Titel: Kindergeldberechtigung für Staatenlose bei unmittelbare Einreise aus einem Nicht- EU/EWR-Staat
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- Viktor Schumacher
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1 FG Nürnberg, Urteil v K 1510/13 Titel: Kindergeldberechtigung für Staatenlose bei unmittelbare Einreise aus einem Nicht- EU/EWR-Staat Normenketten: EStG 62 Abs. 2 EGVO 1408/71 EGVO 883/2004 Leitsätze: Die gemeinschaftsrechtlichen Regelungen zur Einbeziehung der Staatenlosen und deren Gleichbehandlung mit Inländern (EG-Verordnungen 1408/71 und 883/2004) gelten nur für die Einreise aus einem EU/EWR-Staat nach Deutschland. Bei unmittelbarer Einreise aus einem Drittland können aus der Verordnung keine Rechte abgeleitet werden. 2. Eine staatenlose Person kann aus der EG-Verordnung 1408/71 und 883/2004 keine Rechte auf Kindergeld ableiten, wenn sie nach Deutschland aus einem Land eingereist ist, das im Zeitpunkt der Ausreise kein EU-Mitglied und damit ein Drittland war. Entscheidungsgründe Finanzgericht Nürnberg 3 K 1510/13 Im Namen des Volkes Urteil NZB V B 1/15 In dem Rechtsstreit... - Klägerin - gegen... - Beklagte - wegen Kindergeld für Kind F hat der 3. Senat des Finanzgerichts Nürnberg ohne mündliche Verhandlung am 20. November 2014 für Recht erkannt: 1. Die Klage wird abgewiesen. 2. Die Kosten des Verfahrens hat die Klägerin zu tragen. Rechtsmittelbelehrung Die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil kann durch Beschwerde angefochten werden.
2 Die Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils beim Bundesfinanzhof einzulegen. Sie muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Der Beschwerdeschrift soll eine Abschrift oder Ausfertigung des angefochtenen Urteils beigefügt werden. Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Auch die Begründung ist bei dem Bundesfinanzhof einzureichen. In der Begründung muss dargelegt werden, dass die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder dass die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs erfordert oder dass ein Verfahrensfehler vorliegt, auf dem das Urteil des Finanzgerichts beruhen kann. Bei der Einlegung und Begründung der Beschwerde muss sich jeder Beteiligte durch einen Steuerberater, einen Steuerbevollmächtigten, einen Rechtsanwalt, einen niedergelassenen europäischen Rechtsanwalt, einen Wirtschaftsprüfer oder einen vereidigten Buchprüfer als Bevollmächtigten vertreten lassen. Zur Vertretung berechtigt sind auch Steuerberatungsgesellschaften, Rechtsanwaltsgesellschaften, Wirtschaftsprüfungsgesellschaften und Buchprüfungsgesellschaften sowie Partnerschaftsgesellschaften, die durch einen der in dem vorherigen Satz aufgeführten Berufsangehörigen tätig werden. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können sich auch durch Beamte oder Angestellte mit Befähigung zum Richteramt sowie durch Diplomjuristen im höheren Dienst vertreten lassen. Lässt der Bundesfinanzhof aufgrund der Beschwerde die Revision zu, so wird das Verfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt. Der Einlegung einer Revision durch den Beschwerdeführer bedarf es nicht. Innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses des Bundesfinanzhofs über die Zulassung der Revision ist jedoch bei dem Bundesfinanzhof eine Begründung der Revision einzureichen. Die Beteiligten müssen sich auch im Revisionsverfahren nach Maßgabe des dritten Absatzes dieser Belehrung vertreten lassen. Postanschrift des Finanzgerichts Nürnberg: Deutschherrnstr. 8, Nürnberg Telefax-Anschluss des Finanzgerichts Nürnberg: 0911/ Postanschrift des Bundesfinanzhofs: Postfach , München Hausanschrift des Bundesfinanzhofs: Ismaninger Straße 109, München Telefax-Anschluss des Bundesfinanzhofs: 089/ Abkürzungen: AO (Abgabenordnung), AufenthG (Aufenthaltsgesetz), BFH (Bundesfinanzhof), BFH/NV (Sammlung nicht veröffentlichter Entscheidungen des BFH), BGBl (Bundesgesetzblatt), BStBl (Bundessteuerblatt), BVerfG (Bundesverfassungsgericht), EFG (Entscheidungen der Finanzgerichte), EStG (Einkommensteuergesetz), FGO (Finanzgerichtsordnung), GG (Grundgesetz), SGB (Sozialgesetzbuch) Tatbestand Streitig ist das Kindergeld für F (geb ). Die Klägerin ist staatenlos. Die Stadt O erteilte ihr eine Aufenthaltserlaubnis nach 25 Abs. 4 AufenthG vom befristet bis Nach der Bescheinigung der Stadt T, Einwohneramt, vom besitzt die Klägerin seit dem eine Aufenthaltserlaubnis gemäß 25 Abs. 5 AufenthG. Sie kam nach der Bescheinigung am nach Deutschland. Nach den Nebenbestimmungen zum Aufenthaltstitel ist eine selbstständige Erwerbstätigkeit nicht erlaubt, eine Beschäftigung ist uneingeschränkt erlaubt. Die Klägerin ist zur Wohnsitznahme im Stadtgebiet T verpflichtet. Die Klägerin erhält Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (Bescheide der Stadt T, Sozialamt, vom und ). Mit Bescheid vom lehnte die Familienkasse einen Antrag auf Kindergeld für F ab.
3 Zur Begründung wurde ausgeführt, dass ausländischen Staatsangehörigen nur dann Kindergeld zustehe, wenn sie in Besitz einer Niederlassungserlaubnis oder einer Aufenthaltserlaubnis zum Zwecke der Erwerbstätigkeit oder einer Aufenthaltserlaubnis nach 25 Abs. 1 und 2, den 31, 37 und 38 des AufenthG oder einer Aufenthaltserlaubnis zum Zwecke des Familiennachzugs zu einem deutschen oder zu einer von den Nummern 1-3 erfassten Personen sind. Diese vorliegenden Voraussetzungen seien nach den vorliegenden Unterlagen für die Klägerin nicht erfüllt. Das Einspruchsverfahren verlief erfolglos. Mit der Klage beantragt der Prozessbevollmächtigte sinngemäß unter Aufhebung des Ablehnungsbescheides vom und der hierzu ergangenen Einspruchsentscheidung vom die Familienkasse zu verpflichten, Kindergeld für F in gesetzlicher Höhe festzusetzen. Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt: Die Klägerin stamme ursprünglich aus Rumänien. Im Jahr 1988, also im Alter von zwei Jahren, sei sie mit ihren Eltern aus Rumänien nach Deutschland geflohen. Sie sei gemäß dem rumänischen Dekret Nr. 180 vom aus der rumänischen Staatsangehörigkeit entlassen worden. Seitdem gelte die Klägerin als staatenlos. Die Beklagte verkenne, dass die Klägerin als staatenlose Roma unter die freizügigkeitsberechtigten Ausländer falle, da sie ursprünglich aus Rumänien stamme. Sie sei eine EU- Bürgerin. Die Klägerin stehe über Artikel 2 Abs. 1 und Artikel 3 Abs. 1 der Verordnung EU-Nr. 1408/71 in Verbindung mit dem Abkommen über Staatenlose den Staatsangehörigen der EU-Mitgliedsstaaten gleich, weil sie im EU-Staat Rumänien geboren sei und diesen im Jahr 1988 verlassen habe. Die Ablehnung der Kindergeldzahlung könne nicht davon abhängen, dass die Klägerin 1990, also kurz nach der Revolution, von Rumänien ausgebürgert worden sei. Die Diskriminierung der Eltern in Rumänien und das Verlassen des Landes dürfe nicht 23 Jahre später dazu führen, dass der Klägerin Kindergeld verweigert werde. Die EU sei nicht nur eine Wirtschaftsgemeinschaft, sondern stelle auch eine Wertegemeinschaft dar. Die Regeln über die Freizügigkeit müssten daher auch auf Staatenlose übertragen werden, die aus der EU stammen. Die beantragt Klageabweisung. Zur Begründung wird im Wesentlichen vorgetragen, dass für die Klägerin nur eine Kindergeldberechtigung nach 62 Abs. 2 Nr. 2c EStG in Frage komme, da sie einen Aufenthaltstitel nach 25 Abs. 5 AufenthG habe. In diesen Fällen müsse aber zusätzlich noch die Voraussetzung des 62 Abs. 2 Nr. 3 EStG erfüllt sein. Danach könne eine Person, die einen Aufenthaltstitel nach 25 Abs. 3 bis Abs. 5 AufenthG habe nur dann für das Kindergeld berücksichtigt werden, wenn sie sich seit mindestens drei Jahren rechtmäßig, gestattet oder geduldet im Bundesgebiet aufhalte und im Bundesgebiet berechtigt erwerbstätig sei oder laufende Geldleistungen nach dem SGB III beziehe oder Elternzeit in Anspruch nehme. Im Streitfall sei die Klägerin nicht erwerbstätig, sie beziehe auch keine Leistungen nach dem 3. Buch Sozialgesetzbuch und befinde sich auch nicht in einer Elternzeit i. S. d. 15 Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz. Daher lägen die Voraussetzungen für eine Kindergeldberechtigung nach 62 Abs. 2 EStG nicht vor. Die habe daher zu Recht die Kindergeldfestsetzung abgelehnt. Wegen des weiteren Vorbringens wird auf die Schriftsätze der Beteiligten sowie auf den Akteninhalt verwiesen. Die Beteiligten haben ihr Einverständnis dazu erklärt, dass das Gericht ohne mündliche Verhandlung und der zum Berichterstatter bestellte Richter anstelle des Senats entscheidet ( 90 Abs. 2, 79a Abs. 3 und 4 FGO). Dem Gericht liegt die Kindergeldakte mit der Nr.... vor. Entscheidungsgründe
4 Die Klage hat keinen Erfolg. Die Klägerin wird durch die Ablehnung der Kindergeldfestsetzung mit Bescheid vom in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom nicht in ihren Rechten verletzt, weil diese Ablehnung nicht rechtswidrig ist ( 101 FGO). Zutreffend hat die Beklagte das Fehlen der Voraussetzungen für einen Kindergeldbezug der Klägerin im Streitzeitraum bejaht. 1. Ein Kindergeldanspruch der Klägerin lässt sich nicht aus Art. 2 Abs. 1, 3 Abs. 1, 4 Abs. 1 EG-Verordnung 1408/71 ableiten. Die Vorschriften der EG-Verordnungen (EG-VO 1408/71 und 883/2004) sind für Staatsangehörige eines Mitgliedsstaates der EU oder für Staatenlose oder Flüchtlinge, die im Gebiet eines Mitgliedsstaates wohnen sowie auf Staatsangehörige der EWR-Vertragsstaaten anwendbar. Diese gemeinschaftsrechtlichen Regelungen zur Einbeziehung der Staatenlosen und deren Gleichbehandlung mit Inländern gelten jedoch nur für die Einreise aus einem EU/EWR-Staat nach Deutschland. Bei unmittelbarer Einreise aus einem Drittland können aus der Verordnung keine Rechte abgeleitet werden (Urteil des Europäischen Gerichtshofs - EuGH - vom C-95/99, Deutsches Verwaltungsblatt - DVBl , 41; Finanzgericht Baden-Württemberg, Urteil vom K 1352/10; Blümich/Treiber, EStG, 62 Rz. 35). Die Verordnung ist nicht anwendbar auf Sachverhalte, die nicht über die Grenzen eines Mitgliedstaates hinausgehen. Im Streitfall ist die Klägerin nach dem Vortrag der Klägerseite im Jahr 1988 aus Rumänien nach Deutschland eingereist. Rumänien ist erst seit dem Mitgliedsstaat der EU. Damit ist die Klägerin unmittelbar aus einem Drittland nach Deutschland eingereist. Der bei der Klägerin vorliegende Sachverhalt geht nicht über die Grenzen des Mitgliedstaates Deutschland hinaus. Die staatenlose Klägerin kann aus der EG-Verordnung 1408/71 und 883/2004 keine Rechte auf Kindergeld ableiten, wenn sie nach Deutschland aus einem Land eingereist ist, das im Zeitpunkt der Ausreise kein EU-Mitglied und damit ein Drittland war. Ob einem Staatenlosen ein Kindergeldanspruch für seine Kinder zusteht, richtet sich damit nach 62 Abs. 2 EStG (vgl. Felix bei Kirchhof, EStG, 12. Auflage, 62 Rz. 3). 2. Nach 62 Abs. 2 EStG in der für den Streitzeitraum gültigen Fassung erhält ein nicht freizügigkeitsberechtigter Ausländer Kindergeld nur, wenn er eine Niederlassungserlaubnis (Nr. 1) oder eine Aufenthaltserlaubnis besitzt, die (uneingeschränkt) zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit berechtigt oder berechtigt hat (Nr. 2). Eine Aufenthaltserlaubnis nach 23 Abs. 1 AufenthG wegen eines Krieges im Heimatland oder nach den 23a, 24, 25 Abs. 3 bis 5 AufenthG kann einen Kindergeldanspruch nur begründen, wenn weitere Voraussetzungen ( 62 Abs. 2 Nr. 3 EStG) vorliegen. 62 Abs. 2 EStG in der Fassung des Gesetzes vom (BGBl. I 2006, 2915) ist nach 52 Abs. 61a Satz 2 EStG in allen Fällen anzuwenden, in denen das Kindergeld noch nicht bestandskräftig festgesetzt ist. Diese gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt die Klägerin - was von ihr auch nicht bestritten wird - im Klagezeitraum nicht. Im streitigen Zeitraum von November 2012 bis Oktober 2013 (Monat der Einspruchsentscheidung) war die Klägerin nur im Besitz der von der Stadt Nürnberg am ausgestellte Aufenthaltserlaubnis nach 25 Abs. 5 AufenthG. Personen mit einem Aufenthaltserlaubnis nach 25 Abs. 5 AufenthG haben aber nur dann einen Anspruch auf Kindergeld, wenn sie sich seit mindestens drei Jahren rechtmäßig, gestattet oder geduldet im Bundesgebiet aufhalten und darüber hinaus dort berechtigt erwerbstätig sind, laufende Geldleistungen nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch beziehen oder Elternzeit in Anspruch nehmen ( 62 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. c, Nr. 3 EStG). Diese Voraussetzungen liegen im Streitfall nicht vor, da die Klägerin nicht berechtigt erwerbstätig ist, sondern Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz erhält, nicht aber Leistungen der Arbeitsförderung nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch bezieht. Die Klägerin nimmt auch keine Elternzeit in Anspruch, zumal sie die Voraussetzungen nach 1 Abs. 7, 15 des Gesetzes zum Elterngeld und zur Elternzeit -BEEGnicht erfüllt. 3. Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit der Regelung des 62 Abs. 2 EStG bei der Anwendung im Streitfall hat das Gericht nicht. Das BVerfG hat bislang über die Frage der Verfassungsmäßigkeit der Neuregelung des Anspruchs auf Kindergeld in 62 Abs. 2 EStG inhaltlich nicht entschieden. Die Vorlage
5 des FG Köln vom hat es für unzulässig erklärt, da die Überzeugung des vorlegenden Gerichts von der Verfassungswidrigkeit der Norm nicht hinreichend dargelegt worden sei (BVerfG, Beschluss vom , 2 BvL 4/07, BFH/NV 2010, 153). Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung (z. B. BFH- Urteil vom III R 72/09, BFH/NV 2011, 1134; BFH-Beschlüsse vom III B 158/12, BFH/NV 2013, 968; vom III B 119/12, BFH/NV 2013, 1417; BFH-Urteil vom III R 14/08, BStBl. II 2012, 737 jeweils mit Hinweisen auf weitere Entscheidungen des BFH) ist die mit Wirkung zum 1. Januar 2006 in Kraft getretene Neuregelung des 62 Abs. 2 EStG verfassungsrechtlich unbedenklich, soweit eine Differenzierung nach der vorliegenden Integration in den Arbeitsmarkt vorgenommen wird. Ein Verstoß gegen Art. 3 Grundgesetz ist nicht gegeben. Ob eine gesetzliche Regelung mit dem allgemeinen Gleichheitssatz vereinbar ist, hängt davon ab, ob für die getroffene Differenzierung Gründe von solchem Gewicht bestanden, dass sie die Ungleichbehandlung rechtfertigen (BFH-Urteil vom III R 93/03, BStBl. II 2009, 905). Für die vom Gesetzgeber vorgenommene Differenzierung nach der vorliegenden Integration in den Arbeitsmarkt bestehen jedoch hinreichende sachliche Gründe. Nach der Gesetzesbegründung muss für die Kindergeldberechtigung neben der verfestigten Aufenthaltserlaubnis die Ausübung einer Erwerbstätigkeit oder der Umstand kommen, dass diese Erwerbstätigkeit erlaubt ist (Bundestags-Drucksache 16/1368 Seite 8). Das Zweite Buch SGB knüpft die Ansprüche von ausländischen Staatsangehörigen an die Möglichkeit, eine Beschäftigung auszuüben. Die Ausübung einer Beschäftigung bzw. die Integration in den deutschen Arbeitsmarkt sind Indikator für einen dauernden Verbleib in Deutschland (Bundestags-Drucksache 16/1368 Seite 8). Das gesetzgeberische Ziel, Kindergeld nur solchen Ausländern zu gewähren, von denen zu erwarten ist, dass sie auf Dauer in Deutschland bleiben und ob diese in den Arbeitsmarkt integriert sind, ist nicht zu beanstanden. Nach der Rechtsprechung des BFH handelte der Gesetzgeber verfassungskonform und im Rahmen des ihm zustehenden Gestaltungsspielraums, als er gemäß 62 Abs. 2 Nr. 3 EStG einen Daueraufenthalt eines Ausländers, dem aus humanitären Gründen eine Aufenthaltserlaubnis erteilt wurde, typisierend erst ab einem mindestens dreijährigen Aufenthalt im Bundesgebiet und bei vorliegender Integration in den Arbeitsmarkt unterstellte (BFH-Beschluss vom III B 158/12, BFH/NV 2013, 968; Schmidt/Weber-Grellet, EStG, 33. Auflage, 62 Rz. 10 f; Felix in Kirchhof, EStG, 12. Auflage, 62 Rz. 3). Das Gericht schließt sich dieser Rechtsprechung an. 4. An dieser rechtlichen Bewertung hat sich auch durch die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom (Beschluss 1 BvL 2 /10, 1 BvL 3 /10, 1 BvL 4 /10, 1 BvL 3 /11, BGBl I 2012, 1898) nichts geändert. In dieser Entscheidung wurde die Verfassungswidrigkeit der Regelungen zum Elterngeld bzw. Erziehungsgeld, die im Wesentlichen wortgleich mit 62 Abs. 2 EStG sind, nur insoweit festgestellt, als in Fällen, in denen der Aufenthalt, aus völkerrechtlichen, humanitären oder politischen Gründen erlaubt ist, eine Anknüpfung an die formale Art des Aufenthaltstitels unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten unzureichend ist. Diese Entscheidung ist nach höchstrichterlicher Rechtsprechung, der sich das Gericht anschließt, nicht auf den Kindergeldanspruch zu übertragen, weil das Kindergeld - anders als das Erziehungsgeld - als Einkommen auf Sozialleistungen angerechnet wird (vgl. hierzu BFH-Beschluss vom III B 158/12, BFH/NV 2013, 968; BFH-Beschluss vom III B 119/12, BFH/NV 2013, 1417; BFH-Urteil vom III R 72/09, BFH/NV 2011, 1134; Schmidt/Weber-Grellet, EStG, 33. Auflage, 62 Rz. 11; Felix in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG 62 Rz. C 1 ff; Helmke/Bauer, Familienleistungsausgleich Rz. 49 ff zu 62 EStG; ebenso, wenn auch differenzierter Blümich/Treiber, EStG, 62 Rz. 49 ff; a.a. Niedersächsisches Finanzgericht, Vorlagebeschlüsse vom 19. und K 114/13, 7 K 111/13 u. a. unter ausführlicher Darstellung der Rechtsprechung und des Meinungsstandes in der Literatur). Die Anrechnung des Kindergelds ist verfassungsgemäß. Nicht in den Arbeitsmarkt integrierte Ausländer, die nach 62 Abs. 2 EStG keinen Anspruch auf Kindergeld haben, erhalten - wie im Streitfall auch die Klägerin - typischerweise Sozialleistungen, deren Höhe sich u. a. nach der Anzahl der im gemeinsamen Haushalt lebenden Kinder richtet. Solchen Ausländern entsteht durch die Beschränkung der Kindergeldberechtigung in 62 Abs. 2 EStG typischerweise kein finanzieller Nachteil, der zu einem Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1, Abs. 3 Satz 2 GG führen könnte. Ausländern, die Anspruch auf Kindergeld haben und die darüber hinaus Sozialleistungen beziehen, wird das Kindergeld entweder als Einkommen des anspruchsberechtigten Elternteils oder als Einkommen des minderjährigen Kindes (vgl. 11 Abs. 1 Satz 3
6 SGB II, 82 Abs. 1 Satz 2 SGB XII) auf die Sozialleistungen angerechnet oder auf Antrag nach 74 Abs. 2 EStG i. V. m. 104 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch an den Sozialleistungsträger erstattet oder nach 74 Abs. 1 Satz 4 EStG an diesen abgezweigt. Eine Ausweitung der Kindergeldberechtigung nicht freizügigkeitsberechtigter Ausländer, die ihren Unterhalt mit Sozialleistungen bestreiten, brächte für diese somit in der Regel keine finanziellen Vorteile (vgl. BFH-Urteil vom III R 72/09, BFH/NV 2011, 1134). Zwar hat das Niedersächsische Finanzgericht mit verschiedenen Vorlagebeschlüssen vom und an das BVerfG (7 K 114/13, 7 K 111/13, 7 K 112/13, 7 K 113/13, und 7 K 9/10) u. a. darauf hingewiesen, dass es unlogisch sei, wenn der erst nach einem Anspruch auf Kindergeld denkbare Erstattungsanspruch bei bestimmten Ausländern bereits der Entstehung eines Anspruchs auf Kindergeld entgegenstehen soll, bei Deutschen und anderen Ausländern hingegen nicht. Weiter erhielten Ausländer, die auch nach der Neuregelung die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Kindergeld nicht erfüllen, nicht stets Sozialleistungen mindestens in Höhe des Kindergeldes. Dies gelte zum Beispiel, wenn sie Einkünfte aus Kapitalvermögen oder aus Vermietung und Verpachtung erzielen oder ausreichendes Vermögen haben. Das Gericht hält diese Bedenken des Niedersächsischen Finanzgerichts an der Verfassungsmäßigkeit der Norm nicht für durchgreifend (ebenso Finanzgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom K 10154/11, EFG 2014, 1323). Es ist allgemein anerkannt, dass es dem Gesetzgeber erlaubt ist, in erheblichem Umfang typisierende Regelungen zu treffen. Selbst wenn es also in Einzelfällen für den ausländischen Staatsangehörigen von rechtlicher oder wirtschaftlicher Bedeutung sein sollte, gerade Kindergeld und nicht Sozialleistungen beanspruchen zu können, führt dies nicht zwingend zu einer Verfassungswidrigkeit der Regelung in 62 Abs. 2 Nr. 2 Buchstabe c, Nr. 3 EStG. Auch ist zu beachten, dass die Freistellung des Familienexistenzminimums durch die Freibeträge ( 32 Abs. 6 EStG) und durch das Kindergeld gewährleistet wird. Ob das Familienexistenzminimum ausreichend freigestellt ist oder bestimmte Personengruppen ohne ausreichende sachliche Differenzierungsgründe anders behandelt werden, ist jedoch erst am Ende der Maßnahmen zur Freistellung des Familienexistenzminimums und damit auch nach Berücksichtigung der Sozialleistungen und entsprechender Anrechnungen zu beurteilen. Es ist daher von Verfassungs wegen nicht geboten, Ausländern, die den Lebensunterhalt ihrer Familien mit Hilfe von Sozialleistungen bestreiten, darüber hinaus Kindergeld zu gewähren. 5. Im Übrigen ergibt sich weder aus Art. 24 noch aus Art. 29 des Staatenlosenübereinkommens -StlÜbk- (verkündet mit Gesetz vom , BGBl. II 1976, 473) ein Anspruch auf Kindergeld (BFH-Urteile vom III R 60/99, BFHE 220, 39, BStBl. II 2009, 910; vom III R 90/03, BFHE 219, 540, BStBl. II 2009, 908; Finanzgericht Baden-Württemberg, Urteil vom K 1352/10). Auf Art. 29 StlÜbk kann sich die Klägerin deswegen nicht erfolgreich berufen, weil durch die Nichtgewährung von Kindergeld von den Staatenlosen keine höheren Steuern oder Abgaben erhoben werden als von Deutschen. Erzielt ein Staatenloser einkommensteuerpflichtige Einkünfte, werden das steuerliche Existenzminimum des Kindes sowie der Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf bei der Einkommensteuerveranlagung durch die Freibeträge nach 32 Abs. 6 EStG von der Einkommensteuer freigestellt. Daher fehlt es an der höheren Besteuerung eines Staatenlosen im Vergleich zu einem Deutschen, bei dem die Freistellung von der Einkommensteuer ganz oder teilweise durch das Kindergeld bewirkt wird. 6. Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf Kindergeld nach Art. 28 der Qualifikationsrichtlinie. Ausländer, die die Voraussetzungen des 62 Abs. 2 EStG nicht erfüllen, haben auch nach Art. 28 der Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen, und über den Inhalt des zu gewährenden Schutzes -Qualifikationsrichtlinie- keinen Anspruch auf Kindergeld. Die Kostenentscheidung beruht auf den 143 Abs. 1, 135 Abs. 1 FGO.
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