Manuel Schöbel. Lulatsch will aber
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- Catrin Hofer
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1 Manuel Schöbel will aber
2 (c) henschel SCHAUSPIEL Theaterverlag Berlin GmbH Als unverkäufliches Manuskript vervielfältigt. Alle Rechte am Text, auch einzelner Abschnitte, vorbehalten, insbesondere die der Aufführung durch Berufs- und Laienbühnen, des öffentlichen Vortrags, der Buchpublikation und Übersetzung, der Übertragung, Verfilmung oder Aufzeichnung durch Rundfunk, Fernsehen oder andere audiovisuelle Medien. Werknutzungsrechte können vertraglich erworben werden von: henschel SCHAUSPIEL Theaterverlag Berlin GmbH Alte Jakobstraße 85/ Berlin Tel.:
3 DARSTELLER Neue Fassung von Februar 2001
4 1. Szene: Suche Ganz ruhig bleiben. Guten Tag. Nicht wundern. Ist er da? Ob er hier ist?! Wer? Ach, natürlich. Ganz ruhig bleiben. Der natürlich. Es treibt sich hier ein herum. Ein Junge, so ein langer Kerl, mit solchen Latschen ein Lalatsch, nein, ein. Und der schleicht sich in die Klassen rein! Ist er hier? Hier ist er nicht? Gut. Ganz ruhig bleiben. Weitermachen. An der Tür kommt ihm der entgegen. merkt das und versteckt sich hinter der Tür. schleicht sich in die Klasse, hält sich die Augen zu, nach dem Motto: Seh ich euch nicht, seht ihr mich nicht., und fast schafft er es, sich in die Bank zu setzen. Was machst du hier? Ganz ruhig bleiben. Was machst du? Du schleichst dich ein. So ist das, und so geht das nicht. Ich will mich nur hier hinsetzen. Das geht nicht. Du nimmst den andern die Sicht. Ich mach mich ganz klein. Das geht nicht, da kriegst du einen krummen Rücken. Dann setz ich mich hinten hin. Ich will hier nur sitzen. Mach doch. Siehst du, das geht auch nicht. Dann drehn sich alle nach dir um. Warum? Weil du so ein bist und Schluß! Komm jetzt raus. Weitermachen. geht bis zur Tür mit, dann setzt er sich auf den Fußboden. Er ist unglücklich. Dem ist es peinlich. Er überlegt, ob er den anfaßt und hochzieht. Dann versucht er es. Der macht sich schwer. Der wird gröber. Faß mich nicht an. Nicht anfassen. Nicht hauen. 2
5 Ganz ruhig bleiben. Wer haut denn hier? Sie! Wer sind Sie überhaupt? Ich bin hier, und ich haue überhaupt nicht. Aber Sie wollten es, wie alle Erwachsenen. Wie bitte? Alle Erwachsenen hauen. So ein Unsinn. Erwachsene hauen nie. Also nie Kinder. Also selten. Manchmal. Wenn es sein muß. Genau. Erst heißt es: Mir ist die Hand ausgerutscht. Und dann: Das mußte mal sein. Von was für Erwachsenen redest du denn? Vom Hausmeister, vom, von der Nachbarin. Alle, die größer sind. Wer ist denn schon größer als du, he? Sagtest du dein? Nein. Doch, du hast gesagt: Mein. Gar nicht. Mein haut nie. Oder selten. Also manchmal nur wenn es sein muß. Und wann mußte es sein? Weil ich zu doof bin für die Schule. (Heult.) Nun mal ganz ruhig. Das erzählst du mir draußen in Ruhe. Nein. Doch, das erzählst du mir draußen. Ich will aber, daß die Kinder dabei sind. Aber warum denn? 3
6 Weil die mich verstehen. Meinst du? Die sind doch noch so klein. Die hören schlecht zu. Die verstehen das noch nicht. Also los. Sie sind mal der. Und das ist unser Wohnzimmer. Das ist das Fenster, das sind die Bilder an der Wand, und das ist die Uhrensammlung von. Und die Uhren schlagen, und die Zeit geht nicht rum, und wir kommen von der Schuluntersuchung, und mein steht am Fenster und sagt nichts und malt immer so mit dem Finger an die Scheibe. 2. Szene: Standpauke steht am Fenster/an der Schultafel und sieht hinaus. guckt wie gebannt, was der mit dem Finger anmalt. Er stellt sich neben den, nimmt dessen Haltung an. Er will sich verbünden, will zeigen, daß er den Ernst der Situation begreift. Der schickt nur einen kurzen Blick zur Seite und streicht dabei das erste Strichmännchen durch, das er an die Tafel/das Fenster gemalt hatte. Sofort löst seine Haltung auf. Der malt das nächste Strichmännchen. hebt zögernd den Finger, setzt auch zum Malen an, da trifft ihn der nächste Blick. Schärfer ist die Bewegung des s diesmal. Kräftiger streicht er ein Strichmännlein durch. Sofort zieht sich der Junge zurück. Hast du Angst? Nein. (Der malt weiter Strichmännchen. Er versucht sich zu konzentrieren. Jede Bewegung des Jungen stört ihn dabei. beginnt, Bilder zu betrachten. Er hebt wieder die Hand, um ein Bild/Kind anzufassen.) Finger weg. Das sind Bilder. Die kosten Geld. Sie sind so schön. Die kosten Geld. (Wieder war der Ton so scharf, daß sich der Junge erschrocken zurückzieht. Jetzt ist er ganz weit weg vom. Er hebt die Hand, um die Wand anzufassen, dann zuckt er zurück, obwohl der jetzt nichts gemacht hat.) Kannst du die Hände nicht stillhalten. Was du anfaßt, geht kaputt, wird dreckig. Mußt du immer etwas antatschen. Halt die Finger still. 4
7 Ich kann sie auch nicht leiden. (Er betrachtet seine Hände. Der dreht sich herum, langsam, erstaunt, was der Junge gesagt hat. weiß nicht, wohin mit seinen Händen. Er sieht dem ins Gesicht, will die Hände verstecken. Immer wenn sie irgendwo landen, wo sie nicht hingehören, kommt ein kurzes, scharfes Na vom, und sucht immer panischer nach einem Platz für seine Hände. Am Po kratzt er sich, in der Nase und in den Ohren bohrt er, an den Haaren zieht er.) Na, stillhalten war gesagt. Ich will sie ja nicht mehr. Ich tue sie doch weg, Vati. Wirklich. ( vergräbt seine Hände in den Taschen. Der bekommt weiche Knie. Da reißt eine Tasche. Der hat einen Impuls auf den Jungen zu. Dann beherrscht er sich und dreht sich steif zur Tafel. Er malt ein Strichhaus. hat die Arme vors Gesicht gerissen. Langsam merkt er, daß der nicht haut. Er nimmt die Arme herunter, geht langsam auf ihn zu. Er lehnt sich von hinten an den an.) Ich mach es wieder heil. Wirklich. Ich kann das. Du kriegst nicht mal den Faden durchs Öhr. Hilfst du mir dann kann ichs. Ich kann schon nähen. Hat mir Mutti gezeigt. Und weiter lern ichs in der Schule. Du lernst gar nichts in der Schule. Hier, guck her! (Abrupt löst sich der von und dreht ihn zur Tafel/zum Fenster. Eine Galerie von Strichmännchen, alle durchgestrichen, und ein Strichhaus sind zu sehen.) Du kannst nichts, was man in der Schule braucht. Doch, kann ich. Du kannst nicht stillsitzen. (Er streicht wieder mit jedem Satz ein Strichmännchen durch, so daß jetzt ein Kreuz über dem Männlein ist. zuckt unter jedem Strich zusammen, als ginge er durch ihn selbst.) Du kannst nicht zuhören. Du kannst den Stift nicht halten. 5
8 Doch, kann ich. Ja, mit der dummen Hand. Die rechte Hand. Die rechte Hand. Der Mann hat gesagt, ich darf auch die linke Da verschmierst du die Tinte hab ich dir zehnmal gesagt. Ja. Du kannst nicht deutlich sprechen. Stimmts? Ja. Du kannst die Seiten nicht umblättern, ohne daß sie zerreißen. Stimmts? Ja! Du kannst nicht, weil du nicht willst. Stimmts? Nein. Ja. Und wer nichts kann, kann auch nicht in die Schule. (Streicht das Strichhaus durch.) Ich will ja gar nicht. Ich will nicht in die doofe Schule Scheißschule. Scheißlernen. (Der haut den Jungen. Es ist sehr still.) Ich will bei dir sein, Vati. ( und gucken sich einen Augenblick an, dann wischt der schnell die Männlein ab.) So war das also mit deinem. Sie haben mich gehauen. Ich sollte doch dein sein. Hast du doch selber gesagt. Sie dürfen das gar nicht. Sie dürfen nicht hauen. Das war doch nur Spiel. 6
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