Beitrag: Vom Schwarzgeld zum Weißgeld Lücken im Steuerabkommen

Transkript

1 Manuskript Beitrag: Vom Schwarzgeld zum Weißgeld Lücken im Steuerabkommen Sendung vom 5. Juni 2012 von Herbert Klar und Jörg Schaub Anmoderation: Die Schweiz: Land der Sehnsucht für Steuerhinterzieher - jahrzehntelang. Doch jetzt droht eine ungemütliche Ära, wenn das deutsch-schweizerische Steuerabkommen in Kraft tritt: Schweizer Banken müssen dann automatisch eine Abgeltungssteuer an deutsche Steuerbehörden abführen. Und schon jetzt hat die Schweiz ihren Banken die sogenannte Weißgeldstrategie verordnet: Also keine Schwarzgeld-Geschäfte mehr mit ausländischen Steuersündern! Das wollten unsere Reporter Herbert Klar und Jörg Schaub einfach mal ausprobieren. Und versuchten, ein vermeintliches Millionen-Vermögen anzulegen. Natürlich Schwarzgeld. Text: Internet-Schlagzeilen: Vom Schwarzgeld zum Weissgeld (NZZ.ch vom ) Der zähe Abschied vom Schwarzgeld (FAZ.net vom ) Weissgeld-Strategie? (Blick.ch vom ) O-Ton Wolfgang Schäuble, CDU, Bundesfinanzminster: Wenn das Abkommen in Kraft tritt, ist die Schweiz kein Schutz für Steuerhinterziehung mehr. O-Ton Eveline Widmer-Schlumpf, BDP, Schweizer Bundesrätin: Wir sind zufrieden mit diesem Abkommen. Deutsche müssten ab 2013 ihr Vermögen in der Schweiz mit 21 bis 41 Prozent versteuern. In Zukunft soll es nur noch weißes,

2 versteuertes Geld auf Schweizer Banken geben. Doch was ist genau Weißgeld? Und vor allem: Wie glaubwürdig ist die Saubermann-Politik der Schweiz? Das wollen wir herausfinden. Wir beginnen unsere Recherche im Internet. Ganz offen werben hier Schweizer Treuhänder um Anleger mit sogenannten nicht deklarierten Bankguthaben. Also: Schwarzgeld. Die Treuhänder bieten Lösungen, wie man die drohende Abgeltungssteuer von mindestens 21 Prozent vermeiden kann. Dieser Service ist ab drei Millionen Schweizer Franken Schwarzgeld zu haben. Wir besorgen uns den Auszug eines echten Schweizer Nummernkontos, der uns zu reichen Steuerhinterziehern macht. 4,5 Millionen Dollar Schwarzgeld sind wir jetzt schwer. Knapp eine Million müssten wir an Schäuble und Co abgeben würde das Abkommen rechtskräftig. In einem Gewerbegebiet im Schweizer Städtchen Baar verspricht man uns Hilfe. Wir sind mit der Mitarbeiterin einer Treuhandgesellschaft verabredet und drehen mit verdeckter Kamera. O-Ton Treuhänderin: Am einfachsten ist, Sie bringen ihr Geld in eine Schweizer GmbH ein. Dann können Sie sich später regelmäßig etwas auszahlen. Aufs Geld fällt dann auch keine Abgeltungssteuer an, das ist ja dann Schweizer Geld. Wir müssen uns nur einen Firmenzweck einfallen lassen. Ich organisiere das für Sie. So eine Firmenkonstruktion fällt nicht unter das Steuerabkommen. Wenn Sie hier eine GmbH haben, dann könnten Sie sogar einen Schweizer Wohnsitz nehmen und sind nicht mehr steuerpflichtig in Deutschland Euro im Jahr würde uns dieser Service der Treuhänderin kosten. 350 Euro möchte sie schon einmal vorab für ihre diskrete Beratung - in bar. Mit der gleichen Legende treffen wir in Zürich einen Banker. Er erzählt uns, dass gerade Treuhänder schon vorsorglich daran arbeiten das Steuerabkommen auszuhebeln. Er möchte anonym bleiben. O-Ton Banker: Wenn das Abkommen kommt, bleiben die Treuhänder und Vermögensverwalter der größte Schwachpunkt. Denn die kontrolliert keiner und die entwickeln schon jetzt Strategien, wie Sie das Abkommen umgehen können. Der einfachste Trick ist, dass Sie das Geld einfach umdeklarieren und aus deutschem Geld, Schweizer Geld machen. Da gibt es verschiedene Möglichkeiten.

3 Er empfiehlt uns einen Treuhänder in Lugano im Tessin. Der verwalte große Vermögen auch aus Italien und preise ganz öffentlich die Schweiz als Steuerparadies an. Kurz, der Mann verstehe sein Geschäft. Wir haben wieder den Depotauszug des Nummernkontos dabei. Wieder drehen wir mit verdeckter Kamera. Außerdem geben wir diesmal noch vor, dass wir sehr viel Bargeld in Deutschland und eine Million Euro auf einem russischen Konto hätten. O-Ton Treuhänder: Wie ich das sehe, haben wir drei Probleme. Erstens: Das Bargeld in Deutschland ist mit Sicherheit Schwarzgeld. Da sind die Schweizer Banken im Moment etwas vorsichtig, das zahlen wir am besten in einer Bank in Österreich oder Monaco ein. Zweitens: Das Geld in Russland ist wahrscheinlich auch nicht versteuert. Aber Gelder aus Russland kennen die Schweizer, die transferieren wir über eine Bank auf Zypern. Drittens: Das Schwarzgeld das bereits in der Schweiz ist. Da tun wir erst einmal gar nichts und warten ab, was mit dem Abkommen passiert. Dann schauen wir mit der Bank wie wir das Geld am besten wohin schieben, zum Beispiel nach Singapur. Ob in Singapur, Monaco, Österreich oder Zypern - reiche Deutsche haben auch in Zukunft kein Problem Schwarzgeld zu verstecken. Wie - das organisieren alles Schweizer Treuhänder. So viele gute Ratschläge und unmoralische Angebote überraschen sogar den ehemaligen Steuerfahnder Reinhard Kilmer. Für ihn ist das Abkommen nicht das Papier wert, auf dem es gedruckt steht. Das Abkommen bietet in der Tat die Möglichkeit, schwarzes Geld ganz legal, sozusagen unter staatlicher Aufsicht weiß zu waschen. Das Geld kann von Steuerhinterziehern sein, kann aber auch durchaus aus dem Bereich Waffenhandel sein oder aus anderen kriminellen Ecken. Der Treuhänder in Lugano hat zum Abschied noch einen ganz speziellen Ratschlag für unser illegales Schweizer Vermögen parat: O-Ton Treuhänder: Warum zahlen Sie nicht die Abgeltungssteuer? Danach haben Sie sauberes Geld in der Hand, das Sie sogar nach Deutschland bringen können. So preiswert kriegen Sie Ihr illegales Geld nie mehr gewaschen.

4 Recht hat er. Mit dem Abkommen bleibt die Schweiz eine gigantische Geldwaschanlage. Weißgeld für gerade einmal 21 Prozent Steuern. Wie man die noch einmal senken kann, weiß eine Firma, die wir im Internet finden. In Süddeutschland treffen wir zwei Berater, die im Auftrag verschiedener Schweizer Banken Kunden werben. Alles ganz problemlos von Deutschland aus einschließlich Kontoeröffnung. O-Ton Finanzvermittler: Wir legen Ihr Geld in der Schweiz an, in Renten- oder Immobilienfonds. Der Trick, Sie haben dann ein Schweizer Vermögen und werden nach Schweizer Recht besteuert. Das ist deutlich weniger. Statt 21 Prozent Abgeltungssteuer zahlen Sie am Anfang nur vier Prozent. In der Schweiz ist eben manches anders. O-Ton Frontal21: Ist das legal? O-Ton Finanzvermittler: Vielleicht nicht nach deutschem Steuerrecht. Sehen Sie, es ist eine Kombination aus Schweizer Bankgeheimnis und Steuerrecht. Am Ende füllen wir ein Formular aus und schon haben wir ein Konto bei einer Schweizer Bank. Man kann aber ganz deutlich erkennen, dass diese Produkte, die jetzt schon auf dem Markt sind, ausschließlich aufgelegt worden sind, um das Schäuble-Abkommen zu umgehen, weil man ganz genau die Schwächen dieses Abkommens erkannt hat. Man arbeitet zum Beispiel mit Immobilienfonds und anderen Geschichten. Alles Strategien, die verhindern sollen, dass das Schäuble-Abkommen in irgendeiner Weise Wirkung zeigt. Eine Woche später der erste Kontoauszug. So einfach ist das Steuersparen. Nicht nur deutsche Steuerfahnder, auch Schweizer Banker halten das Abkommen für eine Einladung zum Steuerbetrug. O-Ton Banker: Da machen wir jetzt eine Steuervereinbarung, die mit einer anonymen Amnestie eigentlich Tür und Tor für Steuerbetrug öffnet, statt den zu bekämpfen. Weil, wer ein deutsches Vermögen ist, das entscheidet die Bank oder der Vermögensverwalter. Wenn die sagen, das ist kein deutsches Vermögen, dann muss es auch nicht besteuert werden.

5 Überprüfen kann das niemand. Wird das Steuerabkommen rechtskräftig, sollen Schweizer Banken im Auftrag des deutschen Finanzministers Steuern kassieren und nach Berlin überweisen. Dann entschieden sie über legal oder illegal, über Steuern oder eben nicht. Es überträgt in der Tat hoheitliche Aufgaben auf andere, ausländische, schweizerische Institutionen, zum Beispiel auch Schweizer Banken. Das ist insofern grotesk, weil wir letztlich die Frage der Steuerhoheit, die Frage der Steuererhebung letztlich denjenigen übertragen, die uns jahrelang betrogen haben. Das ist im Prinzip so ähnlich, als wenn wir die Mafia bitten würden für uns kriminelle Ermittlungen durchzuführen. Internet-Schlagzeilen: Vom Schwarzgeld zum Weissgeld (NZZ.ch vom ) Weissgeld-Strategie? (Blick.ch vom ) Abkommen mit der Schweiz legitimiert Steuerbetrug (Welt.de vom ) O-Ton Eveline Widmer-Schlumpf, BDP, Schweizer Bundesrätin: Wir sind zufrieden mit diesem Abkommen. Zur Beachtung: Dieses Manuskript ist urheberrechtlich geschützt. Der vorliegende Abdruck ist nur zum privaten Gebrauch des Empfängers hergestellt. Jede andere Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtgesetzes ist ohne Zustimmung des Urheberberechtigten unzulässig und strafbar. Insbesondere darf er weder vervielfältigt, verarbeitet oder zu öffentlichen Wiedergaben benutzt werden. Die in den Beiträgen dargestellten Sachverhalte entsprechen dem Stand des jeweiligen Sendetermins.