Im Namen des Volkes. Urteil
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- Heike Bachmeier
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1 Arbeitsgericht Cottbus Geschäftszeichen (bitte immer angeben) 2 Ca 537/09 Verkündet am als Urkundsbeamter/in der Geschäftsstelle Im Namen des Volkes Urteil In Sachen - Kläger - Prozessbevollmächtigte/r: gegen - Beklagte/r - Prozessbevollmächtigte/r: hat das Arbeitsgericht Cottbus, 2. Kammer, auf die mündliche Verhandlung vom durch die Richterin am Arbeitsgericht als Vorsitzende sowie die ehrenamtlichen Richter Herr und Herr für Recht erkannt: 1. Die Klage wird abgewiesen. 2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger. 3. Der Streitwert wird festgesetzt auf 208,38 Euro. 4. Die Berufung wird zugelassen.
2 2 Tatbestand Die Parteien streiten über die Frage, ob dem Kläger auf seinem Arbeitszeitkonto eine weitere Zeitgutschrift in Höhe von 11 Stunden und 35 Minuten zusteht oder ob die Beklagte zu Recht Arbeitszeiten wegen der Bezahlung von Stücklohnsendungen gegengerechnet hat. Der Kläger ist bei der Beklagten als Briefzusteller in der Niederlassung Axxx beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden der Manteltarifvertrag und der Entgelttarifvertrag für die Arbeitnehmer der Deutschen Post AG vom und die Betriebsvereinbarung Nr. 10 Arbeitszeit in der Zustellung vom Anwendung. Die Tarifvertragsparteien haben in 22 MTV übereinstimmend festgelegt, dass die regelmäßige Arbeitszeit ausschließlich der Ruhepausen 38,5 Stunden im wöchentlichen Durchschnitt beträgt. Eine feste tägliche Arbeitszeit gibt es für den Zustelldienst nicht. Der Kläger erhält entsprechend der Entgeltgruppe 3 Gruppenstufe 7 einen Stundenlohn von 17,99 Euro brutto. Die Größe eines Zustellbezirks entspricht innerhalb eines Zeitraums von zwölf Monaten der regelmäßigen Arbeitszeit von 38,5 Stunden pro Woche. Nach der Betriebsvereinbarung Nr. 10 vom haben die Zustellkräfte die Möglichkeit, zwischen zwei verschiedenen Arbeitszeitmodellen zu wählen. Im Modell B (Rahmendienstplan) erfolgt keine Zeiterfassung. Die dienstplanmäßige Arbeitszeit gilt dabei auch bei werktäglichen, wöchentlichen und saisonalen Schwankungen als erbracht. Im Modell A (Istzeiterfassung), welches der Kläger gewählt hat, werden dagegen die Dienstenden aufgezeichnet und die Abweichungen vom Dienstplan in einem Arbeitszeitkonto erfasst. Die Arbeitsleistung wird über den Zeitlohn bezahlt. Neben der Zustellung von Postsendungen gibt es aber auch sogenannte Stücklohnsendungen. Im Tarifvertrag Nr. 88 in der Fassung des Tarifvertrags Nr. 130b ist geregelt, dass mit der Zahlung des Stücklohnes alle Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Zustellung der Sendungsart Infopost schwer abgegolten sind. Eine zeitwirtschaftliche Erfassung erfolgt nicht mehr. Die vom Kläger ausgelieferten
3 3 Stücklohnsendungen (Infopost schwer) sind nicht in der Zeitwirtschaft erfasst. Für jede Sendung Infopost schwer erhält der Kläger 0,43 Euro. Nach 5 Absatz 2 der Betriebsvereinbarung Nr. 10 werden im Stücklohn geleistete Tätigkeiten gemäß den jeweiligen zugrunde liegenden Regelungen gegengerechnet. Die Betriebsparteien fertigten zu dieser vorgeschriebenen Gegenrechnung eine Protokollnotiz. Gemäß dieser Protokollnotiz erfolgt die Gegenrechnung in Höhe von einer Stunde je 42 vorbereiteten und zugestellten Sendungen (42 Sendungen multipliziert mit 0,43 Euro ergibt 18,06 Euro brutto pro Stunde). Der Kläger stellte im zwischen den Parteien streitigen Zeitraum folgende Sendungen als Infopost schwer zu: - November 2008: 145 Stück - Dezember 2008: 321 Stück - Januar 2009: 214 Stück Die Beklagte rechnete im Arbeitszeitkonto für November demzufolge 3 Stunden und 25 Minuten und im Dezember Stunden und 34 Minuten gegen. Im Januar 2009 hätten für 214 Stück 5 Stunden und 5 Minuten gegen gerechnet werden müssen. Versehentlich rechnete die Beklagte 4 Stunden und 1 Minute aus dem Arbeitszeitkonto heraus. Die Beklagte zahlte für die zugestellten Stücksendungen im Dezember ,35 Euro brutto (für 145 Sendungen im November 2008), im Januar 2009 erhielt der Kläger 138,03 Euro brutto und im Februar 2009 erhielt der Kläger 92,02 Euro brutto neben der normalen Vergütung im Zustelldienst. Der Kläger ist der Auffassung, die Regelung des 5 Absatz 2 Betriebsvereinbarung Nr. 10 und auch die dazugehörige Protokollnotiz zur Betriebsvereinbarung Nr. 10 verstießen gegen 77 Absatz 3 Satz 1 BetrVG und seien deshalb unwirksam. Die Tarifvertragsparteien hätten mit der Regelung in 2 Tarifvertrag Nr. 88 in der Fassung des Tarifvertrags Nr. 130b inhaltlich abschließend die Abgeltung für die im Stücklohn erbrachten Leistungen geregelt. Neben der stücklohnbezogenen Bezahlung für die Infopost schwer solle für diese Zustellart keine zeitwirtschaftliche Erfassung erfolgen.
4 4 Eine Gegenrechnung sei aber nach dem Tarifvertrag gerade nicht erlaubt. Der Kläger müsse die stücklohnbezogene Bezahlung als Zulage erhalten. Dass die Arbeitszeit für den Stücklohn gleichsam gutgeschrieben werde, schade nicht. Der Kläger beantragt, die Beklagte wird verurteilt, auf dem Arbeitszeitkonto des Klägers eine Zeitgutschrift in Höhe von 11,35 Stunden vorzunehmen. Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen. Sie ist der Auffassung, der Tarifvertrag regele gerade, dass eine zeitwirtschaftliche Erfassung nicht erfolgen dürfe. Werde aber die Arbeitszeit, die der Kläger für die Zustellung der Infopost schwer benötige nicht gekürzt, erhalte der Kläger eine doppelte Bezahlung, nämlich die stücklohnbezogene Bezahlung und die Zustellungszeit als Postzusteller. Das hätten die Tarifvertragsparteien nicht gewollt. Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die wechselseitigen Schriftsätze nebst Anlagen sowie das Sitzungsprotokoll Bezug genommen. Entscheidungsgründe A. Die Klage ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, weitere 11 Stunden und 35 Minuten auf seinem Arbeitszeitkonto gutgeschrieben zu bekommen. Denn die Beklagte hat die Arbeitszeit des Klägers und die daraus resultierende Bezahlung richtig errechnet. I. Die Regelung des 2 des Tarifvertrags Stückbezogene Zulagen für die Zustellung von Infopost schwer in der Fassung des Tarifvertrags Nr. 130b ist abschließend. Der Stücklohn wird mit Vorbereitung und Zustellung in Höhe von 0,43 Euro pro Zustellung bezahlt. Damit sind alle Tätigkeiten abgegolten. Eine zeitwirtschaftliche Erfassung erfolgt nicht mehr.
5 5 Die Regelung ist eindeutig. Für die Zustellung des Stückgutes darf keine zeitwirtschaftliche Erfassung erfolgen. Die Bezahlung des Stückgutes ist abgegolten. Würde der Kläger keine Gegenrechnung erfahren, würde er für die Zustellung des Stückgutes Infopost schwer eine zusätzliche zeitwirtschaftliche Erfassung und Bezahlung erhalten. II. Die Betriebsvereinbarung Nr. 10 verstößt auch nicht gegen 77 Absatz 3 BetrVG. Denn die Sperrwirkung des 77 Absatz 3 BetrVG tritt nur ein, soweit eine bestimmte Arbeitsbedingung tatsächlich durch den Tarifvertrag geregelt ist. Dies ist der Fall, wenn und soweit der Tarifvertrag eine inhaltliche Regelung enthält, vergleiche BAG vom , AP Nr. 18 zu 77 BetrVG 1972 Tarifvorbehalt). Insoweit ist jede Regelung durch eine Betriebsvereinbarung auch durch eine günstigere unzulässig. Zweck des Gesetzes ist es zu verhindern, dass Gegenstände, derer sich die Tarifvertragsparteien angenommen haben, konkurrierend durch Betriebsvereinbarung geregelt werden, vergleiche BAG aao. Enthält ein Tarifvertrag nur lückenhafte oder ergänzungsbedürftige Rahmenbedingungen, steht ihrer Ausfüllung durch die Betriebsvereinbarung insoweit keine Sperrwirkung entgegen, vergleiche Fitting, 23. Aufl. 77 Rn 84. Das ist vorliegend der Fall. Der Tarifvertrag regelt abschließend, dass eine zeitwirtschaftliche Erfassung des Stücklohnes nicht erfolgen darf. Mit der Bezahlung des Stücklohnes sind alle Tätigkeiten abgegolten. Würde die Beklagte keine Gegenrechnung im Rahmen der zeitwirtschaftlichen Erfassung vornehmen, würde ein Verstoß gegen den Tarifvertrag Stückbezogene Zulagen für die Zustellung von Infopost schwer (TV Nr. 88 in der Fassung des TV Nr. 130b) vorliegen. Denn der Kläger erhält für seine Tätigkeit eine minutengenaue Abrechnung. Die Tätigkeit der Stücklohnzustellung ist in der Zustellzeit enthalten. Der Kläger braucht längere Zustellzeiten, wenn er zusätzlich Stücklohn zustellt. Er darf deshalb nicht durch Stücklohn und Zeitlohn doppelt bezahlt werden. Die denklogische Folge der tarifvertraglichen Regelung ist die zeitwirtschaftliche Gegenrechnung des Stücklohnes. Etwas anderes kann der tarifvertraglichen Regelung nicht entnommen werden. Wollten die Tarifvertragsparteien regeln, dass eine zeitwirtschaftliche Erfassung erfolgen soll, hätten sie dies regeln müssen. Die
6 6 Betriebsparteien haben deshalb nur die tarifvertragliche Regelung umgesetzt, indem sie die Betriebsvereinbarung Nr. 10 und die dazugehörige Protokollnotiz vereinbarten. Sie haben nicht gegen die Sperrreglung des 77 Absatz 3 BetrVG verstoßen. Sie haben den Tarifvertrag lediglich auf der Betriebsebene angewandt. III. Der Kläger ist durch die Regelung auch nicht benachteiligt. Er erhält letztlich die gleiche Vergütung wie wenn er keine Infopost schwer zustellen würde. Der Kläger muss auch nicht länger arbeiten. Er erhält zwar eine Kürzung im Arbeitszeitkonto. Diese Kürzung muss er aber nicht nacharbeiten. Denn nach 5 Absatz 4 erfolgt einmal jährlich eine Abrechnung des Arbeitszeitkontos. Hat der Kläger Minderleistungen, das heißt Minusstunden, gilt seine geschuldete Arbeitsleistung als erbracht. Die Minusstunden werden also einmal jährlich gelöscht. Der Kläger hat auch keinen größeren Zustellbezirk zu erhalten, denn er hat seine erforderliche Arbeitszeit von 38,5 Stunden pro Woche erbracht. Er hat die Arbeitszeit lediglich in Infopost schwer und normale Zustellung aufgeteilt. Denklogisch kann er weniger Zeit für die Zustellung der normalen Post verwenden, wenn er zusätzlich Infopost schwer verteilt. Er muss deshalb auf das Jahr bezogen Minusstunden ansammeln. B. Die Kostenentscheidung folgt aus 91 ZPO. Der Kläger hat als unterliegende Partei die Kosten des Rechtsstreites zu tragen. Der Streitwert war entsprechend dem Wert der zu vergütenden Stunden zu berechnen. Die Kammer hat die Berufung nach 64 Absatz 3 Nr. 2 b) zugelassen, weil die Auslegung des Tarifvertrages Stückbezogene Zulagen für die Zustellung von Infopost schwer (TV Nr. 88 in der Fassung des TV Nr. 130b) streitig war. Der Geltungsbereich dieses Tarifvertrages erstreckt sich über den Bezirk des Arbeitsgerichts Cottbus hinaus.
7 7 Rechtsmittelbelehrung Gegen dieses Urteil kann von der klagenden Partei Berufung eingelegt werden, a) wenn sie in dem Urteil zugelassen worden ist, b) wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt, c) in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses oder d) wenn es sich um ein Versäumnisurteil handelt, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, wenn die Berufung oder Anschlussberufung darauf gestützt wird, dass der Fall schuldhafter Versäumung nicht vorgelegen habe. Die Berufungsschrift muss von einem zugelassenen Rechtsanwalt oder einem Vertreter einer Gewerkschaft beziehungsweise einer Arbeitgebervereinigung oder einem Zusammenschluss solcher Verbände eingereicht werden. Die Berufungsschrift muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat bei dem Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg, Magdeburger Platz 1, Berlin eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung enthalten, dass Berufung gegen dieses Urteil eingelegt werde. Die Berufung ist gleichzeitig oder innerhalb einer Frist von zwei Monaten in gleicher Form schriftlich zu begründen. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgesetzten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung.
8 8 Dabei ist zu beachten, dass das Urteil mit der Einlegung in den Briefkasten oder eine ähnliche Vorrichtung für den Postempfang als zugestellt gilt. Wird bei der Partei eine schriftliche Mitteilung abgegeben, dass das Urteil auf der Geschäftsstelle eines Amtsgerichts oder einer von der Post bestimmten Stelle niedergelegt ist, gilt das Schriftstück mit der Abgabe der schriftlichen Mitteilung als zugestellt, also nicht erst mit der Abholung der Sendung. Das Zustelldatum ist auf dem Umschlag der Sendung vermerkt. Für die beklagte Partei ist keine Berufung gegeben. Von der Begründungsschrift werden zwei zusätzliche Abschriften zur Unterrichtung der ehrenamtlichen Richter erbeten. Dr. Heither
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