Spielen & Gestalten. Heimat Ein Weihnachtstheater. von Tobias Petzoldt

Transkript

1 Ev.-Luth. Landeskirche Sachsens Spielen & Gestalten Heimat Ein Weihnachtstheater von Tobias Petzoldt

2 Heimat Ein Weihnachtstheater von Tobias Petzoldt K 133 Impressum Weihnachtsspielangebot 2010 Tobias Petzoldt Heimat ein Weihnachtstheater K 133 Die Aufführungsrechte werden durch den Kauf von 12 Heften erworben. Bestellung der Aufführungsrechte bitte an: Ev.-Luth. Landesjugendpfarramt Sachsens Geschwister-Scholl-Haus Kirchweg 2a Hormersdorf Tel.: ( ) Fax: ( ) geschwisterschollhaus@hotmail.com (Bitte alle Kontaktdaten mit angeben!) Herausgegeben als Arbeitsmaterial für die Weihnachtszeit vom Ev.-Luth. Landesjugendpfarramt Sachsens Theaterpädagogik - Spielen & Gestalten Redaktion: Boris Michael Gruhl Weitere Spieltexte nicht nur für die Weihnachtszeit sind online auf der Homepage des Landesjugendpfarramts unter Spieltexte recherchierbar und zur Ansicht zu bestellen. Der Katalog aller bisher bei Spielen & Gestalten erschienenen Weihnachtstexte ist unter Bestellcenter Weihnachtstexte einzusehen und downzuloaden.

3 Personen Sprecher Prologsprecher Der Heimfahrer Ein Pendler Der Vater Die Mutter Ein Verkäufer, eine Verkäuferin Ein Mädchen Ein Kind Die junge Frau Maria Hinweis: Bei wenigen Mitspielern können manche Rollen gern zusammen gefasst oder doppelt besetzt werden. Bei vielen Mitspielern lässt sich die Zahl der Akteure auch erweitern. Die Texte des Sprechers zitieren Passagen aus den Evangelien des Lukas ( Lk 2) und des Matthäus ( Mt 1-2 ) Szene 1 - Prolog Es begab sich aber zu der Zeit, dass ein Gebot ausging, dass alle Welt geschätzt würde. Und jedermann ging, dass er sich schätzen ließe, ein jeder in seine Stadt. PROLOG Und so geht jeder einmal im Jahr dorthin zurück wo er herkommt, um geschätzt und eingeschätzt zu werden und um hoch oder gering zu schätzen die anderen. Und jeder schaut, was geworden ist aus dieser und jenem, schätzt man ein die Entwicklungen, wie geschätzt ist man selbst und wie schätzt man seine Heimat. 3

4 Szene 2 - Unterwegs Heimfahrer und Pendler sind unterwegs zu dem Ort, in dem sie das Weihnachtsfest verbringen werden. Und jedermann geht, ein jeder in seine Stadt. Endlich Weihnachten. Endlich heim. Endlich mal wieder alle treffen, quatschen und sehen, wie s allen so geht. Das schönste am Weihnachtstag ist die Zeit zwischen sechs und neun: Das gute Essen, die Kerzen, der Duft und der Baum. Hoffentlich haben sie die Eisenbahn wieder aufgebaut. Bin schon ganz gespannt auf meinen neuen Neffen und wie es jetzt wird am Weihnachtsabend, wo doch die Oma nicht mehr ist. Endlich Weihnachten. Endlich nach Hause. Ich mag Weihnachten gar nicht heimgehen. Da ist so viel von früher. Die Bäume, die Häuser, die Leute. Alle sind da, alles ist wie immer und wie es eben sein soll. Doch ich passe da nicht mehr hin. Mein Leben ist anders geworden. Andere Städte, andere Sprachen, andere Leute. Und dann wird einmal im Jahr der Film zurück gespult. Dann sitzen alle unterm Baum als wäre nichts gewesen. Und immer und immer Fotos machen und lächeln und löschen. Ich will da nicht hin. Ich will nicht heim. Aber wo soll man denn Weihnachten sonst hin? Findest du Weihnachten wirklich so schlimm? Was? Ja, wahrscheinlich noch schlimmer. Was gefällt dir denn nicht daran? Alles. Vor allem, das Heimkommen. Ja? Aber das ist doch gerade das Schöne. Alle sind da, alle haben Zeit, alle geben sich ein bisschen Mühe füreinander. Deshalb sagen doch auch die Leute: Das Fest des Friedens. Ein fauler Frieden, ein großes Fressen. Die Leute tun Dinge, die sie sonst nie tun singen, gehen hin, wohin sie sonst nie gehen in die Kirche und essen Sachen, die kein Mensch sonst isst. Aber der Glanz in den Kinderaugen! Bei uns ist in diesem Jahr zum ersten Mal mein neuer Neffe mit dabei und wenn der lacht, dann 4

5 PENLDER Wenn etwas glänzt, dann sind es die rührseligen Augen, wenn die Leute in der stillen Nacht seine Geburt macht Stille Nacht nach besingen. Aber findest du s nicht schön, deine Familie wieder zu sehen? Meine Familie, na ja, was eben davon noch übrig ist. Es hat ja seinen Grund, warum man sich das ganze Jahr aus dem Weg geht. Und deine Freunde? Nach Weihnachten haben wir immer Klassentreffen. Dann erzählt jeder, was denn aus ihm oder ihr Tolles geworden ist. Lauter glückliche junge Menschen mit einer Zukunft, zwei Instrumenten und drei Fremdsprachen, mit Doppelkinn und Doppelhaushälfte. Ich mag gar nicht dran denken und ich mag auch nicht hingehen. Nein, Weihnachten ist nicht für mich gemacht. Oder ich bin nicht für Weihnachten gemacht, kann auch sein. Szene 3 - In der Küche Eine Mutter und eine werdende Mutter (Maria) begegnen sich. Und Maria war schwanger. Und sie machte sich auf in diesen Tagen und ging in das Haus ihrer Freundin und besuchte sie. Auf einmal ist schon wieder Weihnachten! Wie schnell doch die Zeit vergeht. So viel ist noch zu tun. Figuren aufstellen, Wohnung putzen und ich habe auch noch gar nicht alle Geschenke. Und das Essen, ich muss noch einkaufen und backen und kochen. Hoffentlich schmeckt es allen. Hoffentlich schaffe ich es noch in die Kirche. Und hoffentlich gibt es keinen Streit. Wenigstens zu Weihnachten kann man sich ja mal vertragen. Weil wir gerade dabei sind: Kommt denn dein Mann Weihnachten heim? Mein Ex-Mann bitte! Und sein Heim ist das hier auch nicht mehr. Getrennt von Tisch und Bett, wir haben jetzt alles zusammen, die Scheidung läuft. Noch trage ich seinen Namen, der meiner nicht ist. Und bald ist auch das vorbei. 5

6 Schade um den Kleinen. Der kommt klar. Bleibt ihm ja auch nichts anderes übrig. Und bei dir? Schon komisch, so ein Kind unterm Herzen zu tragen. Alles verändert sich, man sieht die Welt mit ganz anderen Augen. Ein neues Leben. So viel Verantwortung. Hoffentlich mache ich alles richtig. Hier, so sieht es aus. zeigt ein Ultraschallbild Ach, das Kind. Erst hast du's im Bauch und dann auf dem Hals. Ein Ultraschallbild vom Leben davor, ein Testament für das Leben danach und dazwischen nur Arbeit und Ärger. Du bist aber heute schlecht drauf. Entschuldige, ist vielleicht der Weihnachtsstress. Und die Trennung und so. War ja auch bei mir alles mal anders gedacht. Übrigens, ja, er kommt. Der Friedefürst? Der sicher auch. Und mein Ex-Mann. Aber nur am Weihnachtsabend! 6

7 Szene 4 Shop, unterwegs Vater unterwegs. Vielleicht ein Bahnhofsshop, eine Tankstelle, eine Autobahnraststätte. Und jedermann geht, ein jeder in seine Stadt. VERKÄUFERIN Fröhliche Weihnachten! Einen Kaffee bitte. Und fröhlich ist mir grad gar nicht zumute. VERKÄUFERIN Wir müssen die Kunden hier so begrüßen. Ist verkaufsfördernd, sagt der Chef. Milch und Zucker? Nein. Schwarz. Und stark muss er sein. VERKÄUFERIN Noch viel vor zu Weihnachten, was? Darf's noch etwas sein? Ich brauche noch ein Geschenk. VERKÄUFERIN Da sind Sie aber spät dran. Ja. Keine Zeit. Immer unterwegs. Man steht in aller Herrgottsfrühe auf und wenn man abends endlich in der Bude ist, haben die Läden längst zu. VERKÄUFERIN Verstehe. Für wen soll s denn sein? Fürs Kind. Ist ein Junge. VERKÄUFERIN Und für die Mama auch? Für seine Mutter brauche ich nichts. VERKÄUFERIN Gar nichts? Die hat schon genug gekriegt. Mein Herz und jeden Monat Alimente. Eigentlich fahre ich Weihnachten nur des Kindes wegen heim. VERKÄUFERIN Bei mir ist dieses Weihnachten auch alles andere als fröhlich. Hab' mich extra zum Arbeiten gemeldet, da weiß man wenigstens wohin mit sich. Verstehe. VERKÄUFERIN Die schlimmste Zeit ist zwischen sechs und neun, wenn alle in ihren gemütlichen 20 Quadratmetern Weihnachtsfreude sitzen. Da mag man nicht allein zuhause sein. Und was erwartet Sie am Weihnachtsabend? Ich erwarte nichts von Weihnachten. Ich hab schon alles. Und was ich nicht habe, kann man nicht kaufen. 7