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1 gehirn&geist Das Magazin für Psychologie und Hirnforschung Nr. 3/ ,90 / 15,40 sfr. gehirn-und-geist.de gehirn&geist MIT begabung zum erfolg Talente erkennen und optimal fördern Was intelligente Gehirne ausmacht AstrologIe Warum so viele Menschen an Horoskope glauben sprachen lernen Worauf es ankommt neurophilosophie Geburt einer neuen Wissenschaft? BRENNPUNKT kindesmissbrauch Fast jeder 10. Junge wird Opfer Pilotprojekt: Sexuelle Übergriffe verhindern D 57525

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3 editorial Carsten Könneker Chefredakteur Hochbegabt: Pech gehabt? Eine wahre Geschichte: Ein 6-Jähriger beginnt auf einmal, sich nachts blutig zu kratzen; dazu knirscht er im Schlaf mit den Zähnen. Die besorgte Mutter wendet sich an die Lehrerin, seit zwei Monaten ist Paul in der Schule. Es sei nicht einfach mit Paul, klagt die Pädagogin. Oft schweife er mit den Gedanken ab, störe die Klasse und sei womöglich noch gar nicht schulreif. Die Eltern wenden sich an den schulpsychologischen Dienst. Dort fragt man nach besonderen Interessen des Kindes (»Weltraum, Züge, Flugzeuge«), nach Spielkameraden (»Einen richtigen Freund hat er nicht«), nach Geschwistern (»Er orientiert sich sehr an seinem großen Bruder«). Bei einem Folgetermin mit Kind führt der Psychologe einen Intelligenztest durch. Als die Eltern nach zwei Stunden in den Raum gerufen werden, staunen sie nicht schlecht:»paul hat keine psychischen Probleme. Er ist vermutlich unterfordert, denn mit einem IQ von über 130 ist er hochbegabt.«die Klassenlehrerin indes stellt sich stur:»ich sehe doch die Leistungen. Weder kann Paul schon lesen noch ist er in Mathe unter den Besten.«Mit derlei Unverständnis kämpfen viele Eltern. Das zeigen Einträge in einschlägigen Internetforen wie Der häufigste Irrtum besteht darin, dass man Hochbegabte an ihren schulischen Leistungen erkenne. Mit diesem und weiteren Vorurteilen räumt Entwicklungspsychologe Detlef H. Rost von der Universität Marburg ab S. 44 auf: Die Diagnose»Hochbegabung«könne nur von erfahrenen Psychologen gestellt werden. Lehrer hingegen seien für die Förderung der Hochbegabten mit verantwortlich. Aber leider hapert es auch hier manchmal an Sensibilität: Kindern mit Lese-Rechtschreib-Schwäche muss man natürlich helfen aber hochbegabten? Pauls Eltern ziehen die Konsequenzen. Sie lassen ihr Kind umschulen; er besucht jetzt eine Grundschule mit offenem Unterricht. Das bedeutet, jedes Kind lernt weit gehend individuell und dem eigenen Tempo gemäß. Nächtliches Kratzen und Zähneknirschen sind verschwunden. Herzlich Ihr Neu am Kiosk Soeben erschien unser Dossier»Die Zukunft des Gehirns«mit einer Auswahl von G&G-Artikeln aus früheren Heften zu den Themen»Hirnforschung und Philosophie«,»Psychologie im 21. Jahrhundert«sowie Neuroethik. Autoren in diesem Heft Der Soziologe Edgar Wunder von der Universität Heidelberg erforscht, warum Menschen an Astrologie glauben. Seine verblüffenden Versuche mit»gefälschten«horoskopen stellt er ab S. 16 vor. Annähernd jeder 1o. Mann in Deutschland wurde als Junge sexuell missbraucht. Der Erziehungswissenschaftler Dirk Bange kennt sich mit dem Tabu-Thema aus: Er erforscht die Hintergründe und behandelt die Opfer (S. 28). Was seine Geistesangaben angeht, reicht Homo sapiens kein anderes Lebewesen das Wasser. Das sollte sich auch in einem einzigartigen Gehirn widerspiegeln. Doch die Suche nach dem Geheimnis unseres Intellekts erweist sich als knifflig, wie die Bremer Neurobiologen Ursula Dicke und Gerhard Roth ab S. 58 berichten.

4 inhalt astrologie 16 brennpunkt: missbrauch 28 Sprachen lernen 24 gehirnevolution 58 Psychologie ÿ brennpunkt 10 Geistesblitze Bloss schnell erwachsen werden! Bei Problemen in der Familie kommen Mädchen früher in die Pubertät»Kopf«hoch,»Füsse«runter Wörter lenken unsere räumliche Aufmerksamkeit Baby-Moral Kleinkinder entwickeln früh ein Gespür für Gut und Böse Tierische Rechenkünstler Affen sind im Mengenabschätzen nicht schlechter als Studenten Zungenspiele Das Feuern eines einzigen Neurons kann das Verhalten beeinflussen Verkappte Katzenversteher Emotionale Tierlaute interpretieren wir unbewusst richtig Gentherapie für Trinker? Das Abschalten bestimmter Gene vermindert Alkoholkonsum bei Ratten ÿ ÿ 16 Die Kunst der Sterndeuter An Astrologie ist nichts dran das haben Forscher mehrfach bewiesen. Dennoch haben viele Menschen den Eindruck, dass Horoskope irgendwie doch stimmen 24 grammatik auf die leichte Tour? Trotz jahrelangen Fremdsprachenunterrichts will es bei etlichen Schülern mit dem Reden einfach nicht klappen. Wo bleiben die Methoden, die das Parlieren in fremden Zungen endlich leichter machen? 28 Die Mauer des Schweigens Kaum jemand spricht über den weit verbreiteten sexuellen Missbrauch von Jungen. Auch deswegen leiden viele Opfer ein Leben lang unter den Folgen interview 34»Nur die Tat verurteilen, nicht die Neigung«Wie Pädophile lernen, ihre Impulse zu kontrollieren: Der Sexualmediziner Klaus Beier berichtet über ein Therapieangebot der Berliner Charité Titelmotiv: Emde-Grafik und Kirill Zdorov / Fotolia, ÿ Das sind unsere Coverthemen Diese Artikel können Sie als Audiodatei im Internet beziehen:

5 TITELTHEMA Mit begabung zum Erfolg 40 Wie hochintelligente Kinder ihr Potenzial voll ausschöpfen 44 Irrtümer und Wahrheiten über IQ-Überflieger 52 Bildgebende Verfahren gestatten Einblicke in schlaue Gehirne ÿ titelthema hirnforschung rubriken 40 clever, kreativ erfolgreich? Außergewöhnliche Intelligenz ist noch kein Garant für schulischen Erfolg. Wie hochbegabte Kinder optimal gefördert werden 44 hochbegabung Fakten und Fiktionen Über Menschen mit einem hohen IQ kursieren zahlreiche Klischees. Der Psychologe Detlef Rost räumt mit verbreiteten Missverständnissen auf 52 Dahinter steckt ein kluger Kopf Hirnforscher lüften die neurobiologischen Schleier der Hochbegabung 58 evolution der Intelligenzen Ob Größe, Gewicht oder Zahl der Windungen nirgendwo hält das Gehirn des Menschen im Wettkampf mit anderen Spezies die Spitzenposition. Warum nur sind wir dann so viel intelligenter als Tiere? angemerkt! 67 Macht Hirnforschung Schule? schön wär s! Der Erziehungswissenschaftler Menno Baumann bezweifelt, dass die Neurodidaktik Lehrern viel Neues beibringen kann ÿ 68 Mit Kant ins Labor Georg Northoff entwickelt eine neue Wissenschaft: die Neurophilosophie. Ihr Theoriegebäude sichert er ab durch Studien mit seinen psychiatrischen Patienten 3 Editorial 6 Online 8 Leserbriefe 73 Besser denken: Schnelllesetechniken 76 Auf Sendung 78 Termine 80 Bücher und mehr 88 Marktplatz / Impressum 89 Winters Nachschlag 90 Vorschau Gehirn&Geist das Magazin für Psychologie und Hirnforschung aus dem Verlag Spektrum der Wissenschaft

6 22 ASTRONOMIE HEUTE JUNI 2005 zeichen, nicht mit Sternbildern. Die Malerin Sabira Manek interpretiert ASTRONOMIE HEUTE JUNI online Mehr G&G im Internet Alle auf dieser Doppelseite empfohlenen Weblinks führen zu weiteren Angeboten unseres Verlags. Die abgebildeten Hefte können Sie im Internet, im Handel oder direkt über den Verlag Spektrum der Wissenschaft beziehen: Telefon: Telefax: Zum titelthema»begabung«(s. 40): cerveau & PSycHo schule hochbegabung Abstürzende Überflieger Tut sich ein Kind in der Schule schwer, ist das nicht unbedingt ein Anzeichen von Überforderung es könnte auch schlicht hochbegabt sein. Psychiater und Psychologen erklären, wie überragende Intelligenz manchmal zum Handicap wird. T Von Marie-Noëlle Ganry-Tardy obias interessiert sich kaum noch für den Unterricht. Er behält den Lernstoff nicht, und seine Klassenarbeiten wimmeln von Fehlern. Außerdem hält er sich von anderen Kindern fern: Wenn seine Klassenkameraden in der Pause spielen, macht er nicht mit. Sogar seine Eltern halten Tobias für einen Versager. Schließlich empfiehlt seine Lehrerin, einen Kinderpsychiater zu konsultieren. Dieser unterzieht den Jungen einem speziellen Intelligenztest, bei dem die Situation so wenig wie möglich an den b a c Schulunterricht erinnert. Das überraschende Resultat: Tobias ist hochbegabt mit links. Daneben brillieren sie meist die Anforderungen des Unterrichts auch und besitzt einen Intelligenzquotienten auf speziellen Interessengebieten, etwa von etwa 150 nicht einmal jeder Tausendste seiner Altersgenossen erzielt eischaften (siehe Kasten S. 46). Musik, Mathematik oder Naturwissennen solchen Wert! Andererseits werden gerade Höchstbegabte mit IQs von 140, 150 oder mehr Üblicherweise gelten etwa zwei bis drei Prozent aller Menschen eines Jahrgangs als hochbegabt in der Regel auf mitunter für mittelmäßig und wenig sowohl in der Schule als auch zu Hause Grund eines IQs von mindestens 130 umgänglich gehalten. Als Erwachsene (siehe auch Gehirn&Geist 2/2002, S. geraten sie womöglich an den Rand der 36). Dank ihrer überragenden Geistesgaben sollten sie eigentlich die besten Vor- sogar kriminell. Was läuft hier schief? Gesellschaft oder werden im Extremfall aussetzungen für eine erfolgreiche Fatalerweise erweisen sich ausgerechnet bestimmte Stärken dieser Kinder als Schullaufbahn besitzen. Und tatsächlich erledigen viele dieser talentierten Kinder psychologische Fallen. Eines der hervorstechendsten Merkmale Hochbegabter ist ihre Fähigkeit, bereits von klein an komplexe Sachverhalte zu durchschauen Auf Irrwegen und die Konzepte der Erwachsenen zu Labyrinth-Aufgaben am Computer verstehen. An sich eine wunderbare Eigenschaft nur hat sie auch ihre Schat- offenbaren Schwierigkeiten bei der räumlichen Orientierung: tenseite: Denn auf Grund ihrer Einsichtsfähigkeit sind den Kindern die Ri- Das getestete Kind erkennt nicht rechtzeitig, wohin der richtige siken und die Möglichkeit zu scheitern Weg ins Innere des Labyrinths in jeder Situation unmittelbar bewusst. führt, sondern steuert bei Abzweigungen zunächst in die falsche tigkeit lähmen. Das kann sie bis hin zur absoluten Untä- Richtung (a, b). Erst dann bemerkt Zum Beispiel bei Prüfungen in der es, dass es in einer Sackgasse Schule. Anstatt wie ihre Altersgenossen gelandet ist. Das Testergebnis mehr oder weniger unbefangen an sie eines anderen Kindes ohne ein solches Defizit macht den Unterschied anderen zu beantworten, denken man- heranzugehen und eine Frage nach der deutlich (c). che hochbegabte Kinder fortwährend darüber nach, was bei jeder ihrer Antworten auf dem Spiel steht und welches schlimmer: Da die Kinder diese für un- Hochbegabung zeigt sich nicht findens machen Strafen die Sache nur Genialer Durchblick Risiko ein Irrtum bedeutet. So beruhte verdient halten, verkriechen sie sich oft nur bei speziellen Aufgaben wie auch Tobias Verhalten auf der fixen Idee noch weiter in ihr Schneckenhaus. dem Schachspiel. zu scheitern. Wegen seiner Angst, Fehler Andere kindliche Entwicklungsstörungen können ähnliche Konsequen- zu machen, blieben seine schulischen Leistungen dann auch tatsächlich nur zen nach sich ziehen, etwa wenn Hochbegabte unter mangelhafter Bewe- Hochbegabte oft in eine Sackgasse, aus genden Beurteilung durch andere führen durchschnittlich. Und von den anderen Kindern zog er sich zurück, weil er befürchtete, von diesen nicht akzeptiert zu der Orientierung im Raum leiden. Auch Damit drohen die äußerst intelligenten gungskoordination oder Problemen bei der sie nur schwer wieder herausfinden. werden. hier sind sie sich ihrer Schwierigkeiten Kinder in der Schule dramatisch zu Hinzu kommt, dass sich bei Hochbegabten Entwicklungsstörungen oft ungeren Konflikt geraten, weil die Selbstein- Was lässt sich dagegen unternehmen? sehr bewusst und können in einen inne- scheitern. wöhnlich dramatisch auswirken. So etwa schätzung ihrer Fähigkeiten nicht zur Zunächst einmal gilt es, Hochbegabungen genauso wie Entwicklungsstörungen die Lese-Rechtschreib-Schwäche, die bei schlechten Beurteilung durch ihre Umgebung passt. so früh wie möglich zu entdecken. Dann ungefähr zehn Prozent aller Kinder auftritt völlig unabhängig vom Begabungsgrad. (siehe auch S. 48 und S. 52) Natür- Hochbegabte in der Sackgasse sobald Schwierigkeiten auftauchen. So können Eltern und Lehrer eingreifen, lich leidet jedes Kind unter einem solchen Defizit, aber bei einem hochbegabten sogar ein IQ-Test verfälscht und damit Lese-Rechtschreib-Schwäche bei Fünf- Unter Umständen wird in diesen Fällen kann ein phonologisches Training eine wiegen die Folgen besonders schwer. eine Hochbegabung gar nicht erkannt. jährigen innerhalb von sechs bis achtzehn Monaten korrigieren. Beginnt die Denn bald nach der Einschulung stellt So erzielt der junge Proband bei den Fragen zur verbalen Intelligenz möglicher- Behandlung jedoch erst gegen Ende der das kleine Genie fest, dass es zwar sofort alles begreift, aber trotzdem schlechte weise hervorragende Ergebnisse, schneidet aber bei einer Aufgabe zur Orientie- die notwendige Dauer und das Kind ersten Grundschulklasse, verdoppelt sich Noten bekommt. Das Kind kann nicht nachvollziehen, warum es keinen Erfolg rung in einem Labyrinth erbärmlich hat dann vielleicht längst das Interesse hat; das ständige Scheitern nagt an seinem Selbstverständnis. beide Werte in das Testresultat einflie- Ob sich die räumliche Orientierung schlecht ab (siehe Bild links unten). Da am Unterricht verloren. Die Folgen: ein Auf und Ab der schulischen Leistungen, Ängstlichkeit oder ßig aus. Das Kind wird demnach als zeigt in Intelligenztests der Leistungsverßen, fällt dieses insgesamt nur mittelmä- bei einem Kind altersgemäß entwickelt, gar Depressionen. Die betroffenen Schüler verlieren oft das Interesse am Unter- auch so behandelt völlig zu Unrecht. balen Aufgaben. Zu Letzteren gehören durchschnittlich begabt eingeordnet und gleich zwischen verbalen und nichtverricht und ziehen sich zurück. Auf Grund Die Diskrepanz zwischen ihren eigenen insbesondere räumliche Wahrnehmung, ihres ausgeprägten Gerechtigkeitsemp- hohen Erwartungen und der entmuti- Bilderrätsel, Bildergänzungsaufgaben corbis erschienen in: G&G Dossier 2/2005»Expedition Kindheit«r Erste Schritte r Schule r Teenager 44 GEHIRN&GEIST DOSSIER: Expedition Kindheit GEHIRN&GEIST DOSSIER: Expedition Kindheit 45 Manchmal wird ein Rekord-IQ zum Handikap und das hochbegabte Kind bleibt sitzen. Rechtzeitige Hilfe kann das verhindern Zum Thema»Astrologie«(S. 16): ASTROlOgIE DIE WELT DER ASTROLOGEN BrIdgemaN giraudon (gemälde von SaBIra manek, 1999) Sie leben im Zeitalter der Raumfahrt, sie nutzen moderne Technik und sie deuten Horoskope. >> Edgar Wunder oroskope allein beim Gedanken mie«das war der historische Ausweichbegriff, den man notgedrungen wählen daran überkommt die meisten Astronomen ein leichtes Gruseln. Um musste, um sich von den schon etablier- H zu erleben, welches Reizthema die Astrologie für heutige Astronomen immer Obwohl die Astrologie in der heutiten Horoskopdeutern abzugrenzen. noch darstellt, muss man nur folgendes gen Mediengesellschaft stark gefragt ist, kleine Experiment unternehmen: Stellen meinen viele Astronomen, Horoskope Sie während eines astronomischen Vortrags eine astrologische Frage an den haben. Der Schrei nach Aufklärung, ja sollten in der Moderne keinen Platz mehr Referenten und beobachten Sie seine Reaktion. Die Mischung aus Mitleid und laut. Doch gleichzeitig stehen die Astro- Kampf gegen solcherlei»irrlehren«wird Verachtung, emotionaler Abwehr, ja bisweilen unterschwelliger bis offener Agtrologie einigermaßen hilflos und ohnnomen dem sozialen Phänomen der Asgressivität, die Ihnen entgegenschlägt, mächtig gegenüber. Sie verstehen nicht, würden viele von einem ansonsten nüchternen Wissenschaftler kaum erwarten. noch an»so etwas«glauben kann. Als wie man im Zeitalter der Raumfahrt Der regelrechte Hass vieler Astronomen auf die Astrologie beginnt bereits Geschäftemacherei und mangelndes na- Gründe hierfür vermuten sie Dummheit, damit, dass die Horoskopdeuterei der turwissenschaftliches Wissen. Sternenwissenschaft ihren Namen gestohlen hat: Wenn es die Astrologie nicht Unzutreffende Vorurteile gäbe oder wenn man sie treffender als Als ich vor gut 15 Jahren als junger Amateurastronom an der Nürnberger Volks-»Astromantie«(Sternenweissagung) bezeichnet hätte, würde die Astronomie sternwarte begann, Führungen und Vorträge zur Astronomie zu halten, ging es heute zweifelsohne selbst unter der Bezeichnung»Astrologie«firmieren, nicht mir nicht anders, wenn mich Besucher anders als zum Beispiel die Geologie, die auf die Astrologie ansprachen. Heute bin Biologie oder die Psychologie.»Astrono- ich Soziologe und beschäftige mich unter anderem mit der sozialwissenschaftlichen Erforschung des Glaubens an die Astrologen arbeiten mit Tierkreis- Astrologie und seiner Hintergründe. Ich führte umfassende Befragungen von insgesamt dreihundert Astrologen durch, den Tierkreis auf moderne Weise. wertete Dutzende repräsentativer Bevöl- > erschienen in: astronomie heute 6/2005 r Kosmische Entfernungsmessungen r Regenbögen und Halos r Leben aus dem All Astronomie und Astrologie sind sich oft spinnefeind nicht nur, weil sie oft verwechselt werden online-forum psychologie Diskutieren Sie mit! Das Internetportal wissenschaft-online lädt ein zum Gedankenaustausch über Themen aus Psychologie und Hirnforschung G&G-Archiv Unser Online-Archiv enthält alle in G&G erschienenen Artikel recherchierbar über eine komfortable Stichwortsuche. Sämtliche Beiträge können im Volltext als PDF-Dokumente herun- tergeladen werden. Für G&G-Abonnenten ist dieser Service kostenlos GEHIRN&GEIST 05_07

7 unsere homepage Suchen Sie einen bestimmten Artikel aus früheren G&G-Ausgaben? Möchten Sie über die neuesten Nachrichten aus der Welt der Wissenschaft auf dem Laufenden sein? Diskutieren Sie gern mit? Dann besuchen Sie uns im Internet! Auf der Homepage von G&G finden Sie zahlreiche Informationen rund um Psychologie und Hirnforschung: > Aktuelles Heft Hier gelangen Sie zum kompletten Inhaltsverzeichnis des aktuellen Hefts. Bei jedem Artikel empfehlen wir weiterführende Links > Heftarchiv Unser Archiv hält sämtliche Artikel seit der Premierennummer für Sie bereit. Wenn Sie mit der Maus auf die Heftcover klicken, kommen Sie sofort zu einer der letzten vier Ausgaben > Trainer Wertvolle Tipps bietet die G&G-Sonderheftreihe»Trainer«. Möchten Sie zusätzlich Ihren Geist regelmäßig trainieren? Dann probieren Sie es doch einmal mit den Online-Übungen des»braintrainer«! > audio Wir sprechen uns: G&G-Redakteure lesen Artikel Braincast: der Podcast von Arvid Leyh Audio-Magazin: G&G-Hörbücher von Audible > Im Fokus Artikelsammlungen zu ausgewählten Themen > Apropos Tipps, Anmerkungen und Hintergründiges aus der G&G-Redaktion > Das Team Die Menschen hinter G&G: Die Redaktion und der Fachbeirat stellen sich vor > Brainlogs Was immer Psyche und Gehirn betrifft die Autoren des Blogportals»Brainlogs«spießen es auf > wichts winkel Nutzlosen Wissens Der Frankfurter Anatomie-Dozent Helmut Wicht beantwortet»fragen, die keiner gestellt hat«> DenkMal Knobeleien und Denkanstöße von der spektrumdirekt-redaktion > Lesermeinung Hier können Sie Leserbriefe schreiben oder an unseren Umfragen teilnehmen GEHIRN&GEIST 05_07 > Nachrichten spektrumdirekt berichtet aktuell über die neuesten Entdeckungen aus Psychologie und Hirnforschung

8 leserbriefe Da geh ich nicht Mehr hin! Manche Kinder haben derartige Panik vor dem Unterricht, dass sie sich weigern, überhaupt nur das Schulgebäude zu betreten. Affront gegen alle Mütter Benoît Bayle beschrieb die Psyche schwangerer Frauen aus psychoanalytischer Sicht. (»Die anderen Umstände«, Heft 9/2007) Hilft Homeschooling? Der Psychologe Gerd Lehmkuhl hält nicht viel davon, unter Schulangst leidende Kinder einfach daheim zu unterrichten. (»Wenn die Schulbank drückt«, Heft 10/2007) Cyrille Lips / fotolia Irene Schrieder, Aschaffenburg: Woher nehmen die Autoren die Gewissheit, dass die Eltern ihren Kindern mit der Ausschulung keinen Gefallen täten? Dass dies in Deutschland nicht legal ist, kann ja kein medizinisch triftiges Argument sein. In den meisten europäischen Staaten ist die familiäre Beschulung gestattet, in vielen englischsprachigen Ländern sogar recht verbreitet. Zu den auswandernden Familien gehören auch jene, bei denen die Kinder nicht mehr zur Schule wollten, die Eltern diese Weigerung begründet fanden und, da dies in Deutschland nicht möglich ist, die Konsequenzen zogen. Ich weiß bislang von keinen Studien, die zeigen, dass diese Form der Beschulung sich nachteilig auf die kognitive oder soziale Entwicklung der Kinder auswirkt die mir bekannten Studien und Fallberichte legen vielmehr nahe, dass die Kinder sich in jeder Hinsicht überdurchschnittlich gut entwickeln. Bei unserem legasthenen Sohn haben wir erlebt, dass er signifikante Fortschritte machte, nachdem er familiären Unterricht bekam. Wie wäre denn die Prognose, wenn wir es anders machten? Ein neuerer Übersichtsartikel zu der Thematik besagt, dass die Prognose hinsichtlich der Wiederaufnahme des Schulbesuchs zwar oft positiv ist, hinsichtlich der psychiatrischen Auffälligkeiten jedoch eher ungünstig: Trotz intensiver Behandlung erfüllt ein Großteil der Kinder ein Jahr nach Therapieende noch die Kriterien einer Angststörung oder Depression, und dreißigjährige ehemalige Patienten mit Schulphobie sind häufiger in psychiatrischer Behandlung und leben häufiger bei ihren Eltern als die Probanden einer Kontrollgruppe, und sie haben weniger Kinder als ehemalige Patienten mit anderen kinderpsychiatrischen Auffälligkeiten. Antwort des Autors Gerd Lehmkuhl: Es stimmt: Bislang gibt es keine Studien, die an einer größeren Stichprobe nachweisen, dass Homeschooling zu negativen Effekten führt. Allerdings gibt es viele Fallberichte und eine Rückschau auf ehemalige Schulverweigerer und deren weitere Entwicklung. Wir wissen daher, dass lange schulische Fehlzeiten häufig mit sozialem Rückzug und vielfältigen Ängsten verbunden sind. Das Problem allein schulisch zu lösen, also etwa durch Hausunterricht, ist deshalb in den meisten Fällen nicht erfolgreich. Es handelt sich um eine komplexe Thematik, die ein umfassenderes Vorgehen verlangt als nur eine Veränderung der schulischen Situation. Ohne entsprechende Unterstützung steigt das Risiko für spätere psychische Erkrankungen und berufliches Scheitern beträchtlich. Insofern hilft es wenig, aus der Thematik einen Kampf um die richtige Schulform zu machen, da die zu Grunde liegenden Schwierigkeiten in den meisten Fällen tiefer reichen. Dr. Alexander Tewes, Lüneburg: Psychoanalytische Herangehensweisen bieten immer wieder interessante, vor allem auch literarisch reizvolle Erklärungsmuster komplexer Sachverhalte. Wie immer, wenn nicht schulenübergreifend kommentiert wird, kommen sie jedoch zu diskutablen Schlussfolgerungen. In diesem Artikel werden sämtliche Vorurteile, die man gegen die klassische analytische Sichtweise der Störungsbildgenese hat, leider bestätigt. Verkürzt gesagt: Mutti ist immer schuld. Der Artikel ist in dieser Form ein Affront gegen jede Mutter. Hartz IV vermeiden Laut aktuellen Studien muss Fremdbetreuung Babys nicht schaden, resümierte Verena Ahne. (»Streit um die Krippe«, Heft 11/2007) Jürgen Schwab, Tübingen: Diesen Artikel fand ich sehr differenziert und aufschlussreich. Die darauf folgenden kritischen Leserbriefe in Heft 1-2/2007 zum Thema betrachte ich allerdings als symptomatisch für die aktuelle Debatte in unserem Land, die hinter all dem wissenschaftlich-ethischen Brimborium von zwei Mythen geprägt ist: Briefe an die Redaktion sind willkommen! Schreiben Sie bitte mit Ihrer vollständigen Adresse an: Gehirn&Geist Frau Ursula Wessels, Postfach , Heidelberg leserbriefe@gehirn-und-geist.de Fax: Weitere Leserbriefe finden Sie unter G&G 3_2008

9 1) Mütter sind biologisch zwangsweise ihren Kindern emotional optimal zugewandt und sorgen vorbildlich für die Bindungsfähigkeit (und vieles mehr) ihrer Kleinkinder. Erzieherinnen können dasselbe kaum leisten. 2) Eltern wollen deshalb Kinderkrippen, weil sie nur Beruf und Karriere im Blick haben. Ganz im Licht des ersten Mythos wird meist eine fiktive Idealmutter mit der realen Krippensituation verglichen. Außerdem werden bei Vergleichen Einzelaspekte wie Bindungsfähigkeit hervorgehoben; eine Gesamtdarstellung über die spätere Zufriedenheit und soziale Integration der Krippenkinder im Vergleich zu den von Mama Betreuten fehlt völlig. Dazu werden soziale Faktoren wie zunehmende Armut in den Familien, ein wachsender Anteil von allein Erziehenden und Migranten sowie Depression und Isolation von Müttern meist völlig ausgeblendet. Obwohl die Erziehungszeit im Leben einer Mutter (meist werden Väter zur Wahrung der Political Correctness in diesem Kontext mit genannt; sie spielen aber auch heute noch eine untergeordnete Rolle) einen großen Zeitabschnitt einnimmt, währt sie nicht ewig. Und da sich eine Mutter auch nicht mehr auf das Gnadenbrot ihrer Familie jenseits des gebärfähigen Alters verlassen kann und will, ist es eine Frage der Selbstverantwortung, Vorsorge zu treffen für die Zeit nach der Erziehungszeit. Plakativ gesagt: Es geht weniger um die Frage»Wie werde ich Geschäftsführerin trotz drei Kindern?«, sondern eher um»wie vermeide ich Hartz IV?«. Pragmatisch betrachtet geht es eigentlich nur darum, für Familien Bedingungen zu schaffen, um Beruf, Kinder und Zuletzt erschienen: 1-2/ / /2007 sonstige Interessen miteinander zu verbinden, und zwar so, dass allen Beteiligten geholfen wird. Fordert man dagegen vor allem den Verzicht der Mütter, so erntet man nur Verweigerung unsere Geburtenstatistik lässt grüßen. Wie fühlt sich Wachkoma an? Manche Wachkoma-Patienten sind bei vollem Bewusstsein, war der Neuropsychologe Adrian Owen im Interview überzeugt. (»Der Gedankenfahnder«, Heft 10/2007) Antje Meincke, Bonn: Adrian Owen sagt, er kenne keine anschauliche Beschreibung davon, wie sich Wachkoma anfühlt. Ich möchte ihm daher unbedingt empfehlen, das Buch von Julia Tavalaro und Richard Tayson»Bis auf den Grund des Ozeans«zu lesen. Frau Tavalaro galt nach einem Schlaganfall sechs Jahre lang als hirntot. Sie bekam jedoch alles mit und beschreibt in sehr anschaulicher Weise, was Wachkoma beziehungsweise das Apallische Syndrom für den Betroffenen bedeutet. Methodisch unbefangen Der Psychologe Robert Epstein argumentierte, dass typisches Verhalten von Teenagern eher kulturell als biologisch bedingt ist. Er entwickelte für seine Untersuchungen einen Test, mit dem sich bestimmen lässt, wie erwachsen jemand psychologisch gesehen ist. (»Der Mythos vom Teenager-Gehirn«, Heft 1-2/2008) Nachbestellungen unter: oder telefonisch: Mateusz Zagorski / fotolia der schein trügt Viele Jugendliche sind psychisch wesentlich reifer, als man vermuten möchte. Doch ist»erwachsensein«messbar? Dr. Peter Gusmits, Wien: Der Epstein-Dumas Test of Adultness zeigt die fortschreitende Infantilisierung unserer Gesellschaft. Fragen wie»are leaders always right?«,»are you overweight?«,»is your writing legible?«,»are leaders sometimes wrong?«oder»can you read a newspaper?«, die jeweils mit Ja oder Nein zu beantworten sind, dienen in ihrer bezaubernd-naiven Art eher als Indikator für methodische Unbefangenheit. Daraus Schlüsse über den Grad des Erwachsenseins zu ziehen ist zumindest mutig, wenngleich wissenschaftlich unhaltbar. Tests auf diesem Niveau sind eine der Ursachen dafür, dass Psychologen mitleidig belächelt werden. Das haben sie aber nicht verdient. Erratum Im Artikel»Die Babyflüsterer«(Heft 1-2/ 2008) ist uns leider ein Fehler unterlaufen. Dort ist zu lesen, dass sehr unreife Frühchen (Geburtsgewicht unter 1000 Gramm) intravenös mit Muttermilch ernährt wurden. Richtig ist, dass Frühgeborenen, die intravenös ernährt werden mussten, zusätzlich einige Tropfen Muttermilch per Magensonde zugeführt wurden. Dies hatte einen positiven Effekt auf ihre allgemeine Intelligenzentwicklung, den die Forscher zwölf Monate später nachweisen konnten. Die Redaktion

10 geistesblitze Josef Muellek / Fotolia Pubertät Bloß schnell erwachsen werden! Wenn das Familienklima schlecht und die Kasse leer ist, kommen Mädchen früher in die Pubertät. schon auf partnersuche? Wenn es zu Hause öfter kriselt, reifen Mädchen offenbar schneller zu Frauen heran. In einem harmonischen Zuhause lässt es sich gut ein Weilchen aushalten. Kein Grund also, frühzeitig auszuziehen oder gar eine eigene Familie zu gründen. Das könnte der Grund sein, warum sich manche Kinder mit dem sexuellen Heranreifen mehr Zeit lassen als ihre Altersgenossen. Tatsächlich kommen Mädchen schneller in die Pubertät, wenn sie in ärmeren Verhältnissen aufwachsen und von den Eltern wenig Rückhalt bekommen. Das haben jetzt Bruce J. Ellis von der University of Arizona in Texas und Marilyn J. Essex von der University of Wisconsin in Madison herausgefunden. Die Entwicklungsforscher begleiteten rund 180 Mädchen und ihre Familien von der Geburt bis zum fünften Schuljahr und befragten die Eltern in Interviews zu Familienklima, Erziehungsstil, Konflikten in der Ehe und etwaigen Depressionen. Als die Mädchen mit rund sieben Jahren in der ersten Klasse waren, untersuchten die Forscher frühe Indikatoren geschlechtlichen Reifens. Dazu nahmen sie viermal Speichelproben der Versuchsteilnehmerinnen, um die Konzentration an Dehydroepiandrosteron zu erfassen, einem Hormon der Nebennierenrinde, aus dem der Körper männliche und weibliche Sexualhormone entwickelt. Als die Mädchen dann mit im Schnitt elf Jahren in die fünfte Klasse kamen, wurde ihre sexuelle Reife noch einmal bestimmt. Diesmal schätzten die Mütter ein, wie weit sekundäre Geschlechtsmerkmale wie Schambehaarung und Brüste entwickelt waren. Ergebnis: Je positiver das Familienklima und je unterstützender der Erziehungsstil, desto zögerlicher stellten sich erste Anzeichen eines sexuellen Reifungsprozesses ein. Gleichaltrige Kameradinnen aus weniger harmonischen Familien waren ihnen in der geschlechtlichen Entwicklung voraus. Dabei war es gleichgültig, ob die Forscher die Einschätzung der Mutter oder des Vaters zu Rate zogen. Die sekundären Geschlechtsmerkmale hingegen entwickelten sich nicht nur bei familiären Konflikten und autoritärer Erziehung schneller, sondern auch dann, wenn die Eltern über weniger Bildung und Einkommen verfügten. Eine unglückliche Ehe und elterliche Depressionen beeinflussten die Ausbildung der sekundären Geschlechtsmerkmale bei den Sprösslingen nur mittelbar in Form von Übergewicht, das seinerseits wiederum die geschlechtliche Reifung förderte. Auch das Alter der Mutter bei ihrer ersten Regelblutung spielte eine Rolle ein Hinweis auf genetische Faktoren. Um die Befunde zu erklären, ziehen die Forscher unter anderem evolutionsbiologische Ursachen heran: Töchter, die in instabilen Verhältnissen heranwachsen, würden demnach schneller geschlechtsreif, damit sie früher einen Partner finden und ihre Eltern verlassen können. So hätten sie eine höhere Chance, zu überleben und selbst eine hoffentlich harmonischere Familie zu gründen. (cg) Child Development 78(6), 2007, S G&G 3_2008

11 wahrnehmung»kopf«hoch,»füße«runter Wörter lenken unsere räumliche Aufmerksamkeit. er Begriff»Füße«bezeich die mitunter geruchs Dnet intensiven Endabschnitte der Beine, auf denen wir laufen. Für unser Gehirn verbirgt sich dahinter aber noch mehr: Wer das Wort»Füße«hört, verschiebt den Fokus seiner Aufmerksamkeit automatisch nach unten das fanden Forscher um den Psychologen Zachary Estes von der University of Warwick in ihrer aktuellen Studie heraus. Dass unsere Richtungshinweise Aufmerksamkeitsantennen justieren, ist nicht neu. So entdecken Versuchspersonen zum Beispiel schneller Reize am linken Rand eines Bildschirms, wenn sie zuvor einen nach links zeigenden Pfeil gesehen haben. Estes und sein Team waren jedoch daran interessiert, ob auch Wörter, die lediglich Objekte mit einer bestimmten Position im Raum bezeichnen, einen vergleichbaren Effekt mit sich bringen. Knapp 140 Probanden lasen in der Studie Begriffe wie Kopf, Hut oder Stiefel auf einem Bildschirm. Daraufhin erschien entweder am unteren oder am oberen Rand des Monitors ein X oder ein O, das die Studienteilnehmer identifizieren sollten. Folgte auf das Lesen des Worts»Stiefel«im unteren Gesichtsfeld ein X, brauchten die Versuchspersonen erstaunlicherweise länger, um es zu erkennen, als wenn das Zeichen am oberen Bildschirmrand dargeboten wurde. Die Interpretation der Forscher: Die Wörter lenken die Aufmerksamkeit auf eine bestimmte Stelle. Gleichzeitig lassen sie vor dem inneren Auge ein Bild des Objekts, etwa des Stiefels, entstehen. Erscheint nun ein X oder ein O an der Stelle, an der der Stiefel erwartet wird, muss zunächst die geistige Repräsentation Tagesaktuelle Meldungen aus Psychologie und Hirnforschung finden Sie im Internet unter de/psychologie desselben gelöscht werden. Erst dann kann der Zielreiz mit einer gewissen Verzögerung erkannt werden. Wozu das gut ist? Wäre, wie eigentlich zu erwarten, tatsächlich ein Stiefel erschienen, hätten die automatische Aufmerksamkeitsverschiebung und die geistige Vorstellung dessen Wahrnehmung beschleunigt, so Estes. (sb) Psychological Science 19(2), 2008, S ANZEIGE Konzentrierter. Belastbarer. Ausgeglichener. Aktivieren Sie Ihre Kraftwerke der Konzentration. Konzentration ist Ihre Eintrittskarte zu geistiger Fitness und die können Sie stärken und zur Höchstform bringen. Ihr Gehirn hat das Potenzial, ein Leben lang konzentriert und geistig aktiv zu sein. Die Energie dazu liefern Ihnen Ihre 100 Milliarden Gehirnzellen. Aktivieren Sie Ihre Gehirnzellen jetzt NEU auch mit Tebonin konzent 240 mg. Stärkt Gedächtnisleistung und Konzentration. Ginkgo-Spezialextrakt EGb 761 Pflanzlicher Wirkstoff Gut verträglich Tebonin Mehr Energie für das Gehirn. Bei nachlassender mentaler Leistungsfähigkeit. Tebonin konzent 240 mg 240 mg/filmtablette. Für Erwachsene ab 18 Jahren. Wirkstoff: Ginkgo-biloba-Blätter-Trockenextrakt. Anwendungsgebiete: Zur Behandlung von Beschwerden bei hirnorganisch bedingten mentalen Leistungsstörungen im Rahmen eines therapeutischen Gesamtkonzeptes bei Abnahme erworbener mentaler Fähigkeit (demenzielles Syndrom) mit den Hauptbeschwerden: Rückgang der Gedächtnisleistung, Merkfähigkeit, Konzentration und emotionalen Ausgeglichenheit, Schwindelgefühle, Ohrensausen. Bevor die Behandlung mit Ginkgo-Extrakt begonnen wird, sollte ge klärt werden, ob die Krankheitsbeschwerden nicht auf einer spezifisch zu behandelnden Grunderkrankung beruhen. Zu Risiken und Nebenwirkungen lesen Sie die Packungsbeilage und fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker. Dr. Willmar Schwabe Arzneimittel, Karlsruhe. Stand: Januar 2008 T/01/08/1

12 ENTWICKLUNGSPSYCHOLOGIE Baby-Moral Noch bevor sie sprechen, haben Kleinkinder ein Gespür für Gut und Böse. Entwicklungspsychologen diskutieren derzeit, inwiefern moralisches Handeln zeigte und die Scheibe bis zum Gipfel schob (siehe Bild a links). Beim darauffolgenden sehr es offenbar ein Klötzchen haben wollte zu erkennen etwa daran, wie weit es seine eine Frage der Erziehung ist. Aufstiegsversuch der roten Ärmchen danach ausstreckte. Wissenschaftler der Yale Uni Scheibe blockierte jedoch Um auszuschließen, dass versity wiesen nun nach: Zwi plötzlich ein blaues Viereck Form, Farbe oder Bewegungs a schen Gut und Böse unterscheiden wir schon viel früher den Weg nach oben (Bild b). Nach diesen Vorführungen richtung die Reaktion der Kleinen beeinflussten, tauschten als bislang angenommen. durften sich die sechs und die Darsteller bei verschie Die Forscher um Kiley zehn Monate alten Babys eine denen Aufführungen Rolle Hamlin analysierten die mo der drei Holzfiguren aussu und Richtung. Außerdem trat ralischen Urteile von Klein chen. Die jüngeren entschie in einer weiteren Variation ne b kindern, die noch nicht sprechen können, anhand ihrer den sich durchweg für das gelbe Dreieck, von den vier ben dem»guten«und dem»bösen«klötzchen noch eine Mit frdl. Gen. von Kiley Hamlin Reaktionen auf eine vorgespielte Szene. Statt Menschen ließen die Versuchsleiter verschiedene Holzklötzchen agieren, denen sie große Kuller Monate älteren Kindern griffen immerhin 14 von 16 Versuchsteilnehmern nach dem Helfer. Einen Unterschied zwischen Jungen und Mädchen unbeteiligte Figur auf, die beim Aufstieg weder half noch ihn behinderte. Das Ergebnis: Die Babys fanden die»neutralen«attrak augen aufklebten. gab es dabei nicht. tiver als die»bösen«, die»gu Qual der Wahl Ausgangspunkt der Szene: Da die Probanden noch ten«waren jedoch am belieb Dieser kleine Moralapostel Eine rote Scheibe versuchte nicht sprechen konnten, wa testen. Es scheint, so schließen muss sich zwischen verschiede- mühsam einen Berg zu er ren für die Messung von Zu die Forscher, als seien uns ers nen Klötzchen entscheiden. klimmen rollte dabei aber stimmung oder Ablehnung te moralische Einschätzungen Das Dreieck half wie in Szene a immer wieder zurück. In der zwei Kriterien ausschlagge bereits in die Wiege gelegt. (rr) beim Aufstieg, das Quadrat nächsten Szene trat ein gelbes bend: wie lange ein Kind eine Nature 450, 2007, blockierte den Weg (b). Dreieck auf, das sich hilfreich Situation beobachtete und wie S Kognition Tierische Rechenkünstler Affen sind im Kopfrechnen nicht schlechter als Studenten. An der Supermarktkasse zeigt es sich immer wieder: Mal eben die Summe überschlagen, zumal unter Zeitdruck, das fällt nicht immer leicht. Von amerikanischen College-Studenten darf aber erwartet werden, dass sie das kleine Einmaleins und simple Additionsaufgaben beherrschen jedenfalls besser als Affen. Jessica Cantlon und Elizabeth Brannon von der Duke University in Durham wollten es genau wissen und schickten zwei Gruppen zum Mathetest: einerseits 14 Studenten, andererseits die beiden Rhesusaffendamen Feinstein und Boxer. Auf einem Computerbildschirm erschien eine kleine Anzahl willkürlich verteilter Punkte, die nach einer kurzen Pause von einer zweiten Punktmenge abgelöst wurde. Unmittelbar darauf tauchten gleichzeitig zwei nur leicht unterschiedliche Punktgruppen auf. Die tierischen und menschlichen Probanden sollten dann auf jene tippen, die ihrer Meinung nach der Summe aus den vorherigen Bildern entsprach. Einfach Zählen war nicht drin, da die Einzelbilder jeweils nur eine halbe Sekunde zu sehen waren die Gesamtzahl der Punkte musste also geschätzt werden. Ergebnis: Im Schnitt zu 94 Prozent lagen die Studenten richtig. Doch auch Feinstein und Boxer mussten sich mit ihren Schätzkünsten nicht verstecken. Bei drei Vierteln der Tests tippten die Affen auf das richtige Resultat und bewegten sich damit im Leistungsbereich der menschlichen Konkurrenz. Bei beiden Testgruppen sank allerdings die Treffsicherheit, wenn die Mengen in den Auswahlboxen nahe beieinander lagen. Die beiden Forscherinnen schließen daraus, dass Affen auch ohne symbolisches Verständnis von Zahlen in der Lage sind, im Kopf einfache Rechnungen durchzuführen. Über die mathematischen Fähigkeiten amerikanischer College-Studenten wagen sie keine Aussage. (aj) PLoS Biology 5(12), e328, G&G 3_2008

13 Hirnforsch ung Zungenspiele Neue Wege beschreiten Schon das Feuern eines einzigen Neurons kann das Verhalten beeinflussen. as Gehirn eines Säugetiers enthält DMillionen Neurone da liegt die Annahme nahe, dass komplexe Vorgänge wie bewusste Wahrnehmung und Verhalten nur durch die koordinierte Aktivität einer großen Anzahl von Zellen beeinflusst werden können. Dies trifft jedoch nicht immer zu, entdeckten jetzt die Neurowissenschaftler Arthur Houweling und Michael Brecht, die an der Humboldt-Universität sowie am Bernstein Zentrum für Computational Neuroscience, beide in Berlin, forschen. In ihren Experimenten führte bereits die Stimulierung einer einzigen Nervenzelle bei Ratten zu einer messbaren Verhaltensänderung. Die beiden Forscher hatten für ihre Versuche den somatosensorischen Cortex ins Visier genommen: jene Hirnregion, die Berührungsempfindungen verarbeitet. Dass dort die Anregung größerer Neuronengruppen den Eindruck einer Berührung hervorrufen kann, war bereits bekannt. Jetzt reizten die Wissenschaftler jedoch mit winzigen Mikroelektroden einzelne Nervenzellen, die am Tastsinn von Ratten beteiligt sind. Sie hatten zuvor ihre tierischen Probanden darauf dressiert, eine Berührungsempfindung zu melden, indem sie mit der Zunge eine kurze Leckbewegung ausführen. Und siehe da bereits winzige Stromimpulse von wenigen Nanoampere Stärke riefen eine messbare Reaktion hervor: Eine Pyramidenzelle aus Schicht 5b des Cortex etwa feuerte dann jeweils rund neunmal. Woraufhin die Ratten prompt den Versuchsleitern häufiger die Zunge herausstreckten. Wer es genau wissen will: Statt bei 13 Prozent der Versuchsdurchgänge beim Kontrollexperiment ohne Stromzufuhr traten Leckbewegungen jetzt bei 47 Prozent auf. Die Tiere mussten demnach die wenigen Aktionspotenziale dieser einen Zelle bemerkt haben. Zumindest in einigen Fällen scheint der Cortex also wesentlich feinfühliger zu arbeiten als gedacht, auch wenn natürlich nicht jedes Neuron derart durchschlagende Wirkungen erzielen kann das Chaos im Kopf wäre sonst vorprogrammiert. (hh) Nature doi: /nature06447 Mit einem Vorwort von Paul Watzlawick. Aus dem Französischen übersetzt von Michael Herrmann S., 13 Abb., 4 Tab., Kt / CHF ISBN Françoise Kourilsky Freude am Wandel Wie Sie aus der Not eine Tugend machen Traditionelle Denkschemata bestimmen den Einzelnen, die Familie, ganze Unternehmen und Verwaltungen. Doch was tun, wenn diese nicht mehr passen, die aktuelle Situation nicht mehr befriedigend ist, wenn ein Wandel gewünscht wird oder gar zwingend notwendig ist? Das vorliegende Buch zeigt, wie Sie eine neue Richtung finden und neue Wege beschreiten können. Lecker, Lecker Im Experiment reagieren Ratten mit einer Leckbewegung auf eine Berührungsempfindung. Sahne hat natürlich den gleichen Effekt. Jut / Fotolia Aus dem Englischen übersetzt von Irmela Erckenbrecht S., 42 Abb., Kt / CHF ISBN Melanie J. V. Fennell Anleitung zur Selbstachtung Lernen, sich selbst der beste Freund zu sein Selbstbewusstsein kann man lernen! Eine praktische Anleitung für alle, die kontinuierlich einen stabilen Selbstwert aufbauen und dauerhaft zu einem gesunden Selbstbewusstsein gelangen wollen. Erhältlich im Buchhandel oder über

14 Kommunikation Verkappte Katzenversteher Emotionale Tierlaute interpretieren wir unbewusst richtig. iaaauuuoouu!«wenn Mieze nachts schen. Während sie menschliches Lachen,»M vor der Zimmertür maunzt, ist an lustvolles Stöhnen oder Weinen problemlos einordneten, versagten sie beim Inter Schlaf nicht mehr zu denken. Doch immerhin wissen Katzenfreunde jetzt, warum sie auf das Gejammer so empfindlich wie beim Bewerten des Geckerns, Trälpretieren der Miau-Variationen ebenso reagieren: Wie ein internationales Team lerns und Schreiens der Äffchen. um Pascal Belin herausfand, wirken tierische Klagerufe auf unser Gehirn unbe Tests besser ab offenbar erweisen wir Katzenbesitzer schneiden bei Miauwusst ähnlich wie menschliches Weinen. uns angesichts Miezes wiederholter Kommunikationsversuche als lernfähig. Kein Natürlich zwischen menschlichen und tierischen Lautäußerungen gibt es Wunder, die Anlage ist da: Auf unbewusster Ebene scheint unser Gehirn die Ge Gemeinsamkeiten: Angstschreie von Säugern liegen generell meist im hohen, aggressive Töne dagegen eher im tiefen Frelich zu differenzieren. Negative und posifühlsbotschaften von Tierstimmen nämquenzbereich. Doch bedeutet dies nicht, tive Äußerungen ob von Mensch oder dass wir tierische Gemütszustände mühelos einschätzen können: Belins Pro der kernspintomografischen Messung zu Tier führten bei den Zuhörern gemäß banden hörten ängstliche oder freudige klar unterscheidbaren Hirnaktivitäten. So Laute von Rhesusaffen, Katzen und Men wurde der rechte orbitofrontale Cortex Giandox / Fotolia Unmissverständliche Botschaft Miezes Maunzen weiß ein»ungeübter«oft nicht einzuordnen sein Gehirn aber schon! im Stirnhirn, wichtig für die Bewertung von Emotionen, nur bei ängstlichen Mensch- wie Tierlauten besonders aktiv. Was die einfache Verständigung über Laute betrifft, lässt sich die Nähe von Mensch und Tier also nicht leugnen. (kg) Proceedings of the Royal Society B, 2007, S Yurok Aleksandrovich / Fotolia MEDIZIN Gentherapie für Trinker? Das Abschalten bestimmter Gene vermindert Alkoholkonsum bei Ratten. Nicht nur das Risiko, Alkoholiker zu werden, hängt von unserem Erbgut ab die Gene können auch einen wirksamen Schutz gegen die Trinksucht bieten. Das zeigt das Beispiel vieler Menschen ostasiatischer Herkunft. Der Genuss von Wein, Bier und Spirituosen führt bei ihnen zu Übelkeit und Herzrasen. Der Grund: eine Genmutation, die die Produktion des Enzyms Aldehyd-Dehydrogenase-2 (ALDH2) verhindert. Dieser Hilfsstoff ist entscheidend am Alkoholabbau beteiligt ein Mangel daran stellt für die meisten Ostasiaten wegen der abschreckenden Nebeneffekte einen wirksamen Schutz gegen Alkoholismus dar. Finger weg! Eine neue Behandlungsmethode könnte Abhängigen in Zukunft helfen, von der Flasche zu lassen. Diesen Mechanismus machten sich Wissenschaftler um Yedi Israel an der Universidad de Chile nun in Laborversuchen zu Nutze. Sie trieben zunächst Ratten in die Alkoholabhängigkeit, indem sie den Tieren zwei Monate lang unbegrenzten Zugang zu dem berauschenden Stoff gewährten. Anschließend injizierten die Forscher den Nagern RNA-Sequenzen ins Blut. Diese blockieren die Produktion des ALDH2 Enzyms. Das Ergebnis: Die gentherapierten Ratten reduzierten ihren Alkoholkonsum um die Hälfte! Ist damit eine durchschlagende Therapie der Alkoholsucht beim Menschen möglich? Um diese Frage zu beantworten, muss noch vieles geklärt werden. Etwa: Gelangen die injizierten Substanzen ins Gehirn? Wie lange hält der Effekt an? Trotzdem diskutieren die Forscher schon darüber, in welchem Stadium des Alkoholismus man die Gentherapie beim Menschen wohl sinnvoll einsetzen könnte eher zu Beginn in Phasen starken Trinkens oder besser erst bei einer ausgereiften Abhängigkeit. (sb) Alcoholism: Clinical and Experimental Research 32(1), 2008, S G&G 3_2008

15 ANZEIGE A U S S C H R E I B U N G Anlässlich des 150jährigen Jubiläums von Scientific American, einer der ältesten Wissenschaftszeitschriften der Welt, hat die Verlagsgruppe Georg von Holtzbrinck 1995 den Georg von Holtzbrinck Preis für Wissenschaftsjournalismus ins Leben gerufen. Der Preis wird jährlich vergeben und würdigt herausragende Leistungen auf dem Gebiet des Wissenschaftsjournalismus. T E I L N A H M E B E D I N G U N G E N Teilnahmeberechtigt sind alle deutschsprachigen und/oder in deutschsprachigen Medien veröffentlichenden Journalistinnen und Journalisten. Junge Autoren werden ausdrücklich ermutigt, sich an der Ausschreibung zu beteiligen. Die eingereichten Arbeiten sollen allgemein verständlich sein und zur Popularisierung wissenschaftlicher Sachverhalte, insbesondere aus den Bereichen Naturwissenschaften, Technologie und Medizin, beitragen. Entscheidend ist die originelle journalistische Bearbeitung aktueller wissenschaftlicher Themen. Die Auszeichnung kann für einzelne Beiträge, Formate und Sendekonzepte oder für eine herausragende Arbeit im Bereich Zeitung/Zeitschrift und/oder im Bereich elektronische Medien erfolgen. In die Auswahl kommen nur Bewerbungen einzelner Journalisten bzw. bei Fernseh- und/oder Hörfunkbeiträgen auch von Journalisten- und Produktionsteams. J U R Y Dr. Stefan von Holtzbrinck (Vorsitz) Vorsitzender der Geschäftsführung, Verlagsgruppe Georg von Holtzbrinck GmbH Ulrich Blumenthal Redaktionsleiter Forschung aktuell, Deutschlandfunk Dr. Joachim Bublath Redaktionsleiter der Redaktion Naturwissenschaft und Technik, ZDF Minister Prof. Dr. Peter Frankenberg, Landesministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg Prof. Dr. Peter Gruss, Präsident, Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften e.v. Dr. Stefan Marcinowski, Mitglied des Vorstandes und Sprecher der Forschung, BASF AG Joachim Müller-Jung, Leiter des Ressorts Natur und Wissenschaft, Frankfurter Allgemeine Zeitung Andreas Sentker, Leiter des Ressorts Wissen, DIE ZEIT P R E I S V E R G A B E Die Auswahl der Preisträgerin/des Preisträgers erfolgt durch eine Jury. Es wird jeweils ein Preis in der Kategorie Print und ein Preis in der Kategorie elektronische Medien vergeben. Jeder Preis ist mit , dotiert. Die Preisvergabe erfolgt im Herbst 2008 in Berlin. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen. B E W E R B U N G Die Bewerbung, bestehend aus einer Kurzbiografie und drei Arbeitsproben aus den letzten zwei Jahren (davon mindestens eine, die im Zeitraum vom 1. März 2007 bis 29. Februar 2008 veröffentlicht wurde), richten Sie bitte mit einer kurzen Begründung für Ihre Auswahl an die unten genannte Adresse. Als gültige Arbeitsproben gelten nur kopierfähige Belegexemplare im DIN A4-Format (Printmedien), DVD- bzw. CD-ROM mit Beiträgen bis max. 45 Minuten Länge und Textmanuskript inkl. ausgeschriebenen O-Tönen und Anmoderation (TV und Hörfunk), Screenshot mit Angabe des Online-Portals und der Schaltzeiten (Online). Bewerbungsschluss ist der 1. März 2008 (Poststempel). Die Rücksendung der eingereichten Arbeiten erfolgt nur auf ausdrücklichen Wunsch. Mit der Einsendung der Arbeiten werden die Ausschreibungsbedingungen anerkannt. VERANSTALTUNGSFORUM DER VERLAGSGRUPPE GEORG VON HOLTZBRINCK GMBH Taubenstraße 23 D Berlin Tel.: +49/30/ /23 Fax: +49/30/ gvhpreis@vf-holtzbrinck.de

16 psychologie ı Astrologie Die Kunst der Sterndeuter Astrologen sind nicht in der Lage, aus zwei Horoskopen das richtige für ihr Gegenüber herauszufinden. Warum nur sind dann so viele Menschen überzeugt davon, dass ihre Aussagen irgendwie doch stimmen? von edgar wunder Visum

17 Die Sonne steht im»löwen«das Ziffernblatt der Uhr an der»zytglogge«, einem Glockenturm in Bern (Schweiz), bietet versierten Betrachtern astronomische und astrologische Informationen. rägen die Sterne unseren Charakter? Ent- sie gar täglich über unser Schick- Pscheiden sal? Wer solche Fragen weit von sich weist, stellt sich vielleicht stattdessen diese: Wie kommt es, dass drei von vier Deutschen zumindest sporadisch ihr Horoskop in einer Zeitung oder Zeitschrift lesen, 15 Prozent sogar regelmäßig? Rund jeder zweite davon hat sogar den Eindruck, die Horoskope träfen wenigstens manchmal zu, und immerhin mehr als jeder vierte richtet sich zuweilen nach den Tipps der Astrologen so die Ergebnisse einer repräsentativen Umfrage des Instituts für Demoskopie in Allensbach aus dem Jahr Klar: Die meisten Horoskope-Leser wollen eigentlich nur unterhalten werden, wie knapp 60 Prozent der G&G-Leser angeben, die in den vergangenen zwei Monaten an einer Internet- Umfrage teilnahmen. Aber selbst in dieser eher wissenschaftlich orientierten Klientel erhofft sich jeder zehnte der 464 Befragten Rat und Hilfe für sein Leben oder will mehr über sich selbst oder andere erfahren. Zwölf Prozent glauben nach eigenem Bekunden, dass die»sternzeichen«etwas über Menschen aussagen; weitere 24 Prozent halten es zumindest für möglich. Das populäre Zeitungshoroskop beruht auf einem denkbar einfachen Schema: Alle Menschen werden gemäß ihrem Geburtsdatum zwölf Tierkreiszeichen zugeordnet. Ein weit verbreiteter Irrtum besagt, dass die landläufig als»sternzeichen«bezeichneten Kategorien in irgendeiner Weise mit den Sternbildern am Himmel zusammenhängen. Unter Fachleuten wird der populäre Begriff aber vermieden, denn die Tierkreiszeichen entsprechen heute schlicht bestimmten Zeiträumen im Kalender und beruhen auf einer rein geometrischen Aufteilung des Himmels in zwölf Sektoren völlig unab- 17

18 hängig von den Sternbildern am Firmament, deren Namen sie allein aus historischen Gründen tragen. Von einer bloßen Einteilung in zwölf Tierkreiszeichen, die vermeintlich zwölf Persönlichkeitstypen entsprechen, halten die meisten Astrologen jedoch selbst wenig. Vielmehr erstellen sie individuelle Horoskope exakt für die Geburtsminute und den Geburtsort eines Menschen (siehe Kasten unten). Dennoch beziehen sich die Erfahrungen der meisten Menschen zunächst einmal nur auf die populäre Zwölfer- Typologie. Mittlerweile liegen zahlreiche Studien vor, die zeigen, wie Horoskope als Lebenshilfe und Sinnstifter»funktionieren«oder zumindest den verblüffenden Eindruck hervorrufen, dass sie in irgendeiner Weise zutreffen. Wissenschaftler sollten daher astrologische Thesen auch wenn sie unplausibel erscheinen mögen nicht von vornherein ablehnen, sondern kritisch prüfen. So suchten der Persönlichkeitspsychologe Martin Reuter von der Universität Bonn und seine dänischen Kollegen Peter Hartmann und Helmuth Nyborg von der Universität Århus 2005 in den Daten von Personen nach Zusammenhängen zwischen Tierkreiszeichen und Charakter ohne Erfolg. Zahlreiche weitere empirische Studien kommen zu dem gleichen Ergebnis: Menschen mit verschiedenen»sternzeichen«unterscheiden sich nicht systematisch in ihrer Persönlichkeit. Stütze für den Rationalismus? Warum glauben trotzdem viele an die populärastrologische Typologie? Wissenschaftlich orientierten Menschen erscheint das in der Regel irrational. Doch so einfach ist es nicht. Die Psychologin Hannelore Seelmann-Holzmann fand schon vor 20 Jahren in ihrer Doktorarbeit an der Universität Erlangen-Nürnberg heraus, dass die Astrologie für viele Menschen die Funktion eines»subsinnsystems des Rationalismus«hat. Kleine Einführung in die Astrologie Ein Horoskop entsteht Wie arbeiten Astrologen des 21. Jahrhunderts? Zunächst einmal geben sie die Geburtsdaten einer Person in ein Computerprogramm ein, das daraufhin eine komplexe Anordnung verschiedener mythologischer Symbole erstellt, das so genannte Horoskop. Diese Anordnung beruht auf einer recht eigenwilligen Projektion der Planetenpositionen am Firmament auf ein Blatt Papier. Die Himmelskörper an sich, ihre Kraftfelder oder Entfernung sind dabei für Astrologen uninteressant. Die meisten von ihnen sind B nicht in der Lage, auch nur die wichtigsten Sternbilder am Nachthimmel zu identifizieren, denn die astrologische Symbolwelt hat fast überhaupt nichts mit dem von Astronomen erforschten Universum zu tun. Das Metier der Astrologen ist das»ausdeuten«des Horoskops: das Kombinieren des mythologischen Gehalts der Symbole, darunter mindestens neun Planeten, zwölf Tierkreiszeichen, zwölf»häuser«(symbolische Felder, eines davon der so genannte Aszendent), zahlreiche»aspekte«(winkelbeziehungen zwischen den Symboleinheiten), sodass sich daraus ein irgendwie sinnvoll erscheinendes Bild ergibt. Ein einheitliches, von allen Astrologen anerkanntes Deutungssystem gibt es nicht es geht nach»intuition«. Jedenfalls kommen verschiedene Astrologen auf Grund derselben Geburtsdaten üblicherweise zu ganz unterschiedlichen, ja gegensätzlichen Aussagen. Weltanschauliche Grundlagen Warum soll zwischen den Stellungen der Planeten und dem Charakter oder Schicksal von Menschen überhaupt ein Zusammenhang bestehen? Darüber sind sich selbst Astrologen nicht einig. Götter oder Dämonen brächten so ihren Willen zum Ausdruck, lautete der historisch früheste Begründungsversuch. Doch als unsere Vorfahren circa 500 v. Chr. lernten, die Planetenbahnen auf viele Jahrhunderte hinaus zu berechnen, verlor dieser Ansatz an Plausibilität. Stattdessen vermutete man nun kausale Einflüsse der Gestirne. Aber auch diese Theorie erschien mit dem Erkenntnisfortschritt der Naturwissenschaften immer unwahrscheinlicher. Astrologen retteten sich in die Annahme, es bestünden zwar keine»einflüsse«der Gestirne, wohl aber symbolische»analogien«in dem Sinn, dass etwas lediglich analog sowohl»oben«(am Firmament) als auch»unten«(auf der Erde) geschehe, weil überall eine bestimmte»qualität der Zeit«herrsche. Nachdem empirische Studien gezeigt hatten, dass solche analogen Zusammenhänge nicht bestehen, beriefen sich Astrologen auf den»archetypischen«gehalt des Symbolsystems als Produkt der menschlichen Kulturgeschichte befragte Edgar Wunder 135 repräsentativ ausgewählte deutsche Astrologen, welche Erklärung sie für ihre eigenen Evidenzerlebnisse mit Horoskopen favorisieren. Unter ihnen nannten 43 Prozent Analogien, 18 Prozent Einflüsse der Gestirne, 12 Prozent psychologische Mechanismen, 11 Prozent archetypische Symbole, 10 Prozent hellseherische Fähigkeiten, 3 Prozent bloße Zufälle und 2 Prozent das Wirken von Göttern und Dämonen. 18 G&G 3_2008

19 Jungfrau 22./ / Waage 22./ AKG Berlin Löwe 22./ / Krebs 20./ / Skorpion Schütze / Himmlische Buchmalerei Diese Miniatur des Tierkreises fertigte der italienische Kartograf Giovanni Battista Agnese (um ) etwa 1550 an. Die hier angegebenen, schwankenden Datumsgrenzen berücksichtigen, dass ein Sonnenjahr nicht genau 365 Tage lang ist. Zwillinge 20. / / Stier 19. / / Widder 20. / / Fische 18./ / Wassermann / Steinbock 21. / Die Tricks der Profis Wie gelingt es Zeitungsastrologen, dass sich so viele Leser in ihren Kurztexten wiederfinden? Die Germanistin Katja Furthmann identifizierte 2006 in ihrer Doktorarbeit sieben sprachliche Kunstgriffe: Das bedeutet: Astrologieanhänger sehen keinen Widerspruch zu naturwissenschaftlich orientierten Sinn- und Weltdeutungssystemen, im Gegenteil: Zusätzliche astrologische Überzeugungen lassen ihnen eine ansonsten rationale Sicht der Welt überhaupt erst plausibel erscheinen. Weil die Astrologie keine dogmatisch vorgegebene Lehre darstellt, die von einer Institution wie etwa einer Kirche festgelegt würde, kann der Einzelne sie individuell an seine Weltanschauung anpassen. Wie ich 2002 in einer Umfrage unter 135 deutschen Astrologen herausgefunden habe, glauben selbst unter den»profis«nur noch 18 Prozent an einen Einfluss der Sterne (siehe Kasten links). Einige Astrologen sprechen sogar offen von der Astrologie als einer»nützlichen Fiktion«für Beratungsgespräche. Anstatt sich angesichts empirischer Befunde in Ausreden zu flüchten»die Sterne machen geneigt, sie zwingen nicht«, forderte der Münchner Astrologe Christopher Weidner 2002 in der»zeitschrift für Anomalistik«gar eine pragmatische Neukonzeption der Astrologie: Sie müsse nicht objektiv»wahr«sein, um von ihren Anhängern als hilfreich erlebt zu werden. Für die astrologische Praxis ist offenbar entscheidend, dass die Anhänger ihre Sicht der Dinge nicht als einen Glauben, sondern als Erfahrungswert ansehen. Diese subjektive Erfahrung von Stimmigkeit, das so genannte Evidenzerlebnis, kann sich auf das eigene Horoskop oder das ihnen bekannter Personen beziehen, auf Prognosen oder die Charakterisierung einer Persönlichkeit, auf den Sinn des Lebens oder auch auf praktische Alltagsfragen. Darüber hinaus unterscheiden sich Evidenzerlebnisse darin, wie sie wahrgenommen und erlebt werden. Während sie für manche Menschen gewöhnliche Alltagserfahrungen darstellen, schildern ehemalige Astrologie-Skeptiker mitunter dramatische»bekehrungserlebnisse«. Wie erklären sich Forscher solche Stimmigkeitserfahrungen? Zunächst einmal sind sie kein Ausdruck von Leichtgläubigkeit oder gar Einbildung. Seit Beginn der 1990er Jahre hat der australische Psychologe Harvey Irwin von der University of New England in Armidale anhand verschiedener Untersuchungen belegt, dass Astrologieanhänger genauso intelligent, kritisch und psychisch»normal«sind wie andere Menschen auch, im Durchschnitt aber etwas krea- 1. erschöpfende Themenpräsentation, zum Beispiel indem Gegensätze verbunden werden 2. Gebrauch abstrakter Begriffe wie Chance, Problem relative und mehrdeutige Formulierungen 4. Integration zeitloser Wahrheiten 5. Anschaulichkeit durch bildhafte Formulierungen 6. astrologisches Fachvokabular 7. Inszenierung von Nähe und emotionaler Beteiligung Furthmann, K.: Die Sterne lügen nicht. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht

20 ökonomische aspekte Deutsche Astrologen verdienen insgesamt knapp 30 Millionen Euro im Jahr. Das lässt sich aus Erhebungen des Deutschen Astrologen-Verbands aus dem Jahr 2000 hochrechnen aktuellere Daten gibt es nicht. Die etwa 5000 deutschen Astrologen erwirtschaften im Durchschnitt nur etwa ein Sechstel ihrer Einkünfte durch astrologische Tätigkeiten und gehen meist einem anderen Hauptberuf nach. Wunder, E.: Religion in der postkonfessionellen Gesellschaft. Stuttgart: Franz Steiner Verlag tiver. Nahezu jeder, der Horoskope halbwegs unvoreingenommen studiert, kann demnach eine solche Übereinstimmung zwischen Horoskop und eigener Erfahrung erleben. Wie ich in einer 2002 veröffentlichten Studie mit 1700 Versuchspersonen nachgewiesen habe, ist fast allen, die Astrologie ablehnen, gemeinsam, dass sie sich niemals näher mit der Materie beschäftigt haben. Bei denjenigen aber, die schon einmal tiefer hineingeschnuppert haben, liegt meist ein auf Erfahrungen begründeter Glaube vor. Wie im Zirkus: für jeden etwas Viele Evidenzerlebnisse lassen sich jedoch leicht erklären. Der australische Astrologieforscher Geoffrey Dean führt in einer Übersichtsarbeit von 1998 gut drei Dutzend psychologische Mechanismen auf, deren Wirkung bei Horoskopen belegt ist. Das in diesem Zusammenhang am häufigsten diskutierte Phänomen ist der Barnum-Effekt. Er erhielt seinen Namen von dem US-amerikanischen Zirkusdirektor Phineas T. Barnum ( ), der sich gerühmt haben soll, mit seinem Programm»ein bisschen für jeden«zu bieten. Der kalifornische Psychologe Bertram R. Forer hat diesen Effekt 1948 das erste Mal untersucht. Er ließ seine Studenten einen Persönlichkeitstest beantworten, aber an Stelle der angekündigten individuellen Auswertung gab er allen denselben Text, den er aus Zeitungshoroskopen zusammengesetzt hatte. Die Studenten sollten ihre»gutachten«nun auf einer Skala von 0 (trifft gar nicht zu) bis 5 (trifft genau zu) bewerten. Erstaunlicherweise lag der Durchschnitt bei 4,2 auch als Forer und nach ihm viele andere Forscher den Test noch einmal mit neuen Versuchspersonen wiederholte. Die höchste Zustimmung erhielten vage, allgemein gehaltene oder mehrdeutige Aussagen, wie»sie neigen zu Selbstkritik«oder»Manchmal haben Sie ernste Zweifel, ob Sie die richtige Entscheidung getroffen haben«. Solchen»Auswertungen«stimmten 97 Prozent der Probanden zu! Nach Forer zeigten auch andere Wissenschaftler, dass Menschen so genannten Barnum-Aussagen umso stärker zustimmen, je mehr sie an Astrologie glauben, je positiver die gelesenen Beschreibungen sind und je genauer sie zuvor ihr Geburtsdatum angeben mussten übrigens auch dann, wenn ihnen bewusst ist, dass die Aussagen sehr allgemein formuliert sind. Der Wiener Psychologe Andreas Hergovich schlussfolgerte aus solchen Experimenten, dass wir Barnum-Aussagen auf beliebige konkrete Eigenschaften oder Ereignisse beziehen und dabei sogar widersprüchliche Aussagen miteinander in Einklang bringen können. Somit wäre es unserer Spezies auch möglich, jedes beliebige Horoskop als irgendwie persönlich zutreffend wahrzunehmen. Ein weiterer Mechanismus, der Evidenzerlebnisse hervorruft, ist die so genannte Pseudoindividualisierung. Der US-amerikanische Psychologe Rick Snyder von der University of Kansas in Lawrence gab bereits 1973 drei Gruppen von Versuchspersonen identische astrologische Astrologie heute Die zu Beginn des 20. Jahrhunderts in Vergessenheit geratene Beschäftigung mit Horoskopen erlebte seit Anfang der 1980er bis in die späten 1990er Jahre einen kometenhaften Wiederaufstieg. In nur 15 Jahren verzehnfachte sich die Zahl der in Westdeutschland tätigen professionellen Astrologen auf rund Seitdem ist sie wieder leicht rückläufig zugenommen hat jedoch die Vermarktung der Astrologie im Privatfernsehen. In den kommenden Jahren wird die Zahl der Astrologieanhänger voraussichtlich weiter sinken, denn der Boom der Astrologie beruhte weniger auf einem Einstellungswandel als auf einem Generationswechsel: Ende der 1970er Jahre standen ihr die Älteren skeptischer gegenüber als die Jüngeren. Inzwischen hat sich dieser altersstrukturelle Effekt umgekehrt, weil die heutigen Jugendlichen die Astrologie häufiger ablehnen als ihre Großeltern. In Ostdeutschland existiert Astrologie fast ausschließlich in Form von Zeitungshoroskopen und anderen Formen medialer Unterhaltung; anders als im Westen gibt es dort kaum praktizierende Astrologen. In einer repräsentativen Erhebung im Rahmen des International Social Survey Programme, einem länderübergreifenden akademischen Umfrageprogramm, stimmen 1998 rund 41 Prozent der West-, aber nur 24 Prozent der Ostdeutschen der Aussage zu,»das Sternzeichen bzw. das Geburtsdatum eines Menschen [habe] einen Einfluss auf den Verlauf seines Lebens«. Dieses West-Ost-Gefälle könnte darauf beruhen, dass Ostdeutsche auch weniger religiös sind ein Erbe der DDR-Zeit, und religiöse Menschen eher an Astrologie glauben. Deshalb kann die Astrologie auch nicht, wie häufig geschehen, als Ersatzreligion bezeichnet werden, denn empirisch gesehen ergänzt sie den religiösen Glauben. 20 G&G 3_2008

21 UMFRAGE: Was G&G-Leser von Horoskopen halten Glauben Sie, dass Sternzeichen etwas über Menschen aussagen? nein 58,8 % (273 Stimmen) weiß nicht 4,5 % (21) keine Angabe 1,3 % (6) Ferdinand Reindl (55), St. Pantaleon, Österreich: Astrologie ist für mich reiner Aberglaube, kann jedoch bei Menschen, die an sie glauben (wie jeder Glaube), einen Placeboeffekt hervorrufen. Richard Pragner (55), Neumarkt/Oberpfalz: An einen (direkten) Einfluss von Himmelskörpern glaube ich überhaupt nicht. Jedoch vermute ich einen Einfluss über die Jahreszeit, in der man geboren wird. Da das erste Lebensjahr sehr prägend ist, vermute ich hier auch einen Einfluss auf den Charakter. Dann müssten allerdings»nord- und Südhalbkugel-Horoskope«um ein halbes Jahr gegeneinander verschoben sein. Mehr Ergebnisse: Einzelstimmen vielleicht/ein wenig 23,5 % (109) ja 11,9 % (55) Wolfgang Heidrich (67), Darmstadt: Für mich ist Astrologie Realität, so wie eine Uhr oder ein Kalender. Aus ihnen kann man das zu erwartende Tageslicht oder die zu erwartenden jahreszeitlichen Qualitäten ablesen. Ein Horoskop ist da nicht anders. Es gibt Hinweise auf bestimmte energetische Konstellationen zu einem bestimmten Zeitpunkt. In nächster Zukunft werden wir in der Lage sein, diese energetischen Konstellationen und Einflüsse auf die Natur und auf den Menschen zu messen und zu bewerten. Wissenschaftlich! Dazu antwortet G&G-Autor Edgar Wunder: Es gibt bereits Hunderte von Studien, die nicht nur sorgfältig nach einem Zusammenhang von Persönlichkeitsunterschieden mit Tierkreiszeichen, sondern auch mit den Jahreszeiten gesucht haben. Aber keiner ist es gelungen, eine solche Beziehung statistisch nachzuweisen. Die Jahreszeiten-Hypothese mag also für sich genommen oder auch als Argument für die Bedeutung der Tierkreiszeichen plausibel klingen sie ist empirisch gesehen trotzdem falsch. Nachgewiesen ist dagegen, dass zwischen der Jahreszeit der Geburt und dem Risiko, an Schizophrenie zu erkranken, ein Zusammenhang besteht: Wer auf der Nordhalbkugel zwischen Februar und April zur Welt kam, ist offenbar häufiger betroffen. In der südlichen Hemisphäre fällt dieser Zusammenhang übertragen auf die dortigen Jahreszeiten anscheinend deutlich schwächer aus. Weitere Befunde deuten darauf hin, dass Frühjahrsgeborene häufiger Suizid begehen und Herbstgeborene häufiger an Panikattacken leiden als der Bevölkerungsdurchschnitt. Texte, die vermeintlich ihren Charakter beschrieben. Der ersten Gruppe erläuterte er zuvor, es handle sich um eine allgemeine Persönlichkeitsbeschreibung, die auf jeden zutreffen könnte. Einer zweiten Gruppe berichtete er, der Text basiere auf einer astrologischen Deutung ihres Geburtsjahrs und Geburtsmonats, und den Teilnehmern der dritten Gruppe, dies sei ein individuell für jeden erstelltes Horoskop zu seinem exakten Geburtsdatum. Obwohl alle Teilnehmer den gleichen Text erhielten, unterschieden sie sich deutlich in ihren Urteilen: Gruppe 1 schätzte ihn im Mittel als weder sonderlich zutreffend noch unzutreffend ein; Gruppe 2 lag dazwischen. Gruppe 3 fand dieselben Aussagen jedoch gut bis sehr gut zutreffend. Das bedeutet: Je (pseudo-)individualisierter ein Horoskop präsentiert wird, desto höher das Stimmigkeitsempfinden. Ein drittes Phänomen, das Horoskope für Leser überzeugend erscheinen lässt, ist der fundamentale Attributionsfehler. Darunter verstehen Psychologen die Tendenz, die Ursachen für ein Verhalten eher in stabilen Eigenschaften einer Person als in veränderlichen Umweltbedingungen zu suchen. Auf die Astrologie übertragen bedeutet das: In bestimmten Situationen verhält sich jeder Mensch zurückhaltend, beharrlich oder gefühlsreich beziehungsweise wie ein im Tierkreiszeichen»Fisch«,»Stier«oder»Krebs«Geborener. Wenn sich aber ein»stier«situationsbedingt beharrlich zeigt, wird ein Anhänger der Astrologie das gern mit dem»sternzeichen«begründen Reine Frauensache? 87 Prozent der deutschen Frauen lesen manchmal ein Horoskop in der Presse aber nur 66 Prozent der Männer. Unter den Leserinnen orientieren sich 37 Prozent auch im Alltag manchmal an den Tipps, während das nur 22 Prozent der männlichen Leser zugeben. Institut für Demoskopie in Allensbach,

22 Geschichte der Astrologie 2. Jahrtausend v. Chr. Babylonische Priester notieren Bewegungen der Sterne auf Keilschrifttafeln und deuten ihre Stellungen als göttliche Zeichen, zum Beispiel für Ernte oder Krieg. 5. Jahrhundert v. Chr. Der Himmelskreis wird nach zwölf Fixsternbildern in zwölf Teile geteilt, die Tierkreiszeichen. um Christi Geburt Astrologie ist im Römischen Reich groß in Mode. um 1000 Griechisch-arabische Sterndeutung dringt ins christliche Abendland vor Mit der Erfindung des Buchdrucks verbreiten sich auch astrologische Schriften rasant. 16. Jahrhundert Das neue heliozentrische Weltbild kann die Astrologie nicht erschüttern; Pestarzt Nostradamus verfasst seine berühmten Prophezeiungen. Cold reading (»kaltes Lesen«) Mit dieser Technik wird ein Gegenüber anhand von Mimik, Gestik, Kleidung und Verhalten eingeschätzt (»gelesen«), ohne dass es irgendetwas sagen muss. So können Astrologen anhand von feinen Reaktionen ihrer Klienten zu relativ konkreten Aussagen gelangen und falsche Vermutungen noch schnell relativieren. ohne zu bedenken, dass viele andere Menschen in der gleichen Situation ähnlich gehandelt hätten. Wenn wir eine Behauptung überprüfen, tendieren wir außerdem meist dazu, nach einer Bestätigung zu suchen. Nur selten bemühen wir uns darum, eine These zu widerlegen. Das liegt in der Natur des Menschen und macht Wissenschaft zu etwas Besonderem. Wenn nun der fundamentale Attribuierungsfehler und diese Verifizierungsfalle zusammenwirken, kommt es beim Lesen eines Horoskops fast zwangsläufig zu einem Evidenzerleben und das nicht nur, wenn man ohnehin schon daran glaubt. Wenn uns eine astrologische Charakterdeutung vorliegt, suchen wir nach entsprechenden Verhaltensweisen und meinen diese auch zu finden, obwohl sich Menschen anderer Tierkreiszeichen in einer ähnlichen Lage vielleicht ebenso verhalten hätten. Wissen wir beispielsweise, dass ein Kollege im Zeichen des Wassermanns geboren ist, suchen wir bei ihm nach wassermanntypischen Eigenschaften wie Freiheitsliebe und Idealismus und nicht etwa nach typischen Eigenschaften eines Steinbocks wie zum Beispiel Pflichtbewusstsein und Geduld. Dabei wären wir in diesem Fall mit hoher Wahrscheinlichkeit ebenfalls fündig geworden! Hinzu kommt, dass wir dazu neigen, entsprechend unseren Erwartungen oder Überzeugungen selektiv wahrzunehmen. Astrologieanhänger registrieren daher häufiger korrekte als falsche Aussagen und erinnern sich später auch besser an sie. Sind wir alle ein bisschen Mörder? 1997 begleitete ich als wissenschaftlicher Berater ein von mir vorgeschlagenes Experiment des WDR-Fernsehmagazins»Quarks & Co«: Über eine Zeitungsannonce warben wir mehr als 200 Versuchspersonen für ein»astrologisches Forschungsprojekt«an. Alle Teilnehmer erhielten dasselbe Horoskop, mit der Information, es sei persönlich für sie angefertigt worden. Drei Viertel von ihnen fühlten sich durch das Horoskop gut beschrieben dabei war es doch für den 1879 geborenen 24-fachen Mörder Friedrich Haarmann erstellt worden! Ein vergleichbares Experiment hatte schon der Franzose Michel Gauquelin in den 1950er Jahren mit dem Horoskop eines französischen Massenmörders und einem ähnlichen Ergebnis durchgeführt. Experimente dieses Typs widerlegen allerdings nicht die Annahmen der Astrologie, denn dazu wäre zu prüfen, ob Horoskope zu den korrekten Geburtsdaten der Probanden nicht zu noch intensiveren Evidenzerlebnissen geführt hätten. Immerhin: Die Untersuchungen belegen eindrücklich, dass Evidenzerlebnisse nicht ausreichen, um astrologische Thesen zu belegen, denn sie können auch sehr leicht durch falsche Horoskope erzeugt werden. 22 G&G 3_2008

23 18. Jahrhundert Im Zuge der Aufklärung verliert die Astrologie an Bedeutung Mit»The Straggling Astrologer«(etwa:»Der umherstreifende Astrologe«) erscheint in England die erste astrologische Wochenzeitschrift Im Londoner»Sunday Express«erscheint das erste individuelle Zeitungshoroskop. 20. Jahrhundert Die moderne Astrologie erlebt eine»psychologisierung«: weg von Ereignisprognosen, hin zu so genannten Charakterdeutungen Der Freiburger Psychologe und Astrologe Peter Niehenke begründet eine Tradition halbjährlich stattfindender»forschungssymposien«, bei denen Astrologen und Kritiker wissenschaftliche Studien zur Astrologie diskutieren. Frédéric Droués / Fotolia Die Wahrscheinlichkeit, mit der gewisse Aussagen ohnehin zutreffen, wird zudem meist unterschätzt. Als ich Anfang der 1990er Jahre in Nürnberg an einer Podiumsdiskussion teilnahm, meinte eine Astrologin zu mir, sie»spüre«in meinem (ihr unbekannten) Horoskop»eine besondere Merkur-Betonung«. Auf die Nachfrage, wie dies in meinem Horoskop zum Ausdruck kommen könnte, erhielt ich die Antwort: Sonne, Aszendent oder Mond könnten im Zwilling oder in der Jungfrau stehen, die ja beide vom Merkur beherrscht werden. Oder der Merkur selbst stehe in diesen Zeichen, am Aszendenten oder am Medium Coeli, der Himmelsmitte, oder bilde einen wichtigen Aspekt mit einem anderen Planeten (siehe Kasten auf S. 18). Der Astrologin war vermutlich nicht klar, dass die Wahrscheinlichkeit für irgendeine dieser vielen Möglichkeiten in einem Horoskop beliebigen Datums schon bei weit über 80 Prozent liegt. Die Zahl der Deutungselemente in einem komplexen Horoskop ist derart groß, dass sich letztlich aus jedem Horoskop jeder Charakterzug herauslesen lässt. Aber lassen sich wirklich alle astrologischen Evidenzerlebnisse restlos auf psychologische Mechanismen zurückführen? Um dies zu überprüfen, haben Forscher Horoskope mit richtigen und falschen Geburtsdaten systematisch verglichen. Führen beide zu gleichermaßen intensiven und häufigen Evidenzerlebnissen, dann kann deren Auftreten nichts mit dem Geburtsdatum und dem Stand der Gestirne zu tun haben. Genau das ergaben zahlreiche Untersuchungen, darunter eine von 2003, zu der ich 26 Astrologen und 1700 Versuchspersonen eingeladen hatte. Die Astrologen waren nicht in der Lage herauszufinden, welches von zwei möglichen Geburtsdaten das richtige für eine bestimmte Person war, obwohl sie die Probanden vorher alles fragen konnten, was sie wollten mit Ausnahme des Geburtstags. Umgekehrt gelang es auch den Versuchspersonen nicht zu bestimmen, welche von zwei astrologischen Deutungen für ihr eigenes Geburtsdatum erstellt worden war. Das bestätigen auch andere Untersuchungen, darunter solche, die Astrologen selbst konzipiert und durchgeführt haben. Der Australier Geoffrey Dean, der auf Grund ernüchternder Befunde seine astrologische Tätigkeit aufgab, analysierte bis heute mehr als 50 vergleichbare Zuordnungsstudien. Sein Fazit: Seine Exkollegen können ein Horoskop, das anhand exakter Geburtsdaten erstellt wurde, einem Persönlichkeitsprofil oder einer Fallgeschichte nicht besser zuordnen als ein Zufallsgenerator. Dabei hatten sich Astrologen in der Hoffnung auf wissenschaftliche Anerkennung lange auf einen Ausspruch berufen, der dem Schweizer Psychoanalytiker Carl Gustav Jung ( ) zugeschrieben wird:»die moderne Astrologie nähert sich mehr und mehr der Psychologie und klopft bereits vernehmlich an die Tore der Universitäten!«Tatsächlich scheint es umgekehrt zu sein: Die akademische Psychologie klopft an die Tore der Astrologie wenn auch in einem ganz anderen Sinn, als sich die Astrologen dies erhofft hatten. Ÿ Edgar Wunder ist Dozent für Sozialgeografie an der Universität Heidelberg. In seiner Dissertation»Religion in der postkonfessionellen Gesellschaft«hat er unter anderem die Astrologie aus sozialwissenschaftlicher Perspektive untersucht. MEHR ZUM THEMA PARAPSYCHOLOGIE G&G 3/2007, S. 30 Literaturtipps Hergovich, A.: Die Psychologie der Astrologie. Bern: Huber Kritik der Astrologie aus naturwissenschaftlicher und empirischer Sicht Koch, D.: Kritik der astrologischen Vernunft. Frankfurt/ Main: Verlag der Häretischen Blätter Eine Antwort der Astrologen auf ihre Kritiker Wunder, E. (Hg.): Thesen und Argumente zur Astrologie. Gesellschaft für Anomalistik, Sandhausen, Astrologen und ihre Kritiker unternehmen den Versuch eines konstruktiven Dialogs. Weblinks astrologie.shtml Arbeitskreis Astrologie der Gesellschaft für Anomalistik com Wissenschaftliche Studien zur Astrologie Deutscher Astrologen-Verband 23

24 Psychologie ı Fremdsprachendidaktik Grammatik auf die leichte Tour? Allen Versprechungen neuer Lehrmethoden zum Trotz an den ultimativen Kniff in Sachen Sprachenlernen glaubt heute kaum noch ein Forscher. von Jan Dönges Ganz ohne regelkunde funktioniert es zwar nicht sie zu lernen kann aber auch spielerisch von der Hand gehen. Andrey Kiselev/ Fotolia 24 G&G 3_2008

25 Kennen Sie das? Da ringt man sich notgedrungen eine Konversation auf Englisch ab und reiht gefühlsmäßig Patzer an Patzer? Unsicherheit in der Grammatik und die Angst, Fehler zu machen, verleiden manchem gründlich das Parlieren in einem fremden Idiom. Selbst jahrelanger Unterricht konnte nichts daran ändern. So fällt das Versprechen, in Sachen Sprachenlernen endlich alte Zöpfe abzuschneiden, auf fruchtbaren Boden. Man müsse die Sache nur richtig anpacken, heißt es immer wieder vollmundig in Büchern zum Selbststudium oder in Prospekten privater Sprachschulen. Und das Beste dabei: Auf all das Büffeln, die Vokabelhefte, das linguistische Fachchinesisch könne getrost verzichtet werden! Unplausibel klingt das nicht, schließlich eignen sich beispielsweise Kinder, wenn sie in einem fremden Land aufwachsen, die Sprache ihrer Umgebung spielend leicht an. Und Fortschritte in Psychologie und Linguistik könnten helfen, ähnliche Lernmechanismen in die Erwachsenenwelt zu übertragen. Dahinter steckt nicht nur das verkaufsfördernde Argument, den Schülern die Mühsal des Grammatikpaukens zu ersparen auch Forscher sehen Änderungsbedarf. Ihre Unzufriedenheit speist sich vor allem aus der Erkenntnis, dass mit Regelkunde allein nichts gewonnen werden kann. Didaktik auf Zickzackkurs Denn was da revolutioniert werden soll die so genannte Grammatikübersetzungsmethode, an der sich Lehrbücher auch heute zu einem gut Teil orientieren, stammt noch aus der Urzeit planvoller Sprachvermittlung. Sie ist der Grundkonsens, der Prototyp des Fremdsprachenunterrichts, bar jedwedes pädagogischen Konzepts. In Reinform findet man sie heutzutage freilich nur noch in Ausnahmefällen, am ehesten in der Lateinstunde: Übungssätze sind in der Fremdsprache zu konstruieren oder Texte ins Deutsche zu übertragen mit Stift und Papier, denn gesprochen wird, wenn überhaupt, später. Was bei toten Sprachen noch vertretbar ist, muss bei Englisch oder Französisch jedoch kläglich scheitern. Nicht viel mehr als einen abstrakten Regelkorpus verinnerlichten die Schüler dabei, meint etwa die Didaktikerin Susanne Even von der University of Indiana in Bloomington. Das helfe aber nichts beim Gebrauch der Sprache:»So schaffen es die Studenten jedenfalls nicht, ihr linguistisches Wissen in eine für die Kommunikation nützliche Form zu bringen.«kritik an der Grammatikübersetzungsmethode hagelt es nicht erst seit gestern: Bereits 1882 nahm Wilhelm Viëtor in seiner Streitschrift»Der Sprachunterricht muss umkehren!«aus eben diesem Grund die damals gängige Praxis unter Beschuss. Mit Erfolg, denn fortan sollte der Fähigkeit zur mündlichen Sprachbeherrschung mehr Gewicht beigemessen werden die Frage ist nur: wie? Die große Suche nach Alternativen, die seitdem in der Didaktik eingesetzt hat, gleicht der Jagd auf ein bewegliches Ziel. Weil es kaum systematische eigene Forschung gibt, schlägt sich jede Trendwende in den»mutterdisziplinen«psychologie, Sprachwissenschaft und Pädagogik früher oder später auch in einer eigenen didaktischen Vorgehensweise nieder, während den älteren Sprachlernkonzepten der theoretische Unterbau wegbricht. Die»audiolinguale Methode«beispielsweise, bei der durch andauerndes Hören und Wiederholen Sätze und Satzbausteine bis zur Perfektion eingeübt werden sollten, wurde um die Mitte des 20. Jahrhunderts als Revolution gepriesen und führte unter anderem zur Verbreitung der Sprachlabore. Weil sie sich jedoch auf eine mittlerweile veraltete Lernpsychologie stützt, haben die meisten Forscher wieder von ihr Abstand genommen. In den 1970er Jahren machte dagegen die»natürliche Methode«des Spanischlehrers Tracy Terrell und des Linguisten Stephen Krashen von der University of Southern California Karriere. Sie setzten voll und ganz auf Kommunikation und nahmen dabei die eingangs genannte Überlegung zum Vorbild: Fremdsprachen müssten so gelernt werden wie einst die Muttersprache durch Reden und vor allem durch Zuhören. Krashen und Terrell gingen davon aus, dass ein besonderer Mechanismus es gestatte, die eigene Muttersprache zu lernen. Um ihn erneut einzuspannen, soll sich der Lehrplan genau an der Reihenfolge orientieren, in der auch Kinder neue sprachliche Konzepte erlernen. Außerdem würden Schüler vor allem dann ihre Fähigkeiten ausbauen, wenn sie Satzkonstruktionen zu hören bekämen, die immer ein wenig über ihren momentanen Fähigkeiten lägen. Hatte man ihn also gefunden, den idealen Sprachkurs für leichtes und doch effektives Lernen? So einleuchtend sie auch klingen mochte, in der Praxis erwies sich die»natürliche Methode«als zu naiv: Viele Sprachlehrer, die ihr Wie finde ich den richtigen Sprachunterricht? Fünf Fragen, die sich jeder stellen sollte: ó Verspricht ein Anbieter, ganz auf Grammatikunterricht zu verzichten? Dann ist Misstrauen angesagt, die Erfolgsaussichten sind fraglich. ó Wird auf die kommunikative Bedeutung der einzelnen Regeln Wert gelegt? Denn als reiner Lernstoff ist Grammatik praktisch genauso nutzlos wie keine Grammatik. ó Gibt es ausreichend Gelegenheit zu Konversationsübungen? Ohne Training in der Sprache wird Ihnen auch ein Rucksack voller Theorie nichts bringen. ó Welche Einstellung zu Fehlern haben die Dozenten? Auch wenn noch mancher Satz in die Hose geht, sollten sie Sie zum Sprechen ermuntern eine Überbewertung von Grammatik nutzt nicht, sondern hemmt. ó Konzentriert sich der Kurs nur auf einen einzelnen Lerntyp? Je vielfältiger der Unterricht ist, desto eher haben Sie die Möglichkeit herauszufinden, wie Sie selbst am besten lernen. 25

26 Manche studenten Blieben über jahre auf dem niveau von»ich gehen«ein Sprachlabor im Keller haben seit den 1960er Jahren zahlreiche deutsche Schulen. Die teuren Anschaffungen erwiesen sich jedoch als zu praxisfern. Fraglich ist auch ihr didaktischer Wert: Dauernde Hör- und Nachsprechübungen, für welche die Labore entsprechend der»audiolingualen Methode«konzipiert wurden, gelten heutzutage als veraltet. Literaturtipps Even, S.: Drama Grammatik. Dramapädagogische Ansätze für den Grammatikunterricht Deutsch als Fremdsprache. München: iudicium Fischer, S.: Sprechmotivation und Sprechangst im DaF- Unterricht. In: gfl-journal 3, 2005, S Weblink Deutsche Gesellschaft für Fremdsprachenforschung DPA audio folgten, warfen die mühsame Regelkunde gleich ganz über Bord.»Hier an der Universität wurde lange Zeit völlig ohne Grammatik unterrichtet«, erzählt Susanne Even.»Aber selbst nach Jahren waren viele Studenten immer noch auf dem Niveau von ich gehen.«auch Claudia Riemer, die an der Universität Bielefeld zur Fremdsprachendidaktik forscht, kennt dieses Problem:»Eine Fremdsprache zu lernen ist eine enorm komplexe Angelegenheit. Ganz ohne fokussierte Aufmerksamkeit auf bestimmte Regeln geht es nicht.«anderen Methoden erging es nicht besser. Und so hat sich in Forscherkreisen mehr und mehr die Einschätzung durchgesetzt, dass leider praktisch alle Konzepte, die grammatische Erklärungen außen vor lassen, irgendwann in Schwierigkeiten geraten. Einfach drauflos zu plaudern so etwas taugt bestenfalls für die ersten Schritte in einer neuen Sprache. Den Trick, mit dem das Sprachenlernen endlich für alle zum Kinderspiel wird, hat also noch keiner gefunden. Und es ist auch unwahrscheinlich, dass es ihn je geben wird: Zu unterschiedlich sind die Menschen und ihre ureigenste Herangehensweise an das Problem. Einer will ausschließlich sprechen, andere prägen sich hervorragend Vokabeln ein, scheitern aber am Satzbau und schließlich soll es sogar Menschen geben, die Grammatikbücher auch mal zum Schmökern in die Hand nehmen. Daher konzentriert sich die Fremdsprachendidaktik in letzter Zeit zunehmend auf die einzelnen Lerntypen. Allen im Kurs versammelten Persönlichkeiten soll es wenigstens ein bisschen recht gemacht werden. Ältere Kursteilnehmer sind oft von klein auf ans Deklinieren und Konjugieren gewöhnt.»nach ein paar Jahren Schulunterricht haben die meisten eine ziemlich genaue Vorstellung davon, was richtigen Unterricht ausmacht«, meint Riemer. In gruppendynamische Gesprächsübungen allein setzen diese Schüler kein Vertrauen. Lieber versuchen sie, ihre Probleme im Mündlichen mit Grammatiklektionen zu kurieren und geraten dabei in einen Teufelskreis, meint Sylvia Fischer von der Universität Modena: Die selbst verordnete Fixierung aufs linguistische Regelwerk fördere eine unheilvolle Einstellung gegenüber den eigenen Fehlern, ergab ihre Doktorarbeit, in der sie italienische Studenten zu den Ursachen ihrer Gehemmtheit im Unterricht interviewte.»bloß nichts falsch machen!«, lautet deren Devise. Von einem Unterricht, der zum Großteil aus gemeinsamen Konversationsübungen besteht, profitieren beinahe ausschließlich Menschen, bei denen Gesprächigkeit zum Naturell gehört. Als Ausweg aus dem Dilemma bietet sich eine Doppelstrategie an, die gezielt kommunikative mit klassischen Ansätzen verbindet. Das soll sowohl genügend Raum lassen, um alles Notwendige an theoretischem Wissen zu vermitteln, als auch den Schülern die Zunge lösen, also Kommunikation in ausreichendem Maß gewährleisten und»fremdsprachenverwendungsangst«abbauen. Das so genannte aufgabenorientierte Lernen folgt diesem Prinzip, indem jeweils eine alltagsrelevante Aufgabe allem neu Erlernten seinen eigenen kommunikativen Rahmen gibt. Der Kerngedanke ist hierbei, begreiflich zu machen, dass grammatische Formen kein Selbstzweck sind nichts, was als Fakt irgendwo abgespeichert werden muss. Inszenierte Grammatik Susanne Even geht sogar noch einen Schritt weiter, indem sie die Studenten von der University of Indiana Theater spielen lässt.»dramagrammatik«nennt sie ihr Konzept, das auf dem dramapädagogischen Ansatz von Manfred Schewe von der University of Cork in Irland aufbaut.»aber wir spielen nicht einfach nur«, erläutert sie.»indem die Studenten beispielsweise als Plot eine Gerüchteküche inszenieren, wecken wir das Bedürfnis, etwas wiederzugeben, was ein anderer gesagt hat. Dann erarbeiten wir gemeinsam, wie indirekte Rede im Deutschen funktioniert, und üben anschließend in einer ähnlichen Handlung die Satzkonstruktionen ein.«wenn die Schüler am eigenen Leib erleben, wozu etwa ein Konjunktiv gut ist, so ihre Überzeugung, wird das neue Wissen fest eingebettet in das ganz alltägliche»gewusst-wie«der Kommunikation. Unbequem sind sie, die kommenden Lehrmethoden, mit ihrem Bekenntnis zum Grammatikunterricht. Aber vielleicht leisten sie damit endlich das, was den populären Alternativen nie gelang: eine Fremdsprache effektiv zu vermitteln. Ÿ Jan Dönges ist Linguist und freier Wissenschaftsjournalist in Heidelberg. 26 G&G 3_2008

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28 BRENNPUNKT ı KINDESMISSBRAUCH DIE MAUER»Ich habe das damals keinem erzählt, weil ich nicht wusste, wie ich das hätte sagen können. Ich kannte keine Worte dafür. Außerdem hatte ich große Angst, dass die Leute mich für einen Schwächling halten«(werner, heute 24 Jahre) 28 G&G 3_2008

29 DES SCHWEIGENS Zwischen fünf und zehn Prozent der Jungen in Deutschland werden sexuell missbraucht doch kaum jemand spricht darüber. Angehörige verschließen die Augen, Therapeuten schenken Opfern keinen Glauben. Die Folge: Viele Betroffene bleiben in ihrer Not allein. VON DIRK BANGE VALDA TAPPENDEN / FOTOLIA ls ich meinem Therapeuten, mit dem ich»a eigentlich gut zurechtkam, erzählte, dass ich als Junge sexuell missbraucht worden sei, veränderte sich seine gesamte Haltung mir gegenüber. Es wurde ihm sichtlich unbehaglich und nach einigem Nachdenken sagte er: Es gibt nicht wenige Männer, die fantasieren, dass sie sexuell missbraucht wurden. «(Rolf, 34 Jahre) Solche Erfahrungen machen Jungen und Männer, die sexuelle Übergriffe erdulden mussten, häufig, wenn sie sich Eltern, Freunden oder Fachleuten anvertrauen. Getreu dem Motto»Jeder weiß: Mädchen werden missbraucht aber Jungen?«stoßen Betroffene oft auf Skepsis und Ablehnung. Dabei werden Dunkelfelduntersuchungen zufolge schätzungsweise fünf bis zehn Prozent aller Männer in ihrer Kindheit Opfer eines Sexualdelikts. Einige Studien sprechen sogar von bis zu 22 Prozent aller in Deutschland lebenden Männer. Die Ergebnisse müssen allerdings mit einer gewissen Vorsicht betrachtet werden: Forschungsmethodische Fallstricke verringern bisweilen ihre Aussagekraft. So ist beispielsweise die Stichprobenzusammensetzung in den einzelnen Untersuchungen sehr unterschiedlich und damit auch die ermittelten Missbrauchsraten. Mal befragten Forscher Studenten zu einschlägigen Erfahrungen, mal nur Großstadtkinder lediglich eine einzige Dunkelfelduntersuchung aus dem Jahr 1997 stützt sich auf eine repräsentative Stichprobe: Unter Leitung des ehemaligen Justizministers von Niedersachsen Christian Pfeifer ermittelte die Forschungsgruppe des Kriminologischen Instituts in Hannover dabei eine Quote von sieben Prozent. Auch was unter den Begriff»sexueller Missbrauch«fällt, ist von Studie zu Studie verschieden: In einigen Untersuchungen werden nur solche Erfahrungen mit einbezogen, bei denen Körperkontakt stattfand, ein Altersunterschied von mindestens fünf Jahren zwischen Täter und Opfer vorlag und der Missbrauchte jünger als 15 Jahre war. Meist findet sich dann eine vergleichsweise niedrige Rate. Andere Studien berücksichtigen zusätzlich sexuelle Gewalt unter Gleichaltrigen, sämtliche, auch nicht körperliche Vergehen, die die Befragten als 15- und 16- Jährige erlebten, sowie Exhibitionismus. Nicht jeder Missbrauch ist offenkundig: Manchmal zwingen Täter ihre Opfer»nur«, ihnen beim Geschlechtsverkehr mit Männern oder Frauen zuzusehen oder an sexuellen Inszenierungen teilzunehmen. Werden solche Fälle miterfasst, dokumentieren Forscher in der Regel entsprechend höhere Prozentzahlen. Viele der gängigen Vorstellungen über Täter und Betroffene stimmen nicht mit der Wirklichkeit überein (siehe auch G&G 9/2005, S. 46). Die meisten Menschen assoziieren mit»sexuellem Missbrauch«einen Überfall durch einen Fremden. Ergänzend ist in den vergangenen beiden Jahrzehnten das Bild vom»vater als Täter«hinzugekommen. Tatsächlich werden Jungen aber in etwa der Hälfte aller Fälle von nahestehenden Bekannten sexuell belästigt. Ein Pädosexueller (siehe auch Kasten S. 36) bestätigte Anfang der 1990er Jahre in einem Interview indirekt die hohe Zahl von Tätern aus dem engeren Umfeld der Familie. Auf die Frage»Was machen Pädosexuelle eigentlich beruflich?«antwortete er:»bei meiner Arbeit im Heim habe ich die ersten Gleichgesinnten getroffen. Von Glossar DUNKELFELD- FORSCHUNG Bei einer Dunkelfelduntersuchung ermitteln Forscher den Anteil von Missbrauchsopfern innerhalb einer Zufallsstichprobe. Die Differenz zwischen den amtlich registrierten Straftaten dem so genannten Hellfeld und den insgesamt vermutlich begangenen Missbrauchsdelikten liefert dann die Dunkelfeldschätzung. MEHR ZUM THEMA >»Nur die Tat verurteilen, nicht die Neigung«Das Projekt der Berliner Charité behandelt Pädophile, um sexuellem Missbrauch vorzubeugen (S. 34) 29

30 AUF EINEN BLICK Missbrauch an Jungen Laut Dunkelfelduntersuchungen werden in 1 Deutschland etwa fünf bis zehn Prozent aller Jungen missbraucht. Die meisten Täter 2 stammen aus dem näheren Bekanntenkreis der Jungen und sind überwiegend männlich. Allerdings verüben entgegen gängigen Vorstellungen auch Frauen Missbrauchsdelikte. Die Opfer leiden 3 häufig lange unter den Folgen des Missbrauchs. Spezielle Betreuungsangebote können helfen ihre Not zu lindern. den Päderasten, die ich kenne, waren 80 Prozent im pädagogischen Bereich tätig als Pfarrer, Sozialarbeiter oder Lehrer.«Im Vergleich dazu geben wesentlich weniger Männer etwa 15 bis 20 Prozent an, Opfer von Familienangehörigen zu sein. Sie schildern vor allem Übergriffe durch Onkel, Brüder und Cousins. Nur selten beschuldigen sie Vater oder Mutter. Hier greifen Scham- und Schuldgefühle und die Angst vor Ablehnung besonders tief. Sexuelle Gewalt innerhalb der Familie ist aus diesem Grund in den Dunkelfelduntersuchungen sehr wahrscheinlich unterrepräsentiert. Etwa ein Viertel aller Fälle geht auf das Konto von fremden Tätern. Im Gegensatz zu den Delinquenten aus der Familie und dem Bekanntenkreis, die fast immer sexuelle Handlungen mit Körperkontakt erzwingen, treten Fremde sehr häufig als Exhibitionisten in Erscheinung Vergewaltigungen von Jungen durch Unbekannte sind insgesamt relativ selten. Mädchen dagegen werden häufiger als Jungen innerhalb der Familie missbraucht. Etwa 25 bis 35 Prozent von ihnen werden Opfer von Familienangehörigen. Der Anteil von Tätern aus dem näheren Umfeld der Familie ist dafür bei Mädchen etwas niedriger als bei männlichen Betroffenen. Opfer unbekannter Täter werden den Studien zufolge Jungen und Mädchen in etwa gleich häufig. Schneller Schutz des Kindes Für die Beratungsarbeit mit den Opfern ist es entscheidend, ob sich der Verdacht gegen eine fremde Person, den Sportlehrer, den eigenen Bruder oder aber gegen den Vater richtet. Bei einem Verdacht auf sexuellen Missbrauch außerhalb der Familie können Eltern den Kontakt meist schnell unterbinden. Dazu bedarf es oft nicht einmal einer juristischen Klärung. Richtet sich der Vorwurf jedoch gegen den Vater, ist es ungleich schwieriger, den Schutz des Kindes zu gewährleisten. Ohne handfeste Beweise und ohne ein psychologisches Gutachten über die Glaubhaftigkeit der Aussage des Betroffenen besteht kaum eine Möglichkeit, die Trennung vom Vater durchzusetzen. Es sei denn, dieser stimmt von sich aus zu, damit die Situation in Ruhe geklärt werden kann. Ein weiterer Mythos betrifft die Dauer der sexuellen Misshandlungen. Infolge zahlreicher Medienberichte, autobiografischer Romane und therapeutischer Fallbeispiele über sehr schwere und lang andauernde sexuelle Ausbeutung hat sich in vielen Köpfen die Vorstellung festgesetzt, jeder Fall ziehe sich über Jahre hin. Dies entspricht aber nur zum Teil der Realität: Je nach Studie berichten 50 bis 60 Prozent der befragten Männer, nur einen einzigen Übergriff erlebt zu haben. Das in den Dunkelfelduntersuchungen ermittelte Durchschnittsalter liegt dabei zwischen zehn und zwölf Jahren. Etwa ein Drittel aller sexuellen Übergriffe beginnt in dieser Altersphase. Die restlichen zwei Drittel verteilen sich etwa zu gleichen Teilen auf die Zeit vor dem zehnten Lebensjahr und auf die Pubertät. Jungen werden überwiegend von Männern missbraucht. Dass jedoch auch Frauen sexuelle Gewalt gegen Jungen ausüben, ist für die meisten Menschen kaum vorstellbar. Ein Missbrauch gar durch die eigene Mutter? Das widerspricht einfach allem, was wir über die Geschlechterrollen verinner licht haben! Viele Studien belegen jedoch einen nicht zu vernachlässigenden Anteil von Täterinnen in mehreren amerikanischen Befragungen übersteigt er sogar den der männlichen Delinquenten! Für Jungen ist es schwer genug, einen Missbrauch durch einen Mann als Tat sache zu akzeptieren. Wurde der Übergriff durch eine Frau verübt, belastet das ihr Selbstwert gefühl meist noch weitaus stärker, und sie verschweigen den Vorfall voller Scham. Experten rechnen daher mit einem spürbaren Anstieg des Täterinnenanteils, wenn Jungen und Männer realisieren, dass es nicht die eigene Männlichkeit in Frage stellt, das Opfer einer Frau beziehungsweise der eigenen Mutter zu sein. Täterinnen gehen im Übrigen keineswegs zärtlich vor. Sie setzen zum Teil massive körperliche Gewalt ein, die bis zu sadistischen Handlungen reichen kann. Die englische Therapeutin Cianne Longdon beschreibt ihre Erfahrungen so:»es gibt anale und vaginale Penetrationen mit Gegenständen, die Risse und Narben verursachen. Die Penisse von kleinen Jungen werden grob und brutal manipuliert, während die Täterin versucht, sie zu einer Erektion zu bringen Oraler Sex ist ebenfalls eine Form sexuellen Missbrauchs durch Frauen. Oder Kinder werden masturbiert und gezwungen, die Täterin zu masturbieren.«für die meisten Opfer bleibt die Untat egal ob durch einen Mann oder eine Frau verübt nicht ohne Folgen. Ein spezifisches»missbrauchssyndrom«, also eine Reaktion, die bei allen Betroffenen gleich oder zumindest ähnlich geartet ist, gibt es jedoch nicht. Ob ein Junge sexuell misshandelt wurde, können Ärzte und IGOR BALASANOV / FOTOLIA 30 G&G 3_2008

31 Dass auch Frauen sexuelle Gewalt gegen Jungen ausüben, ist für die meisten Menschen kaum vorstellbar. Viele Studien belegen jedoch einen nicht zu vernachlässigenden Anteil an Täterinnen VON?????? Psychologen also in aller Regel nicht an bestimmten Verhaltensweisen ablesen. Die Psychologin Kathleen Kendall-Tackett und ihre Kollegen vom Familiy Research Laboratory der University of New Hampshire/USA dokumentierten in einer Übersichtsarbeit aus dem Jahr 2005 viele bekannte psychische Probleme, die infolge einer sexuellen Ausbeutung entstehen können darunter Kopf- und Bauchschmerzen ohne erkennbare Ursachen, Ess-, Schlaf- und Sprachstörungen, depressive Reaktionen, Bettnässen, Selbstwertprobleme, Beziehungsschwierigkeiten, Vereinsamung, überangepasstes Verhalten, Schulprobleme, Suizidgedanken und -versuche, Aggressionen gegen die eigene Person, Alkohol- und Drogenmissbrauch, sexuell auffälliges Verhalten sowie (sexuell) aggressive Verhaltensweisen. Was ist»normal«? All diese Auffälligkeiten können jedoch auch andere Ursachen haben: Trennung der Eltern etwa, Vernachlässigung oder körperliche Misshandlung. Nur ein einziges Symptom das»altersunangemessene Sexualverhalten«rührt mit relativ hoher Wahrscheinlichkeit von einem erlittenen sexuellen Vergehen her. In zahlreichen Studien zeigten missbrauchte Jungen häufiger ein solches Verhalten als Kinder, die aus anderen Gründen in therapeutischer Behandlung oder gar nicht psychisch auffällig waren. Dabei spielt das Alter der Opfer eine wichtige Rolle. Altersunangemessenes Sexualverhalten tritt besonders oft bei Jungen im Vorschulalter auf. Sie masturbieren in dieser Phase häufiger als ihre Altersgenossen, führen sich selbst Gegenstände in den After ein, verfügen über ein ausgeprägtes Wissen über Sexualität oder betreiben sexuelle Spiele mit Puppen. Während der Grundschuljahre ist ein solches Verhalten seltener. In der Pubertät taucht es jedoch oftmals in Form von hemmungslos ausgelebter Sexualität, Prostitution oder sexueller Aggressivität wieder verstärkt auf. Doch: Nicht alle sexualisierten Verhaltensweisen geben Anlass zur Besorgnis. Auch Jungen, die nicht missbraucht wurden, betreiben gelegentlich Doktorspiele, malen Zeichnungen, auf denen Genitalien dargestellt sind, oder schockieren ihre Eltern mit einem provokanten Wortschatz. Was genau altersunangemessenes Sexualverhalten ist, bleibt schwer zu definieren. Ob es etwa normal ist, wenn ein Elfjähriger zweimal am Tag onaniert, darüber gehen die Expertenmeinungen auseinander. Massive Misshandlungen hinterlassen oft auch physische Spuren.»Akute körperliche Verletzungen stellen wir jedoch nur bei fünf bis 15 Prozent der sexuell missbrauchten Jungen fest«, berichtet der Kassler Kinderarzt Bernd Herrmann. Entweder haben die Übergriffe keine offenkundigen physischen Verletzungen hervorgerufen, oder diese sind zum Zeitpunkt der ärztlichen Untersuchung bereits vollständig verheilt. Selbst eine anale Penetration kann auf Grund der erheblichen Dehnfähigkeit des Gewebes ohne sichtbare Folgen bleiben. Die psychischen Probleme sind letztlich eine Reaktion, die das verletzte Innere schützen soll. Verhaltensweisen, die es den Jungen ermöglichen, eine unter Umständen andauernde Missbrauchssituation auszuhalten, prägen sich häufig tief ein. Ein Teil der Betroffenen hat deshalb ein Leben lang mit den Folgen der erlit- AUS DER POLIZEILICHEN KRIMINALSTATISTIK 2006 (Deutschland) Von erfassten Fällen sexuellen Missbrauchs wurden an Kindern verübt. Darunter: ó 5905 erzwungene sexuelle Handlungen am Täter oder an Dritten ó 2459 exhibitionistische oder sexuelle Handlungen vor Kindern ó 1279 Vergewaltigungen ó 288 Kinder mussten sexuelle Handlungen an sich selbst vornehmen ó 106 Fälle von schwerem sexuellem Missbrauch zur Herstellung und Verbreitung von pornografischem Bildmaterial ó kein sexueller Missbrauch mit Todesfolge 31

32 »Am liebsten würde ich mich verstecken!«missbrauch treibt einige Jungen in die Einsamkeit VON?????? FAKTEN ó Mädchen werden doppelt so häufig sexuell missbraucht wie Jungen. ó Die Betroffenen stehen oft allein da: Ein missbrauchtes Kind muss bis zu sieben Personen ansprechen, bis ihm jemand glaubt und hilft. ó Etwa 30 Prozent aller Delikte gegen das sexuelle Selbstbestimmungsrecht werden von männlichen Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahren begangen. Das heißt: Auch die Täter sind noch nicht erwachsen. tenen Übergriffe zu kämpfen. Die Sexualforscherin Hertha Richter-Appelt von der Universitätsklinik in Hamburg befragte 150 als Minderjährige körperlich und sexuell misshandelte Männer zu ihrem aktuellen Befinden. 22 Prozent der Befragten berichteten von Suizidgedanken, 25 Prozent von körperlichen Beschwerden, 27 Prozent klagten über sexuelle Probleme und 53 Prozent über sexuelle Unzufriedenheit. Diese Werte lagen jeweils deutlich über den Angaben nicht betroffener Männer. Auffälligkeiten im Sexualverhalten, die schon bei geschändeten Jungen auftreten, setzen sich oftmals bis ins Erwachsenenalter fort. So leiden vormals missbrauchte Männer häufiger als andere unter Problemen wie Erektionsstörungen, vorzeitigem Samenerguss und zwanghaftem Sexualverhalten. Einige sind verunsichert in ihrer Sexualität, andere haben Angst vor Intimität oder lustvollen Kontakten, und manche Männer riskieren beim wahllosen Geschlechtsverkehr die Infektion mit Geschlechtskrankheiten. Solche Symptome treten aber längst nicht in jedem Fall und nicht bei allen Betroffenen im gleichen Maß auf. Einige leiden dauerhaft, andere vorübergehend und wieder andere zeigen keine Auffälligkeiten. In mehreren Dunkelfelduntersuchungen bewerteten je nach Studie zehn bis 50 Prozent der befragten Männer den sexuellen Missbrauch als positiv oder zumindest neutral und nicht schädigend. Solche Ergebnisse sind für die Allgemeinheit überraschend und treffen auf Unverständnis Pädosexuelle dagegen machen sich die Befunde gern zu Nutze. Nicht zuletzt deshalb ist es wichtig, diese Ergebnisse zu hinterfragen. Einen Ansatzpunkt sehen Experten in methodischen Ungereimtheiten. Wer sich einmal intensiver mit der Diagnose»sexueller Missbrauch«befasst hat, weiß, wie unterschiedlich und ungenau die Kriterien und Instrumente sind. Ob ein Missbrauch stattgefunden hat oder nicht, entscheidet häufig der Fragebogen! Außerdem kritisieren einige Wissenschaftler, viele Jungen befänden sich zum Zeitpunkt der Untersuchung in einer Phase, in der sich die Auswirkungen der sexuellen Gewalterfahrung noch nicht unbedingt bemerkbar machten. Erst wenn zusätzliche Belastungen wie Anhörungen bei der Polizei hinzukämen oder wenn sie Jahre später als Jugendliche ihre ersten sexuellen Beziehungen eingingen, träten Folgeerscheinungen zu Tage. Jungen und Männer neigen außerdem dazu, unangenehme Gefühle, die die Missbrauchserfahrungen hinterlassen, zu leugnen oder sogar positiv zu bewerten. Dadurch müssen sie sich nicht als Opfer fühlen schließlich widerspricht diese Rolle dem tradierten männlichen Selbstkonzept. Eine Reihe von weiterführenden Untersuchungen legt außerdem eine ganz einfache Erklärung für die ausbleibenden Folgen nahe: Die Jungen ohne Symptome hatten psychologische und soziale Unterstützung durch Eltern oder professionelle Helfer bekommen oder zudem weniger schwere Formen des sexuellen Missbrauchs erlebt. Körperliche Reaktionen Ein sexueller Missbrauch kann sich wie andere Traumata auch auf psychophysiologischer und neurohormoneller Ebene auswirken. So reagieren Betroffene in traumatischen Situationen mit erhöhtem Blutdruck, einem Anstieg der Herzfrequenz und der Hautleitfähigkeit, einem besonders sensiblen Maß zur Erfassung emotionaler Erregung. Außerdem kann eine erhöhte Ausschüttung von Stress- und Neurohormonen während des Missbrauchs zu anhaltenden Veränderungen führen, die Prozesse des Lernens und der Wahrnehmung beeinträchtigen und die Entwicklung von psychischen Störungen im Erwachsenenalter begünstigen. Bei Opfern von wiederholtem Kindesmissbrauch fanden Wissenschaftler darüber hinaus eine 32 G&G 3_2008

33 Abnahme des Hippocampusvolumens von bis ter den Folgen leiden. Wenn sich der Täter ihr zu 20 Prozent. Dieser Hirnbereich ist entschei- Vertrauen erschlichen hat oder es gar der eige- dend an Gedächtnisprozessen beteiligt. Das er- ne Partner war, fühlen sich die Angehörigen klärt, warum auf Verhaltensebene auch die hintergangen und oftmals innerlich zerrissen. Merkfähigkeit der Betroffenen eingeschränkt Insbesondere in solchen Fällen leugnen Eltern war, während Intelligenz und andere geistige den sexuellen Missbrauch häufig. Sie quält die YVONNE BOGDANSKI / FOTOLIA Fähigkeiten unbeeinflusst blieben. Dennoch: Missbrauch ist nicht immer mit»seelenmord«gleichzusetzen. Erst recht nicht, wenn man darunter beispielsweise auch Exhibitionismus versteht. Die Opfer als»total zerstörte Wesen«darzustellen, blendet die Selbstheilungskräfte aus, mit denen viele Betroffene über ihre schmerzvollen Erfahrungen hinweggekommen sind. Welche Folgen ein sexueller Übergriff Befürchtung, den Täter zu Unrecht zu beschuldigen. Daher verwundert es nicht, dass auch einige Mütter und Väter von Missbrauchsopfern unter einer akuten Belastungsreaktion leiden: Sie sind verzweifelt, reizbar und erleben psychosomatische Beschwerden wie etwa Herzrasen. Ian Manion und seine Arbeitsgruppe vom kanadischen Institut für Gesundheitsforschung untersuchten Mütter drei Monate, nachdem der Viele Menschen wissen nicht, wie sie sich verhalten sollen, wenn sich ihnen ein missbrauchter Junge anvertraut nach sich zieht, hängt nicht nur davon ab, wie Missbrauch an ihren Kindern aufgedeckt wur- schwer der Tatbestand objektiv war, sondern de. Im Vergleich zu einer Kontrollgruppe zeigten auch von der Wahrnehmung des Opfers und sei- sie zehnmal häufiger klinische Stresssymp- ner Fähigkeit, das Geschehene zu verarbeiten. tome. Bei Vätern war das Risiko gegenüber der Wie Angehörige und Helfer mit der Situa- Kontrollgruppe knapp fünfmal so hoch. tion umgehen, beeinflusst zudem das individuelle Leiden der Opfer. Viele Menschen wissen nicht, wie sie sich verhalten sollen, wenn sich Auch Eltern brauchen Hilfe Interessanterweise fanden die Forscher bei ihnen ein missbrauchter Junge anvertraut. Ent- Eltern keinen Zusammenhang zwischen der scheidend ist dabei die Haltung gegenüber dem Schwere des Missbrauchs und der Heftigkeit Opfer. Der Angesprochene sollte den Jungen ihrer Reaktion. Entscheidender war die Selbst- wertschätzen können und seinen Erzählungen einschätzung je positiver sie sich in ihrer El- Glauben schenken. Therapeuten sollten einen ternrolle beurteilten, desto weniger Probleme. Klienten dementsprechend auch nur unter die- Das Verhalten und das Erleben der Eltern fär- sen Voraussetzungen in Beratung oder Thera- ben außerdem auf die Kinder ab: Zeigten die pie nehmen denn»ohne Sympathie keine Eltern weniger Symptome, traf das auch auf die Heilung«, wie es der ungarische Psychoanalyti- missbrauchten Kinder zu. ker Sándor Ferenczi bereits 1932 formulierte. Damit Mütter und Väter ihre Ängste nicht Eine spezielle Beratungs- oder Therapie- auf die Jungen übertragen und ihnen die not- LITERATURTIPPS methode für sexuell missbrauchte Jungen und wendige Unterstützung geben können, benöti- Bange, D.: Sexueller Miss- Männer gibt es nach übereinstimmender Mei- gen sie eine maßgeschneiderte Beratung, die brauch an Jungen. Die Mau- nung von Therapeuten der unterschiedlichsten ihnen selbst Hilfe bietet und sie darüber auf- er des Schweigens. Göt- Schulen nicht. Vielmehr finden manche durch klärt, wie sie angemessen reagieren können. tingen: Hogrefe Gespräche Zugang zu ihren Traumata, während Der Realisierung solcher Konzepte steht jedoch Homes, A. M.: Von der Mutter sich andere den Missbrauchserfahrungen eher häufig das Schweigen von Betroffenen, Eltern missbraucht. Frauen und die durch Malen, Rollenspiele oder Körperübungen und professionellen Therapeuten und Beratern sexuelle Lust am Kind. Ham- nähern können. Bei jüngeren Patienten steht in entgegen. Die Aussage eines Betroffenen ver- burg: Books on demand der Regel der Zugang über das Spiel im Mittel- deutlicht, wie groß das Tabu immer noch ist: GmbH punkt. Was dem Klienten hilft, ist also in erster»hast du jemals davon gehört, dass Jungen Jensen, K. D.: Ich werde es sa- Linie von seinen individuellen Bedürfnissen sexuell missbraucht werden? Wer spricht denn gen. Geschichte einer miss- und erst in zweiter Linie von den Methoden- bei uns darüber? Es will doch keiner wissen. Für brauchten Kindheit. Stutt- kenntnissen der Berater abhängig. mich hieß und heißt das aber, wenn Jungen gart: Klett-Cotta Darüber hinaus empfiehlt sich in vielen Fäl- nicht missbraucht werden, dann bin ich doch len eine Mischung aus Einzel-, Gruppen- und auch nicht missbraucht worden, oder?«(tom, WEBLINKS Familientherapie denn gerade für Eltern ist es 24 Jahre) Ÿ Internetseiten für Betroffene eine erschreckende Vorstellung, dass ihr Kind und Angehörige: sexuell missbraucht wurde. Die Details über Dirk Bange ist promovierter Erziehungswissenschaft- das Vergehen zu hören ist für sie kaum auszu- ler und arbeitet mit Opfern sexuellen Missbrauchs. halten. Mütter und Väter sind verunsichert und befürchten, ihr Kind könnte ein Leben lang un-

34 MIT FRDL. GEN. DER CHARITÉ BERLIN BRENNPUNKT ı INTERVIEW»Nur die Tat verurteilen, nicht die Neigung«KLAUS M. BEIER ó Jahrgang 1961 ó promovierte 1986 in Medizin und 1988 in Philosophie ó habilitierte 1994 in Medizin mit einer empirischen Studie zur Prognose von Sexualstraftätern ó seit 1996 Psychoanalytiker und Facharzt für Psychotherapeutische Medizin sowie Professor für Sexualwissenschaft und Sexualmedizin am Universitätsklinikum Charité der Humboldt- Universität zu Berlin MEHR ZUM THEMA > Die Mauer des Schweigens Tabuthema»sexueller Missbrauch«(S. 28) Seit 2005 werden an der Berliner Charité Pädophile behandelt. Das Ziel: Sie sollen lernen, ihre Impulse zu kontrollieren und auf jeden sexuellen Kontakt zu Kindern zu verzichten. Der Sexualmediziner Klaus Beier berichtet über laufende Therapien, erste Erfolge und Misserfolge. Professor Beier, vor rund zweieinhalb Jahren ging das Präventionsprojekt»Dunkelfeld«Therapie nur machen wollen, um Straferleich- denn dann besteht die Gefahr, dass sie eine an den Start. Wie wird das Angebot angenommenschen Prozesse abgeschlossen sind und keinerterungen zu erhalten. Erst wenn alle juristi- Wir haben weit über 600 Interessenten aus lei Auflagen mehr bestehen, kämen sie bei uns ganz Deutschland, und jeden Monat kommen wieder für eine Therapie in Frage. 15 bis 20 dazu. Innerhalb von zwei Jahren haben Sind Pädophile überhaupt therapierbar? wir rund 150 Männern ein Therapieangebot Ja und nein: Sie können zwar lernen, ihr Verhalten zu kontrollieren, aber die Neigung selbst ist gemacht. Mehr als 50 stehen inzwischen auf der Warte liste. Viele zögern allerdings noch nicht heilbar. Ein Ergebnis der empirischen Erhebungen für meine Habilitationsschrift ist, eine Weile, bevor sie sich tatsächlich für eine Therapie entscheiden vor allem, weil sie davor dass sich die sexuelle Präferenz für das kindliche Körperschema bei keinem der befragten Angst haben, sozial diskriminiert zu werden, falls ihre Neigung bekannt wird. pädophilen Männer über einen Nachuntersuchungszeitraum von immerhin fast 30 Jahren Sie behandeln also nicht jeden Pädophilen, der eine Therapie möchte? verändert hat. Ein Teil der Betroffenen leidet Nein, wir arbeiten nicht mit justizbekannten aber sehr unter dieser Neigung und will sexuelle Übergriffe auf jeden Fall selbst vermeiden. Tätern also denjenigen, die wegen sexuellen Missbrauchs angeklagt oder inhaftiert sind, Das ist unsere Zielgruppe. 34 G&G 3_2008

35 Was genau bewirkt eine Psychotherapie bei einem Pädophilen? Können Sie erste Erfolge vermelden? Entscheidend ist, dass die Betroffenen ihre sexuelle Präferenz akzeptieren und die Verantwortung für ihr Handeln übernehmen. Daneben wollen wir unter anderem Wahrnehmungsverzerrungen korrigieren. Sehr häufig werden die Missbrauchssituationen ja zur Selbstentlastung umgedeutet, etwa wenn es heißt, dass der sexuelle Kontakt einen»erzieherischen Wert«oder das Kind Spaß daran gehabt hätte. Diese Fehlwahrnehmungen können wir im Lauf der Therapie beeinflussen. Das Mitgefühl mit den Opfern zu steigern war ein weiteres Ziel, doch sind hier die Effekte bei allerdings noch kleiner Stichprobe geringer ausgefallen. Bemerkenswert war auch, dass die Selbstwirksamkeitserwartung zu Beginn der Therapie zunächst abnahm. Was bedeutet das? Die Selbstwirksamkeitserwartung bildet die Überzeugung ab, die sexuellen Impulse zu jedem Zeitpunkt und dauerhaft kontrollieren zu können, also auch dann, wenn das sexuelle Verlangen stark ist oder die betroffenen Männer mit dem Kind allein sind. Die Ursache dafür, dass sie zunächst sank, könnte darin liegen, dass wir erst einmal die Hoffnung auf eine Heilung zunichtemachen mussten. Die Patienten werden bewusst entmutigt? Sie werden mit der Realität konfrontiert. Das ist wie beim jugendlichen Diabetes: Da kann man die Patienten auch nicht in dem Glauben belassen, die Krankheit sei heilbar. Man kann sie aber darin fördern, sich so zu verhalten, dass möglichst geringe Folgeschäden auftreten. Bei der Pädophilie ist das genauso: Die Betroffenen müssen lernen, ihre lebenslange sexuelle Orientierung zu akzeptieren ändern können sie sie ohnehin nicht. Sie lernen jedoch, für das eigene Verhalten Verantwortung zu übernehmen, es zu kontrollieren und auf jeden sexuellen Kontakt zu Kindern zu verzichten. Deswegen steigt die Selbstwirksamkeitserwartung gegen Ende der Behandlung wieder an. Und auf welche Art und Weise lernen sie, ihr Verhalten zu kontrollieren? Sie werden darin geschult, Wahrnehmung und Gedanken in Versuchungssituationen genau zu analysieren, um rechtzeitig Schutzmechanismen einbauen zu können. Das heißt zum Beispiel: nicht mit einem Kind allein zu bleiben und dessen Verhalten nicht falsch zu interpretieren. Wenn etwa ein Schüler seinen Lehrer offenkundig mag, dann könnte ein Pädagoge mit pädophiler Neigung denken:»der hat sich in mich verliebt«weil er sich nichts sehnlicher wünscht. Er muss sich aber immer wieder klarmachen, dass diese Interpretation als Wunschdenken auf seine Pädophilie zurückzuführen ist. Nehmen Ihre Patienten denn auch Medikamente? Ein Teil, ja. Wir arbeiten vor allem mit Antiandrogenen, die den Testosteronspiegel sowie die Intensität der sexuellen Impulse senken und erotische Fantasien sowie Erregungs- und Orgasmusfähigkeit mindern. Für die meisten bedeutet das, die Welt völlig neu wahrzunehmen. Jemand, der sicherstellen möchte, dass von ihm keine Gefahr ausgeht, jemand, der Kinder also wirklich liebt und ihnen keinen Schaden zufügen will, der sollte alle verfügbaren Behandlungsoptionen nutzen, um dieses Ziel zu erreichen. Das kann man ihm nicht nur zumuten man sollte es sogar erwarten. Wirken die Medikamente sofort, also auch wenn sich der Betreffende bereits in einer kritischen Situation befindet? Nein, so schnell wirken sie nicht. Umso wichtiger ist es, eine solche Situation schon vorab zu verhindern beziehungsweise vorbeugend Medikamente einzunehmen. Woran erkennen Sie, ob eine Therapie gut läuft? Können Sie anhand Ihrer persönlichen Erfahrung vorhersagen, ob sie erfolgreich verlaufen wird? Wer seine pädophile Neigung akzeptiert, die Verantwortung für sein Handeln übernimmt und auch bereit ist, in schwierigen Phasen Medikamente einzunehmen, der hat eine gute Chance. Vor allem, wenn sich der Patient für die Therapie öffnet und aus seinem Alltag berichtet, denn dann lässt sich genau einschätzen, wie er einen Missbrauch begehen würde. Man bezeichnet das als Tatgestalt. Dieses Wissen lässt sich in der Therapie nutzen, um Sicherungen einzubauen, damit aus Fantasien eben keine Taten werden. DAS PRÄVENTIONS- PROKJEKT»DUNKELFELD«IN ZAHLEN Bei der 2005 gestarteten Studie werden Pädophile für eine präventive Therapie gewonnen, bevor sie ihre Neigung (erneut) in die Tat umsetzen. Bislang haben sich mehr als 600 Männer zwischen 17 und 67 Jahren gemeldet. ó Rund 150 davon haben ein konkretes Therapieangebot bekommen. ó Mehr als 30 haben die Therapie inzwischen abgeschlossen. ó 10 sind aktuell in Behandlung. ó Mehr als 50 Personen stehen auf der Warteliste. ó Die übrigen haben das Angebot nicht angenommen oder die Therapie abgebrochen. ó Etwa jeder zweite Interessent hat schon min destens einmal ein Kind missbraucht. ó Ebenso viele haben sich zuvor schon einmal an anderer Stelle um eine Therapie bemüht. Kontakt ó telefonisch unter ó im Internet unter www. kein-taeter-werden.de 35

36 Bei wie vielen Patienten war die Therapie erfolgreich? Mehr als 30 haben ihre Behandlung abgeschlossen. Etwa die Hälfte von ihnen hatte zuvor schon einen Missbrauch begangen, aber nur in einem Fall kam es seit Therapiebeginn erneut dazu. Dabei war diese Handlung weit weniger schwer wiegend als die fantasierte Tatgestalt des Betroffenen: Es ist ihm also zumindest gelungen, sich wieder zurückzuziehen, obwohl er»etwa die Hälfte unserer Patienten hat vor der Therapie schon einen Missbrauch begangen. Aber nur in einem Fall kam es seit Therapiebeginn erneut dazu«die Grenze schon überschritten hatte. Er hat dieses Ereignis dann zum Anlass genommen, Medikamente einzunehmen. Ein Erfolg im Misserfolg? Ja auch wenn das zunächst einmal widersprüchlich klingt, ist es doch ein Fortschritt. Man muss sich ja klarmachen, dass all dies ständig völlig ungebremst im Dunkelfeld passiert, sodass wir sehr froh sind, erstmals überhaupt Einfluss nehmen zu können. Was passiert, wenn jemand während der Therapie ein Kind missbraucht: Brechen Sie in so einem Fall die Behandlung ab und melden das den Behörden? Nein, es besteht grundsätzlich die Schweigepflicht. Das gilt für Ärzte und für Psychologen. Und wenn man diese bricht, steht darauf bis zu ein Jahr Gefängnis. Sind da nicht bestimmte schwere Straftatbestände ausgenommen? Ja, das Strafgesetzbuch nimmt zum Beispiel das Herstellen von Falschgeld, das Gründen einer terroristischen Vereinigung sowie auch geplanten Mord aus. Aber sexueller Kindesmissbrauch zählt nicht dazu. Das heißt: Selbst wenn ein Betroffener mit pädophiler Neigung ganz konkrete Tatabsichten äußert, würde sich der Therapeut strafbar machen, wenn er ihn daraufhin anzeigt. Sexueller Missbrauch zählt nicht zu den Ausnahmen, aber das Herstellen von Falschgeld schon? So ist die Gesetzeslage. Allerdings ermöglicht uns das, überhaupt präventiv zu arbeiten, wofür wir dankbar sein sollten. Kinder in anderen Pädophilie: Definition und Häufigkeit FÖRDERGELDER VOM BUND Mit Euro im Jahr will das Justizministerium das Präventionsprojekt»Dunkelfeld«zwischen 2008 und 2010 unterstützen. Pädophile (auch: Pädosexuelle) sprechen sexuell vor allem auf Kinder vor oder bei Eintreten in die Pubertät an. Objekt der Begierde können Mädchen, Jungen oder auch beide Geschlechter sein. Nach den Kriterien der Weltgesundheitsorganisation ist eine Person pädophil, wenn sie ó wiederholt intensive sexuelle Fantasien und Impulse (ein starkes Verlangen) erlebt, die sich auf ein Kind richten, ó diese Gedanken in die Tat umsetzt oder sich von ihnen subjektiv beeinträchtigt fühlt, ó mindestens 16 Jahre alt und fünf Jahre älter als das betreffende Kind ist. Pädophilie entwickelt sich für gewöhnlich schon in der Jugend und besteht ein Leben lang. Nach Erhebungen des Sexualwissenschaftlers Klaus Beier und seiner Mitarbeiter, die zwischen 2002 und 2005 rund 6000 Männer zu ihren sexuellen Wünschen befragten, sind rund ein Prozent der Deutschen zwischen 18 und 70 Jahren betroffen: mehr als Männer. Pädophile Frauen gibt es laut Beier nicht oder nur äußerst selten. Die polizeiliche Kriminalstatistik verzeichnet für 2006 knapp Fälle von sexuellem Kindesmissbrauch; die Dunkelziffer wird auf mindestens geschätzt. Die Täter sind jedoch nicht zwangsläufig pädophil: Manche nutzen Kinder nur ersatzweise mangels sexueller Kontakte zu Erwachsenen. Diese Gruppe wird nach einer Studie von Beier aus dem Jahr 1995 deutlich seltener rückfällig (10 versus 80 Prozent). Das Risiko für erneute Übergriffe ist nach Angaben des»statistischen Manuals psychischer Störungen«bei auf Jungen orientierten Pädophilen doppelt so hoch wie bei jenen, die auf Mädchen ausgerichtet sind. 36 G&G 3_2008

37 MIT FRDL. GEN. DER CHARITÉ BERLIN Mit diesem Plakat wirbt das Universitätsklinikum Charité in Berlin für ihr ungewöhnliches Therapieangebot. Mehr als 600 Pädophile haben sich darauf hin schon gemeldet Ländern wie beispielsweise den USA können von solchen Präventionsstrategien nicht profitieren, weil Männer mit pädophiler Neigung dort gar nicht erst zu einem Therapeuten gehen, da dieser eine Anzeigepflicht hätte. Befürchten die Patienten nicht trotzdem, dass der Therapeut sie für ihre Neigung verurteilt? Unsere Botschaft lautet:»du bist nicht schuld an deinen Wünschen, aber du bist verantwortlich für dein Verhalten.«Diese Unterscheidung dürfte für viele Menschen neu sein. Deshalb ist es die wichtigste Aufgabe für die Öffentlichkeitsarbeit, genau das zu kommunizieren. Wenn ein Alkoholiker die Einladung zu einem Glas Wein ablehnt und dabei auf sein Suchtproblem verweist, dann ist das für Sie okay. Aber stellen Sie sich vor, Sie bitten Ihren Nachbarn, auf Ihr Kind aufzupassen, und der sagt:»das mach ich nicht, ich bin pädophil!«eigentlich würde er damit verantwortlich handeln. Aber trotzdem traut sich das niemand, denn die Reaktion wäre verheerend. Das ist doch nachvollziehbar. Fakt ist: Bereits die Neigung wird kriminalisiert und das ist falsch. Und wir können die Betroffenen nur dann erreichen, wenn wir ihnen vermitteln, dass wir sie nicht schon wegen ihrer Neigung verurteilen. Unter den mindestens Pädophilen in Deutschland wollen nicht wenige den genauen Anteil können wir derzeit nicht benennen selbst verhindern, dass sie ihre Vorstellungen in die Tat umsetzen. Wir gehen davon aus, dass noch mehr von ihnen Hilfe annehmen würden, wenn die Öffentlichkeit eben nur die Tat verurteilt, nicht aber die Neigung. Was ist sonst noch nötig, um Pädophile zu einer Therapie zu motivieren? Wir brauchen sexualmedizinische Ambulanzen ohne Anbindung an eine Psychiatrie, um Schwellenängste gering zu halten, außerdem genügend adäquat ausgebildete Therapeuten, die sich dieser Aufgabe stellen, sowie die Möglichkeit, über die Krankenkassen abzurechnen. Wenn Sie auf den bisherigen Verlauf der Behandlungen zurückblicken: Was bereitet Ihnen am meisten Kopfzerbrechen? Eines der größten Probleme ist die Kinderpornografie, weil sie anonym und leicht zugänglich und daher die Hemmschwelle niedrig ist. Der Nutzer weiß zwar, dass dafür ein Kind missbraucht werden musste, aber er rechtfertigt sich damit, dass er das nicht selbst macht und der Film schon existiert, nach dem Motto:»Warum soll ich das dann nicht auch nutzen?«hier fehlen noch wirksame therapeutische Strategien. Daher wird uns diese mittelbare Form des Missbrauchs in Zukunft sehr beschäftigen. Ÿ Das Gespräch führte G&G-Redakteurin Christiane Gelitz. LITERATURTIPPS Beier, K., Bosinski, H. A. G., Loewit, K.: Sexualmedizin. München: Urban&Fischer, 2. Auflage Umfassendes Lehrbuch über Störungen der Sexualität und ihre Behandlung Briken, P. et al.: Die Lust am Kind. In: Gehirn&Geist 9, 2005, S Karremann, M.: Es geschieht am helllichten Tag. Köln: Dumont Der Sozialpädagoge Karremann berichtet undercover aus der deutschen Pädophilen-Szene. 37

38 titelthema ı begabtenförderung Clever, kreativ erfolgreich? Etwa zehn Prozent aller Kinder haben ein außergewöhnlich hohes Leistungspotenzial und lernen schneller und besser als andere. Überdurchschnittliche Intelligenz ist jedoch noch kein Garant für sozialen und schulischen Erfolg. Von Christian Fischer In Deutschland leben circa 2,4 Millionen Hochbegabte: Menschen mit einem IQ von über 130 Mehr zum titelthema > Fakten und Fiktionen Detlef H. Rost räumt auf mit Klischees über Menschen mit überdurchschnittlich hoher Intelligenz (S. 44) > Dahinter steckt ein kluger Kopf Hirnforscher lüften die neurobiologischen Schleier der Hochbegabung (S. 52) Auf den ersten Blick nichts Besonderes: Im Deutschen Röntgenmuseum scharen sich Besucher um eine Dokumentation über den Entdecker der Röntgenstrahlung und seine wissenschaftliche Arbeit. Bei genauerem Hinsehen überrascht dann doch etwas verfasst hat das Ganze ein Zweitklässler, Teilnehmer an einem Projekt für hochbegabte Kinder, das seit 2003 am Internationalen Centrum für Begabungsforschung an der Universität Münster durchgeführt wird. Etwa jeder zehnte Mensch wurde von Mutter Natur mit Anlagen für besondere Fähigkeiten ausgestattet, zwei Prozent von ihnen gelten auf Grund ihres IQ von über 130 sogar als hochbegabt, weil sie in Intelligenztests weit überdurchschnittlich gut abschneiden der statistische Mittelwert liegt bei rund 100. Allerdings garantiert eine hohe Intelligenz nicht automatisch besondere schulische Leistungen, sie ist lediglich eine wichtige Bedingung dafür. Damit außergewöhnlich intelligente Kinder ihr Potenzial entfalten können, müssen die Rahmenbedingungen stimmen: Denn eine Hochbegabung realisiert sich dem niederländischen Psychologen Franz Mönks zufolge erst durch die optimale Interaktion von Umweltfaktoren (Familie, Schule, Freundeskreis) und Persönlichkeitsfaktoren (hohe Intelligenz, Kreativität, Motivation), wobei hier vor allem Sozialkompetenz eine wichtige Rolle spielt. Ein weiteres Klischee: Hochbegabte machen immer alles richtig! Doch sogar Genies wie etwa Leonardo da Vinci oder Albert Einstein hatten Rechtschreibprobleme. Das braucht auch nicht zu verwundern: Zuletzt ergab eine empirische Untersuchung der Universität Münster, dass begabte Kinder mitunter gerade deshalb Lernschwierigkeiten entwickeln, weil sie besonders sensibel auf logische Widersprüche in der Orthografie reagieren. Ursache ist häufig auch eine asynchrone Entwicklung von Denkgeschwindigkeit und motorischer Umsetzungsfähigkeit der Kopf ist einfach schneller als die Hand. Manchmal haben Kinder mit einem Top-IQ auch keine guten Lernstrategien entwickelt. Wenn ihnen etwa in den unteren Klassen alles zuflog, tauchen häufig beim Sprachenlernen Probleme auf. Wer nicht gelernt hat, wie man Vokabeln paukt, oder nicht akzeptiert, dass manche Aufgaben trotz reichlich Grips Mühe machen, kommt nicht weiter. Natürlich gelingt es vielen Begabten aber auch, solche Schwierigkeiten dank ihrer hohen kognitiven Fähigkeiten besser zu kompensieren als durchschnittlich begabte Kinder mit denselben Problemen. Bleiben die schulischen Leistungen Hochintelligenter jedoch langfristig weit hinter dem durchschnittlichen Niveau zurück, erkennen viele Lehrer ihr Potenzial nicht, und es entsteht ein Teufelskreis: Auf Grund der Fehleinschätzung werden sie nicht angemessen gefördert, verlieren die Lust am Lernen und versagen letztlich im Unterricht oder entwickeln Verhaltensauffälligkeiten. Jungen neigen dazu, extravertiert zu reagieren: Sie mimen den Klassen- 40 G&G 3_2008

39 »Eigentlich schade, dass man trotz Hochbegabung nicht automatisch nur gute Noten hat«lea schlierfstein zehn Jahre alt geht gern in die Schule und mag vor allem die Chinesisch- AG. Die Leseratte zeigt außerhalb der Familie selten, dass sie vieles schneller begreift als andere.»ich würde gerne ein Heilmittel gegen Schnupfen erfinden«mit frdl. Gen. von Markus Schlierfstein Nico schlierfstein acht Jahre alt hat eine Klasse übersprungen und mag am liebsten die Fächer Mathe, Reli und Sport. Weil er ein Perfektionist ist, verliert Nico auch schon mal die Geduld mit sich und anderen. clown oder werden aggressiv; Mädchen zeigen eher psychosomatische Symptome wie Bauchschmerzen und Versagensängste. Ein weiteres Problem: Als entscheidendes Kriterium für hohe intellektuelle Leistungsfähigkeit gelten in der Regel gute Noten. Sie sind aber nur zum Teil auf kognitive Begabungen zurückführbar daneben sind Eigenschaften wie Motivation oder Beharrlichkeit und das soziale Umfeld wichtig. Schulische, soziale oder psychische Probleme treten bei hochintelligenten Kindern zwar nicht häufiger auf als bei anderen das hat eine Marburger Studie 2001 gezeigt, sie haben aber natürlich ebenfalls negative Folgen für die Schulkarriere. Nicht zuletzt weil auch Lehrer bei der Bewertung mitunter Fehleinschätzungen treffen, etwa wenn sie Hochbegabung und Hochleistung gleich setzten. Eltern müssen unterscheiden: Was will ich was ist gut für mein Kind? Deshalb spielt auch die Einschätzung der Eltern bei der Diagnose von Hochbegabung eine wichtige Rolle. Sie haben die vielseitigsten Erfahrungen im Umgang mit dem Kind und können dessen Fähigkeiten daher meist relativ genau einschätzen. Da Eltern in der Regel jedoch nur eingeschränkt Vergleichsmöglichkeiten haben, besteht auch hier die Gefahr einer einseitigen Beurteilung. Da hilft nur, selbstkritisch zwischen elterlichem Ehrgeiz und kindlichem Potenzial zu unterscheiden. Subjektive Verfahren wie Schulnoten, Lehrer- oder Elternurteile reichen also für eine verlässliche Hochbegabungsdiagnose nicht aus. Erst ein ergänzender objektiver Intelligenztest kann diese erbringen. Dabei geht es um die Erstellung eines individuellen Begabungsprofils. Der IQ-Wert ist ein wesentliches Indiz für eine hohe Begabung. Die Grenze, ab wann ein Kind als hochbegabt gilt meist ab 130, beruht jedoch auf einer willkürlichen Festlegung. Ob der IQ bei 128 oder 132 liegt, ist nicht entscheidend. Es kommt vielmehr darauf an, die Stärken und Schwächen des Kinds zu erkennen, um es dann gezielt herauszufordern und zu fördern. Häufig verschweigen wir Eltern nach erfolgter Diagnose sogar den genauen Wert, da er für sich genommen nur aussagt, dass ihr Kind über ein hohes kognitives Leistungspotenzial verfügt. Grundsätzlich gilt jedoch: Hochbegabte lösen unterschiedlichste Denkaufgaben schneller und besser als normal Begabte. Um dem gerecht zu werden, ergeben sich zwei zentrale Förderansätze beschleunigtes Lernen (Akzeleration) und angereichertes Lernen (Enrichment, siehe Kasten S. 42). Beide Konzepte hängen eng miteinander zusammen, denn wenn schneller gelernt wird, entstehen automatisch auch Freiräume zur Vertiefung des Stoffs. Einfache Akzelerationsmethoden wie das vorzeitige Einschulen können große Wirkung haben, ja sogar Entwicklungsrückschritte verhindern. Ein Ausnahmetalent konnte, wie ich selbst beobachtete, bereits vor der Einschulung Knobelprobe gefällig? Testen Sie Ihre grauen Zellen mit Aufgaben aus Intelligenztests des Hochbegabtenvereins Mensa (mehr davon unter www. mensa.de). Ergänzen Sie die Reihe: 1) a, d, g, j 2) 21, 20, 18, 15, 11 3) 65536, 256, 16 4) 1, 0, -1, 0 5) Wählen Sie das Element (A, B, C, D), das die obere Reihe logisch ergänzt. A B C D 6) In der folgenden Reihe fehlt ein Element. Bestimmen Sie das fehlende Symbol (A, B, C, D).? A B C D Lösungen: 1) m / 2) 6 / 3) 4 / 4) 1 / 5) c / 6) d 41

40 Fördermethoden für hochbegabte Kinder Akzeleration (beschleunigtes Lernen) vorzeitige Einschulung Überspringen von Klassen (individuell oder in Gruppen) flexible Eingangsstufe in weiterführende Schulen teilweise Unterricht in höheren Klassen (Bundesministerium für Bildung und Forschung: Begabte Kinder finden und fördern. Bonn 2003) Literaturtipps Fischer, C., Mönks, F. J., Grindel, E. (Hg.).: Curriculum und Didaktik der Begabtenförderung. Begabungen fördern Lernen individualisieren. Münster: Lit Heller, K. A., Perleth, C.: Talentförderung und Hochbegabtenberatung in Deutschland. In: Heller, K. A., Ziegler, A. (Hg.): Begabt sein in Deutschland. Münster: Lit Renzulli, J. S., Reis, S. M., Stedtnitz, U.: Das Schulische Enrichment Modell SEM. Begabtenförderung ohne Elitenbildung. Aarau: Sauerländer Weblinks Das Internationale Centrum für Begabungsforschung bietet zahlreiche Informationen und Angebote zum Thema Hochbegabung. Der internationale Verein bietet über 4600 hochintelligenten Menschen in Deutschland ein Forum. Deutsche Gesellschaft für das hochbegabte Kind Enrichment (vertieftes Lernen) Individualisierung fließend lesen. Zwei Wochen nach seinem Schuleintritt las das Kind dann auf einmal nur noch stockend. Auf meine Frage, wieso ihm das Vorlesen plötzlich offenbar schwerfalle, antwortete der Erstklässler:»Die andern lesen doch genauso.«bei Kindern, die ihre Schullaufbahn auf der Überholspur durchlaufen etwa durch Teilunterricht in höheren Stufen oder das Überspringen von Klassen, besteht neben den Vorteilen für das kognitive Lernen jedoch die Gefahr, dass ihre emotionale, soziale und motorische Entwicklung den intellektuellen Fähigkeiten hinterherhinken. Das hat Konsequenzen. So etwa bei einem Viertklässler, der auf Grund seiner enormen Intelligenz bereits zwei Klassen übersprungen hatte. Intellektuell steckte er den Vorsprung der Klassenkameraden gut weg. Der Junge litt jedoch sehr darunter, seinen pubertierenden Mitschülern außer beim Lernen völlig unterlegen zu sein. Folglich versuchte er umso stärker, mit seinem Wissen und Intellekt zu protzen. Das Ergebnis: Im Nu war der Zehnjährige als Spinner und Angeber verrufen und wurde sozial völlig ausgegrenzt. Mischformen (Akzeleration und Enrichment) Intensivkurse arbeitsgemeinschaften»d-zug-klassen«(abitur nach neun statt zwölf Jahren) Wahl zusätzlicher (Leistungs-)Kurse bundes- und landesweite Schülerwettbewerbe Kooperation mit Unis und Wirtschaftsunternehmen altersgemischte Klassen Schulen mit zweisprachigen Zügen Spezialschulen und Schulen mit Hochbegabtenklassen Herausforderungen dringend gesucht Es kann also sinnvoll sein, hochbegabte Kinder die Schule trotz überdurchschnittlicher Intelligenz in ganz normaler Geschwindigkeit durchlaufen zu lassen. Um sie dennoch angemessen zu fördern, brauchen sie dann aber die Möglichkeit, Inhalte besonders zu vertiefen etwa durch weitere Themen oder zum Beispiel Sprachen, die sie erlernen können. Auch autonomere Formen des Lernens etwa selbstständiges Experimentieren oder die Suche nach neuen Lösungswegen mit Hilfe eines Mentors stellen probate Möglichkeiten dar. Altersgemischte Klassen, wie sie in Montessori-Schulen oder JenaPlan-Schulen realisiert werden, verhindern, dass besonders intelligente Schüler den regulären Klassenverband gänzlich verlassen müssen. Das gilt auch für das von den amerikanischen Begabungsforschern Joseph Renzulli und Sally Reis entwickelte»drehtür-modell«, in dem begabte Kinder den Unterricht ihrer Stammklasse stundenweise verlassen, um sich stattdessen eigenen Projekten zu widmen. An der Universität Münster haben wir 2003 das»forder-förderprogramm«ins Leben gerufen. Mittlerweile haben daran 346 überdurchschnittlich begabte Kinder der Klassenstufen zwei bis sieben teilgenommen. Im Rahmen dieses Projekts werden Kinder einmal pro Woche zwei Stunden vom regulären Unterricht befreit, um selbst ein Thema auszuwählen, das sie interessiert. Nach einer umfangreichen Recherche erstellen die Kinder dann eine Arbeit, die sie ihren Mitschülern und Lehrern präsentieren. So auch jener Zweitklässer, dessen Dokumentation derzeit im Deutschen Röntgenmuseum in Remscheid ausgestellt wird. Die Auswertung dieser Arbeiten zeigte, dass hochbegabte Kinder meist Themen wählen, die nicht im regulären Unterricht behandelt werden und deren Komplexität nicht dem Alter der jungen»forscher«entspricht. Die Interessengebiete reichten von Bionik bis Piratenfrauen, von Schwarzen Löchern bis zur Biografie der Königin Luise von Preußen. Modelle wie dieses zeigen: Gerade hochbegabte Schüler brauchen keine reinen Wissensvermittler als Lehrer, sondern vielmehr gute Mentoren oder Moderatoren von Lernprozessen, die ihnen dabei helfen, Wissen selbstständig zu erarbeiten und zu vertiefen wovon natürlich auch alle anderen Schüler profitieren könnten. Die Haltung, die es dazu braucht, ist nicht neu und wurde bereits vor mehr als 50 Jahren von Bertolt Brecht treffend skizziert:»jeder Lehrer muss lernen, mit dem Lehren aufzuhören, wenn es Zeit ist. Das ist eine schwere Kunst.«Ÿ Christian Fischer ist Pädagoge und Psychologe. Er arbeitet am Internationalen Centrum für Begabungsforschung (ICBF) der Universitäten Münster und Nijmegen G&G 3_2008

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42 titelthema ı begabungsforschung HOCHBEGABUNG Fakten und Fiktionen Detlef H. Rost analysiert seit 20 Jahren die Lebens- und Berufswege von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen mit überdurchschnittlich hoher Intelligenz. In G&G erklärt der Pädagogische Psychologe und Entwicklungspsychologe, wie eine außergewöhnliche Begabung erkannt wird, wie es sich mit ihr lebt und welche»wahrheiten«darüber wir besser im Land der Märchen begraben. Definition eines schillernden Begriffs Was Hochbegabung ist, lässt sich nicht leicht beantworten. Das liegt unter anderem daran, dass der Begabungsbegriff uneinheitlich gebraucht wird auch von Experten. Es gibt vermutlich fast so viele unterschiedliche Auffassungen von»begabung«, wie es Begabungsforscher gibt. Viele wollen sich profilieren: Sie brin- gen einen»neuen«begabungsbegriff ein oder schlagen ein weiteres, möglichst kompliziertes Begabungsmodell vor. Da werden Kästchen und Kreise gemalt und so ziemlich alle Variablen aufgeführt, die in der Pädagogischen Psychologie jemals Mehr zum titelthema > Clever, kreativ erfolgreich? Hochbegabte Kinder optimal fördern (S. 40) > Dahinter steckt ein kluger Kopf Hirnforscher lüften die neurobiologischen Schleier der Hochbegabung (S. 52) thematisiert worden sind. Einen wissenschaftlichen Anspruch haben solche»boxologischen«modelle bei genauerer Betrachtung jedoch selten. In der mit naturwissenschaftlichen Methoden arbeitenden Psychologie führt der bei Laien und Pädagogen so beliebte Begabungsbegriff deshalb ein randständiges Dasein, ebenso wie der Hochbegabungsbegriff. Meine Definition von kognitiver Hochbegabung ist diese: Eine hochbegabte Person hat das Potenzial, sich schnell inhaltliches und prozedurales Wissen anzueignen. Sie kann dieses Wissen in vielen unterschiedlichen Situationen wie Schule, Familie, Freizeit, Ausbildung und Beruf effektiv nutzen, um neue Probleme, die sich ihr stellen, zu lösen. Sie ist fähig, rasch aus den dabei gemachten Erfahrungen zu lernen. Und sie erkennt auch, auf welche neuen Situationen und Problemstellungen sie ihre gewonnenen Erkenntnisse übertragen kann und wann solch eine Übertragung nicht statthaft ist. All dies kann sie weit besser als ein Großteil ihrer Vergleichsgruppe, also zum Beispiel die Gleichaltrigen. Die Definition von»weit besser«ist dabei eine reine Konvention. In der Regel gilt als hochbegabt, wer einen IQ von über 130 hat und damit zu den klügsten zwei Prozent der Bezugsgruppe gehört. Diese Definition ist also sehr intelligenznah. Man könnte demnach an Stelle von»hochbegabt«auch von»hochintelligent«sprechen. Für Hochleistungen in nicht intellektuellen Bereichen wie Sport oder Musik benutzen Psychologen hingegen den Begriff»Talent«. Hochbegabte denken nicht anders als andere Menschen, nur schneller Laien stellen sich oft vor, dass hochbegabte Menschen anders denken als Durchschnittsbürger. Doch psychologischen Untersuchungen, die angetreten waren, qualitativ andere Denkstrukturen bei überdurchschnittlich intelligenten Personen aufzuzeigen, war bis heute kein besonderer Erfolg beschieden. Es scheint lediglich ein quantitativer Unterschied vorzuliegen, kein qualitativer: Hochbegabte denken einfach schneller und effektiver als Normalbegabte. Dafür sprechen auch die wenigen einschlägigen Resultate der modernen Hinforschung, insbesondere durch bildgebende Verfahren. 44 G&G 3_2008

43 Nelly Nguyen 26 Jahre alt studierte Sport und macht gerade einen zweiten Abschluss in Physik. Ihr beruflicher Traum: eine Universitätsprofessur. Obwohl sich die Hamburgerin schon mit vier Jahren selbst das Lesen beibrachte, immer Klassenbeste war und auch im Schwimmen nur Bestzeiten erzielte, litt sie unter Versagensängsten. Der Grund: Sie glaubte, ihr Wert definiere sich nur über ihre Leistungen. Heute betrachtet Nelly es als ihren größten Erfolg, sich vom Streben nach Perfektion ein Stück weit gelöst zu haben.»heute weiß ich, dass ich auch liebenswert bin, wenn ich einfach nur ich selbst bin. Das lässt mich aufatmen«bei überdurchschnittlich intelligenten Menschen werden bestimmte Bereiche des Gehirns beim Problemlösen weniger stark aktiviert als bei Personen mit geringerer kognitiver Leistungsfähigkeit. Ihre Gehirne scheinen dieselben Ressourcen einzusetzen, diese aber effektiver zu nutzen. Zur Erklärung sind unterschiedliche Hypothesen formuliert worden, die bislang aber alle noch nicht befriedigen (siehe auch»dahinter steckt ein kluger Kopf«, ab S. 52). Die Diagnose Schon ab einem Alter von fünf oder sechs Jahren lassen sich mit Hilfe von Intelligenztests für anwendungsbezogene Zwecke einigermaßen zutreffende Prognosen über die Intelligenzhöhe treffen allerdings nur für eine begrenzte Zeitspanne. Deutlich besser wird die Vorhersage bei Neun- bis Zehnjährigen. Doch erst etwa ab dem 14. bis 15. Lebensjahr ist die Prognose über einen Zeitraum von mehreren Jahrzehnten hinweg wirklich verlässlich, der Rang einer Person hinsichtlich ihrer kognitiven Leistungsfähigkeit das drückt der IQ aus bleibt stabil. Zeigen sich bei Personen ab diesem Alter dennoch größere Verschlechterungen im IQ, liegt das meist an folgenden Gründen: Entweder ist die Diagnostik nicht fachgerecht durchgeführt worden oder es liegen krankheitsbedingte Beeinträchtigungen der intellektuellen Leistungsfähigkeit vor. Manchmal ist die Ursache auch eine stärkere, zum Zeitpunkt der Diagnose noch nicht bewältigte emotionale Belastung etwa der Tod eines geliebten Menschen oder die Entlassung in die Arbeitslosigkeit. Von manchen Elternvereinen und Beratungsstellen und leider auch von der einen oder anderen staatlichen Dienststelle werden immer noch so genannte Checklisten zum Erkennen überdurchschnittlich begabter Kinder angeboten. Darin finden sich sehr allgemein gehaltene, nicht operationalisierte Merkmale, die angeblich»besonders typisch«für hochbegabte Kinder sein sollen. Etwa:»hat Humor«,»kann gut denken«,»braucht wenig Schlaf«oder»ist für schöne Dinge empfänglich«. Nichts davon ist empirisch belegt, es ist mehr oder weniger Kaffeesatzleserei. Die Aussagekraft von Intelligenztests Weltweit sind sich Begabungsforscher einig, dass unsere kognitiven Fähigkeiten hierarchisch strukturiert sind. Ganz oben steht die allgemeine Intelligenz»g«, das heißt die Fähigkeit zum abstrakt-logischen Denken die zentrale Voraussetzung für Erfolg in unserer informationsbestimmten Gesellschaft. Eine Ebene darunter finden sich breite mentale Gruppenfaktoren (verbal-schulischer gegenüber praktisch-mechanischer Art). Es folgen engere mentale Gruppenfaktoren wie beispielsweise Sprachverständnis, Merkfähigkeit oder visuelle Vorstellungskraft und darunter wiederum sehr spezifische Fähigkeiten. Manchmal ist es nützlich, diese Subfähigkeiten getrennt von der allgemeinen Intelligenz zu bestimmen; das leisten viele Intelligenztests zufrieden stellend. In den meisten Fällen ist man aber mit einer allgemeinen IQ-Messung sehr gut bedient. Die Anwendung solcher Tests gehört ausschließlich in die Hand eines diagnostisch gut ausgebildeten Diplompsychologen. Ärzte, Lehrkräfte, Sonderpädagogen und andere psychologische Laien sollten 45

44 Meilensteine der Begabungsforschung 400 v. Chr. Der griechische Philosoph 1250 In islamischen Adelsgeschlech- um 1800 Der Göttinger Mathematiker 1869 Francis Galton ( ) Platon beschreibt in seiner tern in Spanien gibt es ge- und Astronom Carl Friedrich veröffentlicht in London sein Utopie vom Staat (griechisch heime Anweisungen zur Gauß ( ) entdeckt (noch recht spekulatives) Werk politeia) Prüfungen für die Identifizierung und Förderung die nach ihm benannte»hereditary Genius«. Dieses Auswahl von geeigneten von besonders intelligenten»gauß sche Glockenkurve«Datum kann als Beginn der Wächtern. Sie sollen für den und begabten Kindern der der statistischen Normalver- wissenschaft- Bestand und das Wohlergehen Familie. Diese»maurische teilung von Elementen eines lichen Hochbe- des Gemeinwesens sorgen. Menschenlehre«wird 1575 ins bestimmten Phänomens gabtenfor- Neben Selbstdisziplin, Mut Spanische übersetzt. etwa der Intelligenzhöhe. schung gelten. und Unbestechlichkeit wird auch die Intelligenz getestet. die Finger davon lassen, da sie meist weder das erforderliche diagnostisch-differenzialpsychologische noch das statistisch-psychometrische Wissen besitzen. Wird ein Intelligenztest fachkundig durchgeführt, ausgewertet und interpretiert, kann man sich auf das Ergebnis verlassen. Wer sich bei der Erfassung der kognitiven Leistungsfähigkeit auf andere Verfahren als den Intelligenztest, eines der besten diagnostischen Instrumente der Psychologie, verlässt der ist im wahren Sinn des Wortes verlassen. Welche Tests wann zu empfehlen sind Es gibt verschiedene bewährte und anerkannte Intelligenztests. Wir benötigen auch nicht nur einen guten, sondern viele gute Tests. Wenn etwa eine Nachtestung erforderlich ist, um das Ergebnis einer ersten Messung abzusichern, muss man zu einem anderen Test greifen. Dieser sollte dem ersten jedoch konzeptionell ähneln. Empirische Studien zeigen darüber hinaus, dass die allgemeine Intelligenz»g«von Test zu Test die gleiche ist. Sie hängt also kaum davon ab, welcher Test gewählt wurde. Intelligenzforscher bezeichnen dies als»indifferenz der Indikatoren«. Welcher Test wann verwendet wird, hängt vom Alter der Testperson sowie vom jeweiligen Untersuchungsanlass ab. Ohne konkrete Fragestellung gibt es keine vernünftige Diagnostik. Bei der Vorhersage des Schulerfolgs tut man beispielsweise gut daran, auch einen schulleistungsnahen Test einzusetzen. Bei der Untersuchung von Migrantenkindern, die sich mit der deutschen Sprache schwertun, sind Verfahren sinnvoll, die minimale sprachliche Anforderungen haben. Auch für Seh- und Hörgeschädigte gibt es entsprechende Tests. Es gibt solche, die sich besonders gut für schwach Begabte eignen andere, die man bevorzugt bei einem Verdacht auf eine höhere Begabung einsetzt.»iq-tests«im Internet sind bestenfalls ein netter Zeitvertreib. Dass auch eine»landesweite Beratungs- und Forschungsstelle für Hochbegabung«(Ulm) eine Checkliste im Internet als»online- Diagnostik«anbietet, macht es nicht besser; mit seriöser Diagnostik hat das nichts zu tun. Hochbegabte Fachidioten oder Universalgenies? Die allgemeine Intelligenz ist gewissermaßen omnipotent. Einseitige Spitzenbegabungen sind ausgesprochen selten wenn es sie überhaupt gibt. Alle intellektuellen Leistungen korrelieren nämlich positiv untereinander. Wer in einem Bereich überdurchschnittlich befähigt ist, schneidet wahrscheinlich auch in anderen Bereichen besser ab als der Durchschnitt. Diese»positive Mannigfaltigkeit«ist das wohl am besten gesicherte Ergebnis 100-jähriger Intelligenzforschung. Die Vorstellung vom vertrottelten Genie, das außerhalb seines Spezialgebiets lebensuntüchtig ist, ist ein Klischee. In welchen Bereichen eine hervorragend ausgeprägte Intelligenz tatsächlich zum Erfolg führt, hängt von der Umwelt ab. Wenn ein Lehrer eine hochintelligente Schülerin frühzeitig für Latein begeistern kann und sie entsprechend unterstützt und fördert, wird das Mädchen vermutlich eine exzellente Lateinerin werden. Gerät sie hingegen zuerst unter die Fittiche einer engagierten Mathematiklehrerin, die die Faszination im Umgang mit Zahlen und formalisierten Denkaufgaben vermittelt, dann wird die Schülerin vermutlich ein besonderes Interesse auf diesem Gebiet entwickeln und hier zur Höchstform auflaufen.»emotionale Intelligenz«und Expertiseforschung Immer wieder kursieren Hypothesen über verschiedene Formen von»intelligenzen«allen voran die so genannte emotionale Intelligenz nach Daniel Goleman. Ein populäres Konzept mit geringem Gehalt. Golemans Behauptung, emotionale Intelligenz sei für die Vorhersage von Berufserfolg mindestens doppelt so bedeutsam wie die klassische Intelligenz, ist nicht empirisch gestützt. Der Zweig der Psychologie, der sich mit Hochleistungen auf einem engen Inhaltsgebiet beschäftigt, heißt Expertiseforschung. Expertise hat per definitionem weniger mit Intelligenz oder Begabung als vielmehr mit intensivem Training zu tun. Wissenschaftliche Spitzenleistungen sind in der Regel das Ergebnis einer langen Aus- 46 G&G 3_2008

45 1879 Wilhelm 1888 Der deutsche Psychologe 1901 Der seinerzeit sehr angese Der englische Psychologe Wundt (1832 Konrad Rieger entwirft ein hene deutsche Psychiater Charles Spearman ( ) 1920) gründet erstes Verfahren zur Messung Paul Möbius ( ) beobachtet, dass in der Regel in Leipzig das von Intelligenzdefekten. veröffentlicht in Halle die alle intellektuellen Fähigkeiten Institut für Geprüft werden: Wahrneh- Studie»Über den physiolo- positiv miteinander korrelie- experimentelle Psychologie, mung, Auffassungsgabe, gischen Schwachsinn des ren. Er schließt daraus: Intelli- auf dessen Konzept auch die Gedächtnis und wie der Weibes«. Darin behauptet er, genz ist das Zusammenspiel bald darauf entstehende Getestete Sinneseindrücke dass die Frau körperlich und zweier Faktoren: eines General- naturwissenschaftliche Intelli- benennt. geistig zwischen Kind und faktors»g«und eines indivi- genzforschung mit ihren Mann stehe alle modernen duellen Spezialfaktors»s«, der Messungen und Tests basiert. Intelligenzstudien haben das bestimmte Einzelleistungen als Unsinn widerlegt. im Test gewichtet. >> bildung und harter Forschungsarbeit über viele Jahre hinweg, das Ergebnis von frei nach Edison vielleicht 95 Prozent Transpiration und fünf Prozent Inspiration. Wie sich Intelligenz entwickelt Anfangs, im Säuglings- und Kindesalter, beobachten wir bei allen gesunden Menschen einen steilen Anstieg der intellektuellen Leistungsfähigkeit. Mit der Zeit verlangsamt er sich, und im frühen Erwachsenenalter erreicht die Intelligenz ein Plateau, das über viele Jahre stabil bleibt. Erst im Alter, wenn die physiologischen Abbauprozesse einsetzen, baut sich auch die kognitive Leistungsfähigkeit wieder ab (siehe auch G&G 7-8/2007, S. 30). Der Abfall fängt bei der nicht bildungsabhängigen Grundintelligenz der flüssigen Intelligenz früher an als bei der kristallisierten Intelligenz, nämlich bereits mit etwa 25 bis 30 Jahren. Mit kris-»die Musik ist meine Leidenschaft, weil sich hier Logik und Kreativität einzigartig verbinden«jörg Bruckner 35 Jahre alt studierte und promovierte in Wirtschaftswissenschaften, absolvierte eine Musicalausbildung und heimst seit seinem zehnten Lebensjahr Preise ein als Klarinettist, Jazz-Pianist und Sänger. Heute arbeitet er als Projektmanager in einer Großbank und ist Dozent an verschiedenen Hochschulen. tallisierter Intelligenz bezeichnen Psychologen die geistigen Fähigkeiten, die sich auf der Grundlage der flüssigen Intelligenz durch die ständige Auseinandersetzung mit unseren Kulturgütern herausbildet und schärft, also das Ergebnis von kumulierten Lernerfahrungen. Wer am Ball bleibt, kann bis ins Alter hinein einen Abbau der kristallisierten Intelligenz verhindern, ja manchmal sogar noch etwas zulegen. Damit sind nicht die vielen kaum evaluierten und, wenn überhaupt, nur kurzfristig wirksamen Trainingsprogramme gemeint, die kommerziell vertrieben werden. Sie nützen vor allem den Verkäufern. Was man über solche Trainings allenfalls sagen kann: Sie schaden vermutlich nicht. Dem Erhalt der mentalen Fähigkeiten dient die stete geistige Betätigung im alltäglichen Lebensvollzug, auch und gerade in der Feizeit: Zeitungen, Krimis, Romane lesen, politische Debatten verfolgen, sich in einem Verein engagieren, soziale Kontakte pflegen, sich weiterbilden (Volkshochschule), Schach spielen, andere Regionen und Länder erkunden, sich um die Enkel kümmern, dosiert Fernsehen und sich über das Gesehene mit Freunden, Nachbarn, dem Partner austauschen und vieles, vieles mehr. Das und nur das hat nachhaltige Effekte. So fördern Eltern Begabungen richtig In Zeiten der schnellen Entwicklung, also im Vor- und Grundschulalter, können so eine plausible Hypothese intellektu- 47

46 >> 1912 Basierend auf Beobachtungen 1921 Lewis Terman ( ) 1939 Der amerikanische Psychologe 1946 Im britischen von Alfred Binet ( ) startet eine Studie, für die er David Wechsler ( ) Cambridge wird ermittelt der deutsch-amerika- insgesamt 1528 Schüler mit entwickelt einen Intelligenz- der erste Klub für nische Psychologe William einem IQ über 135 zwischen test, der auch für Erwachsene Hochbegabte Stern ( ) die Bezie- acht und zwölf Jahren aus- geeignet ist wird der Test gegründet mit dem Ziel, hung zwischen Intelligenz und wählt. Die Ergebnisse wider- auf deutsche Verhältnisse intelligente Menschen an Lebensalter und bezeichnet sie legen Vorurteile, wonach übertragen und neu standar- einen Tisch (lateinisch mensa) als Intelligenzquotienten (IQ). Hochbegabte meist isolierte, disiert; unter den Namen zu bringen. Mitglied kann unglückliche und neurotische HAWIE (Hamburg-Wechsler werden, wer einen IQ von Menschen seien. Die Terman- Intelligenztest für Erwachsene) über 130 hat. Der deutsche Kinder waren später eher und HAWIK (für Kinder) gehört Ableger heißt Mensa in überdurchschnittlich gesund, er bis heute zu den meistge- Deutschland e. V. Binet beliebt und erfolgreich. nutzten Tests in Deutschland. elle Anregungen besonders gut verwertet werden. Eltern sollten also ihrem Kind frühzeitig und kontinuierlich gut dosierte ich betone: gut dosierte, nicht überdosierte Entwicklungsanreize bieten. Ein Überschütten mit Förderprogrammen, wie es von manchen selbst ernannten Experten und Elternvereinen propagiert wird, schadet häufig mehr, als es nützt. Schulähnliche Programme sind für Drei- und Vierjährige unangemessen, auch wenn es Geschäftemacher, die etwa Englisch-Frühkurse für Zweijährige anbieten, anders darstellen. Kinder brauchen für eine gesunde Entwicklung viel Zeit für sich selbst, zum Spielen, für die Pflege der sozialen Beziehungen zu ihren Freunden und für Gespräche mit den Eltern und anderen Bezugspersonen. Auch Jugendliche müssen Zeit haben, einfach mal»rumzuhängen«. Statt in Förderhysterie zu verfallen, sollten sich die Eltern mehr um ihre Schützlinge kümmern: Gespräche am Tisch und in der Freizeit, gemeinsame Unternehmungen oder Besuche in Museen, Zoos oder bei Freunden nutzen allen. Wenn Kinder zum Beispiel mit der Erfahrung aufwachsen, dass Bücher zum Familienleben einfach dazugehören, wenn sie täglich sehen, wie ihre Eltern selbst lesen, ist schon viel gewonnen. Hängen Kinder und Eltern hingegen stundenlang vorm Fernseher, ist eine schleichende Verblödung vorprogrammiert. Es kommt eben auf die vernünftige Dosis und Auswahl an, bei der Förderung, beim Fernsehen, beim Faulenzen... Und: Eltern sollten sich sorgfältig um die Schulwahl kümmern. Eine gute Schule ist der zentrale Faktor für die Zuteilung von Lebenschancen. Damit wir uns richtig verstehen: Gute Schulen sind nicht unbedingt deckungsgleich mit Privatschulen. Spezielle Schulen für Begabte? Die Separierung von Schülern in speziel- le Klassen oder Schulen für Hochbegab- te sollte ein Ausnahmefall sein, nie die Regel. Die Homogenisierungshypothese, die dahinter steht, ist falsch: Durch segregierende Fördermaßnahmen entstehen keine homogenen Klassen, denn Persönlichkeitsmerkmale wie Motivation, Belastbarkeit oder Konzentrationsfähigkeit sind unter Hochbegabten genauso verschieden wie unter anderen Kindern. Schon nach wenigen Unterrichtsmonaten zeigt sich in solchen Spezialklassen zudem auch leistungsmäßig eine enorme Variabilität. Darauf weisen immer wieder Lehrer hin, die in»hochbegabtenklassen«unterrichten. Die Schule ist neben der Familie die wichtigste Sozialisationsinstanz unserer Gesellschaft. Hier erfahren Kinder, dass jeder»anders«ist, dass Heterogenität eine Bereicherung des Alltags darstellen kann. Auch Hochbegabte werden es im Leben hauptsächlich mit nicht Hochbegabten zu tun haben. Eine frühe Separierung stiehlt hoch- wie durchschnittlich Begabten wichtige Erfahrungen im Umgang miteinander. 48 G&G 3_2008

47 1957 Der Schock über den Start des 1975 In New York erscheint das Buch ab 1980 In den 1980er Jahren beginnen 1997 Robert Lehrke stellt in seinem ersten sowjetrussischen»the Gifted Child«des briti- in Deutschland zwei große Buch»Sex Linkage of Intelli- Erdsatelliten Sputnik löst in schen Psychologen Cyril Burt Hochbegabtenstudien: Kurt gence: The X-Factor«neue den westlichen Nationen eine ( ). Für seine Studien Heller in München veröffent- Ergebnisse zur Vererbung von intensive Suche nach intelli- über die Erbgrundlagen der licht seine Ergebnisse erstmals Intelligenz vor: Danach be- genten und kreativen Ressour- Intelligenz erntet er zu Lebzei Kurz danach erscheinen stimmt vor allem die Mutter, cen in der Bevölkerung aus. ten Ruhm. Erst Jahre nach sei- auch die Resultate der um- ob höhere Intelligenz vererbt Man kann von der Geburts- nem Tod kommt heraus, dass fassenden Marburger Längs- wird. Ein weiteres Ergebnis: stunde der Hochbegabten- er viele Statistiken gefälscht schnittstudie von Detlef H. Sowohl Minder- als auch Hoch- förderung sprechen. hatte: Seine massive Betonung Rost. Sie wurden seitdem kon- begabung kommen häufiger der genetischen Ursachen von tinuierlich aktualisiert; im bei Männern vor. Intelligenz wurde daraufhin Sommer 2008 erscheint eine wieder relativiert. erweiterte Ausgabe der Studie. Bei einem differenzierenden Unterricht, der Individualisierung nicht zur Ausnahme, sondern zur Regel macht, sind solche Sonderinstitutionen meist überflüssig. Es ist geradezu grotesk: Im Zuge der allgemeinen Pisa-Hysterie hinterfragen viele Pädagogen und Bildungspolitiker den Sinn des dreigliedrigen Schulsystems. Fast parallel dazu wollen viele Kultusministerien aus dem dreigliedrigen Schulsystem ein viergliedriges machen, indem sie zusätzliche Hochbegabtenschulen und Hochbegabtenklassen einrichten! In Finnland immerhin Pisa-Sieger sind Sonderklassen oder -schulen für Hochbegabte kein Thema. Die langfristig beste Begabungsförderung ist eine gute (praxisbezogenere) Aus-, Fort- und Weiterbildung von Lehrkräften. Hier gilt eine einfache Formel: Gute Lehrer halten guten Unterricht. Davon profitieren alle: unterdurchschnittlich Begabte, durchschnittlich Begabte und Hochbegabte. Bei manchen hochbegabten Problemfällen kann eine Herausnahme aus der Regelschule und Beschulung in einer Sonderinstitution, etwa einem Internat, angezeigt sein. Das trifft vor allem dann zu, wenn Eltern und Lehrkräfte dauerhaft überfordert sind oder es zu einer dramatischen Störung der Schüler-Lehrer- Beziehung und/oder zu einer massiven Konfrontation zwischen Schule und Elternhaus gekommen ist. Die Reintegration in das»normale«schulwesen sollte dabei stets das Ziel sein. Intelligente Schulversager Begabung ist nicht gleich Leistung, obwohl es eine deutliche positive Beziehung zwischen diesen beiden Faktoren gibt. Damit sich höhere Begabung in besseren Leistungen niederschlägt, müssen viele Faktoren zusammenkommen, unter anderem ein anregungsreiches Elternhaus und eine interessanter, fordernder und fördernder Unterricht. Allerdings wird bei hochbegabten Kindern die Leistung in der Regel stets etwas unter der zu erwartenden liegen. Diese Diskrepanz zwischen Begabung und Leistung wird umso größer, je extremer die intellektuellen Fähigkeiten ausgeprägt sind. Das hat rein statistische Gründe: Zum einen wird ein extremer Messwert meist durch eine weitere Kontrollmessung wieder etwas relativiert. Zum andern korrelieren das gemessene Potenzial und die erwartbare Leistung, die sich ebenfalls berechnen lässt, nicht 1 : 1. Jemand mit einem IQ von 140 gehört zwar zu den begabtesten zwei Prozent der Menschen; seine statistisch zu erwartende Leistung nähert sich aber dem Populationmittel an, liegt also deutlich darunter. Man nennt dieses Phänomen auch»regression zur Mitte«. Besorgnis erregend wird es, wenn die gezeigte Leistung weit hinter dem zurückbleibt, was man auf Grund der Begabung erwarten könnte. Psychologen bezeichnen dies als»underachievement«. Wenn ein Hochbegabter sich langfristig vom Lernen verabschiedet und der Schule und dem Unterricht innerlich kündigt, kann es passieren, dass er zum schlechten Schüler, ja zum Schulversager wird. Woran das liegt, muss von Fall zu Fall sorgfältig ermittelt werden. Hier gibt es keine pauschalen Ursachen. Und deshalb müssen die erforderlichen pädagogischen, psychologischen und mitunter auch psychotherapeutischen Maßnahmen sehr genau auf den Einzelfall (und auf die Bezugspersonen des Schülers) abgestimmt werden. Hochbegabung Segen oder Fluch im Alltag? Nationale und internationale Längsschnittstudien, die über viele Jahre den Lebensweg von Hochbegabten begleiten und ihn mit dem von nicht Hochbegabten vergleichen, zeigen: Im Durchschnitt haben es Hochbegabte im Leben nicht schwerer als andere. Ganz im Gegenteil, sie kommen sogar etwas besser zurecht. Eine hohe kognitive Leistungsfähigkeit ist daher vermutlich eher ein protektiver denn ein Risikofaktor. Kein Zweifel: Es gibt Hochbegabte, die im Leben kläglich scheitern. Aber es gibt prozentual mindestens genauso viele normal Begabte, die das gleiche Schicksal erleiden. Versagen zu können ist kein exklusives Merkmal von Hochbegabten. Bei ihnen fällt es nur mehr ins Auge. In der Literatur wird manchmal darauf hingewiesen, extrem Hochbegabte (mit einem IQ von 180 oder höher) hätten besondere Schwierigkeiten mit sich und 49

48 Jaroslav Blaha 44 Jahre alt studierte während der Offiziersausbildung bei der Deutschen Luftwaffe Informatik, wurde Dozent an der technischen Militärakademie in Augsburg und arbeitete dann als Zivilist für die Nato in Brüssel. Heute leitet er zwei eigene Unternehmen für internationales Projektmanagement. Das Fliegen ist nach wie vor eine Leidenschaft des gebürtigen Tschechen.»Wenn man erstmal die Diplomatie entwickelt hat, seine Hochbegabung im echten Leben einzusetzen, kann sie zu wunderbaren Erfolgen führen. Das ist harte Arbeit «der Umwelt. Das ist aber wissenschaftlich und praktisch uninteressant, denn man kann eine so hohe Begabung nicht mehr messen. Und: Von diesen Höchstbegabten gibt es so wenige, dass diesbezügliche Aussagen auf sehr wackeligen Beinen stehen. Worauf es im Berufsleben ankommt Ob ich als Chef eher einen Kandidaten mit einem IQ über 130 oder eine durchschnittlich intelligente, dafür überdurchschnittlich motivierte Bewerberin einstellen würde, hängt von der Anforderungsstruktur der Tätigkeit ab. Ist hervorragendes logisch-abstraktes Denkvermögen etwa bei einem Wissenschaftler eine zentrale Voraussetzung, würde ich auf eine hohe Intelligenz viel Wert legen. Es muss jedoch keine Hochbegabung sein. Ab einem IQ von 120 kann eigentlich fast jeder alles lernen und auch anspruchsvolle Aufgaben erfolgreich bewältigen. Ein Beispiel: Vor geraumer Zeit wurden die Professoren einer weltberühmten englischen Eliteuniversität, alles gestandene Forscher und Hochschullehrer, hinsichtlich ihrer Intelligenz untersucht. Ihr Mittelwert lag etwa bei einem IQ von 125, die Spanne reichte von etwa 110 bis 150. Viele waren zwar deutlich überdurchschnittlich begabt, aber nicht hochbegabt. Gute wissenschaftliche Leistungen erfordern nämlich vor allem harte Kleinarbeit. Wenn die Berufstätigkeit wenig abstrakt-logisches Denken verlangt, ist die Intelligenz nicht mehr so wichtig. Dann sind hauptsächlich andere Faktoren für den Berufserfolg ausschlaggebend: Motivation, Arbeitshaltung, Ausdauer, Gewissenhaftigkeit, soziales Geschick und vieles mehr. Man wird Erfolg haben, wenn der Beruf in etwa den eigenen Talenten, Neigungen und Fähigkeiten entspricht, wenn also weder eine deutliche Unterforderung noch eine deutliche Überforderung vorliegt. Hochbegabtenförderung in Politik und Gesellschaft Unsere hochkomplexe Informationsgesellschaft stellt immer stärkere Anforderungen an die intellektuelle Leistungsfähigkeit. Das erkennen zunehmend auch Bildungspolitiker. Doch anstatt in Ruhe zu analysieren und behutsam Reformen zu implementieren, ist eine Reform- und Förderhysterie ausgebrochen. Das betrifft ebenso die häufig übers Knie gebrochene Hochbegabungsförderung. Von den mannigfaltigen Förderansetzen ist kaum etwas evaluiert. Für Sonderschulen und Sonderklassen für Hochbegabte wird viel Geld ausgegeben, an einer vernünftigen Effektkontrolle wird aber gespart. Niemand würde Tabletten schlucken, ohne dass mehrfach belegt worden ist, dass sie erstens nicht schaden und zweitens wirksamer sind als ein Placebo. Wenn ein Arzt ungeprüfte Methoden an seinen Patienten ausprobieren würde, käme er ins Gefängnis. Wenn Bildungspolitiker in hektischer»reformitis«ungeprüfte Maßnahmen zur Begabungs- und Hochbegabtenförderung verordnen, kommen sie ins Fernsehen. Welche Fördermaßnahmen wie effektiv sind, mit welchen ungewollten Nebenwirkungen man bei den wirksamen zu rechnen hat, welche lediglich eine Scheinbehandlung darstellen und welche man lieber gar nicht erst einsetzen sollte, ist beim überwiegenden Teil der Maßnahmen nicht bekannt. Die Bildungspolitiker täten gut daran, sich die richtigen Ratgeber zu suchen. Das müssen aus meiner Sicht nicht immer diejenigen sein, die ständig im Fernsehen über die Bedeutung der Hinforschung für Schule und Unterricht reden und dann Banalitäten als neue Forschungsergebnisse verkaufen. Gestandene Pädagogische Psychologen wären häufig eine besser Wahl. Ÿ Detlef H. Rost lehrt Pädagogische Psychologie und Entwicklungspsychologie an der Universität Marburg und forscht seit über 20 Jahren über Hochbegabung. Literaturtipps Alvarez, C.: Hochbegabung: Tipps für den Umgang mit fast normalen Kindern. München: dtv Eysenck, H. J.: Die IQ-Bibel. Intelligenz verstehen und messen. Stuttgart: Klett-Cotta Jensen, A.: The G Factor. The Science of Mental Ability. Westport (Kanada): Prager Rost, D. H.: Hochbegabte und hochleistende Jugendliche. Neue Ergebnisse aus dem Marburger Hochbegabtenprojekt. Münster: Waxmann G&G 3_2008

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50 titel ı hochbegabung Dahinter steckt ein kluger Kopf Was läuft in genialen Gehirnen anders als in den grauen Zellen von Dietrich Durchschnitt? Lange Zeit tappten Mediziner und Hirnforscher in dieser Frage im Dunkeln. Doch es tut sich etwas: In den letzten Jahren konnten sie die ersten neurobiologischen Schleier des klugen Kopfes lüften. Von Christian Hoppe und Jelena Stojanovic Mehr zum titelthema > Clever, kreativ erfolgreich? Hochbegabte Kinder optimal fördern (S. 40) > Hochbegabung: Fakten und Fiktionen Die vielen Fassetten außergewöhnlicher Intelligenz (S. 44) Was hat der Mathematiker Carl Friedrich Gauß ( ) mit dem Philosophen John Stuart Mill ( ) und dem Pianisten Lang Lang (Jahrgang 1982) gemeinsam? Sie alle fielen ebenso wie Wolfgang Amadeus Mozart ( ) bereits als Kinder durch ungewöhnliche Geistesgaben auf. Heute sprechen wir von Hochbegabung: einer weit über dem Altersdurchschnitt liegenden Leistungsfähigkeit. Was unterscheidet hochintelligente Köpfe von normalen Durchschnittsdenkern? Für diese Frage hatten sich Hirnforscher lange Zeit wenig interessiert. Zwar konnten klinische Neuropsychologen in den vergangenen 150 Jahren sehr viel über den Zusammenhang zwischen kognitiven Fähigkeiten und Hirnprozessen lernen. Doch diese Erkenntnisse stammten überwiegend aus Untersuchungen über Funktionsausfälle nach schweren Hirnschädigungen. Intakte psychische Funktionen anhand gesunder Gehirne zu ermitteln stellt aber eine weitaus größere Herausforderung dar. Kognitive Prozesse beruhen auf neuronaler Signalverarbeitung also sollten sich hier auch die Unterschiede zwischen normalen und hochbegabten Denkern verbergen. Dass Hochbegabte ihren Geist erfolgreicher und effektiver einsetzen, ist offensichtlich. Doch wie kommt es zu dieser höheren kognitiven Leistungsfähigkeit? Etwa durch ein größeres Gehirn? Durch mehr Nervenzellen oder Synapsen, die sich mit einer Denkaufgabe beschäftigen? Oder im Gegenteil: durch eine höhere»neuronale«effizienz sodass also die gleiche Leistung mit einem geringeren Einsatz an Energie und Hirnmasse erzielt wird? Diese Fragen sind unter Hirnforschern heute heiß umstritten. Der emeritierte Jenaer Experimentalpsychologe Werner Krause geht davon aus, dass Hochbegabte Denkaufgaben besonders geschickt angehen: Rasch extrahieren sie die Merkmale eines Problems, die für die Lösung entscheidend sind. Ihr Geist»verschlankt«die Aufgabe und bearbeitet sie flexibler. Damit lässt sich die begrenzte Kapazität des Arbeitsgedächtnisses optimal ausnutzen; die einzelnen Lösungsschritte laufen effizienter und schneller ab Hochbegabte erreichen dadurch in kürzerer Zeit und mit weniger Anstrengung höhere Leistungen als Normalbürger. 52 G&G 3_2008

51 Chinesisches Wunderkind Seit seinem fünften Lebensjahr tritt der Pianist Lang Lang öffentlich auf bereits mit elf gewann er seinen ersten internationalen Preis. Worauf beruht diese höhere kognitive Effizienz des Gehirns? Edward Miller von der University of New Orleans vermutete bereits im Jahr 1994, die Nervenzellen von hochintelligenten Menschen seien stärker myelinisiert. Myelin sorgt als Isolierschicht der Axone für eine rasche Weiterleitung der Nervensignale. Wenn Intelligenzbestien tatsächlich schnellere Nervenfasern besäßen, kämen sie unterm Strich mit einer geringeren Hirnaktivität und entsprechend niedrigerem Energieverbrauch aus. Schuften in der Ruhephase Norbert Jaušovec von der slowenischen Universität Maribor fand Ende der 1990er Jahre ebenfalls Hinweise für eine gesteigerte neuronale Effizienz: Seine Messungen per Elektroencephalografie (EEG) ergaben, dass Hochbegabte, die eine mentale Nuss knacken, im Vergleich zu normal begabten Menschen nicht etwa Anzeichen höherer, sondern vielmehr niedrigerer Anstrengung aufwiesen. Während der Ruhephasen sah es dagegen genau umgekehrt aus: Jetzt schienen die genialen Köpfe mehr zu arbeiten als die der Vergleichsgruppe. Die Arbeitsgruppe des Grazer Psychologen Aljoscha Neubauer bestätigte in einer Reihe von Studien, dass eine höhere geistige Leistungsfähigkeit mit einer geringeren corticalen Aktivierung verknüpft sein kann: Demnach arbeiten geniale graue Zellen weniger. Diese Ergebnisse decken sich allerdings nicht mit den EEG-Messungen von Joel Alexander von der Western Oregon University in Monmouth, die er 1996 zusammen mit Michael O Boyle von der Texas Tech University in Lubbock und Camilla Benbow von der Iowa State University in Ames an jugendlichen Überfliegern durchführte. Die drei Forscher untermauerten zwar die Vorstellung der amerikanischen Neurologen Norman Geschwind und Albert Galaburda, der zufolge Genies vor allem ihre rechte Hirnhälfte einsetzen (siehe Kasten S. 55), die mentale Aktivität lag jedoch während der Bearbeitung von Aufgaben höher als bei ihren durchschnittlich begabten Altersgenossen. Letztlich bleiben EEG-Daten zu grob, um zu ergründen, wie groß die Hirnregionen sind, die bei bestimmten Aufgaben arbeiten. Einen räumlich viel genaueren Blick hinter die Stirn Auf einen Blick Turbogeist im Superhirn Hochbegabte erzielen 1 ihre ungewöhnlichen Leistungen durch eine höhere kognitive Effizienz. Diese höhere kognitive 2 Effizienz könnte theoretisch durch eine gesteigerte neuronale Effizienz erreicht werden, indem das hochbegabte Gehirn mit einem geringeren Einsatz an Masse und Energie gleiche Leistungen erzielt. Die meisten Hirnaktivitätsmessungen geben 3 jedoch keine Hinweise für eine höhere neuronale Effizienz. Vielmehr haben Hochbegabte im Vergleich zu normal begabten Menschen regional vergrößerte Hirnareale sowie eine erhöhte Hirnaktivität, sobald sie sich mit kognitiven Aufgaben beschäftigen, die ihren geistigen Fähigkeiten entsprechen. DPA 53

52 Klassische Wunderkinder: musikalisch Hochbegabte Menschliche Talente sind vielfältig, und auch unter»genies«herrscht bunter Durcheinander: Manche erweisen sich als Matheasse, andere als begnadete Pianisten. Forschungsergebnisse, die an Versuchspersonen mit unterschiedlichsten Hochbegabungen gewonnen wurden, decken sich tatsächlich weit gehend. So konnte die Tübinger Psychologin Marianne Hassler zu Beginn der 1990er Jahre in umfangreichen Untersuchungsserien das Geschwind-Galaburda-Modell (siehe Kasten rechts) auch in puncto musikalisches Talent bestätigen: Linkshänder wiesen zum Beispiel einen höheren»musikalischen IQ«auf, und die Mehrheit der professionellen Musiker bevorzugte tatsächlich die linke Hand. Ähnlich wie bei Hochintelligenten sieht auch die Hirnaktivität von musikalischen Genies aus: 2003 berichteten Wissenschaftler um Christo Pantev, der jetzt an der Universität Münster forscht, von einer im Vergleich zu Nichtmusikern um ein Viertel ausgedehnteren Hirnaktivierung bei Musikern, die Klaviertöne hörten. Die Forscher hatten ihre Daten mit der Magnetoencephalografie (MEG) gewonnen, bei der magnetische Feldpotenziale an der Kopfoberfläche registriert werden. Die gesteigerte Hirnaktivität der Musiker scheint jedoch ausschließlich beim Hören von Musik aufzutreten, fanden Forscher aus Österreich um Joydeep Bhattacharya 2001 heraus. Lauschten ihre Probanden dagegen einem gesprochenen Text, dann sah das Hirnstrom-Muster bei Musikern und Nichtmusikern ähnlich aus. Vanessa Sluming von der University of Liverpool und ihre Kollegen wiesen 2002 per Magnetresonanztomografie (MRT, siehe Kasten S. 56) bei Orchestermusikern eine höhere Dichte der grauen Substanz also der Nervenzellkörper im Broca-Areal des linken Stirnhirns im Vergleich zur Kontrollgruppe nach. Diese Hirnstruktur spielt bekanntermaßen für die Sprachproduktion eine entscheidende Rolle. Wie weitere fmrt-studien zeigten, benötigen Musiker dieses Areal auch für die visuell-räumliche Verarbeitung von Reizen, wenn sie beispielsweise vom Blatt spielen. Die höhere Dichte im Broca-Areal scheint jedoch nicht angeboren zu sein, denn bei Musikern unter 50 Jahren nahm sie mit der Dauer der instrumentenpraxis zu. Offensichtlich gilt auch hier: Erst die Übung macht den Meister! 2003 konnten Christian Glaser von der Universität Jena und Gottfried Schlaug von der Harvard Medical School in Boston die Ergebnisse von Sluming bestätigen. Bereits 1995 hatten Schlaug und seine Kollegen von der Universität Düsseldorf bei Musikern mit absolutem Gehör ein größeres linkes Planum temporale in der Hörrinde des Schläfenlappens gefunden. Bei den meisten Menschen ist diese Region, die am Sprachverständnis mitwirkt, links größer als rechts. Diese Asymmetrie scheint jedoch bei Menschen mit absolutem Gehör noch stärker ausgeprägt zu sein als bei Musikern, die nicht über diese Gabe verfügen, sowie bei Nichtmusikern. Dass die asymmetrischen Verhältnisse sogar bis in die Fingerspitzen reichen, hatten im selben Jahr Forscher um Thomas Elbert von der Universität Konstanz herausgefunden: Geigenspielern standen für den Daumen und den kleinen Finger der linken Greifhand deutlich größere Hirnareale zur Verfügung als für die rechte Hand, die lediglich den Bogen führt allerdings nur, wenn die Musiker vor ihrem siebten Lebensjahr mit dem Geigenspiel begonnen hatten. Genialität ist also das Ergebnis harter Arbeit: Für musikalische Höchstleistungen empfiehlt es sich, spätestens ab dem sechsten Geburtstag mit dem Musizieren zu beginnen. Vor einer reifen Konzertleistung steht der Schweiß von mindestens Übungsstunden. Eine gestandene Künstler- oder auch Wissenschaftlerpersönlichkeit kann sich demnach erst entwickeln, wenn günstige Anlagen und ein effizientes Training in einer unterstützenden Umwelt zusammentreffen. Reife Leistung Neben Talent gehört unermüdliches Üben zu den Voraussetzungen einer Musikerkarriere. Dragan Trifunovic / Fotolia 54 G&G 3_2008

53 Norman Geschwind ( ) gilt mit seinen Untersuchungen zu den funktionellen Unterschieden der beiden Großhirnhemisphären als Vater der amerikanischen Verhaltensneurologie. Zusammen mit seinem Kollegen Albert Galaburda schlug der Harvard-Forscher in den 1980er Jahren vor, dass Sexualhormone wie Testosteron die Embryonalentwicklung der beiden Hirnhälften maßgeblich beeinflussen. Interessanterweise sind etliche Hochbegabte Linksoder Beidhänder, nehmen Sprache besser auf dem linken Ohr wahr, sind kurzsichtig und neigen zu Autoimmunkrankheiten wie Allergien oder Asthma alles Merkmale, die durch eine hormonell bedingte Dominanz der rechten Hemisphäre ausgelöst werden können. Die These von Geschwind und Galaburda: Im Rahmen eines»syndroms atypischer Lateralisierung«resultiert Hochbegabung aus einem Übergewicht der rechten Hirnhälfte beziehungsweise aus einer im Vergleich zu normal Begabten geringeren Linkshirndominanz. eine Erklärung für den scheinbaren Widerspruch an: Es kommt darauf an, für wen die Denksportaufgaben gestellt werden! Was sich für Dietrich Durchschnitt als harte Nuss erweist, erledigt der geistige Überflieger mit links. Seine geringere Hirnaktivität bei derselben Aufgabe entpuppt sich damit schlicht als subjektive Unterforderung. Passen die Hirnforscher jedoch die Aufgabenschwierigkeiten an das individuelle Leistungsniveau ihrer Probanden an, dann zeigen Hochbegabte in der Tat eine stärkere Aktivierung entsprechender Hirnareale und zwar wiederum, wie von Geschwind und Galaburda vermutet, besonders in der rechten Hemisphäre. Zusammengefasst vermitteln die meisten Hirnforschungsstudien den Eindruck, dass es tatsächlich eines größeren Volumens bestimmter, besonders rechtsseitiger Hirnareale mit erhöhter Aktivität bedarf, um eine bessere kognierlaubt die Kernspin- oder Magnetresonanztomografie (MRT; siehe Kasten S. 56), die inzwischen mit zahlreichen Studien belegen konnte, dass durch Training besonders beanspruchte Hirnstrukturen an Volumen zunehmen. Wie dynamisch dabei die Hirnentwicklung bei Hochintelligenten abläuft, fand Pamela Shaw von den National Institutes of Mental Health in Bethesda 2006 heraus, als sie zusammen mit ihren Kollegen Studien mit über 300 Kindern ausgewertet hatte: Demnach starten intellektuell hochbegabte Kinder unter acht Jahren zwar mit einer im Durchschnitt dünneren Großhirnrinde, die jedoch sehr schnell wächst, sodass sie schließlich unmittelbar vor der Pubertät dicker als die ihrer Altersgenossen ist. Dieser Zusammenhang zwischen Entwicklungsdynamik und Intelligenz zeigt sich vor allem beim präfrontalen Cortex, also im vorderen Bereich des Stirnlappens, dem Sitz rationaler Denkprozesse. Die Denksport-Connection Masse allein ist jedoch nicht alles. Entscheidend ist, wie und unter welchen Bedingungen das Gehirn seine grauen Zellen nutzt. Dabei beeinflusst die Schwere der zu bewältigenden Denkaufgabe die Vorgänge im Gehirn maßgeblich: Wenn es knifflig wird, arbeiten Stirn- und Scheitellappenstrukturen beider Hirnhälften eng zusammen. Hochintelligente Jugendliche setzen dieses kognitive Netzwerk allerdings viel stärker ein als normal Begabte gleichen Alters. Das entdeckte 2006 eine koreanische Arbeitsgruppe um Kun Ho Lee von der Nationaluniversität Seoul, als sie die Hirnaktivität von 36 Jugendlichen per funktioneller Magnetresonanztomografie (fmrt) gemessen hatten. Zu ähnlichen Ergebnissen waren ein Jahr zuvor auch die Forscher um Michael O Boyle sowie im Jahr 2003 die Gruppe um Jeremy Gray von der Washington University in St. Louis gekommen: Sobald das Gehirn von Hochbegabten gefordert ist, zeigt es sich im Vergleich zu denen von normal Begabten gleichen Alters deutlich aktiver. Doch erneut scheint die Sachlage nicht eindeutig. Denn andere Forscher, wie zum Beispiel Richard Haier von der University of California in Irvine, hatten genau das Gegenteil herausgefunden: eine geringere Aktivität frontaler Hirnareale bei Hochbegabten. Was könnte dahinterstecken? Bereits 1995 bot Haier zusammen mit Gerald Larson vom Navy Personnel Research and Development Center in San Diego Schön symmetrisch Die beiden Großhirnhälften sehen zwar gleich aus, vollbringen aber unterschiedliche Leisstungen. Zweiseitig: das Geschwind-Galaburda-Modell Sebastian Kaulitzki / Fotolia 55

54 Blick hinter die Stirn: bildgebende Verfahren der Hirnforschung Literaturtipps Bastian, H. G.: Leben für Musik. Eine Biographie-Studie über musikalische (Hoch-)Begabungen. Mainz: Schott Kalbfleisch, M. L.: Functional Neural Anatomy of Talent. In: Anatomical Record Part B: The New Anatomist 277B(1), 2004, S Schneider, W.: Individual Development from Three to Twelve: Findings from the Munich Longitudinal Study. Cambridge: Cambridge University Press Mehr Literaturhinweise finden Sie unter artikel/ weblinks Website der AG Hochbegabung an der Uniklinik Bonn Die Karg-Stiftung für Hochbegabtenförderung in Frankfurt/Main unterstützt Projekte für hochbegabte Kinder und Jugendliche. Um 1929 entwickelte der deutsche Nervenarzt Hans Berger die Elektroencephalografie (EEG). Hierbei wird die elektrische Hirnaktivität mittels aufgeklebter Elektroden gemessen, welche die elektrischen Feldpotenziale an der Kopfoberfläche registrieren. Schädel und Kopfhaut verursachen zwar räumliche Verzerrungen, zeitlich verläuft die kostengünstige und unbedenkliche Methode jedoch hochpräzise ab. Ähnlich funktioniert die Magnetoencephalografie (MEG), bei der die magnetischen Feldpotenziale erfasst werden. Die Kernspin- oder Magnetresonanztomografie (MRT) wird seit 1985 in der medizinischen Diagnostik eingesetzt. Hierbei richtet ein äußerst starkes Magnetfeld die Spinachsen von Wasserstoffatomen im Hirngewebe aus. Ein elektromagnetisches Signal lenkt die Spins kurzzeitig aus. Wenn die angeregten Atome in tive Leistungsfähigkeit zu erreichen. Geringere Hirnaktivitäten können bei Hochbegabten aber dann auftreten, wenn sie dieselben Aufgaben wie normal Begabte bearbeiten müssen. Eine höhere kognitive Effizienz wird demnach strukturell und funktionell nicht durch weniger also durch eine gesteigerte neuronale Effizienz, sondern durch mehr Hirnmasse und -aktivität realisiert. Auch die Messergebnisse bei musikalischen Wunderkindern deuten auf eine gesteigerte Hirnaktivität hin (siehe Kasten S. 54). Und dieses»mehr«scheint uns nicht in die Wiege gelegt zu sein. Sie entsteht vielmehr erst durch intensives Training sichere Hinweise auf eine angeborene»begabung«fehlen bislang. Mit Fleiß und Disziplin Menschen tun gerne, was sie gut können und sie können solche Dinge gut, die sie häufig tun. Man muss weder genetische Faktoren vollkommen ignorieren noch so weit gehen wie der amerikanische Psychologe John B. Watson ( ), der als Begründer des Behaviorismus (siehe G&G 9/2007, S. 36) jegliche Fähigkeit für beliebig antrainierbar hielt. So hatten die beiden Psychologen Angela Duckworth und Martin Seligman von der University of Pennsylvania in Philadelphia 2005 herausgefunden, dass ein IQ über 100 also lediglich über dem Durchschnitt vollkommen genügt, um her ihre Ausgangslage zurückkehren, geben sie ein charakteristisches Messsignal ab. Aus diesem Signal berechnet der Computer Schnittbilder des Gehirns. Das ungefährliche Verfahren, das ohne Röntgen- oder andere ionisierende Strahlung auskommt, kann Strukturen des Gehirns auf einen Millimeter genau darstellen. Die funktionelle Magnetresonanztomografie (fmrt) misst die Durchblutung einzelner Hirnareale, sobald sich die Versuchsperson mit einer bestimmten Aufgabe beschäftigt. Dabei wird die Änderung des Anteils sauerstoffhaltigen Hämoglobins erfasst. Das räumliche Auflösungsvermögen verschlechtert sich zwar im Vergleich zur strukturellen MRT auf etwa drei Millimeter, ist jedoch immer noch deutlich besser als bei EEG-Messungen. Deren zeitliche Genauigkeit erreichen fmrt-messungen allerdings nicht. vorragende akademische Leistungen zu vollbringen. Innerhalb einer Gruppe von 140 Studenten mit dieser»minimalbegabung«erklärten sich individuelle Leistungsunterschiede nur durch Selbstdisziplin mit entsprechend hartem Training eine höhere Intelligenz mit einem IQ über 115 brachte dagegen keinen weiteren Vorteil. Doch was bewegt einen vielleicht zwar nicht hoch-, aber zumindest hinreichend begabten Menschen dazu, sich über viele Jahre mehrere Stunden am Tag einer Sache voller Hingabe und Leidenschaft zu widmen? Im Willen einer Person drückt sich ihre Individualität aus Motivation unterliegt jedoch auch genetischen, sozialen und pädagogischen Einflüssen. Daher wagen wir an dieser Stelle eine Vorhersage: In fünf Jahren wird sich ein Übersichtsartikel über»gehirn und Begabung«auch und besonders mit Erkenntnissen über Motivationsprozesse bei Hochleistenden, deren Formbarkeit durch Training und soziale Einflüsse sowie deren genetische Grundlagen beschäftigen. Ÿ Die Psychologen Christian Hoppe und Jelena Stojanovic sind wissenschaftliche Mitarbeiter an der Universitätsklinik für Epileptologie in Bonn. Seit 2006 erforschen sie mit Förderung der Karg-Stiftung die neuronalen Grundlagen von Hochbegabung G&G 3_2008

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56 HIRNFORSCHUNG ı neurobiologie Evolution der Intelligenzen Der Mensch gilt als das klügste aller Lebewesen. Sollte dann nicht auch sein Gehirn irgendwie»einzigartig«sein? Auf der Suche nach den Ursprüngen menschlicher Intelligenz nehmen Forscher auch die grauen Zellen und Geistesgaben besonders schlauer Tiere unter die Lupe. Von Ursula Dicke und Gerhard Roth Auf einen Blick Wie einzigartig sind wir? 1Der Mensch ist zwar intelligenter als alle anderen Lebewesen.»Höhere«geistige Leistungen vollbringen jedoch auch Gr0ßaffen, Vögel sowie Wale und Delfine. 2In fast jeder Hinsicht unterscheidet sich das menschliche Gehirn nur graduell von anderen Säugetiergehirnen. Allerdings besitzt es die meisten Neurone in der Großhirnrinde. Lediglich das fein 3»verdrahtete«Broca- Areal als Zentrum für syntaktisch-grammatische Sprache stellt eine klare Besonderheit dar. Vermutlich ist die Sprache daher der Schlüssel zur menschlichen Intelligenz. Kein Hund, der komponiert, kein Delfin, der in Reimen spricht, kein Papagei, der Gleichungen mit zwei Unbekannten löst mit derartigen Geistesgaben können Tiere nicht aufwarten. Allerdings fiel der menschliche Intellekt auch nicht vom Himmel: Er muss im Lauf der Evolution entstanden sein, schließlich ist das Bewusstsein, alles Denken, Planen und Handeln nach neurowissenschaftlicher Auffassung vollständig an das Gehirn gebunden. Anatomisch ähnelt das heutige menschliche Gehirn stark dem anderer Menschenaffen*. Was kaum verwundert, bevölkerten doch vor nicht einmal sieben Millionen Jahren noch gemeinsame Vorfahren von Mensch und Schimpanse die Erde. Aber müsste am Gehirn des»modernen Menschen«mit seinen überragenden intellektuellen Fähigkeiten nicht etwas Besonderes zu erkennen sein? Oder ist Homo sapiens etwa doch nicht so viel klüger als die Tiere? In der Tat ist es alles andere als einfach, tierische Intelligenz zu messen und fair zu vergleichen. Da Tiere nicht lesen geschweige denn unsere Sprache sprechen, kann man Ratten oder Affen schließlich keinen herkömmlichen IQ- Test vorlegen. Um das Sprachproblem zu umgehen, haben Verhaltensforscher ganz unterschiedliche Herangehensweisen entwickelt. Vergleichende Psychologen etwa untersuchen geeignete Tiere im Labor, meist Vögel oder Säugetiere, insbesondere aber Primaten, zu denen neben dem Menschen alle Affen gehören. Lernen, Gedächtnis oder Zahlenverständnis gehören ins Testrepertoire, aber auch das Problemlöseverhalten, bei dem Aufgaben vor allem durch»einsicht«gemeistert werden. Berühmt wurden Wolfgang Köhlers ( ) Experimente mit Menschenaffen zur Zeit des Ersten Weltkriegs: Dass seine Schimpansen von allein auf die Idee kamen, mehrere Kisten aufeinanderzustapeln oder lange Stöcke zu konstruieren, um hoch an der Decke aufgehängte Früchte zu ergattern, rief damals großes Erstaunen hervor. Geistige Flexibilität ist gefragt Verhaltens- und Neuroökologen (auch»kognitive Ökologen«genannt) dagegen vertrauen auf Freilandbeobachtungen. Meist bewerten sie die»verhaltensflexibilität«: Wann zeigen Elefanten im sozialen Miteinander Empathie? Wie kooperieren Fische beim Beutezug? Beherrschen Affen die Kunst, Artgenossen bei Bedarf zu täuschen? Auch die Innovationsfähigkeit einer Spezies wird als ein Merkmal für Intelligenz angesehen. So registrieren Forscher, wenn Individuen unabhängig voneinander immer wieder neue Wege entdecken, um besser oder schneller an Futter zu kommen. Beispielsweise werfen Grünreiher gelegentlich einen Gegenstand ins Wasser, um neugierige Fische anzulocken ein offenbar sporadisch immer wieder neu erfundener Trick, den Ornithologen bei diesen Vögeln an weit auseinanderliegenden Orten beobachtet haben. 58 * Aus phylogenetischer Sicht ist eine Unterteilung in Große Menschenaffen und Menschen nicht zu rechtfertigen. G&G 3_2008

57 baumeister der evolutionstheorie Charles Darwins ( ) Lehre von der Abstammung des Menschen gibt bis heute wichtige Impulse auch für die Hirnforschung. Gehirn&Geist / Moritz Vahrmeyer

58 AG Focus / SPL vertrauen ist alles Fische setzen auf Glaubwürdigkeit: Deshalb säubert der Gemeine Putzerfisch seinen Kunden (hier eine Rotmeerbarbe), ohne dessen Haut anzuknabbern zumindest wenn andere zuschauen. Von kleinen und großen Gehirnen Pottwal 9000 Afrikan. Elefant 4200 Großer Tümmler 1350 Mensch 1350 Pferd 510 Gorilla 500 Rind 490 Schimpanse 380 Löwe 260 Rhesusaffe 88 Hund 64 Katze 25 Ratte 2 Maus 0,3 (Daten überwiegend von Haug, 1987) Zahnwal Mensch Hund Hase Schimpanse Spitzmaus 1 cm Mit frdl. Gen. von Gerhard Roth Woran auch immer man tierische Intelligenz festmacht, fast alle einschlägigen Studien kommen zu dem Ergebnis, dass wir das Ausmaß tierischer Intelligenz bisher dramatisch unterschätzt haben und zwar insbesondere was Tierarten außerhalb der Gruppe der Primaten angeht. So entdeckten der Verhaltensökologe Redouan Bshary (jetzt an der Université de Neuchâtel, Schweiz) und seine Mitarbeiter vor einigen Jahren die soziale Intelligenz von Knochenfischen: Beispielsweise reinigen Putzerfische einen anderen Fisch geradezu vorbildlich (Bild links), wenn weitere potenzielle Kunden in der Nähe sind, und diese wiederum scheinen den Dienstleister genau zu beobachten und zu bewerten. Ebenso erstaunt bei Fischen ihre praktische Intelligenz: So kennen nicht nur Primaten den Werkzeuggebrauch, sondern auch Buntbarsche, die Blätter als»kinderwagen«für ihr Gelege benutzen. Auch bei vielen anderen Tieren entdeckten Forscher»primatentypische«Intelligenzleistungen, seien es Delfine, die sich um verletzte Artgenossen kümmern, oder Tauben, die im Labor lernten, per Schnabelzeig einzelne Bildkärtchen der Kategorie»Bäume«zuzuordnen. Erweisen sich womöglich alle Tiere als gleich intelligent, wenn man nur lange genug forscht wie Euan Macphail von der britischen York University vor einigen Jahren behauptete? Zwar hatte der Verhaltensbiologe den Menschen vorsichtshalber ausgenommen, dennoch widersprach ihm die schockierte Fachwelt entschieden. Denn die meisten Experten halten Säugetiere und Vögel im Durchschnitt für viel intelligenter als Fische, Amphibien und Reptilien. Unter Vögeln wiederum zeigen sich Papageienvögel, Eulen und Rabenvögel besonders klug, und bei den Säugetieren stehen Primaten zusammen mit Vertretern der Wal/Delfin-Gruppe an der Spitze. Bei diesen Meeressäugern scheinen die räuberischen Zahnwale (zu denen alle Delfine gehören, aber auch der Pottwal) schlauer zu sein als die nicht jagenden Bartenwale, etwa Blauwale. Bei Primaten gibt es dafür deutliche Unterschiede zwischen den Halbaffen und den eigentlichen Affen, und bei Letzteren zwischen den»kleinen«affen (etwa den Berberaffen) und den Groß- oder Menschenaffen. Innerhalb der Menschenaffen wiederum gelten die Schimpansen, Bonobos und Menschen als an Intelligenz den Gibbons, Orang-Utans und Gorillas überlegen. Und wie immer Forscher es auch drehen und wenden: Als am intelligentesten erweist sich Homo sapiens. Doch sind diese Unterschiede zwischen Mensch und Tier wirklich qualitativer Natur sprich: Besitzt der Mensch völlig einzigartige intellektuelle Fähigkeiten? Ein kausales Verständnis bei Werkzeugherstellung und -gebrauch, Sprachen mit einfachen grammatikalischen Regeln, das Selbsterkennen im Spiegel, Täuschung, Imitation und das Unterstellen einer geistigen Welt beim Gegenüber (Theory of Mind) all das ist bei Großaffen unbestreitbar vorhanden. Diskutiert wird lediglich, ob die Fähigkeiten auf demselben Niveau wie bei erwachsenen Menschen anzusiedeln sind oder eher Vorstufen wie bei drei- bis vierjährigen Kindern darstellen. Auch Wale, Delfine und sogar einige Vögel besitzen etliche dieser»höheren«geistesgaben. Bei Kleinaffen dagegen findet man zwar Hinweise auf Werkzeuggebrauch und Täuschung, die restlichen Fähigkeiten aber sind entweder eindeutig nicht nachweisbar oder umstritten. An welchen Gehirnmerkmalen lässt sich eine hohe Intelligenz nun festmachen? Ins Auge springt zunächst die absolute Hirngröße (siehe Grafik links). Doch sind Tiere mit größeren Gehirnen überhaupt gewiefter? Hier finden sich schnell viele Ausnahmen: Relativ intelligente Tiere wie Papageien, Rabenvögel, Ratten und Kleinaffen sind klein und haben entsprechend kleine Gehirne, während manche große Tiere wie Pferde und Kühe mit großen Gehirnen sich nicht 60 G&G 3_2008

59 gerade durch Geistesblitze hervortun, um es einmal vorsichtig auszudrücken. Der Mensch dagegen, als schlaustes Tier auf Erden, nimmt weder hinsichtlich Körpergröße noch Hirnmasse (1,3 bis 1,4 Kilogramm) eine Spitzenstellung ein: In dieser Hinsicht wird er von Elefanten (bis zu 5 Kilogramm Hirnmasse) und Pottwalen sowie Orcas (8 bis 10 Kilogramm) weit übertroffen. Das absolute Gewicht des Gehirns kann also nicht die alleinige Grundlage hoher Intelligenz sein. Relatives Mittelmaß In der Vergangenheit wurde viel über die Bedeutung des relativen Hirngewichts spekuliert, also des Verhältnisses der Hirn- zur Körpermasse, denn hier schien sich der Mensch hervorzutun. Immerhin macht unser Gehirn etwa zwei Prozent unseres Körpergewichts aus, das des Blauwals kommt auf nicht einmal ein hundertstel Prozent (Grafik rechts, oben). Und doch liegen wir wiederum keineswegs ganz vorne, ja nicht einmal in der Spitzengruppe nur sind es diesmal die Winzlinge des Tierreichs, die uns übertrumpfen: Einige sehr kleine Affen, Fledermäuse und Mäuse besitzen relativ zum Körpergewicht viel mehr Hirn als wir; bei Spitzmäusen macht es bis zu zehn Prozent der Körpermasse aus. Einerseits haben also kleine Tiere kleine Gehirne und große Tiere große. Beim relativen Hirngewicht verhält es sich dagegen genau umgekehrt: Bezogen auf ihr Körpergewicht haben kleine Tiere große Gehirne und große Tiere kleine. Der Grund hierfür liegt darin, dass die Hirnmasse bei einer Zunahme des Körpergewichts im Lauf der Evolution absolut zwar zu-, relativ jedoch abnimmt. Die Gehirne einiger Säugetiere, einschließlich die der Menschen, liegen dabei größenmäßig deutlich oberhalb des Säugerhirndurchschnitts (Grafik rechts, unten). Diesen Sachverhalt kann man auch als Grad der»verhirnung«(»encephalisation«) beschreiben und ihn mit dem Encephalisationsquotienten (EQ) ausdrücken. Dieser bezeichnet das Ausmaß, in dem das relative Hirngewicht einer Tierspezies vom Durchschnitt in seiner Tierklasse abweicht (siehe Liste S. 62). Hier nimmt das Gehirn des Menschen nun tatsächlich eine Spitzenposition ein, denn es ist fast achtmal schwerer, als es bei einem durchschnittlichen Säugetier seines Gewichts zu erwarten wäre! Allerdings sind uns einige Delfine verhältnismäßig dicht auf den Fersen: Ihr Hirn ist fünf- bis sechsmal größer als der zugehörige Mittelwert. Und bei näherer Betrachtung ergeben sich lei- Gehirn&Geist / Christina Hof; nach: van Dongen, 1998 der einige Ungereimtheiten, die gegen eine alles überragende Bedeutung des EQ für die Intelligenz sprechen: Gibbons und einige Kleinaffen wie die Kapuzinerartigen und die Klammerschwanzaffen haben nämlich höhere EQs (2,3 bis 4,8) als die klügeren Schimpansen, und sogar einige Halbaffen besitzen höhere EQs als die schlauen Gorillas. Der EQ-Spitzenstellung des menschlichen Gehirns liegt ein eigentümlicher evolutionärer Vorgang zu Grunde. Die frühen Menschenartigen die Australopithecinen, zu denen auch die berühmte»lucy«gehörte lebten vor drei bis vier Millionen Jahren. Sie besaßen ein Gehirn, das mit rund 450 Kubikzentimetern kaum größer war als das heutiger Schimpansen. Über einen Zeitraum von etwa eineinhalb Millionen Jahren änderte sich daran wenig. Erst vor rund zwei Millionen Jahren begannen sich die Gehirne rasant zu vergrößern: Homo habilis, der um diese Zeit auftrat und schon Steinwerkzeuge benutzte, zeichnete sich bereits durch Wettkampf der Säugetiere Mit zunehmendem Körpergewicht sinkt das relative Gehirngewicht zum Teil dramatisch ab. Der Mensch dagegen hat ein vergleichsweise sehr großes Gehirn, befindet sich dabei aber in Gesellschaft mit anderen Primaten und Delfinen (oben). Einige Spitzmausarten, Maus, Hund, Pferd und Afrikanischer Elefant haben durchschnittlich große Gehirne, ihre Datenpunkte liegen genau auf der»regressionsgeraden«. Schimpansen, der Mensch, aber auch Delfine besitzen dagegen überdurchschnittlich große Gehirne (unten). 61

60 Total verhirnt seine Oberfläche nicht wie viele glauben von irgendeinem speziellen Selektionsfaktor bestimmt wird. Sie richtet sich schlicht nach der Hirngröße. Wir erkennen hier ein weiteres Beispiel für positive Allometrie: Bei einer generellen Volumenzunahme des Gehirns wächst die Oberfläche der Großhirnrinde etwas schneller als das restliche Gehirn. So verhält es sich auch beim Menschen: Er besitzt genau die Großhirnrinde, die der Größe seines Gehirns entspricht. Und weil das Hirn von Walen, Delfinen und Elefanten noch größer ist als das menschliche, haben diese Tiere auch einen viel größeren und stärker gewundenen Cortex und zwar sowohl in absoluten Maßen als auch relativ zur Hirngröße betrachtet. Dennoch, so würden die allermeisten Verhaltens- und Neurobiologen bestätigen, sind diese Tiere wesentlich weniger intelligent als Schimpansen oder Bonobos mit ihren viel kleineren Gehirnen. Auch beim präfrontalen Cortex, der als Sitz von Intelligenz, Persönlichkeit, Vernunft und Handlungsplanung angesehen wird, ist die Sachlage nicht klarer. Zwar stößt man selbst in der Fachliteratur häufig auf die Behauptung, das menschliche Gehirn besitze im Vergleich zu dem anderer Primaten ein besonders großes Stirnhirn, doch bestätigen neuere Messungen dies nicht. Der Vergleich mit Nichtprimaten dagegen ist schwierig, weil wir nicht wissen, welcher Teil der Großhirnrinde bei ihnen dem präfrontalen Cortex entspricht. Letztlich wächst das Stirnhirn wohl einfach proportional zur Großhirnrinde: großes Gehirn, große Hirnrinde, großes Stirnhirn. Der Mensch besitzt also weder absolut noch relativ gesehen das größte Gehirn von allen Lebewesen, auch wenn es viel größer ist, als bei ähnlich großen Tieren zu erwarten wäre. Eigentlich kennen wir auch keinen vernünftigen Grund, warum das relative Hirngewicht irgendeine Rolle spielen sollte man hoffte eben, wir zeichneten uns dadurch aus! Auch bei der Größe seiner Großhirnrinde fällt der Mensch nicht aus dem Rahmen. Was also bietet sich aus Sicht der Neurobiologie als besseres Korrelat für Intelligenz an? Gehirne bestehen bekanntlich aus Nervenzellen, den Neuronen, sowie aus Gliazellen, die unter anderem für die Versorgung der Neurone wichtig sind. Je mehr Neurone, desto größer und leistungsfähiger können Neuronen-Netzwerke werden und darauf kommt es schließlich an, wenn wir wahrnehmen, erinnern, planen und denken. Leider besitzen größere Ge- Encephalisationsquotienten* (EQ) ausgewählter Säugetiere: Mensch 7,4 7,8 Delfin 5,3 Kapuzineraffe bis 4,8 Gibbon 1,9 2,7 Schimpanse 2,2 2,5 Altweltaffen 1,7 2,7 Wal 1,8 Weißbüschelaffe 1,7 Gorilla 1,5 1,8 Fuchs 1,6 Afrikanischer Elefant 1,3 Walross 1,2 Kamel 1,2 Hund 1,2 Eichhörnchen 1,1 Katze 1,0 Pferd 0,9 Schaf 0,8 Maus 0,5 Ratte 0,4 Kaninchen 0,4 (nach Jerison, 1973) * Der EQ bezeichnet die Abweichung der Hirngröße einer Spezies von der erwarteten Hirngröße einer Standardspezies (hier Katze) der gleichen systematischen Einheit. Glossar Neocortex Auch Isocortex genannt, Sitz der höheren geistigen Fähigkeiten. Er zeigt im Gegensatz zum Hippocampus, der Riechrinde und dem limbischen Cortex (gemeinsam als Allocortex bezeichnet) einen sechsschichtigen Aufbau und findet sich nur bei Säugetieren. ein Gehirnvolumen von etwa 700 Kubikzentimetern aus. Mit dem Erscheinen des Homo erectus vor 1,8 Millionen Jahren war dann das Gehirn schon auf 800 bis 1000 Kubikzentimeter angewachsen. Der moderne Homo sapiens schließlich, der vor rund Jahren die ganze Erde zu besiedeln begann, bringt es auf 1100 bis 1800 Kubikzentimeter! Ein kleiner Wermutstropfen bleibt jedoch: Innerhalb der Menschenartigen verfügte nicht der moderne Mensch, sondern der Neandertaler (Homo neanderthalensis) mit 1400 bis 1900 Kubikzentimetern über das größte Gehirn. Neandertaler führten Totenbestattungen durch und stellten feine Werkzeuge her wie intelligent sie waren und warum sie ausstarben, weiß niemand so genau. In jedem Fall nahm entgegen dem allgemeinen Trend innerhalb der Evolution der Menschenartigen das Gehirn an Gewicht und Volumen schneller zu als der übrige Körper (siehe Grafik rechts). Geheimnisvolles Wachstum Dieser bemerkenswerte Vorgang wird als»positive Hirnallometrie«bezeichnet. Bisher können wir dieses Phänomen noch nicht überzeugend erklären. Viele für den Menschen als typisch angesehene Merkmale jedenfalls, etwa der aufrechte Gang und der Werkzeuggebrauch, hängen nicht unmittelbar damit zusammen: Diese Fähigkeiten waren schon entstanden, lange bevor sich das Gehirn signifikant über das Menschenaffenniveau hinaus vergrößerte. Vermutlich kam es zu einer generellen Erhöhung der Hirnwachstumsrate bei gleichzeitiger Verlängerung der Kindheit, in der sich das Gehirn beim Menschen noch stark weiterentwickelt. Da das Hirnwachstum extrem viel Energie verschlingt, setzte dies das Beschaffen besonders energiereicher Nahrung voraus, was wiederum einem schlaueren Kopf leichter fällt somit kam möglicherweise ein sich selbst verstärkender Evolutionsprozess in Gang. Vielleicht kommt es nicht auf das absolute oder relative Hirngewicht an, sondern vielmehr auf die Größe der Großhirnrinde? Wie unzählige medizinische und neurowissenschaftliche Beobachtungen nahelegen, ist der Neocortex als»sitz«von Geist und Bewusstsein sowie aller anderen kognitiven Fähigkeiten anzusehen, die uns Menschen auszeichnen. Doch auch hier erleben wir eine Enttäuschung: Wale, Delfine und Elefanten haben von der Fläche her einen viel größeren Neocortex als wir. Untersucht man die Sache genauer, so stellt sich heraus, dass 62 G&G 3_2008

61 hirne nicht automatisch mehr Neurone die Sache ist wieder einmal verwickelter. So sinkt die Zahl der corticalen Nervenzellen pro Volumeneinheit also die Neuronendichte, je größer der Cortex wird. Der Grund: Große Gehirne müssen aufwändig versorgt werden; deshalb ist bei ihnen der Anteil an Gliazellen und Blutgefäßen in der Rinde besonders hoch. Andererseits nimmt aber bei vielen Säugetieren mit der Gehirngröße auch die Dicke des Cortex zu. So misst der Durchmesser des Neocortex bei Mäusen nur 0,8 Millimeter, beim Menschen dagegen drei Millimeter das gleicht die Abnahme der Nervenzelldichte beinahe aus. Eine markante Ausnahme machen hierbei die Großhirnrinden der Wale, Delfine und Elefanten, denn ihre Nervenzelldichte ist wesentlich geringer, die Rinde gleichzeitig deutlich dünner und außerdem nicht so klar in sechs Schichten gegliedert. Niemand kann genau erklären, warum das so ist. Aber diese Art von Cortex macht den Eindruck, als sei sie im Zuge der enormen Vergrößerung des Gesamtgehirns wie die Haut eines aufgeblasenen Luftballons gedehnt und dünner geworden. Wer bei Säugetieren aus dem Cortexvolumen und der Nervenzelldichte die Gesamtzahl der in der Großhirnrinde enthaltenen Neurone berechnet, stellt fest: Der Mensch besitzt 11,5 Milliarden Cortexneurone und damit mehr als jedes Tier (siehe Liste S. 64). Hier ist nämlich eine ziemlich dicke Großhirnrinde mit einer ziemlich hohen Nervenzelldichte verbunden. Jedoch beträgt der Abstand zu den Walen und Elefanten gerade einmal eine halbe Milliarde. Dies reicht nicht aus, um den deutlichen Unterschied in der Intelligenz zwischen Menschen und diesen Tieren zu erklären. Leistungsträger im Netzwerk Welche weiteren Faktoren bestimmen die Leistungsfähigkeit von Neuronennetzen? Im Verdacht stehen: die Verknüpfungsdichte, der Abstand zwischen den Nervenzellen und schließlich die Leitungsgeschwindigkeiten ihrer Fortsätze, der Axone und Dendriten. Nach allem, was wir wissen, unterscheiden sich die Großhirnrinden der Säugetiere hinsichtlich der Verknüpfungsdichte nicht wesentlich. Zwar ist bei Walen und Elefanten die Zahl der Synapsen pro Neuron im Cortex nicht genau bekannt, aber sie wird wohl nicht deutlich unter derjenigen beim Menschen liegen, also bei rund Hingegen sind die durch die Gliazellen gebildeten Myelinscheiden der Nervenzellfortsätze Gehirn&Geist / Christina Hof; nach: Jerison, 1973 sowie Philbeam und Gould, 1974 bei Walen und Elefanten nachweislich viel dünner als beim Menschen. Als Folge dieser schlechteren»kabelisolation«leiten die Fasern elektrische Impulse erheblich langsamer. Hinzu kommt, dass wegen der enormen Gehirngröße dieser Tiere die Abstände zwischen den Nervenzellen viel größer sind; sie besitzen sprichwörtlich eine längere Leitung. Die Großhirnrinde des Menschen beherbergt also nur geringfügig mehr Nervenzellen als diejenige der Wale, Delfine und Elefanten. Bei vergleichbarer Verknüpfungsdichte sind jedoch die Abstände zwischen den Neuronen deutlich kürzer und die axonale Fortleitung schneller. Beides zusammengenommen steigert zweifellos die Verarbeitungsgeschwindigkeit des Netzwerks, was zumindest zum Teil den Intelligenzunterschied zwischen Mensch und Tieren mit sehr großen Gehirnen erklären könnte. Dennoch sind alle bisher diskutierten Unterschiede rein quantitativ. So ist es Hirnforschern noch nicht gelungen, anatomische oder physiologische Eigenschaften im menschlichen Gehirn auszumachen, die sich nicht ebenso bei Tieren finden lassen mit einer Ausnahme: dem Broca-Sprachareal im linken Stirnhirn. Zwar verfügen viele Säugetiere und Vögel über eine komplizierte innerartliche Kommunikation. Sie können sogar über nicht gegenwärtige Objekte, Individuen und Ereignisse sowie deren Steile entwicklung Im Gegensatz zu den übrigen Menschenaffen und den Australopithecinen nimmt während der Evolution der Gattung Homo das Gehirnvolumen im Vergleich zum Körpergewicht stark zu. Unter allen Menschenartigen ist allerdings nicht der moderne Mensch, sondern der Neandertaler mit bis zu 1900 Kubikzentimetern (nicht mehr eingezeichnet) der Gewinner beim Merkmal»Hirngröße«. 63

62 Macht s die Menge? Zahl der Cortexneurone in Millionen: Mensch Afrikanischer Elefant Schimpanse 6200 Großer Tümmler 5800 Gorilla 4300 Rhesusaffe 480 Totenkopfaffe 480 Opossum 27 Igel 24 Ratte 15 (berechnet aus Daten von Haug, 1987) Den dreh raus hat diese Neukaledonische Krähe (Corvus moneduloides). Um sich einen versteckten Leckerbissen zu angeln, benutzt sie einen Ast als Werkzeug. DPA Beziehungen berichten doch Sätze mit komplizierter Grammatik bilden offenbar allein wir Menschen (siehe G&G-Dossier 3/2006, S. 21). Die meisten Forscher stimmen darin überein, dass Schimpansen, Gorillas, Delfine und Papageien sprachlich, gestisch oder durch Symbole vermittelte Sätze der menschlichen Sprache bis zu einem Umfang von drei Wörtern verstehen und nutzen können. Zugleich ist man sich aber einig: Auch jahrelanges Training bringt diese Tiere nicht über das sprachliche Niveau eines Kindes von zweieinhalb bis drei Jahren hinaus. Beim Menschen explodieren Grammatik und Wortschatz ab diesem Alter aber geradezu genau dann, wenn das Broca-Areal eine hinreichende Feinverdrahtung erreicht hat. Die Entwicklung unserer grammatisch-syntaktischen Sprache datieren Forscher auf einen Zeitraum vor bis Jahren, womit es sich um ein relativ junges Evolutionsereignis handeln würde. Wodurch es ausgelöst wurde, liegt weit gehend im Dunkeln (siehe G&G 4/2007, S. 56). Klar ist aber, dass die Entwicklung einer komplexen Sprache die bereits bestehenden intellektuellen Fähigkeiten, die der Mensch in unterschiedlichem Maß mit anderen Tieren teilte, enorm erhöhte. Zwar ist Denken und Problemlösen keinesfalls ausschließlich an Sprache gebunden, aber zusammen mit der Schrift hat sie die intellektuelle Kapazität ungeheuer gesteigert: ein kleiner Schritt in der Evolution, ein großer für die Menschheit. Eine Tierklasse ist erst in den letzten Jahren ins Rampenlicht der Intelligenzforscher gerückt: die Vögel. Denn Papageien und Rabenvögel zeigen geistige Fähigkeiten, die sich nach Meinung vieler Experten mit derjenigen von nichtmenschlichen Primaten durchaus messen können. Hierzu gehören unter anderem die sprachlichen und anderen kognitiven Leistungen, die der Graupapagei Alex unter Anleitung der amerikanischen Forscherin Irene Pepperberg vollbrachte (siehe G&G 10/2005, S. 18). Schlaue Raben Inzwischen sind zahlreiche Untersuchungen an Rabenvögeln (Corviden) hinzugekommen. Sie zeigen, dass einige Arten, zum Beispiel Neukaledonische Krähen (Corvus moneduloides), über außerordentliche Fähigkeiten in puncto Werkzeugherstellung und -gebrauch verfügen sowie über ein fantastisches räumliches Gedächtnis etwa beim Verstecken von Futter. So berücksichtigen die Tiere beim Anlegen und Aufsuchen dieser Verstecke nicht nur das»verfallsdatum«der Nahrung, sondern sie merken auch, ob sie beim Verbergen beobachtet werden, und inszenieren entsprechende Täuschungsmanöver. Insgesamt zeigen einige Corvidenarten nach Ansicht von Forschern Kausaldenken und erhebliche kognitive Flexibilität die Fähigkeit, neue Zusammenhänge schnell zu erfassen und umzulernen. Hinzu kommen vorausschauendes Denken und hohe Vorstellungskraft allesamt Fähigkeiten, die man bislang nur Primaten oder gar nur Menschenaffen zugeschrieben hatte. Diese Ergebnisse sind brisant, denn bisher galt es unter Neurobiologen, Psychologen und Philosophen als ausgemacht, dass allein eine sechsschichtige Großhirnrinde, wie sie sich bei Primaten, Walen, Delfinen und Elefanten findet, hohe Intelligenz ermöglicht. Man ging und geht sogar so weit, darüber zu spekulieren, welche Typen von corticalen Neuronen notwendig und hinreichend sind für Empathie, Kreativität und Bewusstsein. Das Verhalten von Vögeln, Fischen, Amphibien und Reptilien betrachtete man dagegen als größtenteils instinktgebunden und kaum durch Lernen beeinflusst. Dem schien die Tatsache zu entsprechen, dass all diese Tiere keinen sechsschichtigen Cortex besitzen. Biologen nahmen an, dass das relativ große Endhirn der Vögel weitestgehend aus Strukturen besteht, die vom Ursprung her einem Teil der Basalganglien (Striatum und Pallidum, siehe Kasten rechts, oben) der Säuger entsprechen, die als Sitz von Instinkten angesehen wurden. Erst später stellte sich heraus, dass der äußere 64 G&G 3_2008

63 Vogelgehirn mit rätselhafter Herkunft Noch vor einigen Jahren galt in der vergleichenden Anatomie, dass das Endhirn der Vögel weitestgehend aus Strukturen besteht, die dem Striatum/Pallidum (Teil der Basalganglien) der Säuger entsprechen. Nach neueren Erkenntnissen entwickelte sich bei den Vögeln das»dach«des Endhirns als Ort kognitiver Funktionen aber nicht aus dem Striatum/Pallidum, sondern wie der Neocortex der Säuger aus Teilen des Pallium (»Hirnmantel«) ihrer Vorfahren. Daher wird es inzwischen in Nido-, Meso- und Hyperpallium unterteilt (Bild unten). Ob Säugercortex und Vogelpallium einen direkten gemeinsamen Vorläufer haben, wird noch diskutiert. Einige Forscher glauben dies und ordnen das Meso-/Nidopallium dem assoziativen Neocortex der Säuger zu (vergleiche Hypothese B mit Bild oben). Andere nehmen an, dass sich bei Vögeln nur das bauchseitige Pallium zum Meso- und Nidopallium entwickelte, während es bei Säugern zur Amygdala wurde (vergleiche A mit oben). Die für die Emotionsverarbeitung wichtige Amygdala besitzt in der Tat eine deutliche anatomische Ähnlichkeit mit dem Meso- und Nidopallium und unterhält vergleichbare Verknüpfungen zu anderen Hirnteilen. Sollte diese Deutung stimmen, so hätten die Vögel das bauchseitige Pallium der Amphibienvorfahren zur Grundlage ihrer hohen Intelligenz gemacht, während sich die Säuger an rückenwärts gelegenes Material gehalten hätten. Die Intelligenz vermittelnden Strukturen wären damit in der Evolution auf zwei unterschiedlichen Wegen entstanden. Säugetier sensorischer Neocortex Striatum Pallidum Amygdala Vogel Hyperpallium Hypothese A Mesopallium Nidopallium olfaktorischer Cortex Pallidum Striatum Diencephalon Hippocampus Hippocampus Mesopallium Nidopallium assoziativer Neocortex olfaktorischer Cortex Hypothese B Mit frdl. Gen. von Gerhard Roth; nach: A. reiner et al Mantel des Vogel-Endhirns jetzt Pallium genannt weder anatomisch noch physiologisch etwas mit dem Striatum/Pallidum der Säuger zu tun hat. Auf den ersten Blick besitzt das Vogelpallium zwar keinerlei anatomische Ähnlichkeit mit dem Neocortex: Es handelt sich um eine Neuronenmasse ohne jegliche Schichtung. Die wenigen Studien seines zellulären Aufbau zeigen, dass es keine den Pyramidenzellen vergleichbare Ausgangsneurone gibt. Dafür finden sich jedoch Sternzellen, die wie die Pyramidenzellen mit»dornensynapsen«übersät und von erregenden und hemmenden Interneuronen durchsetzt sind. Möglicherweise existieren also trotz der auffälligen anatomischen Unterschiede funktionelle Gemeinsamkeiten zwischen Säuger-Neocortex und Vogelpallium. Derzeit diskutieren Neurobiologen intensiv, ob beide doch nur zwei Spielarten eines direkten gemeinsamen Vorläufers sind oder aus unterschiedlichem»material«hervorgingen. Was auch dabei herauskommen wird sicher ist, dass man keinen Neocortex braucht, um überdurchschnittlich klug zu sein. Intelligenz ist in der Evolution offenbar auf verschiedenen Wegen entstanden. Diese hochinteressante Beobachtung hilft vielleicht dabei, die rein formalen Netzwerkeigenschaften zu bestimmen, die hoher Intelligenz zu Grunde liegen: zum einen ein großes, sehr dicht verknüpftes»assoziatives«netzwerk, das primäre sensorische Informationen hervorragend zu verarbeiten und zu verbinden vermag und ausgedehnte Gedächtnisinhalte speichern kann. Zum anderen Verknüpfungsstellen mit hoher Plastizität, die erlauben, schnell neue funktionale Netzwerke zu bilden. Aber auch die Integration emotional-affektiver Informationen könnte ein gemeinsamer Nenner hoher Intelligenzen sein. Um Systeme mit solchen Eigenschaften hervorzubringen, hat sich die Evolution viele Millionen Jahre Zeit gelassen. Ob Forschern mit diesem Wissen irgendwann die Entwicklung einer echten Künstlichen Intelligenz gelingt, bleibt abzuwarten. Ÿ Ursula Dicke und Gerhard Roth sind Professoren für Neurobiologie an der Universität Bremen und arbeiten am dortigen Institut für Hirnforschung. Glossar Pyramidenzellen Wichtige Neuronenklasse im Neocortex mit pyramidenartiger Form. Ihre langen Fortsätze verbinden die Nervenzelle mit anderen Neuronen in entfernteren Hirnarealen. Literaturtipp Roth, G., Wullimann, M. F.: Brain Evolution and Cognition. New York: Wiley 2001 und Heidelberg: Spektrum Akademischer Verlag Weitere Literaturhinweise: artikel/

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65 angemerkt! Menno Baumann ist promovierter Erziehungswissenschaftler und Lehrbeauftragter an der Universität Oldenburg. Macht Hirnforschung Schule? schön wär s! Es rauscht mächtig im Blätterwald: Angeblich revolutionieren Hirnforscher gerade die Pädagogik und unser Schulwesen, heißt es da. Dies sei, so das Standardargument selbst ernannter Bildungsexperten, nach dem»pisa-schock«hier zu Lande auch dringend nötig. Doch scheint die neurowissenschaftliche Erneuerung des Lernens nicht so recht in Gang zu kommen. Bei näherem Hinsehen entpuppen sich nämlich fast alle Ansätze der Neurodidaktik als unergiebig. So stellte der US-Wissenschaftsjournalist John T. Bruer kürzlich in einer Analyse fest, dass die vermeintlichen Erziehungsweisheiten aus dem Labor oft keinen Bezug zu den eigentlichen Forschungsresultaten haben. In Deutschland sieht das nicht viel anders aus. Beispiel Nummer eins: Der bekannte Ulmer Psychiater Manfred Spitzer zitiert in seinem Bestseller»Lernen«eine Studie, die einen Zusammenhang zwischen Blickkontakten und dem Hirnbotenstoff Dopamin herstellte. Demnach steigt der Dopaminspiegel in den neuronalen Motivationszentren an, wenn uns ein attraktives Gesicht einen freundlichen Blick zuwirft. Vermehrte Transmitterausschüttung wiederum fördert nach heutigem Wissen das Lernen. Was folgt also daraus? Spitzer meint,»attraktiver Blickkontakt«tue Schülern gut. Und dieser komme eben dann zu Stande, wenn der Lehrer Spaß an dem hat, was es tut. Ergo: Pädagogen sollten nur noch ihre Lieblingsfächer unterrichten, damit sie für die Schüler attraktive Blickspender abgeben. Es wundert fast, dass Spitzer nicht fordert, es sollten nur noch gut aussehende Lehrer(innen) eingestellt werden! Pädagogen haben auch ohne Hirnforschung längst erkannt, dass die Schüler-Lehrer-Beziehung einen wichtigen Lernfaktor darstellt: Schüler motiviert es besonders, wenn sie einen guten Draht zu demjenigen haben, der sie unterrichtet. Zu empfehlen wäre also, dass Lehrer möglichst viele Fächer in»ihrer«klasse abdecken und so zu einer festen Bezugsperson werden. Dies wird auch aus gutem Grund an Förderschulen für lern- und verhaltensgestörte Kinder praktiziert: Stabile Beziehungen bringen hier meistens mehr als fachlich hochqualifizierte Lehrer, die ständig wechseln. Beispiel Nummer zwei: Ein anderer typischer Befund von Hirnforschern diesmal im Tiermodell. Junge Ratten eines Wurfs wurden per Zufall in drei Gruppen eingeteilt. Die erste wuchs isoliert in einem engen, kargen Käfig auf, die zweite mit Artgenossen, aber ebenso beengt und die dritte in weitläufiger, anregender Umgebung. Siehe da: Die Großhirnrinde war bei bei den ausgewachsenen Nagern der ersten Gruppe am dünnsten, bei der letzten am dicksten. Die Umwelt beeinflusst offenbar die Hirnentwicklung. Darin liegt die Krux der Neurodidaktik: Hirnbefunde liefern nicht automatisch innovative Lernkonzepte Welche Neuigkeit! Nun mögen solche Experimente zwar den neurobiologischen Nachweis führen, dass Isolation und Vernachlässigung dem Gehirn schaden wie man es aber am besten fördert, steht auf einem völlig anderen Blatt. Darin liegt die Krux der Neurodidaktik: Hirnbefunde, ob an Mensch oder Tier gewonnen, liefern nicht automatisch innovative Lernkonzepte. Was fehlt, ist ein gleichberechtigter Dialog, eine»pädagogische Neurowissenschaft«, in der Hirnforscher und Lernexperten gemeinsam nach sinnvollen Lösungen suchen. Leider bestimmen publizistischer Geltungsdrang und das Gerangel um Fördermittel die Debatte über das schulische Lernen in Deutschland immer noch stärker als wissenschaftliche Plausibilität. Nützliche Konzepte gibt es, doch gehen sie oft im medialen Marktgeschrei unter. Literaturtipps Baumann, M.: Neuro-Pädagogik auf dem Weg zu einer neuen (wissenschaftlicheren) Pädagogik? In: Lernchancen 58, 2007, S Becker, N.: Die neurowissenschaftliche Herausforderung der Pädagogik. Bad Heilbrunn: Julius Klinkhardt

66 hirnforschung ı interview Mit Kant ins Labor Um den Geheimnissen von Bewusstsein, Willensfreiheit und»selbst«auf die Spur zu kommen, entwickelt Georg Northoff eine neue Wissenschaft: die Neurophilosophie. Ob seine Theorien den Praxistest bestehen, überprüft er bei seiner täglichen Arbeit mit psychiatrischen Patienten. Glossar Epistemologie: Erkenntnistheorie. Zentrale Disziplin der Philosophie, die der Frage nachgeht, wann Erkenntnisse als sicher gelten können Ontologie: Lehre vom Sein und den Grundstrukturen der Wirklichkeit. Formuliert Antworten auf die Frage, wie die Welt beschaffen ist qualia: Subjektiver Erlebnisgehalt eines mentalen Zustands, der neurowissenschaftlichen Messung unzugänglich Herr Professor Northoff, Sie möchten die Neurophilosophie als ein eigenständiges Fach jenseits von Philosophie und Hirnforschung etablieren wozu? Philosophen analysieren Begriffe; Neurowissenschaftler experimentieren und deuten die Ergebnisse. Die Neurophilosophie verknüpft philosophische Konzepte wie»bewusstsein«oder»freiheit«mit den empirischen Daten aus der Hirnforschung. Das ist eine ganz neue Methodik und damit eine eigenständige wissenschaftliche Disziplin. Es gibt eine anerkannte Wissenschaftstheorie der Physik, die beschreibt, wie Physiker unter welchen Voraussetzungen Erkenntnisse erzielen. Eine»Physikphilosophie«gibt es aber nicht. Wieso sollte eine Neurophilosophie sinnvoll sein? Weil das Gehirn das zentrale Forschungsobjekt der Neurowissenschaftler und zugleich Sitz unserer Wahrnehmung und Erkenntnis ist. Die Neurowissenschaften untersuchen zwar auch unsere höheren psychischen Funktionen freier Wille, Selbst, Ich, Identität, Bewusstsein. Dabei verharren sie aber in der naturwissenschaftlichen Perspektive. Die kognitive Neuroforschung etwa versucht, die Qualia, also unser subjektives Erleben, auf objektive neuronale Strukturen zu beziehen. Die Neurophilosophie hingegen verbindet die objektive und die subjektive Perspektive bezüglich des Gehirns und betrachtet es nicht nur in empirischer, sondern auch in epistemologischer und ontologischer Hinsicht. Auf die besondere Eigenschaft des Gehirns als Objekt und Subjekt von Wissenschaft wies bereits Arthur Schopenhauer hin. Explizit taucht der Begriff»Neurophilosophie«aber erst 1986 bei der kanadischen Philosophin Patricia Churchland auf. Churchland hat den Begriff nicht nur geprägt, sondern ihm gleichzeitig auch eine besondere Färbung gegeben, indem sie einen radikalen Materialismus vertritt: Demnach ersetzen die Neurowissenschaften die Philosophie, die kein eigenständiges Existenzrecht mehr hat. In dieser Sichtweise stellt die Neurophilosophie somit nur ein Übergangsphänomen dar, bevor sie sich vollständig in den Neurowissenschaften auflöst. Welche alternativen Konzepte gibt es für das Projekt Neurophilosophie? Der neurophänomenologische Ansatz versucht, unser subjektives Erleben mit bestimmten neuronalen Mechanismen zu verknüpfen. Dies geht auf die Philosophie von Edmund Husserl zurück, in der anders als etwa bei Churchland das subjektive Erleben und die Erste-Person-Perspektive nicht vollständig ausgegrenzt werden. Sehen Sie sich selbst auch in dieser Traditionslinie? 68 G&G 3_2008

67 Alle Fotos dieses Artikels: Elke Lindner, Universitätsklinikum Magdeburg Ja. Subjektives Erleben und empirische Daten aus der Hirnforschung zu verknüpfen ist aber nur der Anfang. Davon ausgehend möchte ich plausible epistemologische und ontologische Hypothesen über den Zusammenhang von Gehirn und Geist aufstellen und experimentell überprüfen. Welche Ansätze gibt es in der Neurophilosophie noch? Der australische Biologe Max Bennet und der britische Philosoph Peter Hacker gehen sprachanalytisch vor. Sie haben sehr nachdrücklich klargestellt, dass Neurowissenschaftler oft mit unsauberen Konzepten hantieren dass etwa das, was Hirnforscher mit Willensfreiheit oder Bewusstsein meinen, längst nicht immer das ist, was Philosophen darunter verstehen. Zugespitzt formuliert: Manche Neuroforscher verwechseln empirische Daten oder Fakten mit philosophischen Konzepten. Doch Letztere lassen sich auf Erstere nicht komplett reduzieren, da eine prinzipielle Differenz zwischen Konzept und Fakt besteht. Das haben Bennet und Hacker eindrücklich deutlich gemacht. Wie sind an deutschen Hochschulen die Sympathien auf die drei Ansätze verteilt? Das geht häufig eins zu eins mit dem jeweiligen fachlichen Hintergrund einher. Naturwissenschaftler sind in einer Atmosphäre des reinen Faktendenkens beheimatet und setzen den Schwerpunkt auf die Tatsachen. Geisteswissenschaftler hingegen sind an Konzepte gewöhnt und sprechen diesen eine größere Bedeutung zu. Die Disziplingrenzen sind hier oft extrem starr. Hinzu kommt, dass sich die jeweiligen Vertreter nur selten darüber im Klaren sind, mit welchen Methoden sie überhaupt arbeiten und wo deren Grenzen liegen. Sie vereinen in Ihrer Person wie kaum ein anderer beide Perspektiven mit Habilitationen sowohl in Medizin als auch in Philosophie. Wäre ein Ausweg aus dem Dilemma eine Überarbeitung der Studiengänge: Erkenntnistheorie-Pflichtvorlesungen für Biologen, obligatorische Labor-Seminare für Philosophen? Ich würde das begrüßen. Es gibt ja auch erste zaghafte Ansätze in dieser Richtung neue Studiengänge, die beides verbinden und deren Lehrbetrieb von zwei Fakultäten ausgerichtet wird, etwa an der Humboldt-Universität Berlin die School of Mind and Brain. Sie unterscheiden zwischen theoretischer, empirischer und praktischer Neurophilosophie. Worin bestehen die Unterschiede? Die praktische Neurophilosophie behandelt einerseits unser moralisches Urteilen: Welche neuronalen Mechanismen liegen ihm zu Grunde? Andererseits fragt sie, welche ethischen Probleme sich durch die Fortschritte der Neurowissenschaften ergeben: Wollen wir etwa zulassen, dass Medikamente zur Aufmerksamkeitssteigerung allgemein zugänglich werden oder fürchten wir Missbrauch? Die empirische Georg Northoff ó Jahrgang 1963 ó Studium der Medizin und Philosophie ó 1990 Promotion in Medizin an der LMU München ó 1992 Promotion in Philosophie an der Ruhr- Universität Bochum ó 1998 Habilitation in Psychiatrie an der Universität Magdeburg ó 1999 Habilitation in Philosophie an der Universität Düsseldorf ó Assistenzprofessor für Psychiatrie an der Harvard University ó seit 2004 Professor für Neuropsychiatrie sowie Direktor des Labors für Bildgebung und Neurophilosophie an der Ottovon-Guericke-Universität Magdeburg ó Forschungsschwerpunkte: funktionelle Bildgebung zur Untersuchung von Emotionen, Neurobiologie psychiatrischer Erkrankungen, Analytische Philosophie des Geistes, Neurophilosophie, Neuroethik 69

68 Das Drei-Stufen-Modell der Neurophilosophie Georg Northoffs Konzept einer Neurophilosophie als neuer wissenschaftlicher Disziplin jenseits von Philosophie und Neurowissenschaften basiert auf drei Bausteinen:»Depressive erleben ihr Selbst als extrem negativ gefärbt und im Extremfall gar nicht mehr als Selbst. Hier setzen wir mit unserer Forschung an: Beeinflussen Emotionen, wie wir unser Selbst erleben?«die praktische Neurophilosophie behandelt gleich in zweifacher Hinsicht den Zusammenhang zwischen Ethik und Neurowissenschaften. Einerseits untersucht die Neurobiologie der Moral experimentell die neuronalen Mechanismen von ethischen Begriffen: Was geschieht im Gehirn, wenn eine Person ein moralisches Urteil fällt? Die Neuroethik andererseits behandelt ethische Probleme, die sich durch die Fortschritte in den Neurowissenschaften ergeben, zum Beispiel personale Identität bei Eingriffen im Gehirn, Steigerung von kognitiven Funktionen bei Gesunden oder Umgang mit Zufallsbefunden bei Probanden (siehe auch die Serie Neuroethik, G&G 11/2005 bis 7-8/2006). Die empirische Neurophilosophie verbindet zentrale philosophische Konzepte wie»subjekt«,»freier Wille«oder»Bewusstsein«mit empirischen Daten aus der Neurobiologie. Die Art der Verknüpfung hängt dabei von methodischen, ontologischen und erkenntnistheoretischen Voraussetzungen ab. Genau diese Voraussetzungen untersucht die theoretische Neurophilosophie: Wie können philosophische Konzepte wie etwa das der Willensfreiheit überhaupt mit neurobiologischen Daten verknüpft werden? Welche Voraussetzungen liegen bestimmten Befunden und Interpretationen zu Grunde? Welche ontologische Stellung schreiben wir dem Gehirn in einem bestimmten Experiment zu? Ist es prinzipiell möglich, geistige Vorgänge und neuronale Funktionen aufeinander zu reduzieren? Neurophilosophie hingegen verbindet philosophische Konzepte wie Willensfreiheit, Bewusst Erleben ließe sich prinzipiell auf materielle Genau, etwa von seiner Hypothese, subjektives sein oder personale Identität mit experimentellen Befunden aus der Neurobiologie. Hier eine Erkenntnis von den jeweils gemachten neuronale Ursachen zurückführen. Wenn aber spielt sich auch der aktuelle Streit um das reduktionistische Menschenbild ab. Die theore dann überhaupt eine Erkenntnis? ontologischen Voraussetzungen abhängt, ist es tische Neurophilosophie schließlich diskutiert, Sie spielen auf Churchland an. welche Theorien und Methoden die empirische In beinahe der gesamten angloamerikanischen Neurophilosophie überhaupt verwenden kann. Neurophilosophie dominiert ein erkenntnistheoretischer Realismus, der meist mehr oder Sie ist so etwas wie die Wissenschaftstheorie der Neuroforschung und fragt: Wenn jemand weniger unhinterfragt in Form eines naiven Realismus vorausgesetzt wird. Das liegt an der diese oder jene epistemologischen und ontologischen Grundannahmen macht, was bedeutet philosophischen Tradition des Empirismus, das für seine empirische Neurophilosophie? dem zufolge alle Erkenntnis der Sinneserfahrung entspringt. Aber können wir die Dinge in Deutet jemand bestimmte experimentelle Daten zur Willensfreiheit nur deswegen so, weil er unserer Umwelt wirklich so erkennen, wie sie von vornherein davon ausgeht, dass man Qualia auf neuronale Korrelate zurückführen kann? deutsche Philosophie steht hier in der Tradi sind? Dürfen wir das einfach voraussetzen? Die Die theoretische Neurophilosophie kann somit tion Immanuel Kants. Kant ging davon aus, auch als Wissenschaftstheorie der Neurophilosophie bezeichnet werden. wirklich sind, also unabhängig von unseren Er dass wir die Dinge an sich, die Dinge, wie sie Sie meinen, wenn ein Neuroforscher den kenntnisorganen, prinzipiell gar nicht erkennen können. Wir haben gewissermaßen eine Li freien Willen als»illusion«entlarvt, dann hängt diese Erkenntnis womöglich bereits von mitation in unserer Wahrnehmung und Erkenntnis. seinen Grundannahmen ab? 70 G&G 3_2008

69 Wie nehmen traditionelle Philosophen ohne spezielles Faible für Hirnforschung Ihr Vorhaben einer Neurophilosophie auf? Hagelt es da viel Kritik? Zum Teil. Viele Kollegen wittern einen Fehler in der Methodik oder in der Thematik. Neurophilosophie wende die philosophische Methodik auf ein falsches Gebiet an: Man könne Konzepte nicht mit Fakten verknüpfen; das seien verschiedene Kategorien. Als Neurophilosoph muss ich daher aufzeigen, dass eine solche Verknüpfung sehr wohl möglich ist. Genau hier müssen zukünftige methodische Entwicklungen ansetzen. Und wie begegnen Ihnen Hirnforscher und Biologen? Naturwissenschaftler sind dem Projekt Neurophilosophie gegenüber grundsätzlich aufgeschlossener. Widerstand regt sich aber spätestens dann, wenn man ihre Ergebnisse relativiert oder in einen größeren Kontext stellt. Inwiefern nützt Ihnen Ihre tägliche Arbeit als Psychiater für das Projekt Neurophilosophie? Wir führen gerade mehrere Studien mit Patienten durch. Im Rahmen der praktischen Neurophilosophie forschen wir etwa über Einwilligungsfähigkeit. Das ist in der Psychiatrie ein wichtiges Thema: Ist ein Patient in der Lage, einer neuen Behandlung zuzustimmen, oder müssen es statt seiner die Angehörigen tun? Lange Zeit meinten Wissenschaftler, Entscheidungsvermögen stelle ein rein rationales Problem dar. Auf dieser Annahme fußen auch unsere derzeit gebräuchlichen Evaluierungsskalen für Einwilligungsfähigkeit; da stellen wir den Patienten ausschließlich kognitive Aufgaben. Nun wissen wir aber aus der neuropsychologischen Forschung der letzten Jahre, dass Menschen kaum eine Entscheidung rein rational treffen, sondern dass auch Emotionen eine wichtige Rolle spielen. Vor diesem Hintergrund untersuchen wir aktuell, wie verminderte Einwilligungsfähigkeit mit möglicherweise veränderten emotionalen Funktionen zusammenhängt. Wie gehen Sie dabei konkret vor? Wir erheben die Einwilligungsfähigkeit schizophrener und nicht schizophrener Patienten mit der herkömmlichen Fragebogen-Methode. Außerdem erfassen wir aber noch ihre emotionalen Fähigkeiten: Wir zeigen ihnen zum Beispiel Bilder von Menschen und fragen, ob es sich um fröhliche, neutrale oder traurige Fotos handelt. Hinterher prüfen wir, ob es zwischen den beiden unabhängig voneinander getesteten Fähigkeiten Zusammenhänge gibt. Die Versuchsreihen laufen noch. Aber wenn es klare Korrelationen geben sollte was unsere ersten Daten andeuten, dann hat das Konsequenzen für unser Konzept der Einwilligungsfähigkeit. Womöglich müssen wir sogar unsere heutige Standard-Untersuchungsmethode zur Evaluation der Einwilligungsfähigkeit verändern. Welche Forschungen machen Sie im Bereich der empirischen Neurophilosophie? Besonders intensiv untersuchen wir das Selbst. Philosophen fassen das Selbst meist rein kognitiv auf; in der gegenwärtigen Philosophy of Mind wird es auch fast nur in der Lesart des Selbst-Bewusstseins behandelt. Wenn Sie aber mit einem psychiatrischen Patienten zu tun haben, dann äußert sich das Selbst schon auf einer viel grundlegenderen Ebene. Das Selbst eines Depressiven etwa ist schon auf der emotionalen, affektiven Ebene brüchig: Die Patienten erleben ihr Selbst als extrem negativ gefärbt und im Extremfall gar nicht mehr als Selbst. An dieser Stelle setzen wir an: Beeinflussen Emotionen, wie wir unser Selbst erleben? Dazu führen wir auch bildgebende Studien durch: Wenn jemand negative Emotionen hat, ändert sich dann sein subjektives Erleben des eigenen Selbst? Und welche Veränderungen in der Aktivierung bestimmter neuronaler Netzwerke im Gehirn zeigen sich dabei? Was haben Sie herausgefunden? Offenbar spielen bestimmte Regionen in der Mittellinie des Gehirns, sowohl unter als auch in der Hirnrinde, bei der Entstehung unse-»manche Hirnforscher verwechseln Daten mit philosophischen Konzepten«Traditionsreicher Hintergrund Die moderne Neurophilosophie knüpft auch an frühere Denklinien an. 71

70 Klassiker der Neurophilosophie eine Lektüreliste 1819 Arthur Schopenhauer: Die Welt als Wille und Vorstellung Schopenhauer interpretierte Immanuel Kants»Kritik der reinen Vernunft«als»Kritik der Gehirnfunktion«1936 Edmund Husserl: Die Krisis der europäischen Wissenschaften und die transzendentale Phänomenologie Husserl zeigte, dass sowohl die Philosophie als auch die Wissenschaften von unserem lebensweltlichen Kontext abhängig sind 1945 Maurice Merleau-Ponty: Phänomenologie der Wahrnehmung Der französische Philosoph betrieb Neurophilosophie in Hinsicht auf Körper und Gehirn ohne den Begriff»Neurophilosophie«jedoch zu gebrauchen 1969 Willard Quine: Naturalisierte Erkenntnistheorie Die starken Argumente dieses Essays inspirierten vor allem die neueren amerikanischen Neurophilosophen 1978 Karl Popper, John Eccles: Das Ich und sein Gehirn Spannender neurophilosophischer Dialog zwischen einem Philosophen und einem Hirnforscher 1986 Patricia Churchland: Neurophilosophie Erste Einführung der Neurophilosophie als Forschungsprogramm res vorbewussten Selbsterlebens eine entscheidende Literaturtipps Bennet, M., Hacker, P.: Philosophical Foundations of Neuroscience. Oxford: Blackwell Hellsichtige sprachanalytische Kritik der heutigen Neurowissenschaften Northoff, G.: Das Gehirn. Eine Rolle. Diese so genannten subcorticalen und corticalen Mittellinienstrukturen zeigen beim gesunden Probanden im Ruhezustand eine extrem erhöhte Aktivität; externe Reize verändern diese Aktivität. Unsere Arbeitshypothese ist, dass die erhöhte Ruhezustandsaktivität die Basis des Selbstgefühls darstellt, unser kontinuierliches Selbsterleben, welches auch in Abwesenheit externer Stimuli fortdauert. Dass neurophilosophische Bestandsaufnahme. ich mir meiner Selbst als Selbst auch bewusst Paderborn: mentis Gut verständliche Einführung in die Probleme einer zukünftigen Neurophilosophie Searle, J.: Geist. Eine Einführung. Frankfurt/Main: Suhrkamp Aktueller Überblick über die Diskussion von einem der renommiertesten amerikanischen Neurophilosophen bin, ist hingegen eine darüber hinausgehende Leistung, bei der möglicherweiser der laterale präfrontale Cortex eine entscheidende Rolle spielt. Wie deuten Sie diese Ergebnisse? Unter Umständen ist das Selbst und somit das Subjekt viel grundlegender und basaler, als viele Philosophen annehmen. Das Subjekt wäre dann nicht mehr die höchste, sondern eine ganz basale Instanz. Ein solches Selbst, dass dann über die Verbindung zwischen Gehirn und Umwelt definiert werden muss, ermöglicht überhaupt erst die Organisation unserer Gehirn funktionen und letztlich unserer Erfahrung inklusive des Bewusstseins. Welche Forschungsprojekte laufen im Bereich der theoretischen Neurophilosophie? In Anlehnung an Kant interessiert mich besonders eine Frage: Was können wir auf Grund der Beschaffenheit unseres Gehirns nicht erkennen? Meine Umwelt kann ich zum Beispiel direkt erkennen, die Aktivität meiner eigenen Neurone aber nicht höchstens über den Umweg technischer Kniffe. Das Gehirn selbst hat kein Sensorium für neuronale Zustände, wir erleben nur mentale Zustände. Dafür muss es Gründe geben vielleicht in der Codierung der Umweltreize durch das Gehirn. Ein spannendes Forschungsfeld! Was ist im Bereich der praktischen Neurophilosophie und Neuroethik aus Ihrer Sicht das dringlichste Problem? Die Aussicht, kognitive Leistungen wie Aufmerksamkeit oder Gedächtnis durch Stimulanzien zu manipulieren. Um mit diesen neuen Möglichkeiten richtig umzugehen, müssen wir uns zunächst klar darüber werden, was wir sind und wer wir sind. Insofern ist für mich die Entwicklung einer Neuroanthropologie des Menschen Teil einer zukünftigen Neuroethik. Auf deren Grundlage müssen wir uns dann fragen, wo wir bereit sind, auf Fortschritte etwa bei der Verbesserung unseres Gedächtnisses zu verzichten, um die Identität der Person zu wahren. Einzelne werden sicherlich immer Missbrauch betreiben. Das zeigt ja die Manipulation unserer körperlichen Leistungen, wo wir längst ein großes gesellschaftliches Problem haben bis weit in den Amateursportbereich hinein. Unschwer sich vorzustellen, dass engagierte Eltern zum Beispiel die Lernergebnisse ihrer Kinder verbessern wollen, um deren Chancen zu mehren. In einer Leistungsgesellschaft ist das wahrscheinlich unvermeidlich. Eben deshalb geht es mir um eine zukünftige Neuroanthropologie: Wollen wir eine Gesellschaft, in der ich ständig dem Primat der Leistung hinterherlaufe und dafür Lebensqualität einbüße? In Ostdeutschland ist das seit der Wende ein sehr verbreitetes Problem. Viele unserer psychiatrischen Patienten hier sind Menschen, die in der kapitalistischen Gesellschaft gestrandet sind und nun unserer Hilfe bedürfen. Ÿ Die Fragen stellte G&G-Chefredakteur Carsten Könneker. 72 G&G 3_2008

71 besser denken Informationsaufnahme Lesen im Turboverfahren Sie wollen sich rasch einen Überblick über wichtige Literatur verschaffen? Oder endlich die meterhohen Bücherberge auf Ihrem Schreibtisch abbauen? Hier erhalten Sie Tipps, wie Sie große Textmengen zügig bewältigen. Von Brigitta Ernst Lesen können Sie das ist klar. Sie werden dieses Gehirn&Geist ja wohl kaum nur wegen der schönen Bilder gekauft haben, nicht wahr? Doch lesen Sie auch effizient? Das bedeutet nicht, den gesamten Inhalt eines Textes oder Buchs hundertprozentig wiedergeben zu können. Vielmehr geht es darum, exakt jene Information aufzunehmen, die man benötigt. Wozu man für sich erst einmal klären muss: Welchen Nutzen erwarte ich von dem Buch, Essay, Geschäftsbericht oder Zeitungsartikel? Nur selten stellen wir uns diese Frage ernsthaft. Stattdessen lesen wir gedankenlos drauflos sei es, weil uns ein Freund einen Roman empfohlen hat, der Chef möglichst bald eine Zusammenfassung des Geschäftsberichts möchte oder wir meinen, ein Standardwerk in den Händen zu halten, das man eben einfach gelesen haben muss. Oftmals ist das Gedruckte jedoch die investierte Zeit nicht wert und Frust die Folge. Daher: Bevor Sie sich entscheiden, ein Buch oder einen längeren Fachartikel zu studieren, klären Sie erst folgende Punkte: r Warum möchte ich dieses Buch lesen? Dabei sollte der Grund nicht etwa lauten:»der Chef hat es mir nahegelegt«oder»ich kann zurzeit so schlecht einschlafen«. Sobald Sie sich klargemacht haben, warum Sie persönlich von diesem Buch oder Artikel profitieren werden, wächst auch Ihre Motivation, was wiederum die Aufnahmebereitschaft Ihres Gehirns für neue Informationen erhöht. r Was weiß ich über das Thema bereits? Nehmen Sie sich fünf Minuten Zeit und machen Sie ein kleines Brainstorming. Notieren Sie in Stichpunkten Ihr Vorwissen. Eine bewährte Technik hierfür ist die Mind-Map-Methode (siehe G&G 10/2006, S. 74). Sie nehmen dafür ein unliniertes Blatt Papier quer und schreiben das Kernthema in die Mitte. Davon entspringen dann in alle Richtungen die Nebenthemen wie die Äste eines Baums, von denen nochmals Unterverzweigungen ausgehen können. Durch diese Art der Informationssammlung wird Ihr bereits vorhandenes Wissen aktiviert. Sie sehen aber auch schnell, wo noch Wissenslücken bestehen und Informationsbedarf herrscht, und können dann viel besser entscheiden, ob die ausgewählte Lektüre wirklich die richtige ist. Eines sollten Sie sich von vornherein klarmachen: Lesen ist ein weitaus komplexerer Vorgang als lediglich das Sehen von Buchstaben. Der größte Teil dieses Prozesses findet im Gehirn statt. Daher ist es beispielsweise gar nicht so wichtig, in welcher Reihenfolge wir die Worte eines Satzes aufnehmen. Unser Gehirn fügt die Teile wie ein geschickter Puzzlespieler zusammen, sodass sich das korrekte Gesamtbild ergibt. Zum Beispiel: Kartoffeln dümmste die größten Bauer der erntet. Zwar ergeben die Worte in dieser Reihenfolge überhaupt keinen Sinn, doch sortiert das Gehirn sie automatisch zu dem bekannten Sprichwort»Der dümmste Bauer erntet die größten Kartoffeln«. Daran zeigt sich auch, dass sich die Augen nicht gleichmäßig über die Seiten bewegen, sondern kleine Sprünge machen, meist von Wort zu Wort. In den kurzen Pausen zwischen den Sprüngen nehmen wir die Information auf. Das führt uns bereits ein wichtiges Prinzip vor Augen, wie sich beim Lesen Zeit sparen lässt: Verkürzt man diese Pausen, erhöht sich die Lesegeschwindigkeit. Der Lesevorgang lässt sich in vier Phasen gliedern: 1) Informationsaufnahme: Die Augen produzieren eine Abbildung auf der Netzhaut und übermitteln diese Daten über den Sehnerv an das Gehirn. Dort werden sie sortiert und im Gedächtnis aufbewahrt, sodass sie später wieder abgerufen werden können. 2) Basisverständnis: Hier ordnet das Gehirn dem Gelesenen einen Sinn zu. Voraussetzung dafür ist, die Schriftzeichen zu erkennen und mit ihrer Bedeutung zu verbinden. 3) Abgleich mit Vorwissen: Sobald Sie etwas lesen, sucht Ihr Gehirn nach ähnlichen Inhalten, die Ihnen bereits bekannt sind. So wird es den Anfang des Satzes»Der dümmste Bauer«automatisch mit dem Sprichwort verknüpfen und ihn schon vor dem Abschluss des Lesens ergänzen mit»erntet die größten Kartoffeln«. Wenn in einem Text steht, die deutsche Wiedervereinigung hätte 1995 stattgefunden, so wird Ihr Gehirn diese Information automatisch mit dem gespeicherten Wissen vergleichen und einen Fehler melden. Woraufhin Sie die 73

72 Gehirn&Geist / Andreas Rzadkowsky Schlussfolgerung ziehen, dass hier wohl entweder ein Druckfehler vorliegt oder der Autor keine Ahnung von der jüngsten deutschen Geschichte hat. 4) Speichern: Je mehr Sie zu einem Thema bereits wissen, desto einfacher fällt es Ihnen, Gelesenes mit bereits Bekanntem zu verbinden und sich dadurch einzuprägen. Dabei sollte die aufgenommene Information für Sie bedeutsam sein, denn Interesse und Motivation sind Voraussetzung für erfolgreiches Lesen und dauerhaftes Behalten. Basierend auf diesen Grundlagen möchte ich Ihnen nun einige bewährte Techniken zum Schnelllesen vorstellen: 1) Die Ein- und Zwei-Punkt-Technik Statt jedes Wort einzeln zu betrachten, versucht man, drei oder mehr auf einen Blick zu erfassen und so die Informationen zu sinnvollen Einheiten zu gruppieren. Am besten lässt sich dies beim Zeitunglesen üben, da die schmalen Spalten es einem erleichtern, diese Technik anzuwenden. Versuchen Sie nur ein- bis zweimal pro Zeile Ihre Augen anzuhalten. Anfangs werden Sie merken, dass Ihr Blick oft zurückspringt. Diese»Regression«können Sie unterbinden, indem Sie etwa einen 74 G&G 3_2008

73 Eins, Zwei, DRei, im Sauseschritt! Mit den richtigen Techniken lassen sich auch große Bücherberge bewältigen und Sie gewinnen wertvolle Zeit für andere Dinge. dünnen Stift, eine Stricknadel oder einen Zahnstocher in der Mitte der Zeile die Spalte senkrecht herunterwandern lassen und mit den Augen verfolgen. 2) Der Zwei-Zeilen-Schwung Hierbei werden zwei Zeilen mit einer Augenbewegung auf einmal erfasst. Verwenden Sie dabei wieder eine Hilfe, etwa einen Bleistift, den Sie unterhalb der zu lesenden Zeilen entlangführen. Auch wenn Sie am Anfang vielleicht nicht viel vom Gelesenen behalten das macht nichts. Sie müssen erst einmal Ihr Gehirn daran gewöhnen, das Sehfeld auch vertikal zu nutzen. Dies ist nicht so schwierig, wie Sie vielleicht argwöhnen. Denken Sie daran: So liest jeder Chinese! Und auch Klavierspieler müssen manchmal gleichzeitig acht oder mehr Noten untereinander registrieren. Mit zunehmender Übung werden Sie abhängig vom Schwierigkeitsgrad des Textes bis zu acht Zeilen auf einmal erfassen. 3) Die Diagonale Wie das Beispiel mit dem durcheinandergebrachten Sprichwort vom dummen Bauern und seinen Kartoffeln zeigt, ist unser Gehirn nicht darauf angewiesen, die Informationen in der korrekten Reihenfolge zu erhalten. Daher können wir mit etwas Übung einen Text auch diagonal lesen, indem wir den Blick schräg nach unten über mehrere Zeilen hinweg über das Blatt führen. Zu Beginn lesen Sie nur über zwei Zeilen diagonal und springen mit den Augen anschließend an den Anfang von Zeile drei und so fort. Im Lauf der Zeit können Sie diese Technik immer weiter perfektionieren, bis Sie schließlich zumindest bei leichteren Texten mit einer Diagonale pro Seite auskommen. 4) Die Schleifentechnik Obwohl diese als fortgeschrittene Methode gilt, fällt sie vielen Menschen leichter als die oben genannten. Probieren Sie doch gleich als Erstes aus, ob sie auch Ihnen am meisten liegt. Hierbei gehen Sie genau wie bei der Diagonale vor, nur dass Sie am Ende der Zeile nicht zurückspringen, sondern die Augen schräg nach unten rückwärts führen, bis Sie wieder an einem Zeilenanfang angelangt sind. Auch hier gilt: Der Lesewinkel hängt vom Schwierigkeitsgrad des Textes ab. Wnen scih Ihr Vreastnd dgeaegn whret und Inehn ekrälern mcöhte, dsas deise Art des Lseens nchit fnuktnoireit, dnan faregn Sie scih mal, wramu Sie desein Bcuhsatabsealnt lseen knönen! Die Bchutsaebn snid dcoh acuh in flashecr Rihefnelgoe. Ihr Gihern knan mher, als Sie galbuen. Vrsecuehn Sie es eniacfh! Probieren Sie jede Methode bei verschiedenen Texten aus. Dabei sollten Sie zu Beginn ganz bewusst auf die Bewegung der Augen achten. Schließlich sind diese ja seit der ersten Schulklasse darauf trainiert, Wort für Wort zu lesen. Eine Gewohnheit, die sich nur durch regelmäßiges Üben verändern lässt. Auch wenn Sie glauben, bei einem solchen Lesen nichts zu behalten: Geben Sie nicht gleich auf! Mit dem Schnelllesen ist es wie mit dem Autofahren. In der ersten Fahrstunde geht es vor allem ums Schalten und Kuppeln. Kommen dann noch der Blick über die Schulter, der in den Rück- und Seitenspiegel sowie das Blinkersetzen hinzu, sind Sie schnell überfordert. Auf keinen Fall könnten Sie jetzt gleich in der Stadt fahren und dabei auch noch auf die anderen Autos, Radfahrer, Fußgänger, Ampeln, Einbahnstraßen und Vorfahrtsschilder achten so sehr sind Sie mit dem Erlernen der Technik beschäftigt. Wer jedoch etwas Fahrroutine gewonnen hat, achtet gar nicht darauf, wann er schalten und kuppeln muss; er fährt einfach und kann dabei auch noch die schöne Umgebung bewundern und vielleicht sogar ein Sandwich nebenher essen. Daher: Gönnen Sie sich beim Erlernen der Schnelllese-Techniken Zeit. Variieren Sie die unterschiedlichen Methoden, bis Sie merken, welche Ihnen am meisten liegt. Dabei können sich durchaus auch Mischformen ergeben. Fangen Sie jedoch nicht damit an, pingelig einzelne Worte oder Zeilen zu zählen etwa nach dem Motto»Heute habe ich drei Zeilen mehr bei der Diagonale geschafft!«. Achten Sie stattdessen lieber darauf, wohin Ihr Blick von sich aus springen möchte, und geben Sie diesem Impuls nach. Dann steht Ihrer erfolgreichen Schnelllese-Karriere nichts mehr im Weg. Ÿ Brigitta Ernst ist Journalistin und Buchautorin. Sie gibt Seminare zu den Themen Schnelllesen sowie persönliches Informationsmanagement. Literaturtipp Ernst, B.: Der Wissensgourmet. So wählen Sie Informationen richtig aus. Heidenheim: Cognitum

74 auf sendung Mittwoch, 20. Februar Menschen hautnah Sie finden keinen Frieden Peter Hämmerle ist Bundeswehroffizier und leidet unter einem Posttraumatischen Belastungssyndrom. Er führte den Konvoi, der am auf dem Weg zum Flughafen im afghanischen Kabul von einem Selbstmordattentäter in die Luft gesprengt wurde. Im Bundeswehrkrankenhaus in Hamburg in der Abteilung für Neurologie und Psychiatrie kümmern sich hoch spezialisierte Fachärzte um Soldaten mit traumatischen Kriegserfahrungen. WDR, Uhr BBC Exklusiv Thema: Anleitung zum Glück Der Mensch steht täglich vor einer Vielzahl von kleinen oder großen Entscheidungen, die sein persönliches Glück beeinflussen. Und natürlich versucht jeder, so vernünftig wie möglich zu entscheiden. Doch sind wir wirklich die rationalen, logischen Wesen, für die wir uns halten? Und wie treffen wir die richtige Entscheidung? VOX, Uhr Samstag. 23. Februar Quarks & Co: Was ist los mit dem Zappelphilipp? Sie sind hyperaktiv, lassen sich leicht ablenken und flippen einfach so aus: Kinder mit einer Aufmerksamkeitsdefizit-/Hy Radiotipps Mittwoch, 20. Februar Bayern 2»radioWissen«Risiko Die Lust am Wagnis»Hast du Kummer oder Sorgen, verschiebe sie auf übermorgen«schön gesagt, bloß: Ist es überhaupt erstrebenswert, vollkommen sorglos durch die Welt zu gehen? Was auf der einen Seite ein positiver emotionaler Zustand ist, macht uns auf der anderen Seite blind für Gefahren. Die Meinungen von Philosophen und Psychologen gehen daher auseinander. Bayern 2, Uhr Donnerstag, 21. Februar Bayern 2»IQ Wissenschaft und Forschung«Grundlage des Lebens Wie stark beeinflusst Sprache unsere Wahrnehmung? Unsere Sicht der Welt wird durch die Sprache bestimmt, die wir sprechen. Wortschatz und Grammatik wirken wie Filter, die nur bestimmte Wahrnehmungen durchlassen. Können Menschen also ausschließlich das erkennen, was ihnen ihre Sprache erlaubt? Bayern 2, Uhr Montag, 25. Februar Wissenswert Psychologische Schlüsselbegriffe: Was ist»neurotisch«? Symptome wie Herzrasen, Angstzustände oder Zwänge gelten als neurotische Verhaltensmuster, in denen sich ein seelisches Ungleichgewicht ausdrückt. Die Tiefenpsychologie sieht darin einen Konflikt zwischen dem Ich und dem Es oder dem Über-Ich. hr2, Uhr Dienstag, 26. Februar WDR 3 Diskurs Die Verführer Der Kampf der Werbung um die Wirkung Früher nannte man sie Manipulateure, sie selbst feierten sich als Künstler der Konsumgesellschaft. Doch in Zeiten wirtschaftlicher Krisen fragen die Auftraggeber plötzlich»wirkt Werbung wirklich?«und verlangen harte Effizienznachweise. Um die ersehnte Markentreue in die Konsumentenköpfe einzupflanzen, sollen nun Hirnforscher klären, ob und wie Werbung wirklich wirkt. WDR3, Uhr Donnerstag, 28. Februar Bayern 2»IQ Wissenschaft und Forschung«Stilles Leiden Schüchterne Kinder Schätzungen gehen davon aus, dass bis zu zehn Prozent der Kinder und Jugendlichen unter starker Schüchternheit oder sozialer Angst leiden. Lehrer und Mitschüler interpretieren die Zurückgezogenheit häufig falsch: Die Kinder gelten als Einzelgänger, schwierig, ängstlich oder sogar hochnäsig und arrogant. Im Extremfall kann Schüchternheit in Sprachlosigkeit umschlagen. Die Wissenschaft bezeichnet das als»selektiven Mutismus«. Bayern 2, Uhr Samstag, 1. März SWR2 Wissen Tüchtig werden in der Gruppe Vom Kleinkind zum Schulkind Aus der Reihe: Die Entwicklung des Kindes (3) Kindergartenkinder wollen sich gleichzeitig geborgen fühlen und die Welt erkunden. Zudem beginnt bereits die Vorbereitung auf die Schule. Die neuronale Entwicklung im Broca-Areal des Gehirns erreicht einen Höhepunkt: Jetzt lernen die Kinder spielend Sprachen und vieles mehr. SWR2, Uhr Samstag, 8. März Lange Nacht Legende einer Wunderdroge Die Lange Nacht vom LSD Als der Schweizer Chemiker Albert Hofmann kurz vor dem Ende des Zweiten Weltkriegs auf der Suche nach einem Migränemittel per Zufall das LSD entdeckte, konnte er nicht wissen, dass er damit eine Droge geschaffen hatte, die wie keine andere dämonisiert und zugleich mystifiziert werden sollte. Eine»Lange Nacht«über die kulturelle, politische und therapeutische Bedeutung von LSD. Deutschlandfunk, Uhr 76 G&G 3_2008

75 peraktivitätsstörung kurz ADHS genannt bereiten Eltern viel Sorge und stellen Lehrer und Erzieher vor große Probleme. Knapp fünf Prozent aller Kinder und Jugendlichen in Deutschland leben mit dieser Diagnose. Ist ADHS eine Hirnstoffwechselstörung, die mit dem umstrittenen Medikament Ritalin behandelt werden muss? Oder handelt es sich um ein gesellschaftliches Phänomen? WDR, Uhr Montag, 25. Februar Ich bring mich um!? Was treibt einen Menschen in den Suizid? Dieser Frage geht Filmautorin Liz Wieskerstrauch nach und erhält erstaunlich offene Antworten von Menschen, die Selbsttötungsversuche unternommen haben oder Suizidgedanken hegen. HR, Uhr Planet Wissen Unser Rücken Das Beste fürs Kreuz Rückenschmerzen sind eine Volkskrankheit und bei Weitem nicht nur ein Leiden des fortgeschrittenen Alters. Die Sendung geht unter anderem der Frage nach, welche Rolle die Psyche bei der Entstehung der Schmerzen spielt. SWR, Uhr Dienstag, 26. Februar Planet Wissen Diagnose Alzheimer Zum Vergessen verurteilt Schon heute sind in Deutschland über eine Million Menschen an Alzheimer-Demenz erkrankt. In nur 20 Jahren sollen es doppelt so viele sein. Was kann man dagegen tun? Welche neuen Entdeckungen hat die Forschung gemacht? Konrad Maurer, Mitbegründer des Alzheimer- Forschungszentrums in Frankfurt am Main, gibt Auskunft. SWR, Uhr Menschen unter uns Fix und fertig: Burn-out Die Krankheit, die so viele trifft Das berüchtigte Burn-out-Syndrom betrifft sämtliche Gesellschaftsschichten: Gestresste Manager und Mediziner leiden darunter, Pfarrer und gestandene Mütter ebenso. Der Film beschreibt, wie Menschen, die im wahrsten Sinn des Wortes»ausgebrannt«sind, mit ihrer Erkrankung fertig werden und welche Hilfen Mediziner, Psychologen und Seelsorger anbieten. SWR, Uhr Mittwoch, 27. Februar BBC Exklusiv Thema: Isoliert Das Einsamkeitsexperiment Ein brisantes psychologisches Experiment: Sechs Freiwillige wurden 48 Stunden lang in winzigen Zellen in absoluter Dunkelheit eingesperrt, damit Wissenschaftler ihr Verhalten und ihren psychischen Zustand studieren konnten. Depressionen, Halluzinationen und Panikattacken quälten die Studienteilnehmer in der Isolation. Die wahre Brisanz zeigte sich jedoch nach ihrer»freilassung«: Seelisch geschwächt waren die Probanden anfällig für Manipulationen. Die Psychologen vermuten: Nach Wochen oder Monaten in der Isolationszelle gesteht auch ein Unschuldiger alles, was man ihm vorwirft. VOX, Uhr Verpassen Sie keine Dossier-Ausgabe! Gehirn&Geist-Dossiers erscheinen drei mal pro Jahr und beinhalten gesammelte Beiträge aus dem Magazin Gehirn&Geist zu einem ausgewählten Thema rund um Psychologie und Hirnforschung. Mit einer Standing-Order erhalten Sie Ihr Dossier automatisch nach Erscheinen und sparen gegenüber dem Einzelkauf: 2008 erscheinen noch: G&G-Dossiers: 2/2008»Emotionen«(ET: ) 3/2008»Kunst und Gehirn«(ET: ) w w w. g e h i r n - u n d - g e i s t. d e / d o s s i e r a b o Wissen aus erster Hand Spektrum der Wissenschaft Verlagsgesellschaft mbh Slevogtstraße Heidelberg Tel Fax service@spektrum.com

76 Termine Mittwoch, 27. Februar Geschlossene Gesellschaft Leben in der»irrenanstalt«schizophrenie, Psychose, Borderline psychische Erkrankungen entwickeln sich zu Volkskrankheiten. Kann jeder von uns»verrückt«werden? Was passiert in einer Psychiatrie? Der Kamera ist diese Welt fast immer verschlossen. Die Filmautoren Erika Haas und Richard Unkmeir durften aber ein halbes Jahr lang im Isar- Amper-Klinikum in München drehen. Sie beobachteten den Weg der Patienten mit verschiedenen psychiatrischen Erkrankungen von der Aufnahme bis zur Entlassung. HR, Uhr Donnerstag, 28. Februar Odysso Wissen entdecken Demenz: Bewegung heilt! Neuen Studien zufolge haben Personen, die im mittleren Alter zweimal in der Woche körperlich aktiv waren, ein um 60 Prozent verringertes Risiko, an Alzheimer-Demenz zu erkranken. Lockeres Ausdauertraining hilft nicht nur, den Niedergang der kognitiven Fähigkeiten abzuwenden, durch sanften Sport kann der Verlust von Gehirnstrukturen im Alter angeblich sogar umgekehrt werden. Ist Bewegung wirksamer als eine medikamentöse Behandlung? SWR, Uhr Donnerstag, 6. März Aus anderer Sicht Lebenswut Nach einem Schlaganfall tritt bei Friedemann Knoop ein Locked-in-Syndrom auf. Er ist vollständig gelähmt und muss sein ganzes Leben umstellen. Zwölf Jahre später hat er Frieden geschlossen mit seiner neuen Situation.»Man kann die Dinge immer von zwei Seiten aus sehen, von der pessimistischen Seite, das bringt gar nichts. Viel besser ist es, sie von der optimistischen Seite zu betrachten.«die Reportage porträtiert einen außergewöhnlichen Menschen, der seine Behinderung akzeptiert hat. 3sat, Uhr Kurzfristige Programmänderungen der Sender sind möglich Februar, Düsseldorf Psychotraumatologie State of the Art Veranstaltungsort: Klinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie Düsseldorf Information: Monika Pult, Postfach , Neuss, Telefon: , Fax: , Februar, Hamburg Tagung: Die subjektive Seite der Schizophrenie: Therapie der Psychose Wirkungen, Nebenwirkungen und Verfügbarkeit Information: Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie, Birgit Hansen, Martinistr. 52, Hamburg, Telefon: , Fax: -2999, März, Bad Orb Jahrestagung der Milton-H.-Erickson- Gesellschaft für Klinische Hypnose (MEG): Hypnotherapie und Psychodynamik Information: Milton-H.-Erickson- Gesellschaft für Klinische Hypnose e. V., Waisenhausstr. 55, München, Telefon: , Fax: März, Heidelberg 2. Symposion Gehirn und Körper: Embodiment die Verkörperung von Erfahrung Information: Com-Unic Language und Communication Consulting GmbH & Co KG, Nina Rauball, Waldhofer Str. 100, Heidelberg, Telefon: , Fax: -180, März, Reisenburg (bei Günzburg) Wissenschaftliche Frühjahrstagung der Deutschen Gesellschaft für Suizidprävention Information: Michael Witte (Geschäftsführer), Hilfen für suizidgefährdete Kinder und Jugendliche e. V., Nikolsburger Platz 6, Berlin, Telefon: , Fax: -959, März, Dresden 21. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Erziehungswissenschaften (DGfE): Kulturen der Bildung Information: Technische Universität Dresden, Fakultät Erziehungswissenschaften, Andrea Rook, Dresden, Telefon: , März, Köln Zertifikatslehrgang: Ganzheitlich lernen Institutsleitung: Dr. Charmaine Liebertz, Information: Gesellschaft für ganzheitliches Lernen e. V., Dr. Charmaine Liebertz, Zülpicher Platz 18, Köln, Telefon: , Fax: -199, April, München Kongress für Atemtherapie und Atempädagogik Veranstaltungsort: Bürgerhaus Pullach bei München, Heilmannstr. 2, Pullach i. Isartal, Kongresshotline: Telefon: , Fax: -615, Mai, Köln Zertifikatslehrgang: Herzensbildung Emotionale Intelligenz Institutsleitung: Dr. Charmaine Liebertz, Information: Gesellschaft für ganzheitliches Lernen e. V., Dr. Charmaine Liebertz, Zülpicher Platz 18, Köln, Telefon: , Fax: -199, August 03. September, Barcelona/Spanien European College of Neuropsychopharmacology, 21st ECNP Congress Information: ECNP Office, Niederlande, G&G 3_2008

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78 bücher und mehr Keith Ward GOTT Das Kursbuch für Zweifler [Darmstadt: Primus 2007, 248 S., 29,90] Martin Urban WER LEICHTER GLAUBT, WIRD SCHWERER KLUG Wie man das Zweifeln lernen und den Glauben bewahren kann [Berlin: Eichborn 2007, 250 S., 19,95] Passen Zweifel und Glaube unter einen Hut? Wie wir Religion als intellektuelles Abenteuer begreifen können Gehört das Zweifeln zum Glauben dazu? Oder mündet konsequentes Infragestellen zwangsläufig in den Atheismus? Kurz: Schließen sich diese beiden Geisteshaltungen aus oder können sie einander gar befruchten? Diese Fragen beleuchten zwei Autoren, der Theologe Keith Ward und der G&G Bestsellerliste Physiker Martin Urban, in ihren neuesten Werken. Sie gelangen nicht nur zu unterschiedlichen Antworten, sondern betrachten das Thema auch aus verschiedenen Perspektiven. Der Oxforder Theologie-Professor Ward hat ein kompaktes»kursbuch für Zweifler«geschrieben, in dem er den Leser auf 1. Gigerenzer, G.: Bauchentscheidungen Die Intelligenz des Unbewussten und die Macht der Intuition [München: Bertelsmann 2007, 283 S., 19,95] 2. Matschnig, M.: Körpersprache Verräterische Gesten und wirkungsvolle Signale [München: Gräfe & Unzer 2007, 192 S., 16,90] 3. Rosanna, E., Wolf, N.: Die Kunst, Menschen zu führen [Reinbek: Rowohlt 2007, 187 S., 12, ] 4. Watzlawick, P.: Anleitung zum Unglücklichsein [München: Piper Sonderausgabe 2007, 134 S., 6, ] 5. Tammet, D.: Elf ist freundlich und Fünf ist laut Ein genialer Autist erklärt seine Welt [Düsseldorf: Patmos 2007, 247 S., 19,90] 6. Riemann, F.: Grundformen der Angst Eine tiefenpsychologische Studie [München: Reinhardt, 37. Auflage 2006, 244 S., 14,90] 7. Kast, B.: Wie der Bauch dem Kopf beim Denken hilft Die Kraft der Intuition [Frankfurt/Main: Fischer 2007, 216 S., 17,90] 8. Winter, A.: Abnehmen ist leichter als Zunehmen Der Psychocoach Band 3 (Buch mit Audio-CD) [Murnau am Staffelsee: Mankau 2007, 109 S., 14,95] 9. Traufetter, G.: Intuition Die Weisheit der Gefühle [Reinbek: Rowohlt 2007,335 S., 19,90] 10. Maaz, H.-J.: Die Liebesfalle Spielregeln für eine neue Beziehungskultur [München: Beck 2007, 237 S., 14,90] In Kooperation mit dem Buchgroßhändler KNV in Stuttgart Mehr Informationen und Bestellmöglichkeiten: eine kurzweilige Reise durch die europäische Philosophie- und Theologiegeschichte mitnimmt. Unterhaltsam, dabei tiefgründig und präzise stellt Ward die großen religionsphilosophischen Fragen samt Antwortversuchen dar und führt den Leser geschickt an die zentralen Gabelungen philosophischer Gotteserkenntnis heran mitten hinein in das Ringen um die Vernunft des Glaubens. Die einschlägigen Lösungsversuche von Aristoteles, Kant, Hegel, Heidegger und vielen anderen präsentiert der Autor thematisch geordnet: Wie haben sie die Fragen nach dem Bösen, dem Schicksal, dem Lebenssinn, der menschlichen Freiheit und der Entstehung der Welt beantwortet? Die trockenen und abstrakten religionsphilosophischen Diskurse füllt der Theologe spielerisch mit Leben, indem er sie auf den Alltag anwendet. Nach den gehaltvollen Stippvisiten bei den wichtigsten europäischen Denkern fasst der Theologe mit griffigen Argumenten zusammen, dass der Glaube an Gott nicht die Übernahme einer spekulativen Hypothese bedeutet. Vielmehr sei er eine praktische Verpflichtung, weil er die leidenschaftliche Verbindung mit dem persönlichen Grund des Seins beinhalte. Schade nur, dass der Autor die Antwort des christlichen Glaubens auf existenzielle Fragen nicht genauer erläutert. Trotzdem: Entstanden ist eine packende, elegant und klar geschriebene Einführung in das Denken über Gott, die den Sprung von der distanzierten Reflexion ins Gottvertrauen philosophisch korrekt nur andeutet. Endlich mal wieder ein allgemein verständliches, humorvolles und dabei höchst lehrreiches Theologiebuch! Während für den Oxforder Theologen der Zweifel als ein fester Bestandteil zum christlichen Glauben gehört, dokumentiert Martin Urban, der aus einer Theologenfamilie stammt, eine ganz andere Sichtweise: Für das Wissen sei der Zweifel der wichtigste Motor, den Glauben berühre er aber nicht. Aus theologischer Sicht irrt Urban: Glaubensvolle Zuversicht ist eine Erwartungshaltung, die auch Phasen des Zweifelns kennt. Glaube und Wissen haben bei Urban die gleiche Wurzel: die Fähigkeit des Men 80 G&G 3_2008

79 schen, sich ein Bild von der Welt zu machen. Wie ein roter Faden zieht sich eine Hypothese durch das Buch: Nicht Vernunft oder Verstand bestimmen das menschliche Handeln, sondern im Lauf des Lebens erworbene Deutungsmuster. Wer fraglos glaubt, so Urban, verfange sich im Aberglauben, gebe sich verführerischen Illusionen und einseitigen Ideologien hin. So könne der Glaube missbraucht werden, um Macht und Kontrolle auszuüben. Leider hat der Physiker und bekannte Wissenschaftsjournalist zu seiner Gegenüberstellung von vernünftiger und gläubiger Erkenntnis nur eine Glaubenshaltung herangezogen: die christlich-fundamentalistische. Der Autor greift immer wieder konservativ-katholische Positionen an und bezeichnet Pietisten, evangelikale Charismatiker und Pfingstler pauschal als Fundamentalisten, deren Leiter die Ängste ihre Mitglieder missbrauchen. Dabei beruft er sich vor allem auf Zeitungs- und Zeitschriftenartikel. Auch die Kirchen stellt er unter Generalverdacht: Sie nähmen die Erkenntnisse der akademischen Theologie vielfach nicht zur Kenntnis, um ihre Macht nicht zu verlieren. Ihr Fortbestand sei bedroht, weil die Intellektuellen sie verlassen hätten und sich nun die Fundamentalisten breitmachten. Erstaunlich, dass Urban abschließend ein dennoch ganz versöhnliches Resümee zieht. Es sei ihm wichtig, trotz aller Zweifel den Glauben zu bewahren um dem Leben einen Sinn zu geben. Auch dieses Sachbuch ist unterhaltsam geschrieben und leserfreundlich gestaltet, ergänzt durch zahlreiche Abbildungen und aktuelle gesellschaftliche und politische Bezüge. Dem Autor fehlt jedoch der theologische Hintergrund, um zu erkennen, dass der Glaube auch vernünftig begründet werden kann. Und dass er sachliche Argumente dafür bietet, sich dem Leben dankbar und kreativ zuzuwenden. Michael Utsch ist Theologe und promovierter Psychologe. Er arbeitet in der Evangelischen Zentralstelle für Weltanschauungsfragen in Berlin. In unserer neuen Rubrik»MEIN LIEBLINGSBUCH«empfehlen namhafte Wissenschaftler herausragende Publikationen. Darunter können visionäre Werke zur Zukunft der Hirnforschung sein ebenso wie Klassiker der Philosophiegeschichte, aber auch ein bewährtes Lehrbuch oder ein Stück Weltliteratur mit besonderem psychologischen Gespür. Zum Auftakt kommen die wissenschaftlichen Beiräte von G&G zu Wort und geben der Reihe nach ganz persönliche Tipps für Ihre nächste Lektüre. Mein lieblingsbuch Lektüretipps von klugen Köpfen JÜRGEN MARGRAF ist Professor für Klinische Psychologie und Psychotherapie an der Universität Basel sowie wissenschaftlicher Beirat von G&G. Franz Werfel DIE VIERZIG TAGE DES MUSA DAGH (Roman, gebundene Ausgabe) [Frankfurt/Main: Fischer 2006, 989 S., 15,95]» Laut seinem Vorwort hat Franz Werfel dieses Buch geschrieben, um das schreckliche Schicksal des armenischen Volks während des Ersten Weltkriegs»dem Totenreich der Vergangenheit«zu entreißen. Der Roman schildert die auf eine wahre historische Begebenheit zurückgehende Geschichte einer Gruppe von Armeniern im Osmanischen Reich, die unter der Führung eines Großgrundbesitzers 40 Tage lang Widerstand gegen eine türkische Übermacht leisten. Das Buch behandelt psychologische Themen von der Ehekrise der Hauptfigur bis zum Völkermord. Die Wirklichkeitsnähe der Charaktere, ihre vielschichtigen Motivationen und der Einfluss einer Extremsituation auf das menschliche Handeln haben mich unmittelbar fasziniert. Ich las das Buch während einer sehr aufregenden Reise durch Sri Lanka. Trotz der wunderbaren und äußerst anregenden Tropenwelt war ich für knapp eine Woche geistig abwesend, gefesselt von den Menschen in Werfels Roman. Über Jahre hinweg habe ich dieses Buch immer wieder herangezogen, um die Aussage zu untermauern, dass Schriftsteller manchmal die besseren Psychologen sind so lange, bis ich erfuhr, dass Franz Werfel tatsächlich auch Psychologie studiert hatte! Dieser Roman ist ein literarisches Meisterwerk und zugleich eine zeitlose psychologische Studie. Jürgen Margraf « 81

80 kurz und bündig Stephan Schleim GEDANKENLESEN Pionierarbeit der Hirnforschung [Hannover: Heise 2008, 184 S., 18, ] Nein, G&G-Autor Stephan Schleim bewirbt sich nicht um die Nachfolge des Bühnenmagiers Uri Geller, Meister des telepathischen Löffelverbiegens. Der Psychologe und Philosoph untersucht vielmehr, ob und wie Wissenschaftler anhand bestimmter Muster im Gehirn auf subjektive Bewusstseinszustände schließen können. Das Buch informiert umfassend und verständlich über den Stand der Hirnforschung, ohne unnötig auszuschweifen. Es beginnt mit der Geschichte und den wissenschaftlichen Methoden und reicht über Grundlagen- und Anwendungsforschung auch auf umstrittenen Gebieten wie dem der Lügendetektion bis hin zu ihren gesellschaftlichen, ethischen und juristischen Implikationen. Wer das gelesen hat, kann mitreden! Manfred Spitzer, Norbert Herschkowitz WIE BABYS LERNEN [Etsdorf am Kamp: Galila Hörbuchverlag 2007, 70 Min., 14,95] Wie der Nachwuchs lernt und welche Veränderungen sich in den ersten zwölf Lebensmonaten im Säuglingsgehirn vollziehen, erklären der Ulmer Psychiater Manfred Spitzer und der Berner Kinderarzt Norbert Herschkowitz innerhalb von 70 Minuten. Abwechselnd und gelegentlich von Babygebrabbel unterbrochen erläutert das Duo, wann die Kleinen anfangen, Gegenstände zu erkennen, und wie sie mit der Zeit einen eigenen Willen sowie eine Persönlichkeit entwickeln. Dieses Hörbuch ist lebhaft und informativ sowie dank anschaulich dargestellter Experimente und Alltagsbeispiele für Laien wie Vorgebildete empfehlenswert. Tahar Ben Jelloun YEMMA Meine Mutter, mein Kind [Berlin: Berlin Verlag 2007, 208 S., 18, ] Wenn Tahar Ben Jelloun seine alzheimerkranke Mutter füttert, blickt er in tote Augen. In den wirren Fantasien, die Yemma für ihre Vergangenheit hält, erlebt der arabischstämmige Erzähler das alte Marokko seiner Kindheit wieder. Es ist nicht allein das Schicksal der alten Dame, sondern auch die respektvolle arabische Haltung gegenüber den Eltern, die westliche Leser ebenso berührt wie bedrückt: Der demütige Dienst an der Mutter zermürbt, erlaubt ihr aber ein Leben in Würde. Doch auf die Frage nach der Entscheidung zwischen eigenem Opfer und dem Abschieben ins Pflegeheim findet auch dieses Buch keine allgemein gültige Antwort. Franz Reinisch DIE KÖPFE SIND DAS KAPITAL Wissen bilanzieren und erfolgreich nutzen [Heidelberg: Redline Wirtschaft 2007, 231 S., 24,90] Betriebsklima, Mitarbeitermotivation und Kundenbeziehungen als Humankapital in die Unternehmensbilanz aufzunehmen, das ist ein hehres Ziel, zumal für einen Ingenieur. Franz Reinisch stellt wortreich dar, warum Knowhow, Soft Skills und Vitamin B kaum zu überschätzen sind eine Erkenntnis, die allerdings nicht gerade neu ist. Dabei bleibt aber die spannendste Frage offen: Wie lässt sich der Wert des Humankapitals in Euro berechnen? Das erklärt der Autor leider nur knapp anhand abstrakter Modelle. Der Schwerpunkt liegt dagegen auf der Überlegung, wie sich diese»immateriellen Vermögenswerte«Gewinn bringend steigern lassen. 82 G&G 3_2008

81 Rolf Degen DAS ENDE DES BÖSEN Die Naturwissenschaft entdeckt das Gute im Menschen [München: Piper 2007, 302 S., 19,90] Widersprüchliche Natur»Urzeitlich geformte Gefühle«helfen uns, moralisch zu denken und zu handeln del sei der Mensch, hilfreich und»egut«, forderte einst Goethe. Doch im Alltag erreichen wohl nur wenige dieses Ideal. Einige Wissenschaftler haben dafür eine Erklärung parat. Sie behaupten, der Mensch sei eine egoistische Genmaschine, nur bestrebt zu überleben und seine Gene weiterzutragen. Zudem stamme er von wilden Tieren ab und sei noch lange nicht gezähmt. Erfahrungen aus Geschichte und Alltag sowie das Verhalten mancher Manager scheinen diese Annahmen zu bestätigen. Doch so schlecht ist der Mensch gar nicht, glaubt der Soziologe und Psychologe Rolf Degen. In jüngster Zeit haben Forscher so viele gute Seiten an uns entdeckt, dass Degen»das Ende des Bösen«verkündet: Wir haben gute Chancen, das Goethe sche Ideal zu erreichen, denn wir sind von Natur aus durchaus hilfsbereit, ja sogar selbstlos. Und dafür braucht es nach Degen weder den Glauben an einen Gott noch gesellschaftliche Gebote und Verbote: Seine Moralvorstellungen bringt der Mensch bereits mit auf die Welt. Der Journalist Degen hat etliche Untersuchungen zusammengetragen und daraus eine Kernaussage destilliert: Moral gründet sich auf ein Repertoire»urzeitlich geformter Gefühle«. Das Beweismaterial dafür liefern ihm Psychologie, Hirnforschung, Wirtschaftswissenschaften und vergleichende Verhaltensforschung. Als Studienobjekte dienen dabei Verliebte, Verwandte und Kriminelle, die immer wieder als Beispiele für das Gute oder das Böse im Menschen herhalten müssen. So leuchtet auch Degen die bekannten Phänomene aus. Wie schon andere Autoren zieht er beispielsweise klassische Paradigmen wie das Gefangenendilemma heran und sammelt Ergebnisse, die seine Kernthese stützen. Dabei hält er sich nie lange bei einem Gedanken auf. Locker und gut lesbar reiht er die Fakten aneinander und widmet sich Gefühlsregungen wie Scham, Mitleid und Ekel. Der Stil ist journalistisch solide: eine kurze Darstellung, anschaulich untermauert mit Zitaten von Experten. Die systematische theoretische Einordnung fällt jedoch sehr dürftig aus. Der Autor verzichtet darauf ebenso wie auf Ausführungen gesellschaftlicher, politischer oder juristischer Konsequenzen seiner Hypothese. Auch zentrale Begriffe wie die Moral sowie genetische Grundlagen erörtert er nicht hinreichend obwohl der Umschlagtext ausdrücklich betont, dass die Moral in den Genen stecke. Außerdem nimmt sich Degen nicht die Zeit, seine Experten und deren fachlichen Hintergrund vorzustellen. So erfährt der Leser nicht, wes Geistes Kind die Gewährsmänner sind. Der Autor bezieht keine ideologische Gegenposition zum Glauben an das Böse. Das ist kein Nachteil, denn nicht jedes Buch braucht ein ideologisches Korsett. Degen führt uns die widersprüchliche Natur des Menschen vor und erinnert an seine guten Seiten. Es ist nicht das schlechteste Verdienst, wenn er uns hilft, das Gute im Menschen zu erkennen. Olaf Schmidt ist promovierter Biologe und freier Journalist in Duisburg. Alle rezensierten Bücher, CD-ROMs und DVDs können Sie im Science-Shop bestellen Direkt unter: oder per Telefon: Fax: Landesverband Hochbegabung Baden-Württemberg e.v. Engagiert im Bildungswesen seit 10 Jahren Landesverband Hochbegabung Baden-Württemberg e.v. Hochbegabung macht Zukunft Global erfolgreich durch Spitzenleistung Expertenrunden für Wirtschaft und Industrie Veranstalter: Anmeldungen:

82 schaufenster weitere neuerscheinungen KINDER UND FAMILIE Bliersbach, G.: LEBEN IN PATCHWORK-FAMILIEN Halbschwestern, Stiefväter und wer sonst noch dazugehört [Gießen: Psychosozial-Verlag 2007, 198 S., 19,90] Wahlgren, A.: DAS KINDERBUCH Wie kleine Menschen groß werden [Weinheim: Beltz 2007, 800 S., 24,90] Wong, B. Y. L.: LERNSTÖRUNGEN VERSTEHEN Ein Praxishandbuch für Psychologen und Pädagogen [Heidelberg: SAV 2007, 492 S., 39,95] zebothsen, B., Ragosch, V.: STERNENKINDER Wenn eine Schwangerschaft zu früh endet [München: Südwest 2007, 192 S., 17,95] Boris Cyrulnik MIT LEIB UND SEELE Wie wir Krisen bewältigen [Hamburg: Hoffmann & Campe 2007, 272 S., 19,95] HIRNFORSCHUNG UND PHILOSOPHIE Bailer-Jones, D., Dullstein, M., Pauen, S.: KAUSALES DENKEN Philosophische und psychologische Perspektiven [Paderborn: Mentis 2007, 164 S., 28,80] fuchs, T., Vogeley, K., Heinze, M.: SUBJEKTIVITÄT UND GEHIRN [Berlin: Parodos 2007, 300 S., 25, ] Matthiesen, S., Rosenzweig, R.: VON SINNEN Traum und Trance, Rausch und Rage aus Sicht der Hirnforschung [Paderborn: Mentis 2007, 246 S., 29,80] phillips, A.: DARWINS WÜRMER UND FREUDS TOD Über den Sinn des Vergänglichen [Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 2007, 126 S., 12,90] PSYCHOLOGIE UND GESELLSCHAFT Hogan, K.: ÜBERZEUGEN [Bern: Hans Huber 2007, 251 S., 19,95] Janus, U., Janus, L.: ABENTEUER IN ANDEREN WELTEN Fantasy-Rollenspiele: Geschichte, Bedeutung, Möglichkeiten [Gießen: Imago 2007, 336 S., 24,90] Märtin, D.: LOVE TALK Der neue Knigge für zwei [Frankfurt: Campus 2007, 261 S., 17,90] Sack, A.: MANIEREN 2.0. Stil im digitalen Zeitalter [München: Piper 2007, 288 S., 16,90] Psychiatrie und Psychotherapie Lenz, A.: INTERVENTIONEN BEI KINDERN PSYCHISCH KRANKER ELTERN [Göttingen: Hogrefe 2007, 179 S., 24,95] Luepnitz, D. A.: SCHOPENHAUERS STACHELSCHWEINE Psychotherapiegeschichten über die Nähe und ihre Tücken [Gießen: Psychosozial-Verlag 2007, 233 S., 22,90] psychologie heute: THERAPIEN FÜR DIE SEELE Die wichtigsten Psychotherapien für unsere Zeit (3 CDs) [Weinheim: Beltz 2007, 225 Min., 19,90] Resch, F., Brunner, R. G.: BORDERLINE-STÖRUNGEN UND SELBSTVERLETZENDES VERHALTEN BEI JUGENDLICHEN [Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 2007, 231 S., 19,90] LEBENSHILFE UND RATGEBER Mayer, B.: DIE DYNAMIK DER KONFLIKTLÖSUNG Ein Leitfaden für die Praxis [Stuttgart: Klett-Cotta 2007, 295 S., 29,50] petermann, F., Warschburger, P.: RATGEBER ÜBERGEWICHT Informationen für Betroffene, Eltern, Lehrer und Erzieher [Göttingen: Hogrefe 2007, 70 S., 7,95] Weber, R.: WENN DIE LIEBE HILFE BRAUCHT Das Partnerschaftsbuch mit Tests und Übungen [Stuttgart: Klett-Cotta 2007, 160 S., 12,90] Schaar, A. M.: RHETORIK DER VERSTÄNDIGUNG Standardwerk und Ratgeber. Das A und O guter Beziehungen [Norderstedt: Books on Demand 2007, 680 S., 40, ] Blick fürs Detail Das Wechselspiel von Psyche und Gehirn unterm Mikroskop Der in Körper und Seele geteilte Mensch ist Vergangenheit! Gene, Psyche und Umwelt bestimmen, wer wir sind. Dass dieses Menschenbild allerdings nicht gerade neu ist, ignoriert der französische Neuropsychiater und Psychoanalytiker Boris Cyrulnik in seinem jüngsten Werk: Auf knapp 300 Seiten beschreibt er, wie»die Umwelt das Gehirn knetet und einem Organ Gestalt verleiht, das ohne die Umwelt nur eine formlose, unvernetzte Masse bliebe«. Anhand vieler Beispiele aus Alltag und Therapie führt Cyrulnik dem Leser vor Augen, wie eng neurologische und psychische Vorgänge miteinander verzahnt sind und wie sie unsere Fähigkeit zum Glücklichsein beeinflussen. So führt die Wiedervereinigung eines Kindes mit seiner Mutter beispielsweise zur Ausschüttung von Glücksbotenstoffen in dessen Gehirn. Eine überfürsorgliche Mutter jedoch, die ihren Schützling kaum je allein lässt, verhindert ein solches Vergnügen am Wiedersehen. Das Wechselbad der Gefühle ist es, das uns laut Cyrulnik Glück oder Unglück empfinden lässt. Der Autor seziert geradezu das Zusammenspiel von Neuronen und Verhalten oder Genen und Umwelt. Ein Detailreichtum, der dem Buch einerseits zugutekommt, indem er ihm den notwendigen Tiefgang verleiht, andererseits jedoch sein größtes Manko darstellt. Der Neuropsychiater verliert in seiner Liebe zum Detail nämlich den roten Faden ein we 84 G&G 3_2008

83 nig aus den Augen. Abgesehen von der Leib-Seele-Thematik bleibt unklar, worauf er eigentlich hinauswill. Die im Untertitel versprochene Erklärung dafür, wie wir Krisen bewältigen, klingt allenfalls gelegentlich in Beispielen an; ein Fazit zieht der Autor nicht. In fünf Kapiteln behandelt er den Ursprung menschlichen Glücks, die Fähigkeit, sich in andere hineinzuversetzen, das Unterbewusstsein in Psychoanalyse und Kognitionsforschung sowie unseren Umgang mit dem Altern. Dabei kommt er immer wieder zu demselben Schluss: Leib und Seele beeinflussen einander und bestimmen unser Handeln in gleichem Maß! Im Dunkeln lässt uns Cyrulnik außerdem darüber, was Empirie und was Theorie ist. So bleibt unklar, ob es tatsächlich Studien gibt, die belegen, dass die Gehirne von Kindern überfürsorglicher Mütter weniger Glücksbotenstoffe ausschütten, oder ob der Autor diese Aussage theoretisch hergeleitet hat. Auch auf sprachlicher Ebene herrscht ein Durcheinander von literarischen Ergüssen und Fachjargon. Wem Begriffe wie»oxytozin«oder»periaquäduktales Grau«nichts sagen, der ist aufgeschmissen. Ebenso ergeht es dem, der mit den»empfindsamkeiten des Gefühlslebens«nichts anzufangen weiß. Verloren im Dschungel Mit dem Klappentext»Wenn Sie glücklich sein wollen, dürfen Sie nicht um jeden Preis dem Unglück ausweichen«appelliert der Verlag an ein breites Publikum. Nun lässt die Hoffnung auf eine Art Lebensratgeber, der mit Beispielen aus der Hirnforschung angereichert ist, sicherlich manches Herz höherschlagen. Aber um sich in Cyrulniks Dschungel aus Theorie und Empirie, Fachwörtern und literarischen Passagen zurechtzufinden, braucht es eine gehörige Portion fachliches Vorwissen. Vieles, was der Autor zu Papier bringt, lässt einen klugen Kopf vermuten. Das Leseerlebnis gleicht allerdings einem mikroskopisch genauen Blick ins Gehirn des Autors. Man verliert sich in den vielen Verästelungen, ist gleichzeitig fasziniert und überfordert. Sabrina Boll studiert Psychologie in Mainz. TIPP des MONATS Lautenbacher, S., Güntürkün, O., Hausmann, M. (Hg.) GEHIRN UND GESCHLECHT Neurowissenschaft des kleinen Unterschieds zwischen Mann und Frau [Heidelberg: Springer 2007, 358 S., 49,95] Der grosse kleine Unterschied Alles, was Mann und Frau trennt und verbindet Dieses Buch haben wir lange schmerzlich vermisst. Denn bislang war die Diskussion darüber, was Männer und Frauen im Kopf unterscheidet, von Pauschalisierungen geprägt, wenn nicht sogar von Vorurteilen und platten Kalauern. Damit ist es jetzt vorbei. Drei Neuropsychologen ist es zu verdanken, das der»state of the art«der neurowissenschaftlichen Geschlechterforschung kompakt, verständlich und differenziert in einem Buch nachzulesen ist. Ein Muss für jeden, der im Streit um den kleinen Unterschied mitreden will. Den Herausgebern ist gelungen, was sie im Vorwort ankündigen nämlich ein Buch,»das sowohl für Experten interessant ist als auch für Laien lesbar«. Es gliedert sich in drei Abteilungen: Neurobiologie, Psychologie und Pathologie. Dabei kommt alles zur Sprache, was das Thema hergibt: von hormonellen Unterschieden über die verschieden ausgeprägten Talente der Geschlechter beim Denken oder Träumen bis hin zu Anfälligkeiten für Essstörungen, Depressionen und Schizophrenie. Besonders lobenswert: Die referierten Studienergebnisse bleiben nicht wie in wissenschaftlichen Publikationen oft üblich im Elfenbeinturm der Forschung eingeschlossen, sondern werden immer wieder auf den Boden der gesellschaftlichen Kontroverse heruntergeholt. So macht etwa Mitherausgeber Markus Hausmann in seinem Kapitel über kognitive Geschlechterunterschiede klar:»voraussagen über die kognitive Kompetenz eines Individuums allein auf der Basis des Geschlechts sind nicht möglich. Dass eine Geschlechtergruppe für bestimmte Berufe generell besser oder weniger gut geeignet ist, lässt sich aus den Forschungsergebnissen ebenso wenig ablesen.«auch die viel gerühmte weibliche Emotionalität erweist sich eher als hartnäckiges Stereotyp. So zeigen Überblicksstudien,»dass die Ähnlichkeit in der Gehirnaktivierung von Männern und Frauen bei der emotionalen Verarbeitung die Unterschiede deutlich übertrifft«. Ein weiterer entscheidender Faktor: Jenseits der Biologie wird unser Denken und Verhalten stark davon beeinflusst, was wir uns selbst und anderen zutrauen. Frauen beispielsweise, die glauben, sie könnten nicht einparken oder kopfrechnen sie seien eben Frauen, versagen dabei in der Tat eher. Das Bewusstsein bestimmt das Sein die Geschlechterforschung stellt das Marx sche Motto kurzerhand auf den Kopf. Doch wie gelingt es, Unterschiede zur Kenntnis zu nehmen und in Schule, Berufsleben und Medizin zu berücksichtigen, ohne sie in vorschnelle Normen und Stereotype umzumünzen? Vor dieser Aufgabe steht eine wirklich emanzipierte Gesellschaft. Sie erfordert etwas, worüber Männer und Frauen gleichmaßen verfügen: geistige Flexibilität. Steve Ayan ist Diplompsychologe und Redakteur bei G&G. 85

84 Hans-Dieter Gelfert MADAM I M ADAM Eine Kulturgeschichte des englischen Humors [München: Beck 2007, 239 S., 9,95] Die Lust am Subversiven Der trockene englische Nonsens untergräbt die Macht von Normen und Autoritäten ass die Deutschen keinen Humor»Dhaben, ist in den Augen der Briten eine erwiesene Tatsache«, so beginnt der Autor seinen Vergleich besagter Nationen in Sachen Witz.»Englisch«gelte eben als Qualitätsmerkmal für Komik diesseits und jenseits des Ärmelkanals, mit dem bierseligen deutschen Frohsinn eines Oktoberfests auf der einen Seite und dem trockenen schwarzen Humor auf der anderen. An Beispielen mangelt es dem Autor nicht: etwa aus Shakespeares Drama»Macbeth«, in dem nach einem grausamen Mord ein Ohrenzeuge über die nächtliche Ruhestörung klagt. Doch bevor der Anglist und Philosoph Hans-Dieter Gelfert die englische Humorgeschichte durchwandert, wird zunächst gründlich definiert: Was verstehen wir unter Witz und Humor und warum lacht der Mensch überhaupt? In seine geistes-, sozial- und naturwissenschaftlichen Darstellungen streut der Autor viele handfeste Beispiele ein, darunter rund 40 Karikaturen und viele obszöne Limericks. Was haben nun Jane Austens Iro- nie, die Nonsens-Komik von»monty Python s Flying Circus«und der exzentrische Mr. Bean gemeinsam? Gelfert betont vor allem die subversive Lust der Engländer am»nonsense«(englisch für Unsinn) und eine die Grenze zur Geschmacklosigkeit oft überschreitende Respektlosigkeit, welche die Macht von Nor men und Autoritäten untergräbt. Damit erklärt er auch, warum der englische Humor spätestens seit dem Film»Das Leben des Brian«von 1979, der die Lebensgeschichte Jesu ins Lächerliche zieht, bei Jugendlichen so beliebt ist: Er ist aufmüpfig und anarchisch. Engländer lachen gegen die Ordnung, beim deutschen»gemütlichkeitshumor«aber verhalte es sich genau umgekehrt. Wer das zu klischeebeladen findet, dem gibt der Autor sogar ausdrücklich Recht doch gehe es hier eben um den für eine ganze Nation»typischen«Humor. Dieser manifestiere sich etwa im deutschen Fernsehprogramm zum Jahreswechsel: Seit 1974 läuft am Silvesterabend»Dinner for One«, ein 20-minütiger Sketch über ein Abendessen zum 90. Geburtstag einer Dame. Doch in der englischen Heimat ist diese Komödie vor allem für ihren Erfolg in Deutschland bekannt. Auf der Insel lacht man laut Gelfert höchstens einmal während des Films: wenn der betrunkene Butler, während er die Dame des Hauses am Ende des Abends zum Schlafzimmer begleitet, seufzend lallt:»i ll do my very best.«hier zu Lande klopfen sich die Zuschauer dagegen immer dann auf die Schenkel, wenn der Butler über den Tigerkopf stolpert oder den Wein neben das Glas schüttet und das nicht nur, weil sie eigentlich auf amerikanischen Slapstick stehen, sondern weil sie auch noch glauben, das sei englischer Humor. Nach der Lektüre dieses Buchs dürften sich wohl nur diejenigen Leser nicht in ihrem humoristischen Stolz gekränkt fühlen, in deren DVD-Regal sich die gesammelten Werke von Monty Python stapeln. Doch selbst wer deutsche Comedy- Shows auf den Privatsendern vorzieht, wird auf dieser abwechslungsreichen Lesereise seinen Spaß haben und viel über kulturell begründete Nuancen der Komik lernen. Christiane Gelitz ist Psychologin und Redakteurin bei G&G. karikatur von john donegan/abbildung aus dem besprochenen band 86 G&G 3_2008

85 Franz M. Wuketits DER FREIE WILLE Die Evolution einer Illusion [Stuttgart: S. Hirzel 2007, 180 S., 22, ] verborgene Vorentscheidung Der freie Wille mag eine Illusion sein aber eine nützliche! aben Sie einen freien Willen? Die Hmeisten Menschen bejahen diese Frage spontan. Die Vorstellung, aus mehreren Alternativen die beste Option frei auswählen zu können, bildet die Grundlage für alle Ideen von persönlicher Freiheit. Wie schwach diese Basis allerdings tatsächlich ist, zeigt der Wiener Wissenschaftstheoretiker Franz Wuketits in seinem aktuellen Werk auf. Seit den Experimenten des amerikanischen Hirnforschers Benjamin Libet ( ) Ende der 1970er Jahre wissen wir, dass der bewussten Willensentscheidung des Menschen eine unbewusste, nicht willentlich steuerbare Aktivität im Gehirn vorausgeht. In seinen Experimenten ließ Libet Versuchspersonen eine einfache Handbewegung ausführen. Dabei konnte er nachweisen, dass das Gehirn eines Probanden bereits circa eine halbe Sekunde vor dem Zeitpunkt aktiv wird, zu dem die Testperson bewusst die vermeintlich freie Entscheidung trifft, ihre Hand zu bewegen. Wuketits schließt daraus, dass die willentliche Handlung unbewusst gesteuert wird:»bevor wir die Hand bewegen, haben tief in unserem Gehirn uns nicht bewusste Prozesse die Bewegung bereits entschieden.«zwar haben Kritiker die Implikationen von Libets Befunden, die sich auch bei späteren Wiederholungen unter verbesserten Bedingungen replizieren ließen, vielfach in Frage gestellt. Unter anderem verwiesen sie auf die Bedeutung von Emotionen für die Willensentscheidung. Doch ein bewusst erfahrener Zorn ändere nichts an den vorausgehenden, ihn bewirkenden Vorgängen. Für Wuketits stellen solche Überlegungen nicht die aus seiner Sicht grundlegende Gewissheit in Frage, dass das, was wir als Willenshandlung ansehen, nur Ausdruck von neuronalen Vorentscheidungen ist, die sich unserer bewussten Kontrolle entziehen. Auf 180 Seiten legt das Buch dar, wie sich die Illusion eines freien Willens im Lauf der Menschheitsgeschichte entwickeln konnte. Unser Gefühl von Freiheit sei demnach bloß»eine Folge der Evolution durch natürliche Auslese, die uns eben deshalb mit diesem Gefühl ausgestattet hat, weil es uns Vorteile bringt«. Doch das bedeute nicht, dass unser Wille tatsächlich frei sei. Der Wissenschaftstheoretiker räumt allerdings ein, dass uns diese gefühlte Freiheit durchaus einen Nutzen bieten kann etwa indem sie uns das Gefühl erlaubt, eigene Entscheidungen treffen und so unserem Leben einen Sinn geben zu können. Das Problem der Schuld Wie weit reichend die gesellschaftlichen Konsequenzen sind, die sich aus der Verneinung der Willensfreiheit ergeben, beschreibt nicht zuletzt jenes Kapitel des Buchs, in dem sich Wuketits über die Frage der Schuldfähigkeit von Straftätern auslässt. Wie soll eine Gesellschaft mit Kriminellen umgehen, wenn die Idee der Willensfreiheit einmal endgültig verworfen wird? Dieser Abschnitt gehört zu den interessantesten des insgesamt sehr lesenswerten Werks. Als Fazit bleibt am Ende der Lektüre: Die Vorstellung von Willensfreiheit ist zwar ein Konstrukt, jedoch eines, das uns im Leben durchaus weiterhelfen kann. Oder mit den Worten des Autors:»Wer glaubt, über einen freien Willen zu verfügen, darf das getrost auch weiterhin tun.«diejenigen aber, die nicht (mehr) daran glauben, bräuchten deswegen auch nicht zu verzweifeln. Thomas Trösch ist Historiker und Wissenschaftsjournalist in Düsseldorf. 52. Wissenschaftliche Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Klinische Neurophysiologie und funktionelle Bildgebung Schwerpunktthemen * Multimodale Bildgebung in der Neurologie, Psychiatrie und Neurochirurgie (Integrative Verfahren mit MRT, PET, MEG EEG, TMS und Ultraschall) * Neue klinischneurophysiologische Verfahren * Plastizität und Rehabilitation * Epilepsie: Neue Aspekte in der Diagnostik und Therapie * Molekulare und genetische Bildgebung: Klinische Perspektiven * Neurobiologie des Gedächtnisses: Lernen, Erinnern, Vergessen in der Jugend und im Alter * Neurobiologie der Emotion und Motivation * Kernspintomographie mit Ultrahochfeldgeräten: Klinische Perspektiven * Neuromodulation und Neuroprothetik * Tiefe Hirnstimulation in der Neurologie und Psychiatrie * Bildgebungsgestützte minimalinvasive Operationstechniken mit Richard-Jung-Kolleg April 2008 Magdeburg Alle Informationen zum Kongress unter

86 impressum marktplatz Herausgeber: Dr. habil. Reinhard Breuer Chefredakteur: Dr. Carsten Könneker (verantwortlich) Artdirector: Karsten Kramarczik Redaktion: Dr. Katja Gaschler (stellv. Chefredakteurin), Dr. Hartwig Hanser (Chef vom Dienst), Dipl.-Psych. Steve Ayan (Textchef), Dr. Andreas Jahn (Online-Koordinator), Dipl.-Psych. Christiane Gelitz, Dipl.-Theol. Rabea Rentschler (freie Mitarbeit) Schlussredaktion: Katharina Werle (Ltg.), Christina Peiberg (stellv. Ltg.), Sigrid Spies Bildredaktion: Alice Krüßmann (Ltg.), Anke Lingg, Gabriela Rabe Layout: Anke Heinzelmann, Claus Schäfer Redaktionsassistenz: Anja Albat, Eva Kahlmann, Ursula Wessels Redaktionsanschrift: Postfach , Heidelberg Tel.: , Fax: Wissenschaftlicher Beirat: Prof. Dr. Manfred Cierpka, Institut für Psychosomatische Kooperationsforschung und Familientherapie, Universität Heidelberg; Prof. Dr. Angela D. Friederici, Max-Planck-Institut für neuropsychologische Forschung, Leipzig; Prof. Dr. Jürgen Margraf, Abteilung für klinische Psychologie und Psychotherapie, Universität Basel; Prof. Dr. Michael Pauen, Institut für Philosophie, Universität Magdeburg; Prof. Dr. Frank Rösler, Fachbereich Psychologie, Philipps- Universität Marburg; Prof. Dr. Gerhard Roth, Institut für Hirnforschung, Universität Bremen; Prof. Dr. Henning Scheich, Leibniz-Institut für Neurobiologie, Magdeburg; Prof. Dr. Wolf Singer, Max-Planck-Institut für Hirnforschung, Frankfurt/Main; Prof. Dr. Elsbeth Stern, Institut für Lehr- und Lernforschung, ETH Zürich Herstellung: Natalie Schäfer, Tel.: Marketing: Annette Baumbusch (Ltg.), Tel.: , Einzelverkauf: Anke Walter (Ltg.), Tel.: Verlag: Spektrum der Wissenschaft Verlagsgesellschaft mbh, Postfach , Heidelberg, Hausanschrift: Slevogtstraße 3 5, Heidelberg, Tel.: , Fax: , Amtsgericht Mannheim, HRB Verlagsleiter: Dr. Carsten Könneker, Richard Zinken (Online) Geschäftsleitung: Markus Bossle, Thomas Bleck Leser- und Bestellservice: Tel.: , service@spektrum.com Vertrieb und Abonnementsverwaltung: Spektrum der Wissenschaft Verlagsgesellschaft mbh, c/o ZENIT Pressevertrieb GmbH, Postfach , Stuttgart, Tel.: , Fax: , spektrum@zenit-presse. de, Vertretungsberechtigter: Uwe Bronn Bezugspreise: Einzelheft: 7,90, sfr 15,40, Jahresabonnement Inland (10 Ausgaben): 68,00, Jahresabonnement Ausland: 73,00, Jahresabonnement Studenten Inland (gegen Nachweis): 55,00, Jahresabonnement Studenten Ausland (gegen Nachweis): 60,00. Zahlung sofort nach Rechnungserhalt. Postbank Stuttgart, BLZ , Konto Die Mitglieder des Vereins zur Förderung der Erforschung des menschlichen Gehirns e. V., der DGPPN, des VdBiol, der GNP, der DGNC, der GfG, der DGPs, der DPG, des DPTV, des BDP, der GkeV, der DGPT, der Turm der Sinne ggmbh sowie von Mensa in Deutschland erhalten die Zeitschrift G&G zum gesonderten Mitgliedsbezugspreis. Anzeigen/Druckunterlagen: Karin Schmidt, Tel.: , Fax: , schmidt@spektrum.com Anzeigenpreise: Zurzeit gilt die Anzeigenpreisliste Nr. 7 vom Gesamtherstellung: Vogel Druck und Medien Service GmbH & Co. KG, Höchberg»Babys verstehen und fördern«bildet den Auftakt einer vierteiligen Gehirn&Geist- Serie zum Thema Kindesentwicklung. Es folgen in halbjährlichem Rhythmus: >> G&G-Serie Kindesentwicklung 2: Kleinkindalter >> G&G-Serie Kindesentwicklung 3: Schulzeit >> G&G-Serie Kindesentwicklung 4: Jugend und Pubertät Wissen aus erster Hand In unserer Anzeigenrubrik können Sie zu besonders günstigen Konditionen auf Ihre Angebote hinweisen. Wollen auch Sie Ihre Produkte oder Dienstleistungen hier vorstellen? Wir beraten Sie gern! Karin Schmidt schmidt@gehirn-und-geist.de Anja Albat albat@gehirn-und-geist.de Telefon: Anzeigenschluss für den»marktplatz«: 20. Februar 2008 (G&G 4/2008, erscheint am 18. März 2008) 26. März 2008 (G&G 5/2008, erscheint am 22. April 2008) Sämtliche Nutzungsrechte an dem vorliegenden Werk liegen bei der Spektrum der Wissenschaft Verlagsgesellschaft mbh. Jegliche Nutzung des Werks, insbesondere die Vervielfältigung, Verbreitung, öffentliche Wiedergabe oder öffentliche Zugänglichmachung, ist ohne die vorherige schriftliche Einwilligung der Spektrum der Wissenschaft Verlagsgesellschaft mbh unzulässig. Jegliche unautorisierte Nutzung des Werks berechtigt die Spektrum der Wissenschaft Verlagsgesellschaft mbh zum Schadensersatz gegen den oder die jeweiligen Nutzer. Bei jeder autorisierten (oder gesetzlich gestatteten) Nutzung des Werks ist die folgende Quellenangabe an branchenüblicher Stelle vorzunehmen: 2008 (Autor), Spektrum der Wissenschaft Verlagsgesellschaft mbh, Heidelberg. Jegliche Nutzung ohne die Quellenangabe in der vorstehenden Form berechtigt die Spektrum der Wissenschaft Verlagsgesellschaft mbh zum Schadensersatz gegen den oder die jeweiligen Nutzer. Für unaufgefordert eingesandte Manuskripte und Bücher übernimmt die Redaktion keine Haftung; sie behält sich vor, Leserbriefe zu kürzen. Bildnachweise: Wir haben uns bemüht, sämtliche Rechteinhaber von Abbildungen zu ermitteln. Sollte dem Verlag gegenüber dennoch der Nachweis der Rechenschaft geführt werden, wird das branchenübliche Honorar nachträglich gezahlt. ISSN G&G 3_2008

87 winters nachschlag Uli Winters ist Diplomkünstler und geht so bald nicht wieder einen Anzug kaufen. superman ist wassermann Die Sterne lügen nicht! Nur drücken sie sich manchmal etwas unklar aus. Anscheinend bin ich anders als der Rest der Menschheit. Das wurde mir letzte Woche wieder mal bewusst, als ich spontan beim Herrenausstatter meines Vertrauens vorbeischaute. Da hingen mehr als hundert ausgesprochen schicke, im Preis massiv reduzierte Anzüge, von denen mir kein einziger passte. Während der Verkäufer umständlich nach einer höflichen Alternativformulierung für»kein Wunder, bei Ihrer vermurksten Figur!«suchte, fiel mein Blick auf einen blassrosafarbenen Kommunionsanzug für 630 Euro. Der gute Mann packte die Gelegenheit beim Schopf:»Das ist etwas Außergewöhnliches! Wie geschaffen für einen Individualisten wie Sie!«, schleimte er euphorisch. Minuten später verließ ich den Laden verarmt, aber im Besitz des brüllhässlichen Monstrums. Mit meinen letzten Euros genehmigte ich mir in einer Bar einen Kaffee und versuchte die bohrende Frage zu verdrängen, ob ich gerade einen katastrophalen Fehlkauf getätigt hatte. Um auf andere Gedanken zu kommen, las ich Edgar Wunders Artikel über Astrologie (siehe S. 16). Und stellte prompt fest, dass ich mich erneut am äußersten Zipfel der Gesellschaft befand! Ich interessiere mich nämlich nicht im Geringsten für Horoskope und kann mir nicht mal mein eigenes Sternzeichen merken, was laut der Internetumfrage auf der G&G-Homepage lediglich auf eine mickrige Minderheit von nicht einmal drei Prozent der Leser zutrifft. Getrieben von der Sehnsucht, endlich einmal dem Mainstream anzugehören, beschloss ich, ab sofort an Horoskope zu glauben, und griff zu einem Frauenmagazin.»Vorsicht in Finanzfragen!«, ermahnte mich dort meine Wochenprognose.»Vermeiden Sie halbherzige Spontankäufe!«Volltreffer! Ich war beeindruckt.»seien Sie offen für neue Bekanntschaften«, las ich weiter, und:»sie gewinnen eine Erkenntnis!«In der Tat: Ich erkannte schlagartig, dass ich die faszinierende Hellsicht der Horoskope mein Leben lang zu Unrecht missachtet hatte. Neugierig wandte ich mich also wieder dem Astrologieartikel zu, war jedoch bitter enttäuscht zu lesen, dass auch erfahrene Astrologen nicht in der Lage seien, das Sternzeichen eines Gegenübers zu erraten. Weil ich a) der Sache auf den Grund gehen wollte und b) außerdem ja offen für neue Bekanntschaften sein sollte, winkte ich die Kellnerin heran. Ihre klasse Figur hatte damit natürlich nichts zu tun.»welches Sternzeichen bin ich?«, strahlte ich sie an.»skorpion!«, erwiderte sie wie aus der Pistole geschossen.»fast!«, rief ich begeistert und forderte sie auf, es noch einmal zu versuchen, wobei ich eine Kuchengabel wie einen Dreizack in die Höhe hielt. Und tatsächlich: Nachdem sie sicher nur aus Nervosität Widder, Löwe, Waage und Fische geraten hatte, kam sie sofort auf:»wassermann!«hatte ich es doch geahnt, dass es mehr zwischen Himmel und Erde gibt, als mancher bornierte Wissenschaftsgläubige wahrhaben will! Da fiel ihr Blick auf die durchsichtige Plastiktüte mit meinem neuen Anzug darin.»ich brauche noch eine Verkleidung für unsere Karnevalsparty heute Abend von welchem Kostümverleih haben Sie das?«diese Gelegenheit ließ ich mir nicht entgehen! Als Dank für den überlassenen Konfirmationsanzug lud sie mich denn auch wie erhofft zu ihrer Party ein. Am Nachmittag durchstöberte ich zu Hause das Altpapier und fand eine Tageszeitung drei Wochen alt, aber mit Horoskop.»Sie werden etwas Unwichtiges verlieren, aber etwas Wichtiges gewinnen!«, orakelte es in der Wassermann-Rubrik. Hatte ich gar im Tausch mit dem unsäglichen Anzug in der hübschen Kellnerin die Frau meines Lebens gefunden? Ich verkleidete mich mit Hilfe ausgebeulter Gymnastikleggings, eines roten Bademantels und einer Bademütze in Superman und machte mich auf den Weg zu ihrer Wohnung. Kaum war ich jedoch über die Schwelle getreten, blieb ich wie angewurzelt stehen: Rund ein Dutzend Personen starrte mich verständnislos an allesamt in seriöse Abendgarderobe gekleidet. Offenbar war die Kostümierung rein optional. Außer mir war nur noch ein muskelbepackter Hüne verkleidet, den die Kellnerin mir als ihren Lebensgefährten vorstellte. Er steckte in meinem ihm viel zu kleinen, rosafarbenen Anzug, auf den jemand mit einem schwarzen Filzschreiber etwa 15-mal»Alaaf!«geschrieben hatte. Auf dem augenblicklich angetretenen Nachhauseweg zermarterte ich mir den Kopf, was ich denn nun so Wichtiges gewonnen haben könnte. Vielleicht steht es ja heute in meinem Horoskop! GEHIRN&GEIST 05_07 89

88 vorschau ı g&g 4_2008 erscheint am 18. März (Kein) Sex im 21. Jahrhundert? Nie war Sex präsenter als heute. Dennoch verzichten immer mehr Menschen darauf. Ein Widerspruch? Der Heidelberger Psychologe Peter Fiedler erklärt die Ursachen der Lustlosigkeit und was gegen die zunehmende Langeweile in Deutschlands Betten hilft. Ein weiterer Trend: Junge Erwachsene bauen wieder stärker auf Monogamie als die Generation ihrer Eltern. Steht uns eine Renaissance der Treue ins Haus? Lev Dolgatshjov / Fotolia Abschied für immer Meist ist es der Tod der Großeltern oder eines geliebten Haustiers, der Kinder das erste Mal mit dem Ende des Lebens konfrontiert. Mit etwa acht Jahren begreifen sie, dass alle Menschen sterben müssen. Wie können Eltern und Lehrer sie bei dieser Erfahrung unterstützen? Aus Fehlern klug Muss man einen Fehler selbst machen, um daraus zu lernen? Wie wir mit Missgriffen umgehen, interessiert neuerdings auch Neuroforscher. Sie analysieren, was im Gehirn geschieht, wenn wir falschliegen Schmerzes bruder Jeden juckt es mal. Den einen beim Anblick eines Flohs, den anderen wegen eines Ekzems und einige wenige fast pausenlos. Um diesen Bedauernswerten zu helfen, ergründen Forscher die Ursachen des Kratzbedürfnisses. Mit Erfolg: Heute wissen wir, wie Juckreiz entsteht und im Körper weitergeleitet wird. Und auch einer effektiven Therapie sind Mediziner bereits nähergekommen Boo Joo / Fotolia G&G-Newsletter Wollen Sie einmal im Monat über Themen und Autoren des neuen Hefts informiert werden? Wir halten Sie gern auf dem Laufenden: per und natürlich kostenlos. Registrierung unter Die Macht der Räume Warum fühlen wir uns in einem Zimmer inspiriert, in einem anderen entspannt und in einem dritten einfach unbehaglich? Wohnpsychologen untersuchen, wie Farben, Licht und Einrichtung auf Geist und Psyche wirken 90 G&G 3_2008

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