Überraschung für hessische Reiter:

Transkript

1 Überraschung für hessische Reiter: Stallgeflüster beim Großen Preis von Sachsen-Anhalt Ein kleines Dorf im Ostharz, rund 600 Einwohner, rundum: Natur pur. Der eigentliche Plan: Die Seele baumeln lassen, lange Hunde-Spaziergänge, Landschaft genießen und ein wenig Sight-Seeing an historischen Plätzen. Doch dann am Donnerstag Nachmittag: Riesige Pferdetransporter fahren durch das Dorf Allrode, eine Lautsprecher-Anlage ist bis in den Park zu hören. Ein Journalist und Pferdeliebhaber ist von Natur aus neugierig also nichts wie hin und schauen, was da ab geht. Von Elke Stamm Fotos: Elke Stamm, Stallgeflüster Frank Plock ist seit drei oder vier Jahren regelmäßiger Gast auf diesem Turnier inmitten von Natur pur. Direkt hinter dem riesigen Sport- und Wellnesshotel des Dorfes finden sich die riesigen Transporter wieder Kfz-Kennzeichen aus der gesamten Republik. Um Nach einer spannenden und knappen Siegerrunde: Dritter Platz für Frank Plock mit Vancouver. den Großen Preis von Sachsen-Anhalt geht es hier, hören wir. Und das macht uns nur noch neugieriger. Ein Blick auf die Starterliste lässt uns staunen: Namhafte Reiter aus dem gesamten Bundesgebiet treffen sich hier auf der grünen Wiese zu Spring- Prüfungen der schwersten Klassen. Unter ihnen z.b. Tillmann Gilbert, Gewinner des Hamburger Spring-Derbys 2013 oder Dirk Klaproth, Sieger bei den diesjährigen Löwen Classics in Braunschweig. Doch auch die Hessen fehlen hier nicht. Angereist sind Shari Zey und Frank Plock, um hier in Prüfungen der Klassen M und S zu starten. Recht überrascht reagiert Frank Plock, als die Stallgeflüster-Redaktion ihn am Samstag Nachmittag zwischen, zwei Starts in einer Springprüfung der Klasse S**, anspricht. Ich komme schon seit einigen Jahren hier her der Turnierplatz und die Pferde direkt am Hotel, das ist einfach ideal, sagt er, obwohl in diesem Jahr der Boden problematisch ist. Tatsächlich meinte es der Wettergott mit dem Veranstalter in diesem Herbst nicht sonderlich gut. War es bis zum vorigen Wochenende in dieser Region noch überaus trocken, so holte der Himmel jetzt nach, was fehlte und das führte zu erheblicher Rutschgefahr... Wir haben hier leider nur den Rasenplatz, kommentiert Oliver Schinke, Geschäftsführer des Hotels und Veranstalter des Turniers die Sorgen der Starter. Das Hotel ist unser Hauptgeschäft das Reitturnier findet nur einmal im Jahr statt, in Gedenken an meinen Vater, dessen Hobby das war. Im Frühjahr schütten wir den Boden regelmäßig mit Sand auf und pflegen ihn ordentlich, aber ein richtiger Sandplatz lohnt sich hier nicht. Aber trotz aller Bedenken und Unkenrufe am Samstag, geritten wurde doch und das überaus spannend, selbst für die Zuschauer, von denen die meisten keine Beziehung zum Reitsport hatten. Und gefeiert wurde auch am Samstag Abend und das ebenfalls heftig, auch wenn mancher Ein Hingucker : Das Hasseröder Brauerei-Gespann fährt zur Sieger-Ehrung im Großen Preis von Sachsen-Anhalt ein. 7

2 Besprechung zwischen den hessischen Reitern: Frank Plock und Shari Zey diskutieren auf dem Abreitplatz über die nächste Prüfung. Reiter, wie beispielsweise Shari Zey, wegen des Wetters schon abgereist war. Denn für Sonntag stand neben dem Großen Preis eine Zeitspringprüfung der Klasse S* auf dem Programm. Aber immerhin fuhr die junge Reiterin mit drei Platzierungen, darunter zwei zweiten Plätzen in einer M* und einer M** sowie einem fünften in einer S* nach Hessen zurück. Frank Plock dagegen hielt aus obwohl er hauptsächlich jüngere, noch unerfahrene Pferde dabei hatte. Und der Wettergott hatte am Sonntag, beim Zeitspringen S* und Großen Preis mit Siegerrunde dann doch ein Einsehen. Zwar war der Rasenplatz noch feucht, vor allem am Sonntag Vormittag, doch von oben blieb es trocken. Ein strahlendes Siegerpaar: Hans-Jörg Ottens holte in der Siegerrunde den Wanderpokal in die Nähe von Bremerhaven. Pünktlich zum Höhepunkt der Veranstaltung, dem Großen Preis, war dann auch der Turnierplatz mit Zuschauern so gefüllt, dass kaum noch ein Durchkommen war. Und zu dieser Prüfung hatte es Zuschauer aus der gesamten Region nach Allrode gezogen. Die Spannung war groß gab es doch nach dem ersten Springen noch eine so genannte Siegerrunde, in der alle, die sich dazu qualifiziert hatten, noch einmal von Null starteten. Unter den Teilnehmern der Siegerrunde natürlich auch ein Hesse Frank Plock hatte sich mit zwei Pferden in die Siegerrunde geritten und kurzzeitig sah es sogar danach aus, als ob der Große Preis von Sachsen Anhalt nach Hessen gehen würde. Knapp war es, aber Hans-Jörg Ottens mit Arcado aus der Nähe von Bremerhaven und Andreas Kempf mit Cora aus dem Altmarkkreis verwiesen den hessischen Reiter mit Vancouver auf Platz drei. Nach so viel Spannung hielten die Veranstalter dann noch eine Fahnenparade zu Pferd bereit, mit der sie den Teilnehmern aus so vielen Bundesländern dankten und last but not least: Zur Siegerehrung fuhr der Brauereiwagen der Hasseröder Brauerei ein gebaut und gezogen für und von vier Shetland-Ponys. Bilanz eines Wochenendes im Ostharz: Ein anspruchsvolles, schönes Turnier, das so der Veranstalter Oliver Schinke, im kommenden Jahr zum 10. Mal stattfinden soll. 8

3 Erfolgreiches hessisches Spring-Team beim Turnier in der Wiener Neustadt Philipp Bein (Junioren), Linus Born (U25), Philipp Brodhecker (Junioren) und Maximilian Wirzberger-Jach (Junge Reiter) räumten ordentlich Platzierungen ab. Allein Maximilian Wirzberger-Jach durfte sieben Mal die Ehrenrunde reiten. Von Elke Stamm Gleich zu Turnier-Beginn am Freitag siegte Linus Born mit Carnevale B in der Zwei- Phasen-Springprüfung der Klasse 140 cm und war in der S**, dem Großen Preis, nach dem Stechen Dritter. Philipp Bein, mit sechzehn der jüngste der Hessen, belegte ebenfalls in einem Zwei-Phasen- Springen (Klasse 120 cm) den vierten Platz mit Pactole Trust. Maximilian schließlich erritt mit Lugano einen zweiten und sechsten Platz in einer S*, sowie einen sechsten und siebten Platz mit Union ebenfalls in einer S*. In der Klasse 130 cm kam er mit Nabuco auf einen dritten und mit Luizard auf einen zehnten Platz. Phlipp Brodhecker mit Capitano schließlich holte einen weiteren sechsten Platz für die Hessen mit Capitano in der Klasse 130 cm. Sehr zufrieden ist Landestrainer Karl-Josef Münz mit der Leistung seiner Schützlinge im Youth TEAM Trophy, an dem Mannschaften aus sieben Nationen teilnahmen. Üblicherweise starten hier immer vier Reiter und man hat ein Streich-Ergebnis. Aber unsere Jungen starteten nur zu dritt da musste schon jeder gut reiten. Immerhin ritten Maximilian Wirzberger- Jach mit Nabuco, Philipp Brodhecker mit Capitano und Linus Born mit Carnevale B so gut, dass sie in der Mannschaftswertung den fünften Platz belegten. Und Stallgeflüster freut sich schon heute auf die nächsten Erfolgsmeldungen dieser hessischen Nachwuchsreiter. 9

4 Vom Fohlen zum Sportpferd: Züchterglück in Hessen Andreas Ostholt und Trakehnerstute Donnerstag starten im Vielseitigkeitssport durch Von Tanja Radermacher Es war an einem Donnerstag im April 2007, als bei den Züchtern Ute und Peter Gabriel in Schöffengrund die kleine braune Stute von EH Cadeau aus einer Mutter von Sixtus geboren wurde. Da die Mutter bereits Dienstag hieß, lag der Name Donnerstag nahe für die hübsche Stute. Mit einem besonders schönen Köpfchen, dass aber bereits von klein an auch mit einer gewissen Eigenwilligkeit ausgestattet war. Die war als Fohlen keine Schmusekatze und wollte auch nicht gerne gestreichelt werden erzählt Ute Gabriel, die mit ihrem Mann zusammen bereits seit 30 Jahren Pferde züchtet. Als junges Pferd sei die Stute über die Koppel an einem Bachlauf galoppiert und immer wieder zum Spaß über den Bach gesprungen, während die anderen Pferde möglichst um das Wasser herum gelaufen seien. Das war schon interessant zu sehen, erzählt Ute Gabriel lächelnd. Zu einem Freispringseminar für Junge Pferde fuhren die Züchter die Stute dann dreijährig ins Gestüt Hörstein nach Alzenau. Die schicke Donnerstag be- Fotos :Alexandra Gräfin Dohna Fotos :Ronald Hogrebe geisterte dort alle und bestach auch beim Springen, so dass sie daraufhin in das Trakehner Förderprogramm für Jungpferde aufgenommen wurde. Ein halbes Jahr wurde die Dreijährige aus der Familie: S 8 A Diadem nun im Gestüt Hörstein ausgebildet. Das war eine wichtige Station, betont Peter Gabriel. In Hörstein hat man sich wirklich Zeit für das Pferd genommen. Die Stute war anfangs gar nicht so begeistert, unter dem Reiter zu arbeiten. Mit konsequenter, feiner Hand wurde aber auf dem Gestüt alles in die richtigen Bahnen gelenkt, so dass er ein tolles Reitpferd nach Hause geholt habe. Allen guten Ratschlägen von Freunden und Bekannten zum Trotz ließ Familie Gabriel die Stute weder sofort decken noch wurde sie sofort aufs Turnier geschickt. Nochmal auf die Koppel kam das Pferd. Im Nachhinein kann man jetzt sagen, dass das richtig war, aber zu diesem Zeitpunkt haben wir lange überlegt, wie wir uns entscheiden sollen, erzählt Ute Gabriel. Im Oktober 2011 ging die Stute zur weiteren Ausbildung nach Landenhausen zu Bernd Petruschke. Der Vielseitigkeitsreiter legte die Basis für den Vielseitigkeitssport und führte die Stute an erste Geländesprünge heran. Auch Petruschke war von dem leistungswilligen, unkomplizierten Pferd begeistert und hat sie schließlich an seinen Kollegen Andreas Ostholt in Warendorf verwiesen, erzählt Ute Gabriel. Hierhin kam Donnerstag im März 2012, nachdem sie Prämienstute des Trakehner Verbandes im Zuchtbezirk Hessen geworden war, zunächst für zwei Monate zum Beritt. Auch Andreas Ostholt war von dem Pferd angetan und ist überzeugt, dass sich die Arbeit mit der Trakehnerstute lohnt. Gegenüber Stallgeflüster erzählt der Reiter, der gerade erst mit So Is Et den CCI3* in Bialy Bor gewinnen konnte, dass die Stute es einem immer leicht mache. Das war fast schon ein bisschen langweilig, weil die alles immer artig gemacht hat, erzählt der Vielseitigkeitsprofi. Neue Dinge habe er dem Pferd einmal gezeigt, dann habe das ordentlich funktioniert. Die herausragende Dressur zeichnet dieses Pferd aus. Besonders hervorstechend ist das gute Bewegungspotential so Ostholt. Da werde der Grundstein für eine gute Prüfung gelegt. Nach Platzierungen in Gelände- und Springpferdeprüfungen startete Andreas Ostholt im August diesen Jahres mit der 10

5 Fotos :Ronald Hogrebe Fotos :Alexandra Gräfin Dohna Stute beim CIC* in Sopot in Polen. Nach einem Sieg in der Dressur, 7,6 Zeitfehlern im Gelände und einem Abwurf im Parcours belegte das Paar den zweiten Platz in dieser anspruchsvollen Prüfung. Die Stute hat vorher noch nie so eine lange Reise zum Turnier gemacht, erklärt Ostholt. Aber auch die fremde Box und die Umgebung seien überhaupt kein Problem gewesen. Die hat sich dort einmal umgeschaut und dann gleich gefressen, betont der Leiter des Bereichs Reitsport an der Sportschule der Bundeswehr in Warendorf. In der Dressuraufgabe sei das Pferd: wie ein Glöckchen durch die Dressur gestiefelt, so dass sie in Führung lagen. Das Gelände sei dann anspruchsvoll gewesen, so dass er nicht habe volles Tempo reiten wollen. Mit einem guten Auftritt im Parcours beendete das Paar die Prüfung und qualifizierte sich damit für das Bundeschampionat der sechsjährigen Geländepferde in Warendorf. Dort erreichten sie den sechsten Platz im kleinen Finale mit der Note 8,0. Die Stute galoppiert nicht spektakulär, aber das ist effektiv, schnell am Sprung und sie sucht nach der Aufgabe erklärt Andreas Ostholt. Dieses Pferd sei bei den anfangs absolvierten Geländepferdeprüfungen nicht schlecht gelaufen, allerdings auch nicht sofort aufgefallen. Wenn die Pferde nicht gleich vorne platziert seien, sei es auch für die Besitzer wichtig, ruhig zu bleiben, nicht nervös zu werden und dem Pferd Zeit zu geben. Das habe sich bei Donnerstag schließlich auch ausgezahlt. Die Züchter haben ihrem Pferd diese Zeit gegeben. Werde den Pferden diese Zeit nicht eingeräumt, dann falle ein gutes Pferd schon einmal durchs Raster und werde dann vielleicht nur ein normales Reitpferd. Bei Donnerstag scheint das Konzept aufgegangen zu sein und auch Ute Gabriel freut sich: Es hat einfach alles gepasst bei diesem Pferd. Alle Stationen des Pferdes, ob Hörstein, ob Bernd Petruschke oder jetzt Andreas Ostholt - alle haben mit diesem Pferd ihr Bestes gegeben. Man darf also gespannt sein, in welchen Erfolgslisten die Stute in Zukunft auftauchen wird. Auch in der weiteren Pferdezucht der Familie Gabriel bleibt es aufregend. Die Schwester von Donnerstag hat im Frühjahr ein Fohlen des Trakehner Hengstes Grand Prix zur Welt gebracht und ist jetzt tragend von Sky Walker. Für Vielseitigkeitsprofi Andreas Ostholt bleibt es mit seinen Top-Pferden So Is Et und Pennsylvania ebenfalls spannend. Nach seinem dritten Drei-Sterne-Sieg in diesem Jahr im Oktober scheinen die Weichen gestellt für das WM-Jahr Stallgeflüster wünscht dafür viel Erfolg. 11