Blumen, Blüten, Früchte [Bilder Hanni Borkowsky-Braendlin]

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Ingrid Lichtenberg
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1 Blumen, Blüten, Früchte [Bilder Hanni Borkowsky-Braendlin] Autor(en): Objekttyp: K.O. Article Zeitschrift: Du : die Zeitschrift der Kultur Band (Jahr): 29 (1969) Heft 12 PDF erstellt am: Persistenter Link: Nutzungsbedingungen Die ETH-Bibliothek ist Anbieterin der digitalisierten Zeitschriften. Sie besitzt keine Urheberrechte an den Inhalten der Zeitschriften. Die Rechte liegen in der Regel bei den Herausgebern. Die auf der Plattform e-periodica veröffentlichten Dokumente stehen für nicht-kommerzielle Zwecke in Lehre und Forschung sowie für die private Nutzung frei zur Verfügung. Einzelne Dateien oder Ausdrucke aus diesem Angebot können zusammen mit diesen Nutzungsbedingungen und den korrekten Herkunftsbezeichnungen weitergegeben werden. Das Veröffentlichen von Bildern in Print- und Online-Publikationen ist nur mit vorheriger Genehmigung der Rechteinhaber erlaubt. Die systematische Speicherung von Teilen des elektronischen Angebots auf anderen Servern bedarf ebenfalls des schriftlichen Einverständnisses der Rechteinhaber. Haftungsausschluss Alle Angaben erfolgen ohne Gewähr für Vollständigkeit oder Richtigkeit. Es wird keine Haftung übernommen für Schäden durch die Verwendung von Informationen aus diesem Online-Angebot oder durch das Fehlen von Informationen. Dies gilt auch für Inhalte Dritter, die über dieses Angebot zugänglich sind. Ein Dienst der ETH-Bibliothek ETH Zürich, Rämistrasse 101, 8092 Zürich, Schweiz,

2 Blumen, Blüten, Früchte Die Blumenmalerin Hanni Borkowsky-Braendlin Im Frühling hatten wir die Blu menbilder von Frau Borkowsky zum erstenmal gesehen. Sie hatten uns gefallen, und wir waren neu gierig geworden auf die Welt, aus der sie kamen. Wer fand da in un serer schnellebigen, hastigen Zeit noch die Musse, die nötig ist, um Blätter von so minuziöser Genauig keit, Feinheit und Transparenz zu schaffen Abbilder der Natur, wie : sie nur das prüfend-wählende Auge eines Menschen, nie die Linse eines Photoapparats wiederzugeben ver mag? Wer war die Frau, die da mit feinstem Pinsel dem Liniengespinst der Blätter, ihren gelappten, ge zackten, gewellten Umrissen nach gegangen war, die Struktur der Stengel ergründet und das Spiel der Farben in den Blüten aufgespürt hatte? An einem Septembertag sind wir dann nach Rapperswil hinausgefah ren. An einem jener Tage, die zu schwanken scheinen zwischen Som mer und Herbst. Die Ufer des Sees verschwammen, und das Schloss war eingewoben in silbrige Nebel. Das Haus liegt kurz vor Rappers wil am See: ein Herrensitz aus dem 18.Jahrhundert, bescheiden in den Ausmassen, wunderschön in den Proportionen, sehr zürcherisch, auch wenn es bereits auf St.-Galler Boden liegt. Zur Seeseite hin ist der Grund aufgeschüttet zu einem klei nen französischen Garten mit zwei Eckpavillons. Dazwischen der Blick auf Stadt und Schloss, auf die Glarner Alpen, die an jenem Tag am Horizont zu schweben schienen. Im Garten blühten die letzten Blumen, ein paar Rosen noch an der Haus mauer, die letzten Malven, die sich müde zu Boden neigten, brennend rote Beeren kündeten den Herbst. Innen ist alles licht, viel Weiss und Goldtöne. Die Zimmer sind weit, aber niedrig; sie bergen und lassen doch viel Raum zum Atmen, zur Bewegung. An den Wänden hangen - neben den eigenen Blättern - alte Stiche: Städteansichten, Tiere, Blu men. Hier ist die Tradition gegen wärtig, aus der die Malerin schöpft, eine Tradition, die bis zu Sibylla Merian zurückführt. Sie habe immer gezeichnet, schon als Kind, später dann als Tcxtilzeichnerin an der Kunstgewerbe schule Zürich, an der Kunstakade mie in Karlsruhe. Dann, nach ihrer Heirat, kam der Garten in Rappers wil dazu, den sie zehn Jahre lang allein besorgte. Zum Malen fand sie dabei keine Zeit. Dafür aber zu jenem intensiven Umgang mit den Blumen, den sie jetzt, malend, weiter pflegt. Als sie uns von ihrer Arbeit erzählte, von den Tagen, die sie über einer einzigen Blume zubringt, spürten wir, dass ihr Malen weit über das Handwerkliche und Künst lerische hinausgeht. Es ist ein lie bendes Sich-Abgeben mit der Pflanze, ein Sehen, das zum Medi tieren wird, ein inniger Dialog zwi schen Mensch und Blume. Frau Borkowsky hat einen ausge prägten Hang zur Genauigkeit, ver bunden mit Liebe zu kleinen Dingen und Sinn für jene Poesie, die im Un scheinbaren und Verborgenen liegt. Neben dem Blumenmalen hat sie ein weiteres : Steckenpferd Sie sam melt, zusammen mit ihrem Gatten, Volkskunst aus allen Ländern, vor allem Spielzeug. Diese Sammlung liebenswürdig-nutzloser Dinge bil det eine zweite kleine Welt inner halb der grossen von Haus und Garten. Wer, wie wir, das Glück hat, das Haus im G übel kennenzu lernen, wird das Gefühl nicht los, ein wenig aus seiner Zeit getreten und in eine Welt eingedrungen zu sein, die intakt geblieben ist, eine Welt, die Halt gibt, aber auch Hal tung heisch 1. Was ihr Tun für die Malerin sel ber bedeutet, muss man erahnen; sie spricht nicht davon. Aber auch hier vermag vielleicht das Haus, der Rahmen, der sie umgibt, Aus kunft zu geben. Der erste Eindruck, den wir bei unserem Besuch emp fingen, war derjenige der Ordnung. Nicht der Pedanterie oder gar Klein lichkeit, sondern einer Ordnung, die daher rührt, dass hier alles auf menschliches Mass abgestimmt ist, dass es jene Mitte hält, die nichts mit Mittelmässigkeit zu tun hat. In diese Ordnung fügt sich der Mensch mit seiner Tätigkeit ein, als ge horche er dem Geist des Hauses und erfülle die Gesetze einer Zeit, die hier noch gegenwärtig ist. Es war nicht von Kunst die Rede, als Frau Borkowsky uns die Blätter zeigte, die seit 1962 entstanden sind. Sie sprach vielmehr von den Blumen, ihren Besonderheiten, ihrem Wesen; sie machte auf De tails, auf verborgene Schönheit auf merksam, sprach von der Pflege, die sie verlangen, von den Schwierig keiten, die sie beim Malen bieten. Man spürte, dass diese Beschäfti gung, ja Auseinandersetzung mit der Blume Lebensinhalt geworden ist: ein Sich-Messen, Sich-Bewähren an einer Aufgabe, die schön und sinn voll zugleich ist. K.O. 1020

3 MÊÊ y N If* JoJotAe-ytaU. > O a.n>ru ydotaon^ây -yjtxtje^iliiyyi^.yyéj1 Walnuss-Blüte

4 Brombeere im Spätherbst

5 Wolfsmilch

6 Felsenmispel

7 ' -; ï h y fe ' Ir ' v. f * Kirschblüten 1025

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