Neues Tarifrecht für den Öffentlichen Dienst

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1 Öffentliche Verwaltung / Non-Profit Bereich Recht Sabrina Schönrock Neues Tarifrecht für den Öffentlichen Dienst Ein Praxisleitfaden Verlag Dashöfer

2 Sabrina Schönrock Neues Tarifrecht für den Öffentlichen Dienst Ein Praxisleitfaden 2008 Dashöfer Holding Ltd., Zypern & Verlag Dashöfer GmbH, Hamburg. Alle Rechte, insbesondere Titelrecht, Lizenzrecht und gewerbliche Schutzrechte sind im alleinigen Eigentum der Dashöfer Holding Ltd. Zypern. Alle Rechte sind vorbehalten, insbesondere das Recht auf Vervielfältigung und Verbreitung sowie Übersetzung. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Druck, Fotokopie, elektronische oder andere Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert werden. Die in diesem Werk enthaltenen Informationen wurden nach bestem Wissen zum Zeitpunkt der Veröffentlichung erarbeitet, erfolgen aber wegen der einheitlichen Ergebnisse in Forschung, Rechtsprechung und Verwaltung ohne Gewähr. Der Verlag haftet insbesondere nicht für den Inhalt der vorgestellten Internet-Seiten. Die Verantwortung für Inhalt und Funktion der Links liegt bei den jeweiligen Betreibern.

3 Inhalt 1 Einleitung Warum wurde der bewährte BAT abgelöst? Was sind die wesentlichen Veränderungen? Arbeitsvertrag, Nebenabreden, Probezeit Arbeitsvertrag und Nebenabreden Probezeit Allgemeine Arbeitsbedingungen ( 3) Verschwiegenheitspflicht Annahme von Vergünstigungen Nebentätigkeitsrecht Ärztliche Untersuchung Personalakteneinsicht Schadenshaftung Instrumente des Personaleinsatzes ( 4) Versetzung Abordnung Zuweisung Personalgestellung Qualifizierung ( 5) Arbeitszeit ( 6) Regelmäßige Arbeitszeit Arbeitszeitmodelle Sonderformen der Arbeit Wechselschichtarbeit Bereitschaftsdienst Rufbereitschaft Mehrarbeit Überstunden Bereitschaftszeiten Arbeitszeitkonto/ Langzeitkonto Eingruppierung Scheitert das zentrale Reformvorhaben? Einigung in Eckpunkten Kompliziertes Übergangsrecht...29

4 8 Entgelt Entgelttabellen Bund und VKA Bund VKA Länder Stufenlaufzeit Leistungsentgelt Leistungsfeststellung Leistungsentgelt Dienstvereinbarungen Strukturausgleich Jahressonderzahlung Ausblick...62

5 1 Einleitung Seit dem 1. Oktober 2005 gilt beim Bund und in den Kommunen der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD); seit dem 1. November 2006 gilt in den Ländern (mit Ausnahme von Berlin und Hessen) der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L). Beide Tarifverträge haben im Zeitpunkt ihres Inkrafttretens den Bundesangestelltentarifvertrag (BAT), den Manteltarifvertrag für Arbeiter (MTArb), sowie ca. 100 ergänzende Tarifverträge abgelöst. Diese Fachbroschüre gibt eine Gesamtübersicht über das neue Tarifrecht des öffentlichen Dienstes nach dem Inkrafttreten von TVöD und TV-L sowie den entsprechenden Überleitungs-TV. In acht Kapiteln werden die wesentlichen Änderungen dargestellt und erläutert, wobei die Protokollnotizen und ergangenen Durchführungshinweise der öffentlichen Arbeitgeber - soweit sie vorlagen - berücksichtigt wurden. Dadurch sollen die fachkundigen und fachinteressierten Leserinnen und Leser vertiefte Informationen über Inhalt und Realisierung der Reform des öffentlichen Dienstrechts erhalten. 1.1 Warum wurde der bewährte BAT abgelöst? Nach fast einem halben Jahrhundert hatte der BAT ausgedient, weil er mit seinem starren und komplexen Regelwerk den gewandelten und gestiegenen Anforderungen der Gesellschaft an den öffentlichen Dienst nicht nachkommen konnte. Die zunehmende Differenzierung der öffentlichen Dienstleistungen (Spartentarifverträge), deren Wettbewerb mit kostengünstigen privaten Anbietern, die Ausgliederung solcher Dienstleistungen aus Haushaltsgründen ("Privatisierungen") und eine Verstärkung föderaler Tendenzen auf Länderebene (vgl. Beamtenrecht) erzwangen eine grundlegende und umfassende Modernisierung des Tarifrechts. Mit der so genannten Prozessvereinbarung vom 9. Januar 2003 haben die Tarifvertragsparteien das Verfahren und die Leitziele der Reform festgelegt: Stärkung der Effektivität und Effizienz des öffentlichen Dienstes, Aufgaben und Leistungsorientierung, Kunden- und Marktorientierung, Straffung, Vereinfachung und Transparenz, Copyright 2008 Dashöfer Holding Ltd., Zypern & Verlag Dashöfer GmbH, Hamburg 1

6 Praktikabilität und Attraktivität, Diskriminierungsverbot, Lösung vom Beamtenrecht, einheitliches Tarifrecht für Angestellte und Arbeiter und Arbeiterinnen. Die Modernisierungsverhandlungen in mehreren Projektgruppen dauerten ca. zwei Jahre; insbesondere waren die Komplexe Arbeitszeit, Entgelt, Eingruppierung, Unkündbarkeit im Tarifgebiet West oder die sachgrundlose Befristung von Arbeitsverhältnissen sehr umstritten. Angesichts der damaligen angespannten Haushaltslage der öffentlichen Arbeitgeber gab es auch nichts zu verteilen. Der erreichte Verhandlungsstand war der Tarifgemeinschaft der Länder zu teuer und die Regelungen zur Verlängerung der Arbeitszeit unzureichend, so dass sie aus den Verhandlungen zunächst ausscherte. Nach wochenlangen Streiks kam es schließlich zu einer Verständigung in den Hauptstreitpunkten Arbeitszeit und Sonderzahlungen, so dass der TV-L am 1. November 2006, 13 Monate nach dem TVöD, in Kraft treten konnte. TVöD und TV-L folgen denselben Grundsätzen und sind in den konkreten Inhalten in der Regel wortidentisch. Wo wesentliche Unterschiede auftreten, wird im Folgenden hingewiesen. Auch wenn der BAT formal außer Kraft getreten ist, gelten seine Regelungen und/oder die hierzu ergangene Auslegung, vornehmlich durch die Rechtsprechung, in einer Vielzahl von Fällen fort. Dies gilt insbesondere für das Eingruppierungsrecht als das Kernstück des neuen Tarifrechts. Denn hier haben sich die Tarifvertragsparteien bis heute nicht auf eine neue Entgeltordnung verständigen können. So regelt 17 TVÜ-Bund, TV-L Länder ausdrücklich die Fortgeltung der 22, 23 BAT/O einschließlich der Vergütungsordnung. Copyright 2008 Dashöfer Holding Ltd., Zypern & Verlag Dashöfer GmbH, Hamburg 2

7 1.2 Was sind die wesentlichen Veränderungen? In der nachfolgenden Übersicht sollen die wesentlichen Veränderungen im Vergleich zwischen TVöD und BAT zusammengefasst werden: TvöD einheitliches Tarifwerk für alle Beschäftigten Arbeitszeit: einheitlich 39 h/woche 15 Entgeltgruppen in einem Tarifvertrag (TVöD), mit Inkrafttreten des TVöD wechseln alle Beschäftigten in das neue System (vollständige Auflösung des BAT/BAT-O und MT Arb/MT Arb-O) Bezahlung nach Berufserfahrung und individueller Leistung (bis zu 6 Stufen), verbesserte Bezahlung zu Beginn des Berufslebens bis zu 8 Prozent der Gesamtentgeltsumme des jeweiligen Arbeitgebers als variable leistungsabhängige Vergütung (Start 2007 mit 1 Prozent) Aufstieg in höhere Entgeltgruppe nur noch funktionsabhängig (nicht nach Zeitablauf) Familienstand und Kinderzahl spielen für die Bezahlung keine Rolle mehr Schaffung einer neuen sozial gestaffelten Jahressonderzahlung mit gegenüber bisheriger Regelung abgesenktem Volumen deutliche Reduzierung der Eingruppierungsmerkmale durch schlanke und praktikable Regelung nach Probeläufen Einführung der Instrumente Führung auf Zeit (bis zu 12 Jahren) und auf Probe (bis zu 2 Jahren) BAT getrennte Tarifwerke für Angestellte (BAT/BAT-O) und Arbeiterinnen und Arbeiter (MT Arb/ MT Arb-O) Arbeitszeit: Tarifgebiet West 38,5 h/woche Tarifgebiet Ost: 40 h/ Woche 49 Lohn- und Vergütungsgruppen in verschiedenen Tarifverträgen Bezahlung nach Lebensalter (bis zu 15 Stufen) keine leistungsabhängigen variablen Bezahlungselemente Bewährungs- und Zeitaufstiege in höhere Lohn- und Vergütungsgruppen (nicht leistungsabhängig) familienbezogene Vergütung/Lohn Weihnachtsgeld (82,14 Prozent West/ 61,60 Prozent Ost, Urlaubsgeld 255,65 Euro bzw. 332,34 Euro) unüberschaubare Eingruppierungsvorschriften mit ca Eingruppierungsmerkmalen nur dauerhafte Übertragung von Führungsfunktionen möglich Copyright 2008 Dashöfer Holding Ltd., Zypern & Verlag Dashöfer GmbH, Hamburg 3

8 gesetzliche Entgeltfortzahlung 6 Wochen, danach lediglich Krankengeldzuschuss für bis zu 39 Wochen Altregelung für ca. 60 Prozent der Angestellte im Tarifgebiet West mit der Verpflichtung des Arbeitgebers zur vollen Entgeltfortzahlung für ein halbes Jahr Ob es mit diesen Veränderungen gelingt, die Leitziele der Reform auch im Interesse der Beschäftigten zu realisieren, muss die Zukunft zeigen. Für die Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen des öffentlichen Dienstes ist in jedem Fall von Vorteil, dass sie aufgrund des einheitlichen Tarifrechts nicht regional oder "föderal" gegeneinander ausgespielt werden können, wie es sich bis zum Inkrafttreten des TV-L bereits abzeichnete und bei Beamten Realität geworden ist. Copyright 2008 Dashöfer Holding Ltd., Zypern & Verlag Dashöfer GmbH, Hamburg 4