Arbeitsgemeinschaft im Einkommensteuerrecht Wintersemester 2013/2014
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- Tomas Kolbe
- vor 7 Jahren
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1 Fall 1 Die Eheleute Franziska (F) und Max (M) sind österreichische Staatsbürger und unterhalten mit ihren Kindern eine Wohnung in Köln. Während F in den Jahren 2008 bis 2010 beinahe ausschließlich in Frankreich tätig war, blieb M in Köln, kümmerte sich um die gemeinsamen Kinder und ging diversen Tätigkeiten nach. F lebte in dieser Zeit in einer Eigentumswohnung in Paris, besuchte ihre Familie jedoch regelmäßig (ca. 50 Tage im Jahr). F ist Geschäftsführerin der C-GmbH. Dafür erhält sie laut Vertrag ein angemessenes Gehalt in Höhe von Im Jahre 2010 hat F 500 für Fachliteratur ausgegeben. F ist darüber hinaus noch Inhaberin von Aktien der deutschen D-AG, welche sie Anfang 2010 für erworben hat, und die am entgegen des allgemeinen Börsentrends einen Wert von erreicht haben. Ihre Freude darüber steigert sich noch weiter, als ihr deutscher Erbonkel ihr ein Grundstück im Wert von schenkweise überträgt. Wie ist der Fall einkommensteuerrechtlich für den Veranlagungszeitraum (VZ) 2010 in Bezug auf F zu behandeln? Bearbeitervermerk: Ein DBA ist nicht zu prüfen. Es ist von getrennter Veranlagung auszugehen. 1
2 Lösungsskizze Fall 1: A. Subjektive Steuerpflicht der F F könnte gem. 1 Abs. 1 S. 1 EStG unbeschränkt einkommensteuerpflichtig sein. Gem. 1 Abs. 1 S. 1 EStG sind natürliche Personen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland unbeschränkt einkommensteuerpflichtig. Die österreichische Staatsangehörigkeit von F spielt demnach für die unbeschränkte Steuerpflicht nach 1 Abs. 1 S.1 EStG keine Rolle. Gewöhnlicher Aufenthalt, 9 AO: Den gewöhnlichen Aufenthalt hat jemand gemäß 9 Satz 1 AO dort, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweilt. Dabei ist als gewöhnlicher Aufenthalt nach 9 Satz 2 Hs. 1 AO stets und von Beginn an ein zeitlich zusammenhängender Aufenthalt von mehr als sechs Monaten Dauer anzusehen. F besuchte ihre Familie regelmäßig, ca. 50 Tage im Jahr. An einem zeitlich zusammenhängenden Aufenthalt von mehr als sechs Monaten Dauer fehlt es mithin. 9 Satz 2 Hs. 1 AO (-) Gewöhnlicher Aufenthalt nach 9 Satz 1 AO ( nicht nur vorrübergehend )? Nicht nur vorübergehend bedeutet nicht, dass ein ununterbrochener Zeitraum vorliegen muss, sondern bezeichnet eine Dauer (BFH BStBl 89, 956). Bei einem Aufenthalt von ca. 50 Tagen im Jahr kann wohl nur von einem vorübergehenden Aufenthalt der F gesprochen werden. Die kurzfristigen Aufenthalte der F sind selbst dann nur vorübergehender Natur, wenn sie häufig erfolgen und der Steuerpflichtige eine permanente Postadresse im Inland hat (vgl. FG Nürnberg EFG 1978, 548). 9 Satz 1 AO (-) Der gewöhnliche Aufenthalt der F ist also nicht in Deutschland, sondern vielmehr in Frankreich, da sie dort nicht nur vorübergehend verweilt. Wohnsitz, 8 AO, im Inland? Da die F ihren gewöhnlichen Aufenthalt also nicht in Deutschland hat, kann eine unbeschränkte Einkommensteuerpflicht nur über den Wohnsitzbegriff i.s. des 8 AO begründet werden: Gemäß der Definition in 8 AO hat jemand einen Wohnsitz dort, wo er eine Wohnung unter Umständen innehat, die darauf schließen lassen, dass er die Wohnung beibehalten und benutzen wird. Innehabung meint nicht ein tatsächliches Benutzen. Es genügt vielmehr die (fort-) bestehende rechtliche oder tatsächliche Verfügungsmacht (vgl. RFHE 49, 186, 189; BStBL. II 89, 182; 01, 294). 2
3 Nach der Lebenserfahrung spricht es für die Beibehaltung eines Wohnsitzes i.s. des 8 AO, wenn jemand eine Wohnung, die er vor und nach einem Auslandsaufenthalt als einzige ständig nutzt, während desselben unverändert und in einem ständig nutzungsbereiten Zustand beibehält (BStBl. II 1997, 447) Auch ist es unerheblich, ob es sich um den Erst- oder Zweitwohnsitz handelt, da eine Person gleichzeitig mehrere Wohnsitze haben kann (s. Kruse, in: T/K, Stand Okt 2008, AO, 8, Tz. 4). Bei (intakten) Familien besteht insoweit grds. eine Vermutung dafür, dass die Familie einen gemeinsamen Wohnsitz hat. Die Verfügungsmacht über die Wohnung üben dabei beide Ehegatten aus (siehe ausführlich RFH RStBl. 1937, 498; vgl. auch BFH BStBl. III 1961, 298). Hier also Vermutung für den gemeinsamen Familienwohnsitz in Köln! Ergebnis: Die subjektive Steuerpflicht der natürlichen Person F ist somit gemäß 1 Abs. 1 S.1 EStG i.v.m. 8 AO gegeben. F ist demnach im VZ 2010 mit ihrem gesamten Welteinkommen in Deutschland einkommensteuerpflichtig. B. Objektive Steuerpflicht der F I. Einkünftequalifikation (Benennen Sie die Tätigkeit, aus der möglicherweise steuerpflichtige Einkünfte erzielt werden [insb. um bei umfangreicheren Fällen die Lösung gut nachvollziehbar zu strukturieren], hier: ) 1. Geschäftsführertätigkeit der F bei der C-GmbH In Betracht kommen Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit gemäß 2 Abs. 1, S. 1 Nr. 4, 19 Abs.1 S.1 Nr. 1 EStG. ( 19 EStG zählt zwar exemplarisch auf, welche Einnahmen solche aus nichtselbständiger Arbeit sind, definiert aber den Begriff der nichtselbständigen Arbeit nicht. Nach ständiger Rspr. enthält aber die LStDV eine zutreffende Auslegung des Gesetzes. [vgl. bzgl. Arbeitnehmerbegriff 1 Abs. 1 S.1, 2, Abs. 2 S.1, 2, Abs.3 LStDV - Maßgeblich ist also das Bestehen eines Dienstverhältnisses]). Voraussetzung dafür ist, dass F im steuerrechtlichen Sinne als Arbeitnehmer der C- GmbH anzusehen ist. Arbeitnehmerbegriff als sog. Typusbegriff (Abgrenzung vom Unternehmer [Selbständigem/Gewerbetreibendem]): Es gibt eine Vielzahl von Merkmalen, die als Indizien für die Annahme einer Arbeitnehmereigenschaft angesehen werden können. Da 3
4 es sich aber lediglich um Indizien handelt, ist stets eine Argumentation im Hinblick auf die einzelnen Umstände des konkreten Falles erforderlich! (Zum Typusbegriff siehe Englisch, in T/L 21, 5, Tz. 53f.) Arbeitnehmertypusbegriff Schulden der Arbeitskraft und nicht des Arbeitserfolges Persönliche Weisungsgebundenheit gegenüber dem Dienstherrn nach Art und Weise, Ort, Zeit u. Umfang Organisatorische Eingliederung in den Betrieb des Dienstherrn: keine Unterhaltung eines eigenen Büros, Gestellung der Arbeitsgeräte Fehlendes Unternehmerrisiko: festes Arbeitsentgelt, Urlaubsanspruch, Anspruch auf Sozialleistungen, Fortzahlung im Krankheitsfall Höchstpersönlichkeit der geschuldeten Arbeitsleistung, Abhängigkeit von einem Dienstherrn Der Geschäftsführer einer GmbH nimmt als gesetzlicher Vertreter und Organ der GmbH - 35 Abs.1 GmbHG zwar regelmäßig auch die Arbeitgeberaufgaben der GmbH wahr, da die GmbH selbst als juristische Person handlungsunfähig ist, und sich diesbzgl. ihrer Organe bedienen muss. Die Organstellung des Geschäftsführers vermittelt ihm auch die weitreichende Befugnis, unternehmerische Entscheidungen zu treffen. Zu bedenken ist aber dennoch, dass der Geschäftsführer einer GmbH organisatorisch in ein fremdes Unternehmen (GmbH) eingegliedert ist und der Gesellschafterversammlung diese fungiert als Kontrollorgan der Gesellschaft, vgl. 45 Abs.1 u. Abs.2, 46 insb. Nrn. 1a u. b, 5, 6 u. 8, (51a Abs. 1) i.v.m. 48 Abs.1 GmbHG - untersteht. Außerdem trägt der Geschäftsführer trotz nicht unbedeutender Haftungsrisiken letztlich kein nennenswertes Vermögensrisiko; umgekehrt partizipiert er auch nicht am Gewinn (wie die Gesellschafter bei Gewinnausschüttungen). Auch fremdvergleichsübliche Gewinntantiemen vermögen eine nennenswerte Beteiligung am Gewinn in der Regel nicht zu vermitteln! Der Geschäftsführer einer GmbH bzw. allgemein gesprochen das Organ einer juristischen Person - wird somit grds. als Arbeitnehmer tätig (vgl. BFH v VI 172/58 U, BStBl. III 1960, 214 sowie Hey, in: Tipke/Lang 21, 8 Tz. 472; s. auch BFH v XI R 47/96, BStBl. II 1997, 255 für Zwecke der Umsatzsteuer). F ist nach alledem im Hinblick auf die Ausübung ihrer geschäftsführenden Tätigkeit als Arbeitnehmer der C-GmbH anzusehen, sodass das Gehalt, das sie von der C-GmbH bezieht, als Arbeitslohn gemäß 2 LStDV zu qualifizieren und den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit i.s.d. 19 Abs. 1 Nr.1 EStG zuzuordnen ist. 4
5 2. Kurssteigerung der Aktien Fraglich ist, ob F im VZ 2010 durch die Kurssteigerung der Aktien steuerbare Einkünfte i.s. einer der sieben Einkunftsarten erzielt. Der gestiegene Kurs der Aktien stellt keinen als Einkommen steuerbaren Vermögenszuwachs dar, da insbesondere 2 I 1 Nr. 5, 20 EStG nur die Früchte aus der Kapitalüberlassung erfassen. Von der Einkommensteuer wird nur das realisierte Erwerbseinkommen erfasst. Steuerbar sind also zum einen die laufenden Erträge aus der Einkunftsquelle (z.b. Dividenden) und Veräußerungsgewinne (vgl. 17, 20 II EStG): Durchbrechung der Quellentheorie. Mangels Ausschüttung oder Veräußerung hat sich jedoch kein steuerbarer Vermögenszuwachs ergeben. Dieses Ergebnis resultiert aus der den Überschusseinkünften zugrunde liegenden Quellentheorie. Diese besagt, dass grundsätzlich lediglich die laufenden Erträge, die aus der Einkunftsquelle sprudeln der Besteuerung unterliegen, während Wertsteigerungen der Einkunftsquelle selbst (Vermögensstamm) grundsätzlich kein steuerbares Einkommen darstellen. Daher ist die Kurssteigerung der Aktien hier einkommensteuerrechtlich irrelevant. (Zur Quellentheorie s. Hey, in: T/L 21, 8, Tz. 50.) 3. Schenkung des Grundstücks Fraglich ist auch hier, ob die Schenkung, die einen Vermögenszuwachs bei F verursacht hat, steuerbare Einkünfte i.s. einer der sieben Einkunftsarten des 2 Abs. 1 EStG bei F darstellen. Steuerbares Einkommen i.s.d. EStG ist aber nur das am Markt erwirtschaftete Einkommen (Markteinkommenstheorie; s. Hey, in: T/L, 8, Tz. 52). Daran fehlt es bei Erbschaften und Schenkungen. Es ist keine der Einkunftsarten des 2 Abs. 1 EStG erfüllt. Vorgang unterliegt vielmehr dem ErbStG Prüfung einer evtl. Schenkungsteuerpflicht (vgl. dazu Vorlesung Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht)! Beachte jedoch die Fallfrage: Hier ist nur nach der einkommensteuerlichen Behandlung gefragt. 5
6 II. Einkünftequantifikation 1. Einkünfteermittlungsart F hat im VZ 2010 nur Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit als Geschäftsführerin der C- GmbH erzielt. Einkünfteermittlungsart: Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten ( 2 Abs. 2 S.1 Nr. 2 EStG) als Ausfluss des objektiven Nettoprinzips 2. Einkünfteermittlung Einnahmen abzüglich Werbungskosten (WK) oder Werbungskosten-Pauschbetrag (WK-PB) = (Überschuss-)Einkünfte a) Einnahmen Begriff der Einnahme 8 Abs. 1 EStG Sondervorschrift: Arbeitslohn i.s.v. 2 LStDV Geschäftsführergehalt der F ist Arbeitslohn in diesem Sinne und damit Einnahme i.s.d 8 Abs. 1 EStG. Zufluss des Arbeitslohns: Im Rahmen der Überschusseinkünfte gilt stets das Zu- und Abflussprinzip, gemäß 11 EStG. In der Regel ist für den Zufluss i.s.d. 11 Abs. 1, S. 1 EStG die Erlangung der wirtschaftlichen Verfügungsmacht über die Einnahmen entscheidend (vgl. Krüger, in: Schmidt, EStG 32, 11 Tz. 15). Im Zusammenhang mit laufendem Arbeitslohn wird das Zuflussprinzip durchbrochen ( 38a I 2 EStG). Dieser gilt als in dem Kj als bezogen, in dem der Lohnzahlungszeitraum endet. Lohnzahlungszeitraum i. S. v. 38 a Abs. 3 S. 1 ist der Zeitraum, für den der laufende Arbeitslohn gezahlt wird (idr Monat; s Thürmer, in: Blümich, EStG, Stand Aug 2013, 38a, Tz. 53). Es sind demnach in 2010 Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit i.h.v anzusetzen. b) Werbungskosten Stellen die Ausgaben für Fachliteratur i.h.v. 500 Werbungskosten dar? Werbungskosten, 9 Abs. 1 S. 1 EStG, Wortlaut Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen: Finaler Zusammenhang. Nach Rspr. und h.m. (vgl. Loschelder, in: Schmidt, EStG 32, 9 Tz. 7, 20 m.w.n.) ist der Werbungskostenbegriff jedoch aus gleichheitsrechtlichen Gründen ebenso wie der Betriebsausgabenbegriff ( 4 Abs. 4 EStG) entsprechend dem Veranlassungsprinzip zu interpretieren: Es kommt danach auf eine Kausalität an. 6
7 Sind die Aufwendungen der F für die Fachliteratur durch die Erwerbstätigkeit veranlasst? Nach der Rspr. des BFH ist eine Veranlassung i.s.d. 9 Abs. 1, S. 1 EStG zu bejahen, wenn objektiv ein Zusammenhang mit der auf Einnahmeerzielung gerichteten Tätigkeit besteht und subjektiv die Aufwendungen zur Förderung dieser steuerlich relevanten Tätigkeit gemacht werden. Dabei ist der objektive Zusammenhang stets zwingend, während die subjektive Absicht kein notwendiges Merkmal des Werbungskostenbegriffs darstellt (vgl. Loschelder, in: Schmidt, EStG 32, 9 Tz. 7). Hier liegt objektiv und subjektiv eine berufliche Veranlassung des Erwerbs der Fachliteratur vor, sodass der Werbungskostenbegriff somit erfüllt ist. Die 500,- stellen damit zwar Werbungskosten der F gem. 9 Abs. 1 EStG dar. Beachte aber: hier Ansatz des (höheren) WK-Pauschbetrages, 9a S. 1 Nr. 1 lit. a EStG: 1000,- Einkünfte (Überschuss d. Einnahmen über d. Werbungskosten) Einnahmen abzüglich Werbungskosten-Pauschbetrag Überschuss/Einkünfte
8 Abwandlung zu Fall 1: Wie Fall 1, aber abweichend gilt folgendes: Im Jahr 2010 hat F zwar keine Fachliteratur i.h.v. 500,- erworben, jedoch für verschiedene Kostüme und Hosenanzüge ausgegeben, da sie glaubt, der Satz Kleider machen Leute gelte auch für die Position des Geschäftsführers. Zudem flog F auf Bitten ihres Arbeitgebers zu einer 7-tägigen Fachkonferenz nach San Francisco. Flug- und Hotelkosten musste F selbst bezahlen. F entschied sich, die Gelegenheit zu nutzen und ihren Rückflug zu verschieben um 3 Urlaubstage für einen Ausflug in die Rocky Mountains anzuhängen. Sie blieb nach Ende der Konferenz noch 3 Tage/Nächte als Tourist in den USA. Die Kosten für den Hin- und Rückflug betrugen insgesamt Die Übernachtungskosten für die insg. 10 Nächte betrugen 100,- /Nacht. 8
9 Lösungsskizze zur Abwandlung: A. Subjektive Steuerpflicht der F s.o. B. Objektive Steuerpflicht der F I. Einkünftequalifikation s.o. (Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit) II. Einkünftequantifikation 1. Einkünfteermittlungsart s.o. (Überschuss der Einnahmen über die WK) 2. Einkünfteermittlung a) Einnahmen s.o. b) Werbungskosten aa) Kleidung (P) Kleidung: 9 Abs.1 S.3 Nr. 6 EStG (typische Berufskleidung) oder 12 Nr. 1 EStG (nicht abzugsfähige Kosten der privaten Lebensführung)? Angesichts der besonderen Bedeutung eines repräsentativen Auftretens einer Geschäftsführerin lässt sich eine berufliche Veranlassung hier nicht leugnen. (P) Typische Berufskleidung grds. muss es typische, wegen der Eigenart des Berufs nötige Kleidung sein, Bsp: Uniform, Arztkittel, typische Schutzkleidung wie Helme (Loschelder, in: Schmidt, EStG 32, 9 Tz. 171 ff). Das Tragen von Anzügen ist jedoch auch außerhalb des Berufs möglich und üblich. Auch die Berufskleidung wird getragen, um das allgemein menschliche Bedürfnis zu befriedigen, bekleidet zu sein. Typische Berufskleidung liegt gem. BFH nicht vor, wenn die Benutzung als normale bürgerliche Kleidung im Rahmen des Möglichen und Üblichen liegt (BStBl II 1996, 202). Auch Kleidung mit aufgenähten/aufgedruckten Dienstabzeichen oder Firmenlogos behält ihren Charakter der bürgerlichen Kleidung bei, da eine Nutzung im privaten Bereich nicht ausgeschlossen werden kann (BStBl II 1996, 202; FG Köln, 12 K 839/08, juris). (Siehe auch BStBl II 2006, 915 hinsichtlich der Beurteilung von vom AG überlassener Kleidung als geldwerten Vorteil des AN: Gewährung eines Vorteils aus eigenbetrieblichem Interesse ist kein Arbeitslohn. Es ist jedoch nicht gerechtfertigt, den Lohnsteueranspruch davon abhängig zu machen, dass auf den Kleidungsstücken ein Firmenlogo angebracht werden müsse.) Zu prüfen ist also, ob vorliegend ein Abzugsverbot eingreift, mit der Folge, dass die berufliche Veranlassung keiner weiteren Erörterung bedarf. Objektives Nettoprinzip sagt auch: Nicht abziehbar sind Aufwendungen, deren Verursachung in der Privatsphäre liegt (Einkommensverwendung). 9
10 Dies gilt namentlich für Aufwendungen für die allgemeine Lebensführung, vgl. das ausdrückliche Abzugsverbot des 12 Nr. 1 S. 2 EStG (sog. Repräsentationsaufwendungen). Hierunter fällt grds. auch die bürgerliche Kleidung, die ein Stpfl. auch im nicht beruflichen Alltag gebrauchen kann (anders bei typischer Berufskleidung). Bei der beruflich genutzten bürgerlichen Kleidung handelt es sich um sog. gemischte Aufwendungen. (P): Aufteilung in beruflich und privaten Teilbetrag? Beachte: der BFH hat mit der Entscheidung des Großen Senats (BStBl. II 2010, 672) seine längjährige Rechtsprechung zum Aufteilungsverbot mittlerweile aufgegeben (siehe auch: Vom Aufteilungsverbot zum Aufteilungsgebot, Loschelder, in: Schmidt, EStG 32, 12 Tz. 2 ff.). Aus der Vorschrift des 12 Nr. 1 S. 2 EStG lasse sich zwar kein allgemeines Aufteilungsverbot ableiten. Zwecks Vermeidung einer Doppelberücksichtigung sollen aber Aufwendungen, die nach Maßgabe des subjektiven Nettoprinzips (insb. steuerliches Existenzminimum) als abgegolten gelten, nicht als Werbungskosten oder Betriebsausgaben abzugsfähig sein. Die Entscheidung des GrS des BFH bleibt also für den Fall der bürgerlichen Kleidung ohne Folgen. Insoweit bestätigt er (BFH GrS, aao, unter C.III.4.a) die Nichtabziehbarkeit als Erwerbsaufwendungen (WK/BA). Eine Aufteilung komme insofern (trotz evtl. Möglichkeit) nicht in Betracht. Die Berücksichtigung beruflichen Mehraufwandes unterliege der Entscheidung des Gesetzgebers ( 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 6 EStG: "typische Berufskleidung"). i.e. Keine Abziehbarkeit der Aufwendungen für Kleidung i.h.v aufgrund des Abzugsverbotes als Werbungskosten. bb) Fachkonferenz (P) Kosten als Werbungskosten ( 9 Abs.1 S.1 EStG) und/oder Kosten der privaten Lebensführung ( 12 Nr. 1 S. 2 EStG)? (P) auslösendes Moment = Gründe für Aufwendungen? Beruflicher Anlass unstreitig soweit Fachkongress besucht wird. Privater Anlass unstreitig bzgl. anschließender Urlaubstage. sog. gemischt veranlasste Aufwendungen. (P) Aufteilung der Reisekosten in privat und beruflich veranlassten Teil? Früheren Rechtsprechung des BFH: generelles Aufteilungsverbot für gemischt veranlasste Aufwendungen gem. 12 Nr. 1 S.2 EStG, wonach privat mit veranlasste Lebensführungsaufwendungen auch dann nicht abzugsfähig, wenn sie eine Förderung des Berufs bezwecken. Reisekosten waren daher entweder insgesamt abzugsfähig (bei ausschließlichem oder weitaus überwiegendem beruflichen Interesse), oder insgesamt nicht abzugsfähig (wenn gewisses Maß 10
11 privater Mitveranlassung überschritten). Eine Aufteilung kam grundsätzlich nicht in Betracht. Neue Rspr. BFH (GrS, aao)/h.m. Lit.(statt vieler Loschelder, in: Schmidt 32, 12 Tz. 4): 12 Nr. 1 S. 2 EStG kein allgemeines Aufteilungsverbot. Aufteilung bei Aufteilbarkeit (eindeutiger Zuordnungsmöglichkeit zur beruflichen oder einer privaten Sphäre) möglich und wg. des objektiven Nettoprinzips geboten. Bei unbedeutender Mitveranlassung volle Zuordnung (Grds. der Unbeachtlichkeit geringfügiger Einflüsse) Aufteilbarkeit der Flug- und Übernachtungskosten wegen eindeutiger Zuordnungsmöglichkeit? Hin- und Rückflugkosten: betreffen den beruflichen und privaten Reiseanteil und sind nach beruflich und privat veranlassten Zeitanteilen der Reise aufzuteilen (3/10 Tagen privat, 7/10 Tagen beruflich veranlasst) 7/10 von = 700 Werbungskosten Übernachtungskosten: bzgl. Übernachtung im Zusammenhang mit Fachkongress voller Ansatz: 7 Tage je 100 = 700 Werbungskosten Insg. Werbungskosten i.h.v (>WK-PB, 9a EStG daher nicht anwendbar). b) Einkünfte (Überschuss d. Einnahmen über d. Werbungskosten) Einnahmen abzüglich Werbungskosten Einkünfte
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