Röm. 16,25-27 Predigt am 2. Sonntag nach Weihnachten, 5. Januar 2014

Transkript

1 Röm. 16,25-27 Predigt am 2. Sonntag nach Weihnachten, 5. Januar 2014 Gnade sei mit euch und Friede von Gott, unserem Vater und dem Herrn Jesus Christus. Amen. (Predigttext wird später verlesen.) Der Herr segne sein heiliges Wort an uns allen. Amen. 1 PS: - so ist manchmal unter einem Brief zu lesen. PS: das steht für Postskriptum, auf deutsch: Anhang. Gerade beim Briefeschreiben hat ein PS den Vorteil, dass man den Brief nicht noch mal schreiben muss, wenn man etwas Wichtiges vergessen hat. Da setzt man einfach unter den Brief: PS: und dann den zusätzlichentext. Bei manchen Bettelbriefen in der Vorweihnachtszeit ist mir aufgefallen, dass nicht wenige ein PS: unter dem eigentlichen Anschreiben hatten. Und das ist ganz schlau gemacht, weil der Verfasser mit dem PS noch mal anscheinend beiläufig wiederholen kann, was ihm besonders wichtig ist. Denn das, so wissen die Spendenprofis aus der Psychologie, das bleibt im Gedächtnis. Länger jedenfalls als der ganze Text zuvor. Mit so einem PS, einem Postskriptum, einem Anhang haben wir es auch in unserem Predigtwort zu tun, den letzten drei Versen des Römerbriefes. Denn eigentlich ist der Brief schon mit den Grüßen in den Versen davor abgeschlossen: 21. Es grüßen euch Timotheus, mein Mitarbeiter, und Luzius, Jason und Sosipater, meine Stammverwandten. 22. Ich, Tertius, der ich diesen Brief geschrieben habe, grüße euch in dem Herrn. 23. Es grüßt euch Gajus, mein und der ganzen Gemeinde Gastgeber. Es grüßt euch Erastus, der Stadtkämmerer, und Quartus, der Bruder. Dann aber folgt noch ein PS. (eben unser Predigttext für heute:):

2 25. Dem aber, der euch stärken kann gemäß meinem Evangelium und der Predigt von Jesus Christus, durch die das Geheimnis offenbart ist, das seit ewigen Zeiten verschwiegen war, 26. nun aber offenbart und kundgemacht ist durch die Schriften der Propheten nach dem Befehl des ewigen Gottes, den Gehorsam des Glaubens aufzurichten unter allen Heiden: 27. dem Gott, der allein weise ist, sei Ehre durch Jesus Christus in Ewigkeit! Amen. 2 Wer dieses Postskriptum, diesen Nachsatz an die Grüße angehängt hat, wissen wir nicht. Vielleicht war es ja Tertius, der Schreiber, dem der Brief diktiert worden ist. Oder jemand anderes. Wie dem auch sei: es ist jedenfalls nicht dumm, diesen wichtigen Brief des Apostels Paulus mit einem PS nach den formal üblichen Grüßen enden zu lassen. Darin werden wichtige Themen und entscheidende Stichworte des Briefes noch einmal erwähnt und eingerahmt durch die Aufforderung, Gott über all dem zu preisen durch Jesus Christus. Denn das, worum es da geht, ist schon wirklich sehr erstaunlich und wahrhaft des Lobes wert! 20 Jahre nach Jesu Kreuzigung, also Mitte der 50er Jahre hat sich die Botschaft des Evangeliums bereits über weite Teile des römischen Reiches verbreitet! Selbst in der Hauptstadt gibt es Christen, die sich in verschiedenen Hausgemeinden versammeln. Sie fallen zwar nicht sonderlich auf in dieser Stadt, die damals schätzungsweise über eine Million Einwohner hat. Aber die Anzahl der Christen und Gemeinden wächst und wächst. Bereits 10 Jahre nach Golgatha, Ostern und Pfingsten hat das Christentum durch zuziehende Judenchristen in Rom Fuß gefasst. Und von diesen kleinen Kernzellen aus hat die Botschaft von Jesus Christus auch bei vielen Nichtjuden Glauben gefunden. Wie viele es waren, weiß man nicht, aber vielleicht sind es bereits einige Hundert bis Tausend. Vermutlich setzt sich die römische Christenheit Mitte der fünfziger Jahre aus einer heidenchristlichen Mehrheit und einer judenchristlichen Minderheit zusammen.

3 3 Da drohen natürlich die gleichen Konflikte wie in Galatien oder in Korinth, wo es unter anderem darum ging, ob auch ein Christ das jüdische Gesetz zu halten hat. Oder anders gefragt: muss ein Grieche oder ein Römer erst einmal ein Jude werden, bevor er ein Christ werden kann? Die Antwort des Apostels - ich sag das jetzt mal in der lutherisch geprägten Sprachweise: Wir werden gerecht allein aus Gnaden, allein um Christi Willen, allein durch den Glauben, und nicht über irgendwelche Gebote, die wir erfüllen. Anders gesagt: Wir sind dem allmächtigen und heiligen Gott ganz und gar recht, indem wir uns auf Christus verlassen, indem wir dem glauben, was er für uns durch sein Leiden und Sterben vollbracht hat. Denn dadurch sind alle Lebensschulden getilgt und aufgehoben. Das ist das Evangelium, das der Apostel den Menschen verkündigt hat, den Heiden ebenso wie den Juden. Christus allein ist der Weg und die Wahrheit und das Leben. Genau so, wie Jesus es selbst gesagt hat! Das möchte Paulus in seinem Brief an die Christen in Rom noch einmal zusammenfassend darlegen, bevor er sich auf die Reise zu ihnen macht. Rom - so seine Planung - soll für ihn nur Zwischenstation sein für die Mission in Spanien. Denn nachdem er seinen missionarischen Auftrag im Osten des römischen Reiches für erfüllt ansieht, möchte er in gleicher Weise das Evangelium von Jesus Christus in den Westen des Weltreiches bringen. Dass es dann ganz anders gekommen ist und seine Mission und sein Leben in Rom enden wird, kann er da ja noch nicht ahnen. Was mich, liebe Gemeinde, je länger je mehr in Erstaunen versetzt, ist diese unglaublich schnelle Ausbreitung des Glaubens an Jesus Christus. Erstaunlich, weil die Bedingungen dafür kaum schlechter hätten sein können. In Bethlehem geboren - einem kleinen Provinz-Kaff in Judäa, aufgewachsen in Nazareth - was kann aus Nazareth schon Gutes kommen? - und arbeitend als Bauarbeiter, der wahrscheinlich nicht mal lesen und schreiben kann. Jedenfalls hat Jesus kein Buch geschrieben; nicht einmal ein schriftlicher Satz ist von ihm überliefert!

4 4 Er stammt aus keiner einflussreichen Familie im Land, er umgibt sich mit lauter Menschen, deren sozialer Status ihren Meister nicht gerade aufwertet. Und: Er stirbt als Verbrecher am Kreuz! Von Gott und den Menschen verlassen! Doch schon wenige Tage nach seinem Tod macht sich die Kunde breit: Er ist auferstanden! Das ist natürlich unglaublich, und selbst viele seiner Anhänger mögen das nicht glauben! Doch kaum zwei Monate später ergreift der Geist Gottes die meisten von ihnen, und wenig später beginnt sich die Botschaft von diesem gekreuzigten und auferstandenen Mann aus Nazareth von Jerusalem aus auszubreiten mit einer für damalige Verhältnisse rasenden Geschwindigkeit! Menschen aus allen Völkern des römischen Reiches werden davon ergriffen, Arme wie Reiche, Sklaven wie Freie. So etwas hat es bisher noch nicht gegeben in der Weltgeschichte! Unter ihnen viele Namenlose wie auch solche, die einen Namen haben, etwa Gajus, der in Korinth den Apostel beherbergte und die ganze Gemeinde. Der muss also schon ein ziemlich gut betuchter Mensch gewesen sein. Oder auch Erastus, der Stadtkämmerer in Korinth. Finanzminister in der reichen Welt- und Handelsstadt Korinth, das war schon was! Aber dennoch sind es nicht diese einflussreichen, mächtigen Glieder der Gemeinden, die ihre Stärke ausmachen. Es sind nicht die Strukturen, nicht die Finanzkraft der Kirche und der Kirchen, die sie tragen und ihnen Zukunft geben, es sind nicht die Konzepte, die wir entwickeln. Sondern es ist allein Gott. Er gibt euch Kraft und Stärke durch die rettende Botschaft von Jesus Christus. 1 Durch diese Botschaft, die verkündigt und gepredigt wird, hat sich die Kunde von der Barmherzigkeit Gottes in Jesus Christus von diesen kleinen Hausgemeinden ausgebreitet über die ganze Welt. Es ist der Liebe Gottes zu den Menschen zu verdanken, dass dieser Vorgang bis heute weitergeht, trotz aller Unzulänglichkeiten der Kirchen und ihrer Glieder. Trotz aller ihrer Schuld, in die sie immer wieder verstrickt ist. Trotz all der berechtigten Kritik an dem irdischen 1 V. 25a nach "Hoffnung für alle"

5 5 Bodenpersonal des himmlischen Vaters und ihrer irdischen Organisationen. Denn die Ausbreitung des Glaubens an Gott, der unser Vater ist durch Jesus Christus, sie wird nicht wirklich aufgehalten durch die Skandale und Skandälchen von einzelnen Christen und ihren Würdenträgern. Ich will damit die Probleme überhaupt nicht kleinreden, die der Kirche Christi durch die immer wieder offenbar werdenden Verfehlungen erwachsen. Der Teufel hat sicher seinen Spaß daran, wenn wieder einmal sexueller Mißbrauch, seltsamer Umgang mit Finanzen oder fromme Heuchelei ins Licht der Öffentlichkeit gestellt werden. Und das zu Recht! Aber die Sünde von uns Menschen kann den nicht aufhalten, der gekommen ist, alle Sünde auf sich zu nehmen. Denn da, wo wir ihm die Ehre geben, in dem sich Gottes Barmherzigkeit offenbart hat, da erweist sich Gottes Barmherzigkeit als Sieger über die Sünde. Da, wo wir ihn verkündigen, da wächst der Glaube und damit auch die Kirche. Da, wo wir ihn loben und ehren mit Herzen, Mund und Händen, da werden Menschen angesteckt von der Freude des Glaubens. Und seien wir auch nur eine kleine Minderheit unsere Geschwister damals in Rom. Denn stark sind und werden wir da, wo Gott unsere Stärke ist und Gott uns Stärke gibt. Dem Gott, der allein weise ist, sei Ehre durch Jesus Christus in Ewigkeit! Amen. Und der Friede Gottes, der höher ist als alle menschliche Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen. PS: Christus allein ist der Herr. Er ist und bleibt das Licht der Welt. Welch ein Grund zur Freude!