Die neue HOAI Strukturwandel. Hierzu gibt 3 Abs. 1 HOAI das Programm vor:
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- Viktoria Holzmann
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1 Die neue HOAI 2009 Die seit langem diskutierte Neuordnung der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure ist jetzt Realität geworden. Die Verordnung der Bundesregierung hat den Bundesrat passiert. Ziel war, den europarechtlichen Anforderungen der Dienstleistungsrichtlinie zu genügen und die Honorarordnung zu deregulieren. Ob dies gelungen ist, wird von den beteiligten Fachkreisen sehr unterschiedlich beantwortet. Das Gesetz wirft mit den vielen Änderungen an vielen Stellen neue Fragen auf, welche von der Rechtsprechung beantwortet werden müssen. Hält man sich vor Augen, dass diese neue HOAI wiederum nur Durchgangsstadium zu einer völligen Deregulierung sein soll, dann werden die Anwender kaum Gelegenheit haben, sich mit der Neuregelung dauerhaft auf eine verlässliche Grundlage stützen zu können. Folgende vorläufigen Hinweise können zur neuen HOAI gegeben werden: 1. Strukturwandel Hierzu gibt 3 Abs. 1 HOAI das Programm vor: Es gibt einen verbindlichen Teil und einen unverbindlichen Teil. Im verbindlichen Teil sind in Teil 1 die allgemeinen Regelungen enthalten, welche sozusagen jetzt vor die Klammer gezogen worden sind und für alle Leistungsbilder gelten. Die Teile 2-4 enthalten in Teil 2 das Leistungsbild der Flächenplanung, Teil 3 Objektplanung und Teil 4 Fachplanung. Teil 5 enthält Überleitungs- und Schlussvorschriften. Die einzelnen Teile sind wiederum unterteilt in Abschnitte, wobei systematisch zunächst im ersten Paragraphen des Abschnittes der Anwendungsbereich definiert wird, im zweiten oder folgenden Abschnitt das Leistungsbild, im folgenden Paragraphen die Honorare der jeweiligen Honorartafeln. Die Anlangen 1-14 enthalten ergänzende Festsetzungen und Empfehlungen. Danach gilt heute: Alles was nicht in den Teilen 2-4 geregelt ist, kann frei vereinbart werden. Das gilt insbesondere für Beratungsleistungen, welche ja auch im Rahmen der Rechtsanwaltsvergütung des RVG "dereguliert" wurden. Die Anlage 1 beschreibt die Beratungsleistungen, allerdings nicht abschließend. Was in Teilen 2-4 und der Anlage 1
2 nicht zu finden ist, kann frei abgerechnet werden. Das gilt insbesondere für die besonderen Leistungen. Die Tabellenwerte sind dabei unverbindlicher Orientierungsrahmen. Durch den Wegfall verbindlicher Stundensätze sollte mehr Vertragsfreiheit und wirtschaftlich vernünftiges und marktgerechtes Kalkulieren der Büros ermöglicht werden. Bezüglich des verbindlichen Teils werden sich die Rechtsanwender durch die neue Systematik an durchgehend neue Paragraphenzahlen gewöhnen müssen. Die 1-16 HOAI enthalten die allgemeinen Vorschriften. Teilweise sind alte Formulierungen beibehalten worden, teilweise wurden sie geändert, teilweise wurden sie um neue Regelungen ergänzt. Bei der alten HOAI lag das Schwergewicht beim Teil 2 Leistungen bei Gebäuden, Freianlagen und raumbildenden Ausbauten ( 10 ff. HO- AI a.f.). Die Verweisungstechnik entfällt. Der allgemeine Teil ist nun ein auf alle Leistungsbilder anwendbarer Vorspann. 2. Dienstleistungsrichtlinie Um der Dienstleistungsrichtlinie genüge zu tun, wurde die Anwendbarkeit der HOAI in 1 auf Architekten beschränkt, die ihren Sitz im Inland haben. Das führt natürlich umgekehrt zu einer Inländerdiskriminierung, wenn bei grenzüberschreitenden Ausschreibungen die Architekten, die ihren Sitz im Ausland haben, billiger anbieten können und damit nicht den Zuschlag bekommen. In der Gesetzesbegründung weist der Gesetzgeber mehrfach darauf hin, dass die Regelungen auch dem Verbraucherschutz dienen. Damit soll im Grunde genommen eine Legitimation dafür gegeben werden, dass es nach wie vor eine Regulierung der Preise im Bereich der Planungsleistungen gibt. So konnte sich der Gesetzgeber auch nicht verkneifen, unter 2 HOAI, in dem Begriffsbestimmungen enthalten sind, in Ziffer 12 die fachlich allgemein anerkannten Regeln der Technik als schriftlich fixierte technische Festlegung für Verfahren, die nach herrschender Auffassung der beteiligten Fachleute, Verbraucher und der öffentlichen Hand geeignet sind, die Ermittlungen der anrechenbaren Kosten nach dieser Verordnung zu ermöglichen und die sich
3 in der Praxis allgemein bewährt haben oder deren Bewährung nach herrschender Auffassungen in überschaubarer Zeit bevorsteht, zu definieren. Wie allerdings eine herrschende Auffassung der Verbraucher bezüglich technischer Verfahren bestehen soll, kann der Gesetzgeber vermutlich nicht erklären. Die ganze Vorschrift ist verunglückt und kann nicht als Legaldefinition für allgemein anerkannte Regeln der Technik angesehen werden. Widersprüchlich ist auch, dass sie einerseits schriftlich fixiert sein müssen und dass es auf der anderen Seite ausreichen soll, dass ihre Bewährung nach herrschender Auffassungen in überschaubarer Zeit bevorsteht. Hierunter könnten allenfalls die so genannten Vornormen verstanden werden. Was die Gesetzesformulierung anbetrifft, hat "gender mainstream" es nicht leichter gemacht, die Vorschriften zu lesen, in denen von Architektinnen/Architekten und Ingenieurinnen/Ingenieuren die Rede ist. 3. Deregulierung Mit Mindest- und Höchstpreisen versehen werden nur noch die in Teil 2-4 beschriebenen Leistungen. Aus dem verbindlichen Teil der HOAI in den unverbindlichen Teil verschoben werden die Beratungsleistungen z.b. für Umweltverträglichkeit, thermische Bauphysik, Schallschutz und Raumakkustik, Bodenmechanik usw, die besonderen Leistungen sowie die Objektlisten für Honorarzonen und die Leistungsbilder für die einzelnen Leistungsbereiche der Teile 2-4. Neu ist, dass die HOAI bestimmt, dass die Wirtschaftlichkeit der Leistungen stets zu beachten sei. Das könnte wiederum dazu führen, dass, wenn nicht keine entsprechende Dokumentation insofern erfolgt, Haftungsansprüche wegen Pflichtverletzung an die Planer herangetragen werden können. Des Weiteren wird in 3 Abs. 6 HOAI verordnet, dass das Ergebnis jeder Leistungsphase mit dem Auftraggeber zu erörtern ist. So ist dem Leistungsbild für gebäude- und raumbildende Ausbauten in den Leistungsphasen 1-3 vorgesehen das Zusammenfassen aller Entwurfsunterlagen. Kommt die Verpflichtung hinzu, diese Zusammenfassung mit dem Auftraggeber zu erörtern, und geschieht dies nicht, kann das Mangelansprüche begründen. Andererseits eröffnet es dem Planer natürlich die Chance, nach jeder Leistungsphase sich
4 vom Auftraggeber in einem persönlichen Gespräch die Teilabnahme dieses Leistungsbereichs bescheinigen zu lassen mit der Folge, dass eine getrennte Verjährungsfrist läuft und dass ggf. Zusatzwünsche des Auftraggebers zu einer zusätzlichen Honorierung führen. Ganz abgesehen davon könnte eine solche Vorgehensweise vom Bauherren durchaus akzeptiert werden, wenn ihm damit das Gefühl vermittelt wird, besonders gut aufgehoben zu sein, weil sich der Auftragnehmer intensiv um ihn kümmert. Tragwerksplaner, die mit dem Auftraggeber in der Regel unmittelbar nur ganz wenig zu tun haben, werden mit einem solchen Vorgehen natürlich Schwierigkeiten bekommen. Die vom Tragwerksplaner zusammengestellten Ergebnisse der Planungsphasen wird er in erster Linie mit dem Objektplaner besprechen. In 2 HOAI werden des Weiteren neue Begriffsdefinitionen eingeführt für Gebäude, anerkannte Regeln der Technik, Kostenschätzung, Kostenberechnung und Honorarzone. Diese zusätzlichen Definitionen werden aber nicht wesentlich weiterhelfen. 4. Honorarermittlung Erklärtes Ziel der neuen HOAI ist es, das Honorar von den tatsächlichen Baukosten abzukoppeln. Um dieses Ziel zu erreichen, bestimmt 6 Abs. 1 HOAI, dass sich die anrechenbaren Kosten und damit das Honorar des Architekten und Ingenieurs für Leistungen nach Teil 3 und 4 nur noch nach einer Kostenermittlung richtet, nämlich nach der Kostenberechnung. Die Ermittlung der anrechenbaren Kosten soll sich gemäß 4 Abs. 1 HOAI entweder nach den fachlich allgemein anerkannten Regeln der Technik im Sinne des 2 Nr. 12 HOAI richten oder aber insbesondere, wenn dies im Gesetz vorgesehen ist, nach der DIN 276 in der Fassung 2008 oder auf der Grundlage ortsüblicher Preise oder nach Verwaltungsvorschriften. In den Fällen der 33 Gebäude, 49 Tragwerksplanung und 53 technische Ausrüstungen besteht jedoch insoweit keine Auswahlmöglichkeit. Anzuwenden ist ausschließlich die DIN 276 in der Fassung Dezember 2008.
5 Neu ist, dass beim Bauen im Bestand bei den anrechenbaren Kosten die mitverarbeitete Bausubstanz, nicht wie früher in 10 Abs. 3a HOAI a.f. vorgesehen, berücksichtigt wird. Diese Vorschrift ist ersatzlos gestrichen worden. Als Kompensation soll angeblich gelten, dass eine Vereinbarung über einen bis zu 80 %igen Zuschlag gemäß 35 Nr. 1 HOAI bei Leistungen im Bestand vereinbart werden kann. Die ansonsten an insgesamt elf im besonderen Teil verstreuten allgemeinen Vorschriften zur Regelung der Honorarzonen ist nun im allgemeinen Teil in 5 HOAI gebündelt worden. Allerdings werden die Objektlisten in die Anlage verschoben. Das bedeutet, dass bei der Ermittlung des zutreffenden Honorars die Vorschriften an drei verschiedenen Stellen gesucht und zueinander in Bezug gesetzt werden müssen. Die Regelungen über die Vergütung besonderer Leistungen sind ersatzlos gestrichen worden. Diese können jetzt frei vereinbart werden. Werden sie in Auftrag gegeben, ohne dass eine Preisvereinbarung erfolgt, regelt sich dies nach 632 BGB. Es ist dann die übliche Vergütung geschuldet. Allerdings wird sich hier mancher Auftragnehmer wieder vom Auftraggeber bedrängt fühlen durch die Behauptung, dass die Leistung unentgeltlich habe erfolgen sollen. Eine Besonderheit ist auch in 11 Abs. 1 HOAI geregelt, wonach dann, wenn ein Auftrag mehrere Objekte (beispielsweise Gebäude- und Außenanlagen) erfasst, diese nicht für jedes Objekt getrennt zu berechnen sind, soweit die Objekte in zeitlichem und örtlichem Zusammenhang als Teil einer Gesamtmaßnahme geplant, betrieben und genutzt werden. Das bedeutet eine einschneidende Honorarkürzung gegenüber der bisherigen Regelung in 22 HOAI a.f. Nach der neuen Regelung kommt die Degression der Tabellenwerte voll zum Tragen. 5. Größerer Spielraum für Honorarvereinbarungen Honorarvereinbarungen sind ohne besondere Einschränkungen möglich bei Beratungsleistungen, besonderen Leistungen, und bei Leistungen, deren Verrechnungseinheiten außerhalb der Tafelwerte liegen.
6 6 Abs. 2 HOAI eröffnet die Möglichkeit einer Baukostenvereinbarung. Auf diesem Weg können die Parteien auf diesem Weg frühzeitig das Honorar festlegen, was allerdings nachprüfbar geschehen muss. Es empfiehlt sich hier im Vorfeld einer Planung eine so genannte Bedarfsplanung nach DIN durchzuführen. Eine derartige Vereinbarung ist natürlich mit einem erheblichen Risiko für den Architekten verbunden, weil darin leicht eine Baukostenobergrenzenvereinbarung gesehen werden kann. Zumindest wird jeder Auftraggeber sich im Zweifelsfall bei Baukostenüberschreitungen hierauf stützen und dem Architekten Schwierigkeiten machen. Nach 7 Abs. 5 HOAI kann die vertragliche Honorarabsprache auch im weiteren Verlauf des Projektes durch Vereinbarung eines Nachtrages angepasst werden, wenn der geschuldete Leistungsumfang mit der Folge so modifiziert wird, dass sich die bei Vertragsabschluss angenommenen Baukosten verändern. Voraussetzung ist, dass dies auf Veranlassung des Auftraggebers erfolgt. Nach dem Gesetzeswortlaut ist hier sogar zwingend eine Anpassung erforderlich. Das Gebot, Honorarvereinbarungen bei Auftragserteilung abzuschließen, gilt jedoch nach wie vor. Weitere Vereinbarungen sind möglich, um Leistungsanreize zu schaffen. Nach 7 Abs. 7 Satz 1 HOAI können die Parteien vereinbaren, dass eine Unterschreitung der nach 6 Abs. 2 HOAI vereinbarten anrechenbaren Kosten mit einem Bonus von maximal 20 % des Honorars belohnt wird. Andererseits können nach 7 Abs. 7 Satz 2 HOAI die Parteien regeln, dass es bei einer Überschreitung der vereinbarten anrechenbaren Kosten der Architekt mit einem Malus von maximal 5 % des Honorars bestraft wird. In diesem Zusammenhang könnte es in einer Individualvereinbarung durchaus sinnvoll sein, diese Regelung zwar aufzunehmen, weil eine Honorarminderung von 5 % im Grunde genommen hinnehmbar erscheint, gleichzeitig aber zu vereinbaren, dass darüber hinausgehende Schadensersatzansprüche ausgeschlossen sind. Eine solche Regelung wäre in allgemeinen Geschäftsbedingungen problematisch und würde gegen das AGB-Gesetz verstoßen.
7 Weiteren Aufschluss ergibt die Verordnungsbegründung der Bundesregierung in der entsprechenden Bundesratsvorlage.
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