Familienbesteuerung. Praxisfestlegung Steuerverwaltung Graubünden 1. AUSGANGSLAGE. StG 10; 38, 39, 63 DBG 9; 34, 213, 214. Inhaltsverzeichnis
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1 Praxisfestlegung Steuerverwaltung Graubünden StG 10; 38, 39, 63 DBG 9; 34, 213, 214 Inhaltsverzeichnis 1. Ausgangslage Zivilgesetzbuch: Teilrevision Steuergesetz: Teilrevision Grundsatz der Verheiratetentarif Konkubinat und Konkubinatstarif Stichtag Im Tarif enthaltene Abzüge Literatur AUSGANGSLAGE 1.1 Zivilgesetzbuch: Teilrevision 2000 Auf den 1. Januar 2000 sind verschiedene Änderungen im ZGB (v.a. Scheidungs- und Kindesrecht) in Kraft getreten, die sich auch steuerlich auswirken. Unter anderem wurde der Begriff der "elterlichen Gewalt" durch denjenigen der "elterlichen Sorge" ersetzt (vgl. z.b. ZGB 133, 296); nachfolgend wird deshalb einheitlich nur noch der Begriff "elterliche Sorge" verwendet. Nach bisherigem Recht stand die elterliche Gewalt im Falle einer weder geschiedenen noch getrennten Ehe beiden Ehegatten gemeinsam zu, in allen anderen Fällen zwingend einer einzigen Person (in der Regel einem der beiden Elternteile). Das neue Scheidungs- und Kindesrecht gibt diese Ordnung unter bestimmten Voraussetzungen auf, indem es die Möglichkeit geschaffen hat, geschiedenen oder unverheirateten Eltern die gemeinsame elterliche Sorge zu belassen bzw. zu übertragen. Dies geschieht mittels Scheidungsurteil oder mittels Entscheid der Vormundschaftsbehörde, wenn es mit dem Kindeswohl vereinbar ist und sich die Eltern in einer genehmigungsfähigen Vereinbarung über ihre Anteile an der Betreuung des Kindes und die Verteilung der Unterhaltskosten verständigt haben (vgl. ZGB 133 III und ZGB 298a I; KS Nr. 7 der EStV vom , in: ASA 68, S. 570 ff.). Ohne einen solchen Entscheid gilt folgende Regel: Bei einer Scheidung teilt das Gericht die elterliche Sorge einem Elternteil zu (ZGB 133 I); sind die Eltern nicht verheiratet, steht die elterliche Sorge der Mutter zu (ZGB 298 I). Sind die Eltern verheiratet und leben sie in einem gemeinsamen Haushalt, üben sie die elterliche Sorge gemeinsam aus (ZGB 297 I). Wird der gemeinsame Haus He ( Moe) doc P
2 halt aufgehoben oder die Ehe getrennt, bleibt die gemeinsame elterliche Sorge bestehen; das Gericht kann jedoch in solchen Fällen die elterliche Sorge einem Ehegatte allein zuteilen (ZGB 297 II). 1.2 Kantonales Steuergesetz: Teilrevision 2001 Am 1. Januar 2001 hat der Kanton Graubünden zur Gegenwartsbemessung gewechselt. Dies wirkt sich insbesondere bei dem für Tarif und Sozialabzüge massgebenden Stichtag aus. Neu ist auf die Verhältnisse am Ende der Steuerperiode bzw. Steuerpflicht abzustellen (vgl. Ziff. 5) 2. GRUNDSATZ DER FAMILIENBESTEUERUNG Einkommen und Vermögen der Ehegatten, die in rechtlich und tatsächlich ungetrennter Ehe leben, werden ohne Rücksicht auf den Güterstand zusammengerechnet (Faktorenaddition: StG 10 I; DBG 9 I). Hinsichtlich der Haftung der Ehegatten für Steuerschulden wird auf die separate Praxisfestlegung zu StG 13 verwiesen. Einkommen und Vermögen der Kinder, ausgenommen das Erwerbs- und das Ersatzeinkommen sowie die Grundstückgewinne, werden bis zum Ende der Steuerperiode, die dem Eintritt der Mündigkeit vorangeht, dem Inhaber der elterlichen Sorge oder Obhut zugerechnet (StG 10 V bzw. DBG 9 II; bis Ende 2000 war das Kind kantonal auch für die Einkünfte aus Wettbewerben kantonal steuerpflichtig). Steht die elterliche Sorge beiden Elternteilen gemeinsam zu, werden Einkommen und Vermögen der Kinder jenem Elternteil zugerechnet, der die Voraussetzungen für den Kinderabzug erfüllt (ABzStG 11 II; KS Nr. 7 der EStV vom , in: ASA 68, S. 572; betr. Kinderabzug vgl. Praxisfestlegung doc), d.h. der den Unterhalt der Kinder zur Hauptsache bestreitet (vgl. StG 38 d). Dieser Elternteil kann auch den vermögenssteuerfreien Betrag gemäss StG 63 I b beanspruchen. Die beiden Ehegatten werden selbständig veranlagt, wenn sie entweder rechtlich oder tatsächlich getrennt leben (Umkehrschluss aus StG 10 I bzw. DBG 9 I; vgl. auch VVzStG 1). Ob die Ehegatten tatsächlich getrennt leben, beurteilt sich im Einzelfall aufgrund der gesamten Umstände. Vorausgesetzt wird jedenfalls, dass eine gemeinsame eheliche Wohnung (vgl. ZGB 162) fehlt und der gemeinsame Haushalt (vgl. ZGB 175) aufgehoben ist. Es ist durchaus denkbar, dass sich die Wohnsitze der getrennt lebenden Ehegatten in der gleichen Ortschaft befinden. Sind diese Voraussetzungen erfüllt, spielt das Fehlen der "Gemeinschaftlichkeit der Mittel für Wohnung und Unterhalt" die wesentliche Rolle für eine getrennte Veranlagung der Ehegatten. Erforderlich ist zudem, dass eine allfällige Unterstützung des einen Ehegatten an den andern nur noch in ziffernmässig bestimmten Beträgen geleistet wird (vgl. VVzStG 1 II; Locher, Art. 9 N 17 ff.). Weiteres Indiz ist etwa die Dauer der geltend gemachten tatsächlichen Trennung von in der Regel mindestens einem Jahr. Die Beweislast tragen die Ehegatten, die getrennt veranlagt werden wollen (zur Frage, wann bei getrennten Hauptsteuerdomizilen eine tatsächliche Trennung vorliegt, vgl. VGU A 00 47/48 = PVG 2000 Nr. 40 = StE 2001 B 13.1 Nr. 12. Das Bundesgericht hat eine gegen diesen Entscheid erhobene Verwaltungsge doc 2
3 richtsbeschwerde abgewiesen; auf die staatsrechtliche Beschwerde trat das Bundesgericht nicht ein). Die elterliche Sorge ist in ZGB 296 ff. geregelt. Die Kinder stehen, solange sie unmündig sind, unter der elterlichen Sorge (ZGB 296 I). Mündig ist, wer das 18. Altersjahr vollendet hat (ZGB 14). Wird ein Kind Pflegeeltern zur Pflege anvertraut, so vertreten diese, unter Vorbehalt abweichender Anordnungen, die Eltern in der Ausübung der elterlichen Sorge (ZGB 300 I). Nur die Obhut wird den Pflegeeltern vertraglich eingeräumt. Das Einkommen und Vermögen der Pflegekinder wird deshalb nicht den Pflegeeltern zugerechnet; vielmehr sind die Pflegekinder selbständig zu veranlagen. Das gleiche gilt erst recht, wenn Kinder nicht bei Pflegeeltern, sondern etwa in einem Heim leben. Mündige Kinder, die entmündigt werden, erhalten in der Regel keinen Vormund, sondern werden (wieder) unter die elterliche Sorge gestellt (vgl. ZGB 385 III). Sie sind aber wie die übrigen entmündigten Personen selbständig zu veranlagen. 3. VERHEIRATETENTARIF Der Verheiratetentarif wird den verheirateten Steuerpflichtigen wie auch den verwitweten, getrennt lebenden, geschiedenen und ledigen Steuerpflichtigen gewährt, wenn diese allein mit Kindern oder unterstützungsbedürftigen Personen, deren Unterhalt sie zur Hauptsache bestreiten, im eigenen Haushalt zusammenleben (StG 10 II bzw. DBG 214 II). Damit hat z.b. die alleinerziehende Mutter, die für ein Kind, für das sie das alleinige Sorgerecht innehat, Kinderalimente bezieht und versteuert (und dafür den Kinderabzug geltend machen kann; vgl. Praxisfestlegung doc), stets Anspruch auf den Verheiratetentarif (vgl. Locher, Art. 36 N 14). Sind die Eltern geschieden oder unverheiratet und üben sie die elterliche Sorge gemeinsam aus (vgl. Ziff. 1.1), d.h. lebt ein Kind teilweise beim Vater und teilweise bei der Mutter, gilt Folgendes: Der Elternteil, der Kinderalimente bezieht und versteuert (und dafür den Kinderabzug geltend machen kann), hat Anspruch auf den Verheiratetentarif (vgl. Locher, Art. 36 N 15; KS der EStV Nr. 7 vom , in: ASA 68, S. 573). Der Verheiratetentarif ist also auch bei gemeinsamer elterlicher Sorge von nicht verheirateten oder geschiedenen Eltern nur einmal zu gewähren. Ergänzung vom Steht die elterliche Sorge beiden (nicht mehr zusammen lebenden) Elternteilen gemeinsam zu, nehmen beide Elternteile in gleichem Mass die tatsächliche Betreuung des Kindes auf sich und werden daher keine Unterhaltsbeiträge geleistet, bildet das höhere Einkommen das entscheindende Kriterium für die Gewährung des Kinderabzuges und für die Wahl des anzuwendenden Tarifes (vgl. Kreisschreiben Nr. 7 der EStV vom , in: ASA 68, S. 573). Im Bund wird der Verheiratetentarif auch dann gewährt, wenn zwei erwachsene Personen mit Kind(ern) im gleichen Haushalt wohnen. Allerdings hat nur diejenige Person Anspruch auf den Sondertarif, welche für den Unterhalt eines im gleichen Haushalt lebenden Kindes zur Hauptsache aufkommt und Anspruch auf den Kinderabzug hat doc 3
4 Änderung vom Mit Bezug auf mündige Kinder, die bei der Mutter leben und vom Vater Unterhaltsbeiträge erhalten, gilt beim Kanton Folgendes: Da der Vater den Kinderabzug geltend machen kann, und die Mutter den Unterhalt der Kinder nicht zur Hauptsache bestreitet (vgl. StG 10 II letzter Satz bzw. DBG 214 II), steht ihr der Verheiratetentarif nicht zu. Sowohl der Vater wie auch die Mutter werden nach dem Alleinstehendentarif veranlagt (so auch Bosshard/Bosshard/Lüdin, S. 228 ff.). Beim Bund dagegen wird der die Kinder beherbergende und unmittelbar betreuende Elternteil nach dem Verheiratetentarif besteuert (BGer vom , in: StE 2002 B 29.3 Nr. 18). 4. KONKUBINAT UND KONKUBINATSTARIF Änderung vom Änderung vom Der Kanton kennt den sogenannten Konkubinatstarif. Dieser ist anzuwenden, wenn Steuerpflichtige mit Kindern, deren Unterhalt sie zur Hauptsache bestreiten, im eigenen Haushalt zusammenleben und ihnen nicht der Verheiratetentarif gewährt wird (StG 10 III); letzterer wird Nichtverheirateten dann gewährt, wenn sie allein mit Kindern oder unterstützungsbedürftigen Personen, deren Unterhalt sie zur Hauptsache bestreiten, im eigenen Haushalt zusammenleben (StG 10 II). Der Konkubinatstarif findet somit immer dann Anwendung, wenn Steuerpflichtige mit gemeinsamen oder nicht gemeinsamen Kindern im eigenen Haushalt zusammenleben. Der Konkubinatstarif ist einzig jenem Steuerpflichtigen zu gewähren, dem der Kinderabzug zusteht (StG 38 d; vgl. Praxisfestlegung doc), d.h. der den Unterhalt der Kinder zur Hauptsache bestreitet (StG 10 III und ABzStG 11 I). Nur dieser erhält auch den Familienabzug (StG 38 I c; vgl. Praxisfestlegung doc). In einem Konkubinat mit gemeinsamen Kindern bestreitet gemäss VVzStG 1a vermutungsweise der Konkubinatspartner mit dem höheren Reineinkommen den Unterhalt der Kinder zur Hauptsache. Die steuerpflichtigen Konkubinatspartner können diese Vermutung umstossen. Sie haben aber keine eigentliche Wahlmöglichkeit (vgl. dazu Botschaft vom 11. Mai 1995, Heft Nr. 2/ , S. 168). Nach StHG 11 Abs. 1 Satz 2 muss die gleiche Ermässigung wie den Ehegatten auch den Unverheirateten gewährt werden, die mit Kindern, für deren Unterhalt sie zur Hauptsache sorgen, zusammenleben. Das Bundesgericht hat entschieden, dass unter der gleichen Ermässigung nur die exakt gleiche und nicht eine gleichartige oder ähnliche (tarifliche) Entlastung zu verstehen sei. Dies gelte nicht nur für die Alleinerziehenden, sondern auch für Konkubinatspaare (BGU 2A.750/2004). Gestützt auf dieses Bundesgerichtsurteil wird bis zur Änderung von StHG 11 Abs. 1 Satz 2 der Konkubinatstarif im Sinne von StG 10 Abs. 3 nicht mehr angewendet. Neu erhält der Konkubinatspartner mit dem höheren Reineinkommen den Verheiratetentarif im Sinne von StG 10 Abs. 2, der andere Konkubinatspartner den Alleinstehendentarif (vgl. die separate Praxisfestlegung doc). Der Bund kennt keinen Konkubinatstarif (Zur Besteuerung im Konkubinat vgl. v.a. auch Praxisfestlegung zu doc). Besorgt ein Konkubinatspartner ausschliesslich den Haushalt, wird kein Naturallohn aus unselbständiger Erwerbstätigkeit mehr besteuert; das Bundesgericht hat seine Rechtsprechung betr. AHV-Beiträgen ebenfalls geändert (vgl. BGE 125 V 205 ff) doc 4
5 Bei Konkubinatspaaren, die eine Liegenschaft als Miteigentümer besitzen, sind der Eigenmietwert sowie die Mietwertreduktion entsprechend der jeweiligen Quote zu erfassen. Dasselbe gilt auch hinsichtlich der Unterhaltskostenpauschale. Die effektiven Unterhaltskosten sowie die Schuldzinsen kann dagegen jener Konkubinatspartner in Abzug bringen, der die entsprechenden Kosten auch tatsächlich bezahlt. 5. STICHTAG Massgebender Stichtag für die Gewährung des Verheiratetentarifs bzw. des Konkubinatstarifs ist das Ende der Steuerperiode bzw. der Steuerpflicht (StG 10 IV und VVzStG 19; gilt auch für den Bund). Gleich geregelt ist in VVzStG 19 bzw. DBG 213 II auch die Berechtigung für die Sozialabzüge (v.a. Kinderabzug und Familienabzug). Die beiden Konkubinatspartner sind gleichzeitig zu veranlagen, falls die Sach- und Rechtslage klar ist. Bestehen Zweifel tatsächlicher oder rechtlicher Natur (z.b. wer den Unterhalt der Kinder zur Hauptsache bestreitet), so ist jener Konkubinatspartner zuerst rechtskräftig zu veranlagen, der steuerlich schlechter behandelt wird (z.b. keinen Familien- und Kinderabzug erhält oder mit dem Alleinstehendentarif statt dem Konkubinatstarif besteuert wird). 6. IM TARIF ENTHALTENE ABZÜGE Verwitweten, getrennt lebenden, geschiedenen und ledigen Steuerpflichtigen ohne Unterstützungspflichten wird für die Satzbestimmung ein Abzug von 3% des steuerbaren Einkommens, indexiert max. Fr. 2'800. gewährt (StG 39 II). Die Umschreibung "... ohne Unterstützungspflicht..." bedeutet das Fehlen einer Unterstützungspflicht, die zum Verheiratetentarif oder zum Konkubinatstarif führt. Unter StG 39 II fällt deshalb auch der unterstützungspflichtige, alleinstehende Elternteil (z.b. der sog. Zahlvater). Beträgt das satzbestimmende Einkommen für Alleinstehende weniger als Fr. 10'000.- und für Verheiratete weniger als Fr. 12'000.-, wird die Einkommenssteuer nicht erhoben. Die Geldwertveränderung hat keine Auswirkungen auf die Höhe dieser Beträge (StG 39 III). 7. LITERATUR Bosshard Erich/Bosshard Hans-Rudolf/Lüdin Werner, Sozialabzüge und Steuertarife im schweizerischen Steuerrecht, Zürich 2000 Hauser Gerhard, Zu den steuerlichen Folgen des neuen Scheidungsrechts, insbesondere zur gemeinsamen elterlichen Sorge, in: ASA 68, S. 353 ff. Locher Peter, Kommentar zum DBG, Bundesgesetz über die direkte Bundessteuer, I. Teil, 1.A., Basel 2001 Zigerlig Rainer/Jud Guido, in: Martin Zweifel/Peter Athanas, Kommentar zum Schweizerischen Steuerrecht, I/2a, DBG, Art. 33, Basel/Genf/München doc 5
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