Thema 3 Folgen, Grenzwerte
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- Kurt Engel
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1 Thema 3 Folgen, Grenzwerte Definition Eine Folge von reellen Zahlen ist eine Abbildung von N in R d.h. jedem n N ist eine Zahl a n zugeordnet. Wir schreiben für eine solche Folge. Beispiele. (a n ) n N oder (a, a, a 3,...) die konstante Folge (a, a,...) d.h. a n = a für jedes n; a n = n für jedes n ((,, 3,...)); rekursiv definierte Folgen: Das berühmteste Beispiel ist die Fibonacci-Reihe Das ist jene Folge (a n ), die durch (,,, 3, 5, 8, 3,,...). ) a = a = ) a n = a n + a n (n > ) definiert wird. Folgen entstehen oft als suksessive Versuche, eine gegebene Zahl exakt auszurechnen. Der Erfolg eines solchen Versuches ist in der folgenden Definition charakterisiert: Definition Eine Folge (a n ) reeller Zahlen konvergiert gegen a (in Zeichen: lim n a n = a oder a n a), falls gilt: zu jedem ǫ > 0 existiert N = N(ǫ), so daß a n a < ǫ, falls n N. Beispiele. Die konstante Folge (a, a,...) konvergiert gegen a. Die Folge ( ) konvergiert gegen 0. n Die Folge ( ) n konvergiert nicht. Wir sammeln einige triviale Eigenschaften von Limiten in einem Satz 3 Der Limes ist eindeutig d.h. a n a und a n b impliziert a = b; Der Limes ist additiv d.h. a n a und b n b impliziert a n + b n a + b; Der Limes ist multiplikativ d.h. a n a und b n b impliziert a n.b n a.b. Falls eine Folge (a n ) von nicht-verschwindenden reellen Zahlen gegen a 0 konvergiert, dann gilt lim a n = a. Es ist eine Konsequenz der Ordnungsvollständigkeit der reellen Zahlen, daß Folgen, die konvergieren sollen, dies auch tun. Definition 4 Ein Folge (a n ) heißt Cauchy-Folge, falls gilt: Zu jedem ǫ > 0 existiert ein N N, so daß a n a m < ǫ für alle n, m N. Es ist leicht zu sehen, daß jede konvergente Folge eine Cauchy-Folge ist.
2 Beweis. Sei lim a n = a. Wähle N N, so daß a n a < ǫ, falls n N. Dann gilt, für m, n N, a m a n = (a m a) (a n a) a m a + a n a ǫ. Beispiel. Betrachte einen unendlichen Dezimalbruch N, a a... = N + a 0 + a (0 a i 9). Dann bilden die Approximanten eine Cauchy-Folge. A n := N + n k= a k 0 k, Der entscheidende Grund, warum man Analysis in R und nicht in Q betreibt, liegt in der sogenannten Vollständigkeit von R: Satz 5 In R konvergiert jede Cauchy-Folge. Dieser Satz wird später bewiesen. An dieser Stelle erweitern wir den Konvergenzbegriff, um Konvergenz gegen behandeln zu können. Definition 6 Eine Folge (a n ) konvergiert gegen (in Zeichen: a n oder lim n a n = ), wenn zu jedem K > 0 existiert N N, so daß a n K falls n N. a n wird ähnlich definiert. Beispiele. Für die Folge (x n ) gilt: Falls x <, dann konvergiert die Folge gegen 0. Falls x =, dann konvergiert die Folge gegen. Falls x = konvergiert die Folge nicht. Falls x >, dann konvergiert die Folge gegen. Falls x <, dann konvergiert die Folge nicht. Was Konvergenz betrifft, ist das Verhalten von monotonen Folgen besonders einfach: Definition 7 Eine Folge (a n ) ist monoton wachsend, falls a n a n+ für jedes n N; streng monoton wachsend, falls a n < a n+ für jedes n N; monoton fallend, falls a n a n+ für jedes n N; streng monoton fallend, falls a n > a n+ für jedes n N. Definition 8 Eine Folge (a n ) heißt beschränkt, falls K > 0 existiert, so daß für n N gilt: a n < K; nach oben beschränkt, falls K > 0 existiert, so daß für n N gilt: a n < K; Satz 9 Sei (a n ) eine monoton wachsende Folge. Falls (a n ) nach oben beschränkt ist, dann konvergiert die Folge gegen sup{a n }. Wenn (a n ) nicht beschränkt ist, dann konvergiert die Folge gegen.
3 Beweis. Wir zeigen: Ist (a n ) monoton wachsend und nach oben beschränkt, dann gilt: a n a = sup{a n }. Denn sei ǫ > 0. Es existiert N N mit a N > a ǫ. Dann gilt aber, für n N, a ǫ A N a n a < a + ǫ d.h. a n a < ǫ. Beispiele. I. b-adische Entwicklungen: Sei b eine natürliche Zahl. Eine b-adischer Bruch ist ein Limes der Gestalt lim A n, wobei A n = N + n a k b k Dabei ist (a k ) eine Folge natürlichen Zahlen, so daß 0 a k b und N N. Es ist klar, daß (A n ) eine Cauchy-Folge ist. Nach der Vollständigkeit, konvergiert sie gegen eine reelle Zahl x. Umgekehrt gilt: k= Satz 0 Jede reelle Zahl x läßt sich als b-adischer Bruch entwickeln. Die wichtigsten Fälle sind b = 0 Dezimalentwicklung; b = Dyadische Entwicklung; b = 60 Sexagesimalentwicklung; b = Duodezimalentwicklung. Beispiel. Als Beispiel einer Anwendung des Satzes 9 erwähnen wir die Tatsache, daß der Limes lim( + n )n existiert. Dies folgt aus der Tatsache, daß die Folge monoton steigend ist (Induktionsbeweis!), denn sie ist offensichtlich beschränkt (z.b. gilt ( + n )n 3). Der Limes ist die Eulersche Zahle e (siehe unten). Definition Sei (a n ) eine beschränkte Folge von reellen Zahlen. Dann definieren wir: lim sup(a n ) := lim sup({a k, a k+,... }) n k lim inf n (a n) := lim inf({a k, a k+,... }). k Die Existenz von lim sup a n und lim inf a n folgt aus der Ordnungsvollständigkeit von R. Es ist leicht zu sehen, daß folgende Eigenschaften gelten: Satz lim inf n a n lim sup n a n ; lim inf n a n = lim sup n a n genau dann, wenn lim a n existiert. Der Limes ist dann der gemeinsame Wert von lim inf und lim sup. 3
4 Nun sieht man leicht, daß für eine Cauchy-Folge (a n ) gilt lim inf n a n = lim sup a n. n Damit ist der Satz über die Konvergenz von Cauchy-Folgen bewiesen. Wir bringen jetzt eine Anwendung der Vollständigkeit die Methode der Intervallschachtelung: Satz 3 Sei I n eine fallende Folge von abgeschlossenen, beschränkten Intervallen. Dann ist der Durchschnitt n= I n nicht-leer. Falls weiterhin lim n diami n = 0, dann existiert genau ein Punkt im Durchschnitt. (diam I, wobei I ein Intervall ist, bezeichnet die Länge von I). Beweis. Sei I n = [a n, b n ]. Nach den Voraussetzungen gilt: (a n ) ist monoton-steigend und (b n ) ist monoton-fallend. Daher gilt [a, b] I n, wobei a = lim a n, b = lim b n. Der zweite Teil folgt leicht. Als Anwendung dieser Methode bringen wir einen zweiten Beweis der Tatsache, daß [0, ] überabzählbar ist (vgl. den Beweis im Anhang). Dazu folgende Definition: Definition 4 Eine Menge A heißt abzählbar, wenn es eine surjektive Abbildung von N auf A gibt d.h. wenn A die Bildmenge {a n } einer Folge (a n ) (d.h. eine Funktion n a n von N in R) ist. Beispiele. Jede endliche Menge A ist abzählbar. N ist abzählbar. Z und Q sind abzählbar. Falls (A n ) eine Folge von abzählbaren Mengen ist, dann ist die Vereinigung n N A n wieder abzählbar. G. Cantor zeigte, mit Hilfe seines berühmten Diagonalverfahren, daß R nicht abzählbar ist. (Siehe Anhang). Wir bringen einen Widerspruchsbeweis dieser Tatsache. Wir nehmen also an, daß [0, ] abzählbar ist und betrachten daher eine Numerierung x, x,.... Wir konstruieren eine Intervallschachtelung (I n ) wie folgt: Wähle irgendein nicht entartetes abgeschlossenes Intervall I, das x nicht enthält. Dann ein solches I I, das x nicht enthält. Auf dieser Weise bekommen wir eine Intervallschachtelung (I n ), wobei x n I n. Wir wissen aber, daß der Durchschnitt nicht-leer ist. Ein Element aus diesem Durchschnitt ist aber kein Element der Folge (x n ). Definition 5 Sei (a n ) eine Folge. Eine Teilfolge von (a n ) ist eine Folge der Gestalt (a n0, a n, a n,...), wobei n 0 < n < n <... Falls die Folge (a n ) konvergiert, dann auch jede Teilfolge. Satz 6 (Satz von Bolzano-Weierstraß) Jede beschränkte Folge (a n ) besitzt eine konvergente Teilfolge. 4
5 Beweis. Ohne Verlust der Allgemeinheit kann man annehmen, daß die Folge aus Elementen des Intervalles [0, ] besteht. Wir betrachten jetzt die zwei Teilintervalle [0, ] und [, ] und setzen A = {n : a n [0, ]} bzw. A = {n : a n [, ]}. Da N = A A, ist entweder A oder A unendlich. Wir bekommen daher eine Teilfolge, die wir mit (a, a,...) bezeichnen, so daß die Elemente aus einem Teilintervall der Länge kommen. Wir wiederholen diese Methode und bekommen damit eine Folge (a n k ) k= von Folgen, so daß für jedes n ist (a n+ k ) k eine Teilfolge von (a n k ) k; es gilt a n r a n s n für r, s N. Betrachte jetzt die Diagonalfolge (a n n ): Dies ist eine Teilfolge von (a n ); eine Cauchy-Folge also konvergent. a a a 3 a 4... a a a 3 a 4... a 3 a 3 a 3 3 a Bemerkung. Diese Beweismethode heißt das Diagonalverfahren. Varianten davon kommen sehr häufig in der Mathematik vor (vgl. den Beweis von Cantor im Anhang, daß R nicht abzählbar ist). Definition 7 Eine Zahl a ist Häufungspunkt einer Folge (a n ), wenn eine Teilfolge (a nk ) existiert, die gegen a konvergiert. Der Satz von Bolzano-Weierstraß sagt also, daß jede beschränkte Folge einen Häufungspunkt besitzt. Beispiel. Die Folge ( ) n ist nicht konvergent. Sie besitzt die zwei Häufungspunkte und. Aufgaben Aufgabe. Gilt die Aussage: Aufgabe. Berechne n + n n? lim lim n m n m n + m 5
6 und lim lim n m m n n + m. Aufgabe 3. Berechne lim n für die folgenden Ausdrücke: n n +, n 6 6( ) n n +, n 5 3n 0n. n + Aufgabe 4. Zeige: Falls a n a, b n b, dann a n a und max{a n, b n } max{a, b}. Aufgabe 5. Sei p eine nicht-triviale Polynomfunktion. Zeige: lim p(n + ) p(n) =. Aufgabe 6. Sei (a n ) eine Folge, die gegen a konvergiert. Zeige: n (a + + a n ) a. Aufgabe 7. Berechne folgende Limiten: lim xn n! (x ist eine reelle Zahl, a positiv, k N). Aufgabe 8. Berechne lim( + a n )n (a 0). lim a /n lim n k/n. Aufgabe 9. Sei (a n ) eine Folge, die gegen a konvergiert. Zeige: na + (n )a + + a n n(n + ) a. Aufgabe 0. Sei (a n ) eine Folge, so daß a n < (a n + a n+ ) (n > ). Zeige: (a n ) konvergiert (eventuell gegen oder ). Aufgabe. Sei (a n ) so, daß a n+ = 3a n + a n + 3 und a >. Zeige: a n. Aufgabe. Sei (a n ) so, daß a n+ = a n + 6 (a n+ 0). 6
7 Zeige: Falls a 6, dann a n 3. Aufgabe 3. Seien a und b reelle Zahlen. Untersuche, ob die Folge konvergiert oder divergiert. a n = an4 + 3n bn 4 + 4n + Aufgabe 4. Seien a und b reelle Zahlen. Die Folge (a n ) ist wie folgt rekursiv definiert: Bestimme den Grenzwert. a = a, a = b, a k = (a k + a k ). Aufgabe 5. Berechne den Limes der partiellen Summen der Reihe n= 4n. Aufgabe 6. Man berechne das unendliche Produkt n= n 3 n 3 + d.h. den Limes der Folge p k = k n= n 3 n 3 +. Aufgabe 7. Seien a und x 0 positiv und (x n ) rekursiv wie folgt definiert: x n+ = k ((k )x n + a x k n Dann ist (x n ) eine Cauchy-Folge. Der Limes ist eine positive Zahl b, sodaß b k = a. Aufgabe 8. Zeige: Eine Folge reeller Zahlen konvergiert genau dann, wenn sie beschränkt ist und genau einen Häufungspunkt besitzt. ). 7
(alternierendes Vorzeichen) a n := ( 1)n n + 1 a n := 3n 2 7n a n := n(n 1)(n 2), n 3
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