Schulsystem und Verwahrlosung: wer gibt Halt? Dr.phil. Roland Müller Malters, 3. Januar 2008
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- Krista Dresdner
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1 Schulsystem und Verwahrlosung: wer gibt Halt? Dr.phil. Roland Müller Malters, 3. Januar
2 Ausgangspunkt Standpunkt was ich hier (nicht) will Fragestellungen 2
3 Psa. Denkmethode 3
4 Symptome als Privatsprache, als Ausdruck von Sinn: Wünsche und Ängste, die gehört und gesehen werden sollen, über die aber (noch) nicht gesprochen werden kann 4
5 Hörsaal - Sprechzimmer - Talking-Cure : von reiner Krankheit und reiner Wissenschaft zurück zu Beziehung, Kommunikation und sozialem Kontext 5
6 Psychopathologie als Kulturkritik: Privatisierung und Individualisierung sozialer Not. Lösung und Heilung im Sprechzimmer (?) 6
7 Symptome in der Schule von heute 7
8 Fazit: Jugendliche und die Erwachsenen im Schulsystem inszenieren ihre innersten Konflikte - wie Blanche, Charcot & Co.! 8
9 Anschlussfragen: Warum braucht es so laute Symptome? An wen richtet sich die Botschaft? Warum gerade hier? 9
10 Manifeste Antisoziale Tendenz : bei Hoffnung auf Begegnung und Wiedergutmachung (D.W. Winnicott) 10
11 Bindung als Zentralthema unserer Kultur: emotionale Beziehung, die Sicherheit vermittelt - durch physische, emotionale oder/und kommunikative Nähe 11
12 John Bowlby und Bindungsforschung : Bindungssystem als Motivsystem - Ziel: Herstellung von emotionaler Sicherheit durch Nähe zu signifikanten Anderen 12
13 Dialektik mit 4 andern Motivsystemen: 2. Regulation physiologischer Bedürfnisse 3. Exploration 4. Aversivität 5. Sinnlichkeit und Sexualität (J.D. Lichtenberg) 13
14 Bindung und Exploration: Wie lernen (explorieren) und lehren, wenn grundlegende emotionale Sicherheit fehlt? Lern- und Verhaltensstörungen als Folge dauerhafter Aktivierung des Bindungssystems bei Verwahrlosung 14
15 Was fördert Bindungssicherheit? Physische und mentale Präsenz. Aufmerksamkeit. Affektive Einstimmung. Feinfühligkeit. Spiel und geteilte Phantasie. Verbindlichkeit. Halt: vertikal und horizontal. System als sicherer Ort. 15
16 Wirkungen von Bindungssicherheit mit 1 J.: 2-3 J.: mehr Phantasie im Spiel, pos. Affekte, Ausdauer, Konzentration, Erfindungsreichtum u. Frustrationstoleranz. KIGA: adäquateres Sozialverhalten, selbständige Konfliktlösung. 10 J.: mehr gute Freunde, weniger Probleme m. Peers, Gefühle ausdrücken und verbalisieren. 16
17 Bei Bindungsunsicherheit: Die innere Leere, das Loch im Selbst. Defizit der Mentalisierung : der innere psychische Raum als Voraussetzung späterer sicherer Bindungen. 17
18 Folgen: Störung der Affektregulierung und der Selbst-Konstruktion, Neigung zum Agieren statt Reflektieren und Aus-halten, Störung der Empathie (bis zu kalter Aggressivität ) 18
19 Fazit: Kinder und Jugendliche, aber auch Erwachsene brauchen Bindungssicherheit, sichere Orte, um lernen, lehren, sich entwickeln, zusammenarbeiten und -leben zu können. 19
20 Ein mögliches Ziel: Eine Schule als sicherer Ort (Bindung), wo lernen und lehren (Exploration) aktiviert werden kann. 20
21 Wie wird das Schulsystem zu einem sicheren Ort? 21
22 Vorher ein Einwand: Ist es nicht bereits zu spät? 22
23 Relative Stabilität von Bindungsmustern: -Alle Kinder: 84% zwischen 1. und 6. Lebensjahr; -Sicher gebundene Kinder: 100% (ohne kritische Life Events) 23
24 Earned Secure Attachment : bereits eine spätere sichere Bindung verbessert Prognose erheblich! 24
25 Nochmals: Wie wird das Schulsystem zu einem sicheren Ort? Einige Lösungsansätze aus Sicht eines Kinder- und Jugendpsychotherapeuten 25
26 1. Durch seine Ausdehnung nach unten: Kinder und ihre Eltern früher integrieren! 26
27 2. Durch einen neuen Gesellschaftsvertrag in der Erziehung: Wir Erwachsenen stehen wieder zu unserer Verantwortung, Halt zu geben und zu bieten! 27
28 3. Die Politik muss Rahmenbedingungen herstellen, die sichere Bindungen erleichtern, nicht erschweren. Rahmen gibt Halt - Lehrpersonen, SchülerInnen und Eltern brauchen ihn. 28
29 Auch PolitikerInnen erziehen: ihr respektvoller oder -loser Umgang miteinander (und mit der Schule) ist vor-bildlich. Ihr Umgang mit Schul-Rahmenbedingungen (Klassengrössen, Lohn usw.) zeigt ihre Wertschätzung der Schule für alle offen und gut sichtbar an. 29
30 4. Eltern sind Teil des Schulsystems: Sie tragen primäre Verantwortung, dass ihr Kind in die Schule geht, seine Aufgaben erledigt, sich anständig benimmt; dass sie selber konstruktiv mitarbeiten, an Elternabende gehen usw. Sie verletzen sonst die Schulpflicht! 30
31 5. Beenden wir die Schuldzuweisungen: Eltern und Lehrpersonen gemeinsam sind stark... Spaltung hat hingegen ihren Preis: die Erwachsenen werden unglaubwürdig, verlieren ihre Halte-Fähigkeit. 31
32 6. Kinder und Jugendliche brauchen auch Lehrpersonen als Bindungspersonen, die sich auf sie einlassen können und wollen, die bindungsbereit sind, die Ohren und Augen für Botschaften offen halten; ohne sichere Bindung zur Lehrperson gibt es keine Explorationsbereitschaft! 32
33 7. Lehrpersonen sollten sich an einige pädagogische Schlüsselqualifikationen halten: Empathie, Bereitschaft zuzuhören, hinzusehen, sich menschlich zu engagieren, in den In-Fight zu gehen, sich emotional berühren und an-sprechen zu lassen, offen und klar (kindgerecht) zu kommunizieren. 33
34 8. Wir brauchen eine Bindungs- Offensive - sonst hängt jede Bildungs-Offensive in der Luft. Auf allen Hierarchieebenen des Schul- Systems. Träger: wir Erwachsenen! 34
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