Brandenburgisches Oberlandesgericht
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- Heinrich Bruhn
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1 10 WF 311/07 u. 10 WF 2/08 Brandenburgisches Oberlandesgericht 6 F 556/07 Amtsgericht Bernau Brandenburgisches Oberlandesgericht Beschluss In der Familiensache des Herrn H Sch, - Verfahrensbevollmächtigte: Rechtsanwältin Antragsteller, Beschwerdeführer und Beschwerdegegner, g e g e n Frau A Sch, Antragsgegnerin, Beschwerdegegnerin und Beschwerdeführerin, - Verfahrensbevollmächtigte: Rechtsanwälte
2 - 2 - hat der 2. Senat für Familiensachen des Brandenburgischen Oberlandesgerichts durch die Richterin am Oberlandesgericht Dr. Liceni-Kierstein als Einzelrichterin am 17. Januar 2008 b e s c h l o s s e n: 1. Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Teilabhilfebeschluss des Amtsgerichts Strausberg vom 28. November 2007 aufgehoben, soweit darin der Beschluss des Amtsgerichts Strausberg vom 17. Oktober 2007 teilweise abgeändert wird. 2. Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Amtsgerichts Strausberg vom 17. Oktober 2007 wird zurückgewiesen. 3. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens fallen dem Antragsteller zur Last. 4. Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf festgesetzt. Gründe Das Rechtsmittel der Antragsgegnerin hat in vollem Umfang Erfolg. Dasjenige des Antragstellers führt nicht zum Erfolg. I. Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen die teilweise Abhilfeentscheidung des Amtsgerichts ist zulässig und begründet. Es hat bei der Entscheidung vom zu bleiben. Danach hat der Antragsteller der Antragsgegnerin den sofortigen Zutritt zum ehelichen Haus zu verschaffen und ihr für das ausgewechselte Türschloss einen Schlüssel auszuhändigen. 1. Der Anspruch der Antragsgegnerin auf Einräumung des Besitzes ergibt sich aus 1011, 985 BGB. Aus Gründen der Sachnähe, Praktikabilität und Verfahrensökonomie besteht eine Zu-
3 - 3 - ständigkeit des Familiengerichts auch für diesen Teil des Verfahrensgegenstands BGB (vgl. hierzu Palandt/Brudermüller, BGB, 67. Auflage, 1361 b, Rn. 18). Unstreitig sind die Parteien Miteigentümer. Jeder Miteigentümer kann gegenüber dem anderen sein Anteilsrecht geltend machen, z. B. auf Einräumung des Besitzes aus 985 BGB (vgl. hierzu Palandt/Bassenge, BGB, a.a.o., 1011, Rn. 11). Die Antragsgegnerin kann daher verlangen, dass ihr Zutritt zu dem den Parteien gemeinschaftlich gehörenden Haus verschafft wird. Dem steht nicht entgegen, dass die Parteien Ehegatten sind. Allerdings ist streitig, in welchem Verhältnis 1361 b BGB zu 985 BGB steht. Es ist der Auffassung der Vorzug zu geben, wonach beide Ansprüche nebeneinander geltend gemacht werden können, allerdings der Regelungsgehalt des 1361 b BGB auch bei Geltendmachung anderer Ansprüche zu berücksichtigen ist (vgl. hierzu Haußleiter/Schulz, Vermögensauseinandersetzung bei Trennung und Scheidung, 4. Auflage, Kapitel 4, Rn. 178; OLG Karlsruhe, FamRZ 2001, 760). Der Regelungsgehalt von 1361 b BGB spricht hier nicht gegen die Einräumung des Mitbesitzes an der Ehewohnung. Die Berücksichtigung des Regelungsgehaltes bedeutet nämlich nicht - wie das Amtsgericht in seiner teilweisen Abhilfeentscheidung offenbar meint -, dass dem gestellten Antrag nur entsprochen werden kann, wenn zugleich die Voraussetzungen von 985 BGB und 1361 BGB auf Seiten der Antragsgegnerin vorliegen. Im Gegenteil ist zu prüfen, ob die Einräumung des Mitbesitzes nicht gerechtfertigt ist und deshalb zu unterbleiben hat, weil sich der andere Ehegatte - hier der Antragsteller - auf 1361 b BGB berufen kann. Es stellt für den Antragsteller keine unbillige Härte im Sinne von 1361 b BGB dar, wenn er der Antragsgegnerin den Mitbesitz einräumt. Das Haus hat eine Gesamtfläche von 800 qm und verfügt über 23 Zimmer. Es gelingt vielen Ehegatten, auf wesentlich engerem Raum innerhalb einer Ehewohnung, die noch dazu von Kindern mitbewohnt wird, getrennt zu leben. Auch angesichts des möglicherweise ungewöhnlichen Zuschnitts des Hauses ist es für den Antragsteller keinesfalls unzumutbar, der Antragsgegnerin den Zutritt zu der Ehewohnung einzuräumen. Ob ein Alleinnutzungsanspruch der Antragsgegnerin besteht - was angesichts
4 - 4 - der Größe des Hauses der Parteien eher fern liegt - ist hier nicht zu entscheiden. Denn die Antragsgegnerin will das Haus nach ihrem Vorbringen nur mitbenutzen. 2. Der Antragsteller hat keine ausreichenden Gesichtspunkte vorgetragen, die es erfordern, die Antragsgegnerin während der Dauer des Getrenntlebens von der Mitbenutzung des gemeinsamen Hauses auszuschließen. Dies würde einen Anspruch des Antragstellers zur Alleinnutzung der Ehewohnung voraussetzen. Dafür wäre wiederum erforderlich, dass die Ehewohnungszuweisung an den Antragsteller allein notwendig ist, um eine unbillige Härte zu vermeiden. Ein solcher Grund im Sinne von 1361 b Abs. 1 BGB liegt hier jedoch nicht vor. Entgegen seiner Auffassung kann der Antragsteller die Überlassung des gesamten Hauses zur Alleinnutzung nicht mit der Begründung beanspruchen, dass die Antragsgegnerin bei ihrem Auszug im Jahr 2007 bereits Hausratsgegenstände zur Einrichtung ihrer neuen Wohnung in B mitgenommen habe. Es sei zu befürchten, dass die Antragsgegnerin die Mitnahme von Sachen ohne Abstimmung nach einer Zutrittsgewährung fortsetze. Derartige Umstände machen die Wiedereinräumung des Mitbesitzes an die Antragsgegnerin nicht zu einer unerträglichen Belastung für den Antragsteller. Der Zweck des 1361 b BGB liegt nicht im Eigentums- oder Besitzschutz. Der Besorgnis der Ausräumung der Ehewohnung durch die Antragsgegnerin ist vom Antragsteller durch andere geeignete Maßnahmen, etwa im Rahmen eines Hausratsverfahrens, zu begegnen. Auch der Vortrag des Antragstellers, es bestehe die Gefahr, dass sich die Antragsgegnerin durch die wahrheitswidrige Behauptung einer Gewaltanwendung durch ihn in eine für das Hauptsacheverfahren günstige Position zu bringen versuche, reicht vorliegend als Rechtfertigungsgrund für die Versagung des Zutritts bzw. das geltend gemachte Recht zur Alleinbenutzung des Hauses gemäß 1361 b BGB nicht aus. Angesichts der Größe des Hauses und der Anzahl von Zimmern bzw. der vorhandenen mehreren Bäder würde eine Aufteilung des Hauses während des Getrenntlebens ausreichen, um eine etwaige unbillige Härte für den Antragsteller zu vermeiden. Es mag sein, dass - wie von dem Antragsteller vorgetragen - nur eine Küche in dem gesamten Haus vorhanden ist. Hierüber
5 - 5 - aber könnte durch eine zeitlich gestaffelte Nutzungsweisung an beide Parteien eine Regelung getroffen werden. Damit aber ließen sich die Berührungspunkte der Parteien auf ein Minimum reduzieren. Die verbleibenden bloßen Unannehmlichkeiten sind hinzuzunehmen. Solche treten im Zusammenhang mit einer in der Auflösung befindlichen Ehe regelmäßig auf. Im Übrigen ist es - gerade auch im Interesse der vier gemeinsamen Kinder - beiden Parteien zuzumuten, dass sie sich in dem für alle Beteiligten genügend großen Haus miteinander arrangieren. Insbesondere sind den Parteien im Kindeswohlinteresse eigene Beiträge für eine wohnatmosphärische Beruhigung abzuverlangen. 3. Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts steht der von der Antragsgegnerin begehrten Einräumung des Zutritts zu dem gemeinsamen Haus nicht entgegen, dass sie mittlerweile eine Wohnung in B in einer Gesamtgröße von ca. 228 qm zu ihrem Lebensmittelpunkt gemacht hat. Das Haus der Parteien ist H erfüllt gleichwohl den Begriff der Ehewohnung im Sinne von 1361 b BGB. Nach ihrem ausdrücklichen Vorbringen will die Antragsgegnerin das Haus zusammen mit den Kindern insbesondere an Wochenenden weiter nutzen. Zwar wollte die Hausratverordnung von 1944 Notlagen, die durch zu knappen Wohnraum entstanden sind, schnell und zweckmäßig lösen. Zur Verteilung von Wochenend- und Ferienhäusern wurde die Hausratsverordnung nicht geschaffen. Die Auslegung des Begriffs Ehewohnung muss sich jedoch den geänderten Wohn- und Lebensbedürfnissen anpassen. Ein nicht ganz unerheblicher Teil der Stadtbevölkerung sucht für das Wochenende, die Freizeit und die Ferien auf Dauer wohnliche Erholungsmöglichkeiten. Andere Eheleute haben aus beruflichen Gründen verschiedene Wohnsitze. Es ist nirgends festgelegt, dass eine Ehewohnung nur der räumliche Mittelpunkt des familiären Lebens sein kann. Ehepartner können zwei oder auch mehrere Schwerpunkte haben, wo sie in ehelicher Gemeinschaft zusammenleben. Eine Ehewohnung ist daher begrifflich schon dann gegeben, wenn die Räumlichkeiten von beiden Eheleuten mit einer gewissen Regelmäßigkeit zeitweise genutzt werden. Auch ein Wochenendhaus und eine Ferienwohnung können danach, wenn die Ehepartner dort einen Schwerpunkt ihres Lebens haben, als Ehewohnung angesehen werden (vgl. hierzu Haußleiter/Schulz, a.a.o., Rn. 9).
6 - 6 - Das Haus in H war nach dem unstreitigen Sachvortrag beider Parteien der Ort, wo die Parteien bis zum Auszug der Antragsgegnerin in ehelicher Gemeinschaft zusammenlebten. Beide Parteien wollen weiterhin einen Schwerpunkt ihres Lebens in H beibehalten. Gerade auch unter den gegebenen überdurchschnittlichen Einkommens- und Vermögensverhältnissen der Parteien ändert daher der Umstand, dass das Haus in H sowohl von dem während der Woche in F lebenden Antragsteller als auch der nach B umgezogenen Antragsgegnerin nur an Wochenenden bzw. an einzelnen Tagen genutzt wird bzw. genutzt werden soll nichts an seiner bisherigen rechtlichen Einordnung als Ehewohnung. 4. Der Antragsteller hat mit Schriftsatz vom selbst vorgetragen, dass er der Antragsgegnerin bereits im August 2007 den Zutritt zu dem gemeinsamen Haus untersagt habe. Dem Antragsteller steht jedoch - wie vorstehend ausgeführt - kein Recht zur Alleinnutzung des Hauses zu. Damit hat der Antragsteller der Antragsgegnerin den Zutritt zu der Ehewohnung im Wege der verbotenen Eigenmacht entzogen (vgl. hierzu Palandt/Brudermüller, a.a.o., 1361 b BGB, Rn. 18). Die Antragsgegnerin kann folglich die vom Amtsgericht mit dem angefochtenen Beschluss vom zu Recht angeordnete Wiedereinräumung des Mitbesitzes an dem Haus verlangen. Dazu gehört auch, dass der Antragsteller ihr einen Schlüssel aushändigt, soweit vom ihm ein Haustürschloss ausgewechselt worden ist. Dass Amtsgericht hat dies daher zu Recht gemäß 15 Hausratsverordnung mit angeordnet. Auch wenn der Antragsteller selbst nur noch über einen Schlüssel für das ausgewechselte Schloss verfügen sollte, so ist er jedenfalls in der Lage, einen entsprechenden Schlüssel für die Antragsgegnerin nachmachen zu lassen. Daran ändert auch der Umstand, dass es sich um eine Schließanlage handelt, nichts. 5. Die Antragsgegnerin konnte ihr Begehren vorliegend auch im Wege der einstweiligen Anordnung nach 621 g ZPO durchsetzen. Der Antragsteller hat mit Schriftsatz vom ein Hauptsacheverfahren zur Regelung der Wohnungsbenutzung ( 1361 b BGB, 18 a Hausratverordnung) anhängig gemacht. Der Umstand, dass die Antragsgegnerin freiwillig aus der Ehewohnung ausgezogen ist, führt nicht zu einer abweichenden Beurteilung, da sie die Ehewohnung jedenfalls zeitweise weiter mitbenutzen will. Sie hat ihre Rückkehrabsicht ausdrücklich bekundet (vgl. hierzu Johannsen/Henrich, Eherecht, 4. Auflage, 1361 b BGB, Rn. 22).
7 - 7 - II. Die zulässige sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen die Entscheidung des Amtsgerichts vom ist nicht begründet. 1. Soweit es um den Hauptantrag des Antragstellers geht, wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die vorstehenden Ausführungen Bezug genommen. 2. Den Hilfsantrag des Antragstellers hat das Amtsgericht ebenfalls zu Recht in seinem Beschluss vom zurückgewiesen. Der Antragsteller hat mit Schriftsatz vom den Erlass einer einstweiligen Anordnung begehrt, mit der der Antragsgegnerin untersagt werden soll, aus der Ehewohnung andere Gegenstände zu entfernen als die in den von ihm genannten Räumen befindlichen Sachen. Als unselbstständiges Mittel des vorläufigen Rechtsschutzes setzt seine solche einstweilige Anordnung gemäß 621 g ZPO ein Hausratshauptsacheverfahren voraus (vgl. hierzu Gießler/ Soyka, Vorläufiger Rechtsschutz in Ehe-, Familien- und Kindschaftssachen, 4. Auflage, Rn. 738). Ein solches Verfahren ist gegenwärtig jedoch noch nicht anhängig. III. Die Nebenentscheidungen folgen aus 97 Abs. 1, 91 ZPO, 53 Abs. 2 GKG. Dr. Liceni-Kierstein
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