B E S C H L U S S. In dem Rechtsstreit ...
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- Hertha Voss
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1 Sächsisches Landesarbeitsgericht Az.: Chemnitz, Ca 1181/09 ArbG Dresden B E S C H L U S S In dem Rechtsstreit... hat die 4. Kammer des Sächsischen Landesarbeitsgerichts durch die Vorsitzende Richterin am Landesarbeitsgericht Sünkel als Vorsitzende ohne mündliche Verhandlung am beschlossen: 1. Auf die sofortige Beschwerde des Klägers wird der Aussetzungsbeschluss des Arbeitsgerichts Dresden vom Ca 1181/09 a u f g e h o b e n. 2. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 792,99 festgesetzt. Gründe: I. Der Kläger macht mit seiner Klage gegenüber der Beklagten Lohnansprüche für den Zeitraum von Juli bis September 2008 geltend. Der Kläger war in der Zeit vom bis als Baumaschinenführer bei der Beklagten als Zeitarbeiter/Leiharbeiter beschäftigt. In dem für den Zeitraum vom bis befristeten Arbeitsvertrag der Parteien vom haben diese unter 8 Ziffer 3 einen Grundlohn von 3,00 einschließlich einer Reisekostengrundzulage in Höhe von 3,07 sowie unter 13 vereinbart, dass auf das Arbeitsverhältnis die für den Arbeitgeber fachlich einschlägigen Tarifverträge in ihrer jeweils geltenden Fassung Anwendung finden,
2 Seite 2 wobei dies zurzeit die zwischen der Tarifgemeinschaft Christliche Gewerkschaften Zeitarbeit (CGZP) und PSA und der... GmbH abgeschlossenen Tarifverträge (Manteltarifvertrag, Vergütungsrahmentarifvertrag, Vergütungstarifvertrag) sind. Wegen des Inhalts des Arbeitsvertrages vom wird auf diesen (Bl. 6 bis 11 d. A.) verwiesen. Der Kläger hat mit der Klage die Auffassung vertreten, dass es sich bei dem in 8 Ziffer 3 des Arbeitsvertrages vereinbarten Bruttostundenlohn in Höhe von 3,00 um einen sittenwidrig niedrigen Lohn handele, so dass ihm der für die Branche übliche Lohn zustehe. Durch Beschluss des Arbeitsgerichts Dresden vom wurde der Rechtsstreit gemäß 97 Abs. 5 ArbGG ausgesetzt, da die Entscheidung dieses Rechtsstreits davon abhängt, ob die Tarifgemeinschaft Christlicher Gewerkschaften für Zeitarbeit und Personalserviceagenturen tariffähig sind. Gegen die Aussetzung richtet sich die von dem Kläger erhobene sofortige Beschwerde vom , der durch Beschluss des Arbeitsgerichts vom nicht abgeholfen wurde. II. 1. Die sofortige Beschwerde des Beschwerdeführers/Klägers ist gemäß 78 ArbGG i. V. m. 567 Abs. 1 Satz 1, 252 ZPO statthaft. Sie ist auch zulässig, da die Zwei-Wochen-Frist des 569 Abs. 1 Satz 1 ZPO hier mangels einer Rechtsbehelfsbelehrung nicht zu laufen begann. 2. Die sofortige Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg. Das Arbeitsgericht durfte das Verfahren nicht nach 97 Abs. 5 ArbGG aussetzen. Für den vom
3 Seite 3 Kläger geltend gemachten Anspruch kommt es auf die Tariffähigkeit der CGZP nicht an. a) Nach 97 Abs. 5 Satz 1 erste Alternative ArbGG hat das Gericht das Verfahren bis zur Erledigung des in 2 1 Abs. 1 Nr. 4 ArbGG vorgesehenen Beschlussverfahrens auszusetzen, wenn die Entscheidung eines Rechtsstreits davon abhängt, ob eine Vereinigung tariffähig ist. Diese Bestimmung stellt nach ihrem eindeutigen Wortlaut darauf ab, ob es auf die Frage der Tariffähigkeit tatsächlich ankommt, nicht darauf, ob es auf die Tariffähigkeit möglicherweise ankommen könnte. Dies entspricht auch dem besonderen arbeitsgerichtlichen Beschleunigungsgebot, das in 9 Abs. 1 ArbGG vorgesehen ist. Ist das Verfahren nämlich nach 97 Abs. 5 Satz 1 ArbGG ausgesetzt, ohne dass bereits ein Beschlussverfahren über die Tariffähigkeit einer Vereinigung anhängig ist, sind die Parteien des Verfahrens darauf verwiesen, von ihrem in 97 Abs. 5 Satz 2 ArbGG festgelegten Recht Gebrauch zu machen, selbst einen Antrag auf Feststellung der Tariffähigkeit zu stellen. Dies ist nicht zumutbar, wenn der Rechtsstreit auf einer anderen Basis notfalls auch nach Beweisaufnahme ohne Klärung der Tariffähigkeit einer Vereinigung entschieden werden kann. b) Nach dem bisherigen Verfahrensstand ist die Frage der Tariffähigkeit der CGZP nicht entscheidungserheblich. aa) Im Beschwerdeverfahren ist die Ansicht des aussetzenden Gerichts hinsichtlich der Entscheidungserheblichkeit nur begrenzt überprüfbar. Anderenfalls würden Fragen, deren Klärung nach der Systematik der ZPO den Rechtsmitteln der Berufung und ggf. der Revision vorbehalten ist, in das anders ausgestaltete Beschwerdeverfahren, das beispielsweise keine Pflicht zur mündlichen Verhandlung kennt, verschoben. Auch im Beschwerdeverfahren kann jedoch von einer noch nicht vorliegenden Entscheidungserheblichkeit ausgegangen werden, wenn diese offensichtlich ist. Dies ist hier der Fall. bb) Hinsichtlich der Zahlungsklage ist eine Vorgreiflichkeit nicht ersichtlich.
4 Seite 4 Der Kläger stützt seine Klageforderung darauf, dass der in 8 Ziffer 3 des Arbeitsvertrages vom vereinbarte monatliche Bruttostundenlohn in Höhe von 3,00 sittenwidrig sei. In 8 des Arbeitsvertrages vom ist die Vergütung des Klägers geregelt. Danach soll der Grundlohn 3,00 brutto betragen und die Reisekostengrundzulage 3,07. Wie aus den unter dem Anlagenkonvolut K 3 vorgelegten Lohnabrechnungen erkennbar ist, hat die Beklagte als Stundenlohn 3,00 brutto berechnet, außerdem Kilometergeld und Zahlungen für Verpflegungen, wobei nicht nachvollziehbar ist, wie die Beklagte die dort erscheinenden Beträge berechnet hat. Im Vergütungstarifvertrag mit Bruttoentgeltzusage vom sind in 3 die Bruttostundenvergütungen geregelt. Dort ist bei Vergütungsgruppe 3 in der Eingangsstufe eine Bruttovergütung von 6,80 geregelt, dies ist ein mehr als doppelt so hoher Betrag wie in 8 Abs. 3 des Arbeitsvertrages vom ausgewiesen. Aus dem 1. Nachtrag zum Vergütungstarifvertrag mit Bruttoentgeltzulage ergibt sich in 3 eine entsprechende Erhöhung, dies ist bei Vergütungsgruppe 3 in der Eingangsstufe ein Bruttostundenlohn von 6,94. Da der Kläger während der ganzen Zeit seiner Tätigkeit für die Beklagte in den alten Bundesländern eingesetzt war, orientiert sich die Klageforderung des Klägers im Hinblick auf die korrekte Vergütungsgruppe nach den Tarifverträgen in der Recycling- und Entsorgungswirtschaft. Die unterste Tarifvergütung im Tarifgebiet West in der Recycling- und Entsorgungswirtschaft beläuft sich nach Auskunft der...-stiftung auf 10,40 brutto je Stunde. Diese vorgenannte Vergütungshöhe gilt ab Juli 2008; ab Mai 2009 steigt sie auf 10,71 je Stunde. Dieser Tariflohn in Höhe von 10,40 brutto ist hier Grundlage der streitgegenständlichen Forderungsklage, mit der der Kläger die Differenzen zwischen der ihm in den Monaten Juli bis September 2008 tatsächlich abgerechneten und gezahlten Vergütung und der ihm nach den einschlägigen Entgelttarifverträgen bzw. Haustarifverträgen zustehenden Lohn geltend macht. Danach ergibt sich, dass der Kläger noch nicht einmal die in den vorliegenden Vergütungstarifverträgen für die Beklagte geregelte Vergütung erhalten hat,
5 Seite 5 sondern weitaus weniger, wobei insoweit bereits Sittenwidrigkeit vorliegen dürfte. Der Grundlohn von 3,00 brutto je Stunde in Vergütungsgruppe 3 ist in Zeitarbeitsfirmen nicht üblich. Nach dem Entgelttarifvertrag Ost zwischen der Tarifgemeinschaft Christliche Gewerkschaften Zeitarbeit und PSA und dem Arbeitgeberverband Mittelständischer Personaldienstleister vom , in Kraft getreten zum , beträgt die Bruttostundenvergütung in der Entgeltgruppe 3 6,97. Nach dem Tarifvertrag Ost zwischen dem Bundesverband Zeitarbeit und Personaldienstleistungen und dem Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) beträgt der Bruttostundenlohn in der Entgeltgruppe 3 8,15. Diese Vergütungen gelten ebenfalls ab Mitte Der DGB hat gemeinsam mit dem BZA und der IGZ in den Tarifverträgen einen Mindestlohn ausgehandelt, der in den alten Bundesländern bei 7,31 und in den neuen Bundesländern bei 6,36 liegt. Hieraus ist deutlich zu ersehen, dass der dem Kläger gewährte und im streitgegenständlichen Haustarifvertrag vereinbarte Stundenlohn weit unter dem üblichen Lohn der Branche liegt und aufgrund dessen sittenwidrig sein dürfte. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (vgl. BAG, Urteil vom AZR 436/08 NZA 2009, 837 bis 840) zu sittenwidrigen Löhnen, wo generell eine Orientierung am Tariflohn bzw. üblichen Lohn erfolgt, ist Sittenwidrigkeit bereits dann gegeben, wenn die Vergütung nicht einmal zwei Drittel eines in der betreffenden Branche und Wirtschaftsregion üblicherweise gezahlten Tariflohns erreicht. Im vorliegenden Fall liegt die Vergütung nach dem streitgegenständlichen Haustarifvertrag sogar weit mehr als 50 % unter der tarifüblichen Vergütung der Branchen-Entgelttarife. Somit ist ganz offensichtlich, dass der vorliegende Rechtsstreit nicht unterbrochen werden muss, da sich die zwischen den Parteien vereinbarte Vergütung eben gerade nicht aus den im Arbeitsvertrag genannten Tarifverträgen ergibt, sondern in Abweichung hiervon sittenwidrig zu niedrig vereinbart wurde.
6 Seite 6 Nach alledem war auf die sofortige Beschwerde des Klägers der Beschluss des Arbeitsgerichts vom aufzuheben. Als Beschwerdewert erscheint ein Fünftel des Hauptsachewerts angemessen (vgl. Thomas/Putzo, 28. Auflage, 148 Rdnr. 6 c; GK-ArbGG-Wenzel, 1 Anm. 234 m. w. N.). Diese Entscheidung konnte ohne mündliche Verhandlung durch die Vorsitzende allein ergehen ( 567 Abs. 1 Nr. 1, 568 Abs. 1 ZPO, 64 Abs. 7, 53 Abs. 1 Satz 1 ArbGG). Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
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