Wissen und Gesellschaft I Einführung in die analytische Wissenschaftstheorie. Prof. Dr. Jörg Rössel
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- Erica Frei
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1 Wissen und Gesellschaft I Einführung in die analytische Wissenschaftstheorie Prof. Dr. Jörg Rössel
2 Ablaufplan 1. Einleitung: Was ist Wissenschaft(stheorie) überhaupt? 2. Vorbereitung I: Logik und Argumentation 3. Vorbereitung II: Vorläufige Definitionen von zentralen Begriffen 4. Auftakt zur modernen Wissenschaftstheorie: Logischer Empirismus 5. Theorie und Bestätigung 5.1. Induktive Schlüsse und ihre Probleme 5.2. Wissenschaftssoziologie und Science Studies Wege in Relativismus und Konstruktivismus? 5.3. Experimentalismus 5.4. Naturalismus 5.5. Moderne Bestätigungstheorie: Bayesianismus 6. Kritischer Rationalismus: Karl Popper
3 7. Theorien als Strukturen 7.1. Normalwissenschaft und wissenschaftliche Revolutionen (Thomas S. Kuhn) 7.2. Forschungsprogramme und Forschungstraditionen (Imre Lakatos und Larry Laudan) 7.3. Anything Goes? (Paul Feyerabend) 7.4. Strukturalistische Wissenschaftstheorie 8. Erklärungen und Kausalität in den Sozialwissenschaften 8.1. Deduktiv-nomologische Erklärungen 8.2. Induktiv-statistische Erklärungen 8.3. Alternative Erklärungsmodelle (Teleologische Erklärungen, Funktionalismus, Mechanismen) 9. Emergenz und Reduktion 10. Objektivität und Interpretation (optional) 11. Wissenschaftlicher Realismus und Instrumentalismus (optional)
4 3. Vorbereitung II: Vorläufige Definitionen von zentralen Begriffen 1. Theorie, Gesetz, Hypothese 2. Begriff und Definition 3. Wahrheit
5 1. Theorie, Gesetz, Hypothese Theorien bestehen aus Aussagen (Axiome, Gesetze, Definitionen), die Begriffe miteinander verknüpfen. Nur bestätigte Aussagen bzw. Aussagensysteme könne Theorie genannt werden. Gibt es Theorien in der Soziologie? Axiome sind nicht bewiesene und nicht logisch abgeleitete Ausgangspunkte der Theoriebildung. Parallelenaxiom Zu jeder Geraden und jedem Punkt, der nicht auf dieser Geraden liegt, gibt es genau eine zu der Geraden parallele Gerade durch diesen Punkt.
6 Unterschiede zum Gesetz: Theorie fasst Gesetze zusammen, Theorie ist allgemeiner Beispiel: Wenn Menschen die Wahl zwischen zwei (oder mehr) Alternativen haben, dann entscheiden sie sich für die Alternative mit dem höheren Nutzen. Wenn Menschen die Wahl zwischen zwei Ehepartnern haben, dann entscheiden sie sich für die attraktivere Person.
7 Unter Gesetzen versteht man in der Wissenschaftstheorie Allaussagen, die Regelmässigkeiten der Natur zum Gegenstand haben. Sie können auf verschiedene Weise formuliert werden: Je attraktiver eine Frau, desto höher der soziale Status ihres Ehemannes. Wenn eine Person im Austausch weniger erhält als sie erwartet hat, dann entsteht ein Gefühl der Frustration. y = f(x, z) mit y = Einkommen, x = Bildung und z = Berufserfahrung Wann ist ein Allaussage ein Gesetz? Alle Goldkugeln haben einen Durchmesser von weniger als 1 km. Alle Urankugeln haben einen Durchmesser von weniger als 1 km.
8 Merkmale: 1. Allgemeingültigkeit (Nur in Physik?) 2. Einbettung in theoretischen Zusammenhang 3. Mathematische Formulierung 4. Notwendigkeit
9 Hypothesen sind Vermutungen, zu denen man aufgrund von Beobachtung oder theoretischen Überlegungen gelangt. Es gibt zwei Arten von Hypothesen: 1) (Deskriptive) Einzelhypothesen über einzelne Sachverhalte. Von 1900 bis 2000 nimmt die Umzugshäufigkeit von Menschen in westlichen Gesellschaften ab. 2) Gesetzeshypothese Je attraktiver ein Mann, desto höher der soziale Status seiner Ehefrau.
10 2. Begriff und Definition Unter dem Begriff versteht man den Bedeutungsinhalt eines sprachlichen Ausdrucks. Begriffe können durch verschiedene Worte repräsentiert werden. Kraftwagen = Auto Pferd = equus = horse Begriffe 1. logische Begriffe 2. ausserlogische Begriffe 2.1. präskriptive Begriffe 2.2. deskriptive Begriffe mit direktem empirischen Bezug mit indirektem empirischen Bezug
11 Eine Definition ordnet einem Begriff (Definiendum) einen Bedeutungsinhalt (Definiens) zu. Nominaldefinitionen legen die Bedeutung eines Begriffes (Definiendum) durch schon andere, schon bekannte Begriffe (Definiens) konventionell fest. keine empirische Aussage! Realdefinitionen versuchen zu bestimmen, worin das Wesen einer Sache besteht. Deiktische (auch ostentative Definition): Definition durch Hinweisen: Das ist ein Baum! implizite Definition: Definition eines Begriffs durch seine Rolle in einer Theorie J = ln (X a /X j ) J: Gerechtigkeitsempfinden, Xa: tatsächliches Einkommen, Xj: gerechtes Einkommen)
12 Was sind Kriterien für eine gute Definition? 1. Kein Kriterium ist die empirische Richtigkeit der Definition. Nomaldefinitionen sind konventionelle Festlegungen, aber keine Aussagen, die wahr oder falsch sein können. 2. Präzision (Klarheit über die Abgrenzung) Prüfbarkeit von empirischen Aussagen, die den Begriff enthalten 3. Konsistent 4. Theoretisch fruchtbar, Tauglichkeit
13 Beispiele für Definitionen: (1) Von System im allgemeinen kann man sprechen, wenn man Merkmale vor Augen hat, deren Entfallen den Charakter eines Gegenstandes als System in Frage stellen würde (Luhmann 1984: 16). Immunisierungsstrategie? (2) Therefore, I accept the definition of a system as (1) something consisting of a set (finite or infinite) of entities (2) among which a set of relations is specified, so that (3) deductions are possible from some relations to others or from the relations among the entities to the behavior or the history of the system (Rapoport 1968: 453). Dynamisches Ökosystem dx/dt = ax -bxy dy/dt = cxy - py mit: x = Population 1 (Beute), y = Population 2 (Räuber)
14 3. Wahrheit Ein Aussagesatz ist genau dann wahr, wenn er besagt was der Fall ist. a) Korrespondenztheorie Adaequatio rerum et intellectus. Übereinstimmung von Aussage und Sachverhalt b) Kohärenztheorie Die Kohärenz einer Aussage mit anderen Aussagen ist das zentrale Merkmal der Wahrheit. c) Konsenstheorie Eine Aussage ist dann wahr, wenn sie von allen kompetenten Sprechern Zustimmung erhalten kann. Definition versus Kriterium?
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