Valentin Aichele (Hrsg.) Das Menschenrecht auf gleiche Anerkennung vor dem Recht. Artikel 12 der UN-Behindertenrechtskonvention.

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1 Valentin Aichele (Hrsg.) Das Menschenrecht auf gleiche Anerkennung vor dem Recht Artikel 12 der UN-Behindertenrechtskonvention Nomos

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3 Valentin Aichele (Hrsg.) Das Menschenrecht auf gleiche Anerkennung vor dem Recht Artikel 12 der UN-Behindertenrechtskonvention Nomos

4 Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar. ISBN Auflage 2013 Nomos Verlagsgesellschaft, Baden-Baden Printed in Germany. Alle Rechte, auch die des Nachdrucks von Auszügen, der fotomechanischen Wiedergabe und der Übersetzung, vorbehalten. Gedruckt auf alterungsbeständigem Papier.

5 Vorwort Seit dem Jahr 2009 gilt die UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) für Deutschland, und in demselben Jahr wurde das Deutsche Institut für Menschenrechte damit betraut, die Funktionen des unabhängigen Mechanismus (Monitoring- Stelle) gemäß Artikel 33 Absatz 2 UN-BRK für Deutschland wahrzunehmen. Als Nationale Menschenrechtsinstitution gemäß den Pariser Prinzipien der Vereinten Nationen erfüllt das Institut seine Aufgaben insbesondere auch durch anwendungsorientierte Forschung. Diese umfasst eine an internationalen Normen ausgerichteten Analyse des deutschen Rechts und eine Auseinandersetzung mit ihm, um eine gute Umsetzung der menschenrechtlichen Verpflichtungen Deutschlands zu befördern. Mit dem vorliegenden Band versammelt die Monitoring-Stelle zur UN- BRK die Beiträge von Autorinnen und Autoren aus Deutschland, die sich dementsprechend auf den Ansatz eingelassen haben, sich aus der Perspektive der UN-BRK kritisch mit dem geltenden Recht und seiner Anwendung auseinanderzusetzen. Die Beiträge beziehen sich in unterschiedlicher Hinsicht auf eine zentrale und fundamentale Norm der UN-Behindertenrechtskonvention: die Garantie der gleichen rechtlichen Handlungsfähigkeit von Menschen mit Behinderungen. Sie basiert auf der Anerkennung jedes Menschen als Rechtsperson, die selbst ein Menschenrecht ist und ohne die die Menschenrechte eine leere Hülle blieben. Menschenrechte entfalten ihren Rechtscharakter nämlich nur dann, wenn sie als subjektive Rechte, also Ansprüche jedes einzelnen Menschen, verstanden und von diesen auch ausgeübt werden können. Zudem weist die gleiche rechtliche Handlungsfähigkeit darauf zurück, dass für eine auf Menschenrechten basierende Rechtsordnung die Gleichheit aller vor dem Recht grundlegend ist. Im Lichte der Erfahrungen von Menschen mit Behinderungen überall in der Welt betont die UN-BRK die rechtliche Handlungsfähigkeit als notwendige Konsequenz der Rechtssubjektivität jedes Menschen. Ihre besondere Bedeutung liegt darin, dass sie bei der persönlichen Wahrnehmung der rechtlichen Handlungsfähigkeit die gegebenenfalls notwendige Unterstützung zur Entscheidungsfindung in den Vordergrund stellt. Daneben bleibt die Verpflichtung der Staaten bestehen, den Schutz der rechtlichen Handlungsfähigkeit von Menschen mit Behinderungen wirksam zu gewährleisten. Auch dieser Schutz ist im Hinblick auf den Paradigmenwechsel von der ersetzenden Entscheidung, das heißt der Entscheidung durch andere, hin zu einer unterstützten Entscheidung auszugestalten. Der Grundsatz der unterstützten Entscheidung ist Ausdruck der Selbstbestimmung jedes Menschen, die der Menschenwürde als dem unhintergehbaren Grund der Menschenrechte innewohnt. Da-

6 6 Vorwort 6 mit ist jeder Staat aufgerufen, seine Rechtsordnung daraufhin zu durchforsten, ob und inwieweit sie diesem Paradigmenwechsel gerecht wird, und seine Praxis ihm anzupassen. Die UN-Behindertenrechtskonvention spiegelt außerdem die Erkenntnis wider, dass weltweit behinderten Menschen, insbesondere Menschen mit geistiger Behinderung und Menschen mit psycho-sozialer Behinderung, stärkere Einschränkungen ihrer Rechte zugemutet werden als anderen Menschen. Dies stellt eine Ungleichbehandlung dar und wirft die Frage nach deren menschenrechtlicher Zulässigkeit auf. Sie kann nicht einfach mit dem Verweis auf das Vorliegen einer Behinderung bejaht werden. Vielmehr ist in jeder einzelnen Konstellation der Rechtfertigungsgrund für eine Ungleichbehandlung zu benennen und kritisch zu hinterfragen. Dabei kann sich erweisen, dass ein bislang anerkannter Rechtfertigungsgrund auf Vorurteilen und Stereotypen beruht oder unverhältnismäßig ist. Die Beiträge in diesem Band stellen sich der Herausforderung, das deutsche Recht, seine Begründungen und seine Praxis im Lichte der UN-BRK zu überprüfen. Sie blicken dabei auf die menschenrechtlich sensiblen Bereiche, in denen die deutsche Rechtsordnung Menschen mit Behinderungen anders behandelt als nichtbehinderte. Diese Aufgabe ist herausfordernd, weil sie verlangt, gesellschaftlich weitgehend akzeptierte und bisweilen auch rechtlich gefestigte Vorstellungen vom Umgang mit Menschen mit Behinderungen und von angemessenen Regelungsinhalten und Verfahren zu hinterfragen. Auch aus diesem Grund gingen der abschließenden Abfassung der Beiträge zwei Veranstaltungen voraus, eine davon unter Beteiligung von zivilgesellschaftlichen Verbänden. Sie dienten der Reflexion und gemeinsamen Verständigung der Autorinnen und Autoren. Dennoch verbleiben natürlich Divergenzen zwischen den Beiträgen, für die jeder Verfasser und jede Verfasserin die inhaltliche Verantwortung trägt. Wir danken den Autorinnen und Autoren, dass sie die Herausforderung angenommen haben, ihre Rechtsgebiete auf den Prüfstand der UN-Behindertenrechtskonvention zu stellen. Besonderen Dank sagen wir Dr. Valentin Aichele, LL.M., dem Leiter der Monitoring-Stelle zur UN-Behindertenrechtskonvention, dafür, dass er das Projekt initiiert und als Herausgeber betreut hat. Damit treibt er, entsprechend dem Auftrag der Monitoring-Stelle, die inhaltliche Diskussion über die UN-Behindertenrechtskonvention in Deutschland in wichtigen Bereichen voran. Dr. Björn Elberling danken wir für die hervorragende Lektorierung und inhaltliche Unterstützung sowie Cathrin Kameni für die letzte Durchsicht der Manuskripte. Dem Nomos Verlag sind wir für die gute Zusammenarbeit und die Aufnahme des Bandes in sein Verlagsprogramm dankbar.

7 7 Vorwort 7 Wir hoffen, dass der vorliegende Sammelband die Klärung des Verständnisses der UN-Behindertenrechtskonvention befördert und er einen Impuls für die Umsetzung der Konvention in Deutschland setzt. Berlin, im März 2013 Beate Rudolf und Michael Windfuhr Vorstand des Deutschen Instituts für Menschenrechte

8 Inhalt Vorwort 5 Abkürzungsverzeichnis 11 Valentin Aichele Einleitung 13 Kapitel 1: Grundlegende Perspektiven Valentin Aichele/Theresia Degener Frei und gleich im rechtlichen Handeln Eine völkerrechtliche Einführung zu Artikel 12 UN-BRK 37 Klaus Lachwitz Funktion und Anwendungsbereich der»unterstützung«(»support«) bei der Ausübung der Rechts- und Handlungsfähigkeit gemäß Artikel 12 UN-BRK Anforderungen aus der Perspektive von Menschen mit geistiger Behinderung 67 Lothar Krappmann Die rechtliche Handlungsfähigkeit des Kindes Die UN- Kinderrechtskonvention aus der Sicht des Artikels 12 UN-BRK 100 Kapitel 2: Rechtliche Handlungsfähigkeit in Verfahren Helge Loytved/Konrad Frerichs Zur rechtlichen Handlungsfähigkeit von Menschen mit Behinderung im Verwaltungs- und Gerichtsverfahren 121 Wolfhard Kohte/Claudia Beetz Die Rechts- und Handlungsfähigkeit im Arbeitsgerichtsverfahren und im verfahrensrechtlichen Bestandsschutz des Arbeitsverhältnisses 145

9 10 Inhalt 10 Helmut Pollähne Behindertenrechte im Strafprozess Faire Verfahren für Menschen mit Behinderungen? 166 Kapitel 3: Rechtliche Handlungsfähigkeit in einzelnen Lebensbereichen Rolf Marschner Menschen in Krisen: Unterbringung und Zwangsbehandlung in der Psychiatrie 203 Sigrid Graumann Fremdnützige Forschung nur mit eigener, gegebenenfalls assistierter Einwilligung? 231 Minou Banafsche Unabhängige Lebensführung und Einbeziehung in die Gemeinschaft nach Artikel 19 UN-BRK als Ausdruck rechtlicher Handlungsfähigkeit 251 Oliver Tolmein Die Regelung zur Einwilligung Betreuender in die Sterilisation als Verstoß gegen die UN-BRK 273 Leander Palleit Zur Handlungsfähigkeit behinderter Menschen im Bereich politischer Grundrechte Gleiches Recht auf Mitwirkung an Wahlen 302 Kapitel 4: Rechtliche Handlungsfähigkeit erwachsener Menschen, Schwerpunkt: Betreuung Volker Lipp Erwachsenenschutz, gesetzliche Vertretung und Artikel 12 UN-BRK 329 Dagmar Brosey Wunsch und Wohl betreuter Menschen im Lichte der UN-BRK 355 Robert Northoff Die Konkretisierung des Hilfeanspruchs durch ein Erwachsenenhilfegesetz 375 Zu den Autorinnen und Autoren 395