfs mit konkreten Beispielen belegt werden (Slavgorodski gegen Estland (Entschdg.). 58. Der Gerichtshof war solchen Argumenten in Fällen, in denen innerstaatlich ein spezieller Rechtsbehelf für Beschwerden über die überlange Verfahrensdauer eingeführt worden war, offener (Brusco gegen Italien (Entschdg.); Slavicek gegen Kroatien (Entschdg.)). S.a. Scordino gegen Italien (Nr. 1) [GK], Im Gegensatz dazu Merit gegen die Ukraine, Wenn die Regierung ihrer Beweislast im Hinblick auf das Bestehen eines angemessenen und effektiven Rechtsbehelfs für den Beschwerdeführer nachgekommen ist, obliegt es diesem zu zeigen, dass: i) der Rechtsbehelf tatsächlich erschöpft wurde (Grässer gegen Deutschland (Entschdg.)); oder ii) es aus irgendeinem Grund aufgrund der Besonderheiten des Falles unzureichend oder ineffektiv war (Selmouni gegen Frankreich [GK], 76 zum Beispiel im Fall von extremen Verzögerungen bei den Ermittlungen Radio Frankreich und Andere gegen Frankreich (Entschdg.), 34; oder ein Rechtsbehelf, der normalerweise verfügbar ist, nämlich die Revision, der aber im Lichte der in ähnlichen Fällen vertretenen Auffassung unter den Umständen des Falles ineffektiv wäre: Scordino gegen Italien (Entschdg.); Pressos Compania Naviera S.A. und Andere gegen Belgien, 26-27), auch wenn die betroffenen Entscheidungen erst kürzlich ergangen sind Gas and Dubois gegen Frankreich (Entschdg.)). Dies gilt auch, wenn der Beschwerdeführer nicht direkt das betroffene Gericht anrufen konnte (Tănase gegen Moldawien, [GK], 122). Unter bestimmten Umständen, wenn sich Beschwerdeführer in ähnlichen Situationen befinden und manche von ihnen das von der Regierung benannte Gericht nicht angerufen haben, durften sie hierauf auch verzichten, weil der nationale Rechtsbehelf sich im Hinblick auf die anderen Beschwerdeführer in der ähnlichen Lage als praktisch ineffektiv erwiesen hat und es dies auch im Fall der restlichen Beschwerdeführer gewesen wäre (Vasilkoski und Andere gegen die ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien, 45-46; Laska and Lika gegen Albanien, 45-48). Allerdings gilt dies nur in sehr besonderen Fällen (vergleiche Saghinadze und Andere gegen Georgien, 81-83); oder iii) außergewöhnliche Umstände von der Erfüllung dieser Erfordernis befreiten (Akdivar und Andere gegen die Türkei, 68-75; Sejdović gegen Italien [GK], 55; und Veriter gegen Frankreich, 60). 60. Ein solcher Umstand kann darin liegen, dass die nationalen Behörden angesichts schwerwiegender Vorwürfe wegen Fehlverhaltens oder Schadenszufügung durch Staatsbedienstete vollkommen untätig geblieben sind, beispielsweise wenn sie es unterlassen haben, Ermittlungen aufzunehmen oder Hilfe anzubieten. Unter solchen Umständen kann man sagen, dass die Beweislast sich erneut verschiebt, sodass es der beklagten Regierung obliegt zu zeigen, was sie in Erwiderung auf das Ausmaß und die Bedeutung der gerügten Angelegenheiten gemacht hat (Demopoulos und Andere gegen die Türkei [GK], 70). 61. Bloße Zweifel seitens des Beschwerdeführers im Hinblick auf die Effektivität des Rechtsbehelfs befreien ihn noch nicht von dessen Einlegung (Epözdemir gegen die Türkei (Entschdg.); Milosevič gegen die Niederlande (Entschdg.); Pellegriti gegen Italien (Entschdg.); MPP Golub gegen die Ukraine (Entschdg.)). Es ist vielmehr im Interesse des Beschwerdeführers, das zuständige Gericht anzurufen, um diesem die Möglichkeit zu geben, bestehende Rechte durch seine Auslegung weiterzuentwickeln (Ciupercescu gegen Rumänien, 169). In einem Rechtssystem, das verfassungsrechtlich garantierten Grundrechtsschutz bereitstellt, obliegt es der beschwerten Person, das Ausmaß dieses Schutzes zu testen. Ferner muss es in einem Common Law System den nationalen Gerichten die Möglichkeit geben, diese Rechte durch Auslegung fortzuentwickeln (A, B und C gegen Irland,[GK], 142). Aber wo ein angeführter Rechtsbehelf nicht tatsächlich auch Aussicht auf Erfolg bot, z.b. im Lichte ständiger Rechtsprechung, ist die Tatsache, dass der Beschwerdeführer ihn nicht nutzte, kein 18 Europarat/Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte, März 2011

19 Zulässigkeitshindernis (Pressos Compania Naviera S.A. und Andere gegen Belgien, 27; Carson und Andere gegen Vereinigtes Königreich [GK], 58). 5. Prozessuale Aspekte 62. Das Erfordernis für den Beschwerdeführer, den nationalen Rechtsweg zu erschöpfen, wird normalerweise mit Blick auf das Datum bestimmt, an dem die Beschwerde beim Gerichtshof eingegangen ist (Baumann gegen Frankreich, 47). Ausnahmen hiervon können durch besondere Umstände des Falles gerechtfertigt sein (siehe unter Punkt 6. unten). Gleichwohl akzeptiert der Gerichtshof, dass die letzte Rechtsbehelfsinstanz erst kurz nach dem Einreichen der Beschwerde, aber bevor der Gerichtshof über die Zulässigkeit entscheidet, angerufen werden kann (Karoussiotis gegen Portugal, 57). 63. Wenn die Regierung den Einwand der Nichterschöpfung erheben möchte, muss sie es, soweit dies die Art des Einwandes und die Umstände zulassen, in ihrer Stellungnahme vor einer Entscheidung zur Zulässigkeit tun. Unter bestimmten Umständen kann sie von dieser Obliegenheit befreit sein (Mooren gegen Deutschland [GK], 57 mit weiteren Hinweisen, 58-59). Es ist nicht ungewöhnlich, dass die Entscheidung über einen Einwand der Nichterschöpfung zur Sachentscheidung gezogen wird und dieser vorbehalten bleibt, insbesondere in Fällen, in denen es um prozessuale Verpflichtungen oder Garantien geht, etwa im Hinblick auf den prozessualen Aspekt bei Artikel 2 (Dink gegen die Türkei, 56-48) oder 3; im Hinblick auf Artikel 6 (Scoppola gegen Italien (Nr. 2) [GK], 126); Artikel 8 (A, B und C gegen Irland [GK], 155); und zu Artikel 13 (Sürmeli gegen Deutschland [GK], 78 und M.S.S. gegen Belgien und Griechenland [GK], 336). 6. Einführung neuer Rechtsbehelfe 64. Die Bewertung, ob innerstaatliche Rechtsbehelfe erschöpft wurden, erfolgt grundsätzlich mit Bezug auf den Stand des Verfahrens zum Zeitpunkt der Beschwerdeerhebung. Diesbezüglich gibt es jedoch Ausnahmen, wenn neue Rechtsbehelfe eingeführt werden (s. Içyer gegen die Türkei (Entschdg.), 72 ff.). Insbesondere in Längefällen ist der Gerichtshof hiervon abgerückt (Predil Anstalt gegen Italien (Entschdg.); Bottaro gegen Italien (Entschdg.); Andrášik und Andere gegen die Slowakei (Entschdg.); Nogolica gegen Kroatien (Entschdg.); Brusco gegen Italien (Entschdg.); (Korenjak gegen Slowenien 66-71); oder im Falle eines neuen Rechtsbehelfs für Entschädigungen wegen Eingriffen in Eigentumsrechte (Charzyński gegen Polen (Entschdg.); Michalak gegen Polen (Entschdg.); Demopoulos und Andere gegen die Türkei) (Entschdg.) [GK]; oder bei unterlassener Vollstreckung eines nationalen Urteils (Nagovitsyn und Nalgiyev gegen Russland, (Entschdg.), 36-40); oder Überbelegung eines Gefängnisses (Łatak gegen Polen (Entschdg.)). Der Gerichtshof zieht die Effektivität und Zugänglichkeit von neu hinzugekommenen Rechtsbehelfen in Betracht (Demopoulos und Andere gegen die Türkei, (Entschdg.) [GK], 88). Im Hinblick auf einen Fall, in dem der neu eingeführte Rechtsbehelf als nicht effektiv erachtet wurde: Parizov gegen die ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien, 41-47). Ein Beispiel, in dem eine neu eingeführte Verfassungsbeschwerde als effektiv bewertet wurde, ist Cvetkovic gegen Serbien, 41. Im Hinblick auf den Zeitpunkt, ab dem es fair ist, den Beschwerdeführer auf einen auf einer Änderung der Rechtsprechung beruhenden neu eingeführten Rechtsbehelf zu verweisen: Depauw gegen Belgien (Entschdg.),, und allgemeiner McFarlane gegen Irland [GK], 117; hinsichtlich eines nach einem Piloturteil neu eingeführten Rechtsbehelfs: Fakhretdinov und andere gegen Russland, (Entschdg.), 36-44; und, bezüglich einer Abweichung von der nationalen Rechtsprechung: Scordino gegen Italien (Nr. 1) [GK], 147. In Scordino gegen Italien (Nr. 1) [GK] und Cocchiarella gegen Italien [GK] hat der Gerichtshof dargelegt, was die Effektivität eines Rechtsbehelfs in Längefällen ausmacht (vergleiche auch aus jüngerer Zeit Vassilios Athanasiou und Andere gegen Griechenland, 54-56). Ein Rechtsbehelf, der mit Blick auf die Länge des Verfahrens keine präventive oder kompensatorische Wirkung hat, muss grundsätzlich nicht eingelegt werden (Puchstein gegen Österreich, 31). Ein Rechtsbehelf bezüglich der Verfahrenslänge muss insbesondere ohne übermäßige Verzögerungen durchgeführt werden und in angemessener Weise Abhilfe schaffen (Scordino gegen Italien (Nr. 1) [GK], 195 und ). Europarat/Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte, März

20 65. Wenn der Gerichtshof ein strukturelles oder generelles Defizit im innerstaatlichen Recht oder der Rechtsanwendung festgestellt hat, bittet er gegebenenfalls den Staat, die Sachlage zu untersuchen und, wenn notwendig, effektive Maßnahmen zu treffen, um zu verhindern, dass gleichartige Fälle vor den Gerichtshof gebracht werden (Lukenda gegen Slowenien, 98). Er kann beschließen, dass der Staat entweder den vorhandenen Umfang von Rechtsbehelfen erweitert oder neue einführt, um richtige und effektive Abhilfe von Verletzungen der Konventionsrechte sicherzustellen (siehe zum Beispiel die Piloturteile in Xenides-Arestis gegen die Türkei, 40; und Burdov gegen Russland (Nr. 2), 42, 129 ff. und 140). Besondere Aufmerksamkeit sollte dem Erfordernis gelten, effektive nationale Rechtsbehelfe zu gewährleisten (siehe das Piloturteil in Vassilios Athanasiou und Andere gegen Griechenland, 41). Wo der Vertragsstaat einen neuen Rechtsbehelf eingeführt hat, hat der Gerichtshof geprüft, ob dieser effektiv ist (s. beispielsweise Robert Lesjak gegen Slowenien, 34-55; Demopoulos und andere gegen die Türkei, [GK], 87). Sollte dies so sein, hat der Gerichtshof entschieden, dass Beschwerdeführer in vergleichbaren Fällen diesen neuen Rechtsbehelf erst erschöpfen müssen, vorausgesetzt, die Einlegung des Rechtsbehelfs ist noch nicht verfristet. Er hat die die Beschwerden daher als nach Artikel 35 Abs. 1 für unzulässig erklärt, selbst wenn sie vor Einführung des neuen Rechtsbehelfs eingelegt worden waren (Grzinčič gegen Slowenien, ; Içyer gegen die Türkei (Entschdg.), 74 ff.). Dies betrifft nationale Rechtsbehelfe, die erst zugänglich waren, als die Bechwerden bereits eingereicht waren. Die Prüfung, ob außergewöhnliche Umstände vorlagen, welche die Beschwerdeführer zwangen, diesen Rechtsbehelf wahrzunehmen, wird insbesondere die Art der neuen Vorschriften und den Zusammenhang, in dem sie eingeführt wurden, berücksichtigen (Fakhretdinov und andere gegen Russland (Entschdg.), 30). In diesem jüngeren Fall hat der Gerichtshof entschieden, dass der infolge eines Piloturteils eingeführte effektive Rechtsbehelf, den er auch angeordnet hatte, von Beschwerdeführern eingelegt werden muss, bevor sie eine Beschwerde beim Gerichtshof einreichen. Der Gerichtshof hat ferner die Bedingungen für die Anwendung von Artikel 35 Abs. 1 in Bezug auf das Datum der Beschwerde präzisiert (Fakhretdinov und Andere gegen Russland (Entschdg.), 31-33; siehe auch Nagovitsyn und Nalgiyev gegen Russland, (Entschdg.), 29 ff. und 42). B. Nichteinhaltung der Sechsmonatsfrist Artikel 35 Abs. 1 Zulässigkeitsvoraussetzungen 1. Der Gerichtshof kann sich mit einer Angelegenheit nur innerhalb einer Frist von sechs Monaten nach der endgültigen innerstaatlichen Entscheidung befassen. 1. Zweck der Sechsmonatsfrist 66. Zweck der Sechsmonatsfrist ist es, Rechtssicherheit zu fördern, sicherzustellen, dass Fälle, die Fragen nach der Konvention aufwerfen, in angemessener Zeit geprüft werden, und die Behörden oder weitere Betroffene davor zu schützen, über einen langen Zeitraum in Unsicherheit zu sein (P.M. gegen Vereinigtes Königreich (Entschdg.)). 67. Die Sechsmonatsfrist gibt dem potentiellen Beschwerdeführer auch genug Zeit, darüber nachzudenken, ob er eine Beschwerde einlegen möchte und, wenn ja, welche konkreten Beschwerdepunkte er erheben und welche Argumente er vorbingen möchte (O Loughlin und Andere gegen Vereinigtes Königreich (Entschdg.)). Sie erleichtert auch die Sachverhaltsfeststellung in Fällen, in denen ein weiterer Zeitablauf eine faire Untersuchung der aufgeworfenen Fragen erschweren würde (Nee gegen Irland (Entschdg.)). 68. Die Sechsmonatsfrist bestimmt die zeitlichen Grenzen einer Überprüfung seitens des Gerichtshofs und gibt dem Einzelnen und den staatlichen Behörden den Zeitraum vor, nach dessen Ablauf eine solche Überprüfung ausgeschlossen ist (Tahsin İpek gegen die Türkei (Entschdg.); Di Giorgio und Andere gegen Italien (Entschdg.)). 69. Der Gerichtshof kann von der Regel der Sechsmonatsfrist nicht absehen (z.b. wenn die Regierung in ihrer Stellungnahme hierauf gar nicht eingeht) (Belaousof und Andere gegen Griechenland, 38). 70. Bevor die Sache innerstaatlich nicht endgültig zum Abschluss gebracht ist, ist ein Beschwerdeführer auch nach der Sechsmonatsfrist nicht dazu verpflichtet, Beschwerde einzulegen. (Varnava und Andere gegen die Türkei [GK], 157). 20 Europarat/Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte, März 2011

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