Jugendamt und Familiengericht. RA Prof. Dr. Roland Proksch, Mediator. Workshop Köln : 10. Nov. 2014
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- Guido Grosser
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1 Jugendamt und Familiengericht RA Prof. Dr. Roland Proksch, Mediator Workshop Köln : 10. Nov
2 Situationsbedingte elterliche Illusionen bei Trennung/Scheidung 1. Mein RA wird alles für mich in meinem Sinne regeln. 2. Du wirst von ihm hören. Mit Dir rede ich nicht mehr. 3. Endlich bin ich Dich los, endgültig! 4. Mein Kind gehört mir! 2
3 Situation der Eltern Sie erwarten eine Lösung. Sie erwarten Unterstützung ihrer Position. Sie suchen Koalitionen. Sie fürchten etwas Unbekanntes. Sie hoffen auf eine neue Bühne. 3
4 Kommunikation von Konfliktbeteiligten Nicht (mehr) zuhören. ( Du hörst mir nicht zu! ) Nicht (mehr) reden. ( Mit Dir kann man nicht reden!) Nicht (mehr) verstehen. ( Du verstehst mich nicht! ) Missverständnisse ( Das habe ich nicht gesagt! ) Misstrauen ( Was willst Du eigentlich von mir? ) Fehlendes Vertrauen ( Dir vertraue ich nicht mehr! ) Interpretieren ( Ich denke, dass Du denkst, dass ich denke!) Gefühlte Ungerechtigkeiten ( Das ist ungerecht!) 4
5 Warum Einvernehmlichkeit? Streitende sollten wissen, dass nie einer ganz Recht und nie einer ganz Unrecht hat! (Kurt Tucholsky) Das Bundesverfassungsgericht am 14. Februar 2007 eine zunächst streitige Problemlage durch eine einverständliche Lösung zu bewältigen, ist auch in einem Rechtsstaat grundsätzlich vorzugswürdig gegenüber einer richterlichen Streitentscheidung. 5
6 Angebote zur einvernehmlichen Konfliktregelung Richterliche Entscheidungen sind oft genug nicht der Schlussstrich der konflikthaften Auseinandersetzung, sonder die Ouvertüre verletzter Eltern zu immer neuen, immer hartnäckiger werdenden neuen persönlichen Auseinandersetzungen. 6
7 Warum außergerichtliche Regelung statt Gerichtsentscheid? Es geht um eine befriedende/befriedigende Konfliktregelung der Beteiligten selbst auf der Grundlage ihrer Interessen/Bedürfnisse nicht um Recht haben- oder Recht kriegen nicht um gewinnen oder verlieren 7
8 Leitbild des FamFG 1. Von der kontradiktorischen Auseinandersetzung vor Gericht hin zur einvernehmlichen Streitregelung durch die Beteiligten selbst. 2. Beschleunigung von Umgangs- und Sorgeverfahren. 3. Stärkung konfliktlösender Verfahrenselemente. 4. Förderung einvernehmlicher Streitregelung 8
9 Leitbild des SGB VIII. 1. Förderung des Rechts junger Menschen auf Entwicklung und Erziehung zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit, 1 Abs. 1+3 SGB VIII. 2. Schutzauftrag für Kinder und Jugendliche, 1 Abs. 3 Nr. 3, 8a SGB VIII. 3. Beratung und Unterstützung von Eltern bei der Erziehung, 1 Abs. 3 Nr. 2 SGB VIII. 4. Beratung und Unterstützung von Eltern in Fragen der Partnerschaft, bei Ausübung der Personensorge und des Umgangs, 17, 18, 28 SGB VIII. 5. Mitwirkung in Verfahren vor den Familiengerichten 9
10 Rolle, Auftrag, Aufgabe von FamG und JA 36, 36 a, 156 Familienverfahrensgesetz: Hinwirken auf Einvernehmen (Förderung einvernehmlicher Streitregelung; Stärkung konfliktlösender Elemente ) 17, 18 SGB VIII: Beratung und Unterstützung von Eltern zur Bewältigung elterlicher Konflikte 50 SGB VIII Mitwirkung in Verfahren vor den Familiengerichten 10
11 Ziele Verfahrenspraxis für Kindschaftssachen Konflikteltern (wieder-) befähigen, ihre Elternverantwortung kindeswohlorientiert wahrzunehmen Kinder in den Mittelpunkt stellen Umgangstoleranz fördern/erhalten Eltern (wieder- ) befähigen, grundlegende Anliegen ihrer Kinder miteinander zu klären Beteiligte Professionen Rechtsanwälte Familienrichter Verfahrensbeistände Fachkräfte der Kinder- und Jugendhilfe Sachverständige 11
12 Verfahren in Kindschaftssachen Beginn des Verfahrens auf Antrag oder Anregung, 23, 24 Prüfung Zuständigkeit 152, 153, 154 Verfahrensvorgaben Vorrang-, Beschleunigungsgebot in Sachen Aufenthalt, UR, Herausgabe, Kindeswohlgefährdung, 155 Abs. 1 Früher Termin, spät. 1 Monat nach Verfahrensbeginn, 155 Abs. 2 Satz 2) persönliches Erscheinen der Beteiligten, 155 Abs. 3 Anhörung JA, Eltern, Kinder, Pflegepersonen, Bestellung Verfahrensbeistand, 158 Hinwirken auf Einvernehmen; Hinweis auf Beratung bzw. Mediation, 156 Bei Einvernehmen, wenn Gericht Vergleich billigt, ist Verfahren beendet, 156 Abs. 2 Satz 1) Ohne Einvernehmen Erörterung den Erlass einer einstw. AO, 156 Abs. 3 Satz 1 Anordnung der Teilnahme an Beratung 156 Abs. 3 Satz 2 Erörterung im Fall möglicher Kindeswohlgefährdung,
13 Planung/Durchführung Verhandlung in Kindschaftssachen Antragsteller / Rechtsanwälte beschränken sich auf wesentlichen Sachvortrag, um Konfliktverschärfung zu vermeiden Abstimmung früher Termin Gericht / JA Vor Termin Kontaktaufnahme JA/Eltern/Kinder Im Termin Erörterung der Sache mit den Beteiligten, JA Im Termin Hinwirken auf Einvernehmen Ergebnis: genehmigter Vergleich / Anordnung von Beratung / eao, SV Gutachten 13
14 Arbeitsweise 155 ff FamFG Sachantrag wird durch wesentlichen deeskalierenden Sachvortrag begründet Schwerpunkt ist mündliche Sacherörterung im Termin Zeitnahe Terminierung des 1. Termins gemäß 155 Abs. 2 Satz 2 FamFG, möglichst in Abstimmung mit JA Fachkraft versucht vor dem Termin erstes Elterngespräch (ggf. mit Kind/ern) Fachkraft ist im Termin präsent zur Unterstützung einer elterlichen Einigung Ergebnis im ersten Termin: Vergleich, 156 Abs. 2 FamFG; Hinweis auf Mediation/ Anordnung Beratung, 156 Abs. 1 Sätze 2-4 FamFG; einstweilige Anordnung, 156 Abs. 3; SV- Gutachten, 163 FamFG 14
15 Ablauf des Verfahrens FamG stimmt mit JA unverzüglich 1. Termin ab. FamG lädt Eltern und RA zum 1. Termin Fachkraft versucht vor dem Termin erstes Elterngespräch (ggf. mit Kind/ern) mit dem Ziel einer einvernehmlichen Regelung Fachkraft informiert im 1.Termin über Verfahrensstand Wird im 1. Termin eine Einigung erreicht, ist sie als Vergleich zu protokollieren, 156 Abs. 2 FamFG Wird im 1. Termin keine Einigung erreicht und erscheint Einigung möglich, ordnet FamG in Abstimmung mit JA und Eltern Beratung an. Beratung erfolgt in Beratungsstelle. Wird in Beratung Einigung erreicht, erfolgt Vorgehen nach 156 Abs. 2 FamFG oder Antragsrücknahme. Wird keine Einigung erreicht, beginnt gerichtlicher Entscheidungsprozess ggf. mit eao und/oder Anordnung SV-Gutachten. 15
16 Mediation als Angebot gemäß 156 Abs. 1, 36 a FamFG prozessorientiertes, stufig strukturiertes, freiwilliges Verfahren zur Unterstützung von Konfliktpartnern bei ihrem Versuch einer eigenverantwortlichen Regelung ihres Konflikts, außergerichtlich, selbständig, zukunftsorientiert, mit Hilfe von neutral und allparteilich den Prozess steuernden Mediator/innen durch offene, vertrauliche, faire, gewaltfreie, ergebnisoffene aber ergebnisorientierte und interessenbezogene Kommunikation und Kooperation (vgl. dazu 1 Abs. 1 Mediationsgesetz) 16
17 Freiwilligkeit Prinzipien der Mediation Eigenverantwortlichkeit/Selbstbestimmtheit Vertraulichkeit / Verschwiegenheit Offenheit / Transparenz / Informiertheit Fairness/ Gewaltfreiheit Allparteilichkeit / Neutralität Strukturiertheit/ Prozesshaftigkeit/Ergebnisoffenheit Gleichwertigkeit / Wechselseitigkeit Einbeziehung aller am Konflikt Beteiligten Anwesenheit vermittelnder Mediator/innen 17
18 Abgrenzung rechtsförmige Konfliktregelungen zu Mediation Klärung von Schuld Aus/in der Vergangenheit Normorientierung Dritt-Delegation Suche nach einvernehmlichen Regelungen für die Zukunft Interessenorientierung Rekurs auf Eigenverantwortung Regelung per Entscheidung Regelung per Konsens Verharren in Positionen Recht haben wollen Überzeugen wollen gemeinsame Arbeit nach Optionen aufgrund von Interessen Fokus auf Bedürfnisse/Interessen zuhören und Wechselseitigkeit fördern 18
19 Strategisch kommunizieren zur Förderung von Einvernehmlichkeit aufmerksam interaktiv (zu-) hören gleichwertig, neutral, allparteilich, strukturierend spiegeln wertschätzen des Gehörten ernst nehmen von Gefühlen Gemeinsamkeiten / Unterschiede benennen focussieren auf die Realität positiv umdeuten, normalisieren informieren weiterführend (offen) fragen auf den Konflikt focussieren 19
20 Struktur einer zielorientierten Gesprächsführung Ankommen / wertschätzende Gesprächsatmosphäre fördern Darstellen der Sichtweisen/Positionen Arbeitsauftrag klären und festhalten Interessen herausarbeiten Regelungsmöglichkeiten finden Entscheidung treffen Fixieren der Vereinbarungen 20
21 Literaturhinweis Mustervorlage Münchner Modell Leitfaden und andere Vorlagen unter : 21
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