Kurzbiografie für. Erich Kahn. * 6. April 1913 in Paderborn 2. Juni Diese Kurzbiografie wurde verfasst von Frau Hellwig
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1 Kurzbiografie für Erich Kahn * 6. April 1913 in Paderborn 2. Juni 1990 Diese Kurzbiografie wurde verfasst von Frau Hellwig
2 Kindheit und Studium in Münster Erich Kahn wurde am 6. April 1913 in Paderborn in Westfalen als Sohn des jüdischen Kolonialwarenhändlers Siegfried Kahn und dessen Frau Meta, geborene Rothschild, geboren. Mit 18 Jahren bestand er sein Abitur am Gymnasium Theodorianum Paderborn und begann 1932 in Bonn ein Medizinstudium. Zwei Jahre später setzte er dieses Studium an der Universität in Münster fort. 1 Obwohl er mit dem Beginn seines Studiums mit der Kaufmannstradition seiner Familie brach, erhielt er von seinen Eltern in jedem Fall finanzielle Unterstützung. 2 In Münster wohnte er zuerst in der Hammerstraße, bevor er in den Dahlweg zog. Darüber hinaus gibt seine Studentenkarte Aufschluss darüber, dass er am 11. August 1934 seine ärztliche Vorprüfung bestanden hat. Des weiteren geht aus ihr hervor, dass er am 14. März 1935 die Universität in Münster verlassen hat. Der Grund dafür wird aber dort nicht genannt. 3 Margit Naarmann hat neben vielen weiteren Familien auch die Familie Kahn in ihrer Zusammenstellung über jüdische Familien in Paderborn berücksichtigt. Sie begründet das Verlassen der Münsterischen Universität damit, dass ein Weiterstudium nach der Zwischenprüfung von Erich Kahn wegen der politischen Verhältnisse nicht mehr möglich gewesen sei. 4 Konkreter Hintergrund ist der Erlass des Reichsinnenministers vom Februar 1935, der einen Ariernachweis zur Voraussetzung für die Zulassung zu allen staatlichen Prüfungen dazu zählten auch die weiteren Prüfungen im Rahmen des Medizinstudiums machte. Zwar wurden im April diejenigen nicht-arischen Studierenden von dieser Regelung ausgenommen, die ihr Studium, wie Erich Kahn, bereits vor 1933 aufgenommen hatten, doch zu diesem Zeitpunkt hatte Erich Kahn die Universität bereits verlassen. 5 Emigration nach Südafrika Er bemühte sich daraufhin, nach Südafrika zu einer Cousine seines Vaters zu emigrieren. Glücklicherweise betrieb die Südafrikanische Union zu dieser Zeit laut Naarmann eine emigrantenfreundliche Politik, weshalb er, nachdem seine Verwandten für ihn gebürgt hatten, bereits im September 1935 eine Einreiseerlaubnis erhielt. Unklar ist hierbei, ob er bereits kurz vor seiner Auswanderung 1 Universitätsarchiv Münster, Bestand 209, Studierendenkarte Erich Kahn. 2 Naarmann, Margit:»Von ihren Leuten wohnt hier keiner mehr«. Jüdische Familien in Paderborn in der Zeit des Nationalsozialismus (Paderborner historische Forschungen 7), Köln 1998, S Ebenso wie Oberfinanzdirektion Münster, Devisenstelle Nr. 4492, L 001a. 3 Universitätsarchiv Münster, Bestand 209, Studierendenkarte Erich Kahn. 4 Naarmann,»Von ihren Leuten wohnt hier keiner mehr«, S Reichsministerialblatt. Zentralblatt für das Deutsche Reich. Herausgegeben vom Reichsminister der Innern, 1934, S. 300; 1935, S. 65; Deutsche Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung. Amtsblatt des Reichsministeriums für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung und der Unterrichtsverwaltung der Länder, 1935, S
3 noch Gertrud Isacson aus Antwerpen geehelicht hat. 6 Sein Studium setzte er im folgenden Jahr an der Universität in Johannesburg fort und machte 1940 dort seinen Abschluss. Nach bestandener Prüfung ließ sich Erich Kahn in Johannesburg vorerst als praktizierender Arzt nieder, bevor er mit seiner Frau und seinen beiden Söhnen 1961 in die Vereinigten Staaten auswanderte. Schicksal seiner Familie Seine in Paderborn verbliebende Familie hatte derweil mit dem stark steigenden politischen Druck zu kämpfen. Seine Schwester Hildegard beendete 1934 vorzeitig ihre hauswirtschaftliche Ausbildung und begab sich in die Niederlande, um von dort die weitere Entwicklung der Judenpolitik unter der NS-Regierung zu beobachten. Allerdings blieb sie nicht lange dort, weil ihre Eltern 1935/36 Hilfe in Geschäft und Haushalt benötigten. Auslöser war wahrscheinlich das»gesetz zum Schutz des deutschen Blutes und der deutschen Ehre«, das allen Nichtjüdinnen unter 45 Jahren verbot, einer Tätigkeit in jüdischen Haushalten nachzugehen. Obwohl die Spannung in der Gesellschaft durch die Nürnberger Gesetze weiter stieg, war es doch erst die Verhaftung von Erich Kahns Vater Siegfried und seine Inhaftierung in Buchenwald in der Reichspogromnacht, die, nachdem er wieder aus der Haft entlassen worden ist, dafür sorgte, dass sich die Familie nach einer Auswanderungsmöglichkeit umsah. Auch Erich Kahn versuchte in Südafrika, Visa für seine Familie zu organisieren, scheiterte aber trotz zweier Versuche, der letzte im August Währenddessen wurde das Geburtshaus von Erich Kahn zu einem»judenhaus«umfunktioniert, nachdem zum 1. Januar 1939 hin das Gesetz zur»ausschaltung der Juden aus dem deutschen Wirtschaftsleben«in Kraft trat und das Geschäft der Gebrüder Kahn aufgelöst worden war. Dadurch konnten wohnungslose Juden in das Haus eingewiesen und gesammelt werden. Schließlich bleibt anzunehmen, dass am 8. Juli 1942 Siegfried und Meta Kahn nach Auschwitz deportiert worden sind. Zuvor war bereits am 31. März 1942 Hermann Kahn, der Bruder von Siegfried, im zweiten Paderborner Transport in den Osten deportiert worden. 7 Das Schicksal der Schwester bleibt hingegen ungewiss, da sie gute Chancen gehabt zu haben scheint, eine Ausreisegenehmigung zu erhalten. Dies geht aus den Devisenakten der Finanzdirektion Münster hervor. 6 Oberfinanzdirektion Münster, Devisenstelle Nr. 4410, L001a. 7 Naarmann,»Von ihren Leuten wohnt hier keiner mehr«, S
4 Auswanderung in die USA und Tod An die Finanzdirektion Münster richtet sich auch Dr. Erich Kahn am 25. März 1958 von Johannesburg aus und forderte Wiedergutmachung. Allerdings geben auch hier die Akten keinen Aufschluss darüber, ob er eine Entschädigung oder Vergleichbares jemals erhalten hat. 8 Das Letzte, was meine Recherche bezüglich Erich Kahn hervorbringen konnte, war ein Nachruf in der New York Times, in dem die Rede davon war, dass ein Herr Dr. Erich Kahn, Professor der Pädiatrie, am 6. Februar 1990 gestorben sei. 9 Ein Opfer der Universität? Abschließend begründe ich meine Entscheidung, eine Kurzbiographie für Erich Kahn anstelle eines Gedenkblattes zu verfassen folgendermaßen: Obwohl das Schicksal seiner Familie stark durch den Nationalsozialismus geprägt worden ist und seine Studienbedingungen in Münster von großen Widrigkeiten geprägt waren, spricht nichts dafür, dass er von der Universität Münster dazu gedrängt oder gezwungen worden ist, diese zu verlassen. Zwar sah es nach der ersten Verordnung des Reichsinnenministers vom Februar 1935 so aus, als ob er die medizinische Abschlussprüfung nicht würde ablegen können, die Ausnahmeregelungen vom April hätten ihm dies jedoch ermöglicht. Aus diesem Grund ist Erich Kahn kein Opfer im Sinne unserer Übung aber man sollte darüber nachdenken, ob nicht seine Eltern Siegfried und Meta Kahn einen»stolperstein«verdient haben. 8 Oberfinanzdirektion Münster, Devisenstelle Nr. 4492, L 001a. 9 zuletzt eingesehen am
5 Quellen- und Literaturverzeichnis Archive Universitätsarchiv Münster Bestand 209, Studierendenkarte Erich Kahn. Quellen Oberfinanzdirektion Münster, Devisenstelle Nr. 4492, L 001a. Deutsche Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung. Amtsblatt des Reichsministeriums für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung und der Unterrichtsverwaltung der Länder, Reichsministerialblatt. Zentralblatt für das Deutsche Reich. Herausgegeben vom Reichsminister der Innern, 1934/1935. Literatur Naarmann, Margit:»Von ihren Leuten wohnt hier keiner mehr«. Jüdische Familien in Paderborn in der Zeit des Nationalsozialismus (Paderborner historische Forschungen 7), Köln
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