Gesetz über Leistungsverbesserungen in der gesetzlichen Rentenversicherung (RV-Leistungsverbesserungsgesetz)
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- Sylvia Weiß
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1 Anlage zu NL Gesetz über Leistungsverbesserungen in der gesetzlichen Rentenversicherung (RV-Leistungsverbesserungsgesetz) Hinweise zu den Hauptbestandteilen des Gesetzes sowie erste Anmerkungen zu den arbeitsrechtlichen Auswirkungen I. Der Bundestag hat das Gesetz mit einigen Änderungen gegenüber dem Regierungsentwurf (BT-Drucksache 18/909) am 23. Mai 2014 verabschiedet. Die abschließende Befassung des Bundesrats ist für den 13. Juni 2014 geplant. Inkrafttreten soll das Gesetz am 1. Juli Hauptbestandteile des Gesetzes sind die folgenden Regelungen: 1. Einführung einer abschlagsfreien Rente mit dem 63. Lebensjahr für besonders langjährig Versicherte ( 236b SGB VI) Ein abschlagsfreier Rentenzugang für besonders langjährige Versicherte wird künftig bei Erfüllung einer Wartezeit von 45 Jahren bereits ab Vollendung des 63. Lebensjahres ermöglicht. Voraussetzung hierfür sind 45 Jahre an Pflichtbeiträgen in der Rentenversicherung aus Beschäftigung, selbständiger Tätigkeit und Pflege sowie Zeiten der Kindererziehung bis zum zehnten Lebensjahr des Kindes. Berücksichtigt werden dabei auch Zeiten des Bezugs von Arbeitslosengeld I, solange sie nicht in den letzten zwei Jahren vor dem Rentenbeginn liegen (außer sie sind durch Insolvenz oder vollständige Geschäftsaufgabe des Arbeitgebers bedingt). Ebenfalls berücksichtigt werden freiwillige Beiträge, wenn mindestens 18 Jahre mit Pflichtbeiträgen für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit vorhanden sind (hierbei werden Zeiten freiwilliger Beitragszahlung in den letzten zwei Jahren vor Rentenbeginn nicht berücksichtigt, wenn gleichzeitig Anrechnungszeiten wegen Arbeitslosigkeit vorliegen). Nach bisherigem Recht war der Bezug einer abschlagsfreien Rente bei erfüllter Wartezeit von 45 Jahren mit Vollendung des 65. Lebensjahres möglich ( 38 SGB VI). Die im Gesetz vorgesehene Absenkung des Zugangsalters zur Altersrente für besonders langjährig Versicherte ist auf die Geburtsjahrgänge bis 1952 begrenzt. Für die Geburtsjahrgänge von 1953 bis 1963 erfolgt die schrittweise Anhebung der Altersgrenze auf das 65. Lebensjahr wie folgt:
2 2 Versicherter Geburtsjahrgang Anhebung Monate um auf Alter Jahr Monat Die neue abschlagsfreie Rente hat auch Auswirkungen auf die Betriebsrente aus der zusätzlichen Alters- und Hinterbliebenenversorgung, da bei einer abschlagsfreien Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung eine Kürzung der Betriebsrente unterbleibt (vgl. 7 Abs. 3 ATV-K/ATV). 2. Hinausschieben der Beendigung des Arbeitsverhältnisses über die Regelaltersgrenze ( 41 SGB VI) Durch eine Ergänzung des 41 SGB VI um einen neuen Satz 3 wird ermöglicht, dass die Arbeitsvertragsparteien durch Vereinbarung während des Arbeitsverhältnisses den tarifvertraglich vereinbarten Beendigungszeitpunkt mir Erreichen der Regelaltersgrenze, gegebenenfalls auch mehrfach, hinausschieben können. Die Regelung ist erst während des Gesetzgebungsverfahrens in das Gesetz aufgenommen worden.
3 3 3. Übergangsregelung für Altersteilzeitarbeitsverhältnisse bei Förderfällen ( 15h AltTZG) Ebenfalls im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens mit in das Gesetz aufgenommen wurde eine neue Übergangsregelung für Förderungsfälle durch die Bundesagentur für Arbeit im Rahmen von Altersteilzeitarbeitsverhältnissen. Abweichend von 5 Abs. 1 Nr. 2 des Altersteilzeitgesetzes bleibt nach der Neuregelung der Anspruch des Arbeitgebers auf Leistungen der Bundesagentur für Arbeit auch dann bestehen, wenn der Beschäftigte Anspruch auf die neue abschlagsfreie Rente mit dem 63. Lebensjahr hat, das Altersteilzeitarbeitsverhältnisses trotz Anspruchs auf die neue abschlagsfreie Rente fortgesetzt wird und mit der Altersteilzeit vor dem 1. Januar 2010 begonnen wurde. 4. Sonstiges Über die vorgenannten Regelungskomplexe hinaus enthält das Gesetz Verbesserungen beim Erwerbsminderungsschutz ( 59, 73 SGB VI), die sog. Mütterrente Ausweitung der anrechenbaren Kindererziehungszeiten für vor 1992 geborene Kinder ( 249, 307d SGB VI), die Anpassung der jährlichen Aufwendungen für Leistungen zur Teilhabe an die demografische Entwicklung Anhebung des Reha-Deckels ( 287b SGB VI) sowie die Anhebung des Bundeszuschusses ( 213 SGB VI). II. Zu den arbeitsrechtlichen Auswirkungen des RV-Leistungsverbesserungsgesetzes geben wir folgende erste Hinweise: 1. Keine automatische Beendigung des Arbeitsverhältnisses (für Altersteilzeitarbeitsverhältnisse siehe nachfolgend unter 3.) Das RV-Leistungsverbesserungsgesetz regelt allein die rentenrechtlichen Voraussetzungen für die neue abschlagsfreie Rente. Ob die Voraussetzungen dafür vorliegen, entscheidet der Rentenversicherungsträger. Allein der Anspruch auf die neue abschlagsfreie Rente führt nicht zu einer automatischen Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Es gelten ausschließlich die tarifvertraglichen Beendigungsregelungen. Nach 33 Abs. 1 Buchst. a TVöD endet das Arbeitsverhältnis, ohne dass es einer Kündigung bedarf, nur mit Ablauf des Monats, in dem der Beschäftigte
4 4 das gesetzlich festgelegte Alter zum Erreichen der Regelaltersrente vollendet hat. Im Wesentlichen inhaltsgleiche Regelungen enthalten 19 Abs. 1 Satz 1 Buchst. a TV-V, 34 Abs. 1 Buchst. a TV-Ärzte/VKA und 20 Abs. 1 Buchst. a TV-Fleischuntersuchung. Bei der neuen abschlagsfreien Rente handelt es sich nicht um die Regelaltersrente. Anspruch auf Regelaltersrente hat nach 35 SGB VI, wer die Regelaltersgrenze erreicht und die allgemeine Wartezeit erfüllt. Die Regelaltersgrenze wird unter Berücksichtigung der Übergangsregelung des 235 Abs. 2 SGB VI mit Vollendung des 67. Lebensjahres erreicht. 2. Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Beschäftigten bzw. Abschluss eines Aufhebungsvertrages Die neue abschlagsfreie Altersrente hat keinen Einfluss auf die tariflichen Kündigungsfristen des 34 Abs. 1 TVöD, 19 Abs. 5 TV-V, 35 Abs. 1 TV- Ärzte/VKA und 21 Abs. 1 TV-Fleischuntersuchung. Da die Kündigungsfrist bei einem beabsichtigten Ausscheiden zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Gesetzes am 1. Juli 2014 nicht eingehalten werden kann, bedarf es für ein Ausscheiden zum 1. Juli 2014 des Abschlusses eines Aufhebungsvertrages, wenn Beschäftigte zwecks Inanspruchnahme der neuen Altersrente aus dem Arbeitsverhältnis ausscheiden wollen. Gleiches gilt, wenn zwar ein späteres Ausscheiden durch Beschäftigte beabsichtigt ist, aber auch bis zu diesem Zeitpunkt die Kündigungsfrist nicht eingehalten werden kann. Eine Verpflichtung des Arbeitgebers, einem Auflösungsvertrag zuzustimmen, besteht unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt. Die neue Altersrente greift nicht in den abgeschlossenen Arbeitsvertrag ein. Eine nachträgliche Vertragsanpassung unter dem Gesichtspunkt des Wegfalls der Geschäftsgrundlage scheidet daher von vornherein aus. Der Abschluss eines Aufhebungsvertrages als neuer Vertrag kann nicht verlangt werden. Ob und zu welchem Zeitpunkt der Arbeitgeber einem Aufhebungsvertrag zustimmt, ist damit unter Berücksichtigung seiner personalplanerischen Überlegungen allein von ihm zu entscheiden. Hat ein Beschäftigter aus anderen Gründen bereits seine Kündigung ausgesprochen oder einen Aufhebungsvertrag unterzeichnet und will er nun bis zum Erreichen der Wartezeit von 45 Jahren als Voraussetzung für den Bezug der neuen abschlagsfreien Altersrente weiterarbeiten, muss der Arbeitgeber solch einem Verlangen ausdrücklich zustimmen. Eine erklärte Kündigung kann durch den Beschäftigten nicht zurückgenommen werden. Für eine Weiterarbeit wäre hier wie auch für eine Korrektur eines bereits abgeschlossenen
5 5 Aufhebungsvertrages die einvernehmliche Verständigung über die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses Voraussetzung. 3. Altersteilzeitarbeitsverhältnisse Nach 11 Abs. 2 Buchst. b TV FlexAZ, 9 Abs. 2 Buchst. b TV ATZ endet das Altersteilzeitarbeitsverhältnis, wenn der Arbeitnehmer eine Rente wegen Alters bezieht. Dies gilt auch bei der Inanspruchnahme der neuen abschlagsfreien Altersrente. Nach 11 Abs. 2 Buchst. a TV FlexAZ, 9 Abs. 2 Buchst. a TV ATZ endet das Altersteilzeitarbeitsverhältnis ebenfalls vorzeitig mit Ablauf des Kalendermonats vor dem Kalendermonat, für den der Arbeitnehmer eine abschlagsfreie Rente wegen Alters beanspruchen kann. Es kommt für diesen Beendigungstatbestand allein darauf an, dass die abschlagsfreie Rente beansprucht werden kann. Dies gilt auch für die neue abschlagsfreie Altersrente. Gleiches gilt nach 9 Abs. 2 Buchst. a und Buchst. b TV ATZ-Ärzte/VKA. Im Rahmen der Redaktionsverhandlungen zur Umsetzung der Tarifeinigung vom 1. April 2014 haben die Gewerkschaften ver.di und dbb gegenüber der VKA und dem Bund eine tarifvertragliche Anpassung zu den Auswirkungen des RV-Leistungsverbesserungsgesetzes durch die Möglichkeit des Rentenbezugs der neuen abschlagsfreien Altersrente ab dem 63. Lebensjahr in der Weise gefordert, dass das Altersteilzeitarbeitsverhältnis nicht allein wegen der Möglichkeit des Bezugs der neuen abschlagsfreien Altersrente automatisch endet. Die Arbeitgeber haben angekündigt, dies zeitnah zu prüfen. Hierzu ist die VKA aktuell in Kontakt mit den Gewerkschaften, um eine kurzfristige Klärung herbeizuführen, damit ein Eintreten sog. Störfälle von vornherein verhindert wird. 4. Weiterarbeit über die Regelaltersgrenze Die Weiterarbeit über das Erreichen der Regelaltersgrenze ist bislang nach 33 Abs. 5 TVöD, 34 Abs. 5 TV-Ärzte/VKA und 20 Abs. 5 TV-Fleischuntersuchung ausschließlich durch den Abschluss eines neuen schriftlichen Arbeitsvertrages möglich. Gleiches gilt auch ohne entsprechende tarifliche Regelung für den Geltungsbereich des TV-V. Die Möglichkeit des Hinausschiebens des Beendigungszeitpunktes innerhalb des laufenden Arbeitsverhältnisses nach der neuen Regelung des 41 Satz 3 SGB VI bedeutet für die Praxis, dass der Arbeitgeber und der Beschäftigte abweichend von den tarifvertraglichen Beendigungsregelungen mit Erreichen der Regelaltersgrenze 33 Abs. 1 Buchst. a TVöD, 19 Abs. 1 Satz 1
6 6 Buchst. a TV-V, 34 Abs. 1 Buchst. a TV-Ärzte/VKA, 20 Abs. 1 Buchst. a TV- Fleischuntersuchung einen späteren Beendigungszeitpunkt vereinbaren können, und zwar auch mehrfach. Da es sich nicht um den Abschluss eines (neuen) befristeten Arbeitsverhältnisses handelt, bedarf es für das Hinausschieben des Beendigungszeitpunktes keines sachlichen Grundes wie beim Abschluss eines befristeten Arbeitsvertrages. Die im laufenden Arbeitsverhältnis geltenden Arbeitsbedingungen bleiben bei einem Hinausschieben des Beendigungszeitpunktes unberührt (vgl. BT-Drucksache 18/1489, S. 25). Über die weiteren Entwicklungen werden wir baldmöglichst unterrichten.
ABDRUCK. Anliegendes Rundschreiben des Bundesministeriums des Innern vom 30. Juni übersende ich mit der Bitte um Kenntnisnahme und Beachtung.
Postanschrift Berlin: Bundesministeriu m der Finanzen, 11016 Berlin ABDRUCK POSTANSCHRIFT Bundesministerium der Finanzen, 11016 Berlin Per E-Mail HAUSANSCHRIFT Wilhelmstraße 97, 10117 Berlin Zum Geschäftsbereich
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