Rechtsprechung und Bundesverfassungsgericht
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- Margarete Paulina Ackermann
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1 Rechtsprechung und Bundesverfassungsgericht Einführung in das Verfassungsrecht der Bundesrepublik Deutschland (Diritto dei Paesi di Lingua Tedesca) Prof. Dr. Clemens Arzt / Berlin Prof. Clemens Arzt - Rechtsprechung und Bundesverfassungsgericht 1
2 Überblick (Art GG) Rechtsprechende Gewalt (Art. 92 GG) Bundesverfassungsgericht (Art. 93, 94 und 99 GG) Oberste Bundesgerichte (Art. 95, 96 GG) Stellung der Richter (Art. 97, 98 GG) Richtervorlagen wegen Verfassungswidrigkeit (Art. 100 GG) Verfahrens- / Justizgrundrechte (Art GG) S.a. Art. 13 II, 19 IV GG und Rechtsstaatsprinzip Prof. Clemens Arzt - Rechtsprechung und Bundesverfassungsgericht 2
3 Allgemeine Grundsätze Rechtsprechende Gewalt ist (nur) Richtern anvertraut (Art. 92 GG) Rechtsprechung ist Ländersache, soweit nicht im GG dem Bund anvertraut o Bundesverfassungsgericht (BVerfG) o Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) o Bundesgerichtshof in Zivil- und Strafsachen (BGH) o Bundesarbeitsgericht (BAG) o Bundessozialgericht (BSG) o Bundesfinanzhof (BFH) Bund hat konkurrierende Gesetzgebungskompetenz über Gerichtsbarkeit (Art. 74 I Nr. 1 GG) Richter dürfen im Regelfall gegen ihren Willen nicht versetzt oder entlassen werden (anders z.b. bei Dienstvergehen; vgl. Deutsches Richtergesetz) Organisation der Richterschaft nicht autonom [anders Art. 104 ff. Cost.] Prof. Clemens Arzt - Rechtsprechung und Bundesverfassungsgericht 3
4 Verfahrensgrundsätze Rechtliches Gehör (Art. 103 I GG): Gelegenheit sich zu allen verfahrensrelevanten Fragen in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht zu äußern Gesetzlicher Richter (Art. 101 I 2 GG) Grundsatz des fairen Verfahrens (Rechtsstaatsprinzip, Art. 2 I, 1 I GG) [BVerfGE 57, 250/274 ff.] Im Strafverfahren (Art. 103 GG, Rechtsstaatsprinzip) außerdem: o Nulla poena sine lege o Ne bis in idem o Keine Strafe ohne Schuld o Unschuldsvermutung o Verbot der Selbstbezichtigung o In dubio pro reo o Richtervorbehalt bei Freiheitsentziehung (Art. 104 II GG) o EMRK soweit weitergehend (z.b. Art. 5 II EMRK) Prof. Clemens Arzt - Rechtsprechung und Bundesverfassungsgericht 4
5 Verfassungsgerichtsbarkeit Bundesverfassungsgericht ab 1951 o Art GG o Art. 18, 21 II, 100 I GG o Gesetz über das Bundesverfassungsgericht (BVerfGG) o Geschäftsordnung BVerfG Bundesverfassungsgericht ist Verfassungsorgan: Keinem Bundesminister zugeordnet; befugt sich GeschO zu geben; Richter sind keine Bundesrichter sondern haben besonderen Status; protokollarische Stellung des Präsidenten u.a. Landesverfassungsgerichte oder Staatsgerichtshöfe, soweit von Landesverfassung vorgesehen; grundsätzlich können beide Gerichte bei individueller Verfassungsbeschwerde angerufen werden Prof. Clemens Arzt - Rechtsprechung und Bundesverfassungsgericht 5
6 Bundesverfassungsgericht Verfahren 2 Senate (8 Richter) mit je 3 Kammern (je 3 Richter) BVerfGG keine abschließende gesetzliche Regelung (Verfahrensautonomie als Verfassungsorgan) Tätigwerden nur auf Antrag Senate entscheiden nach Mehrheitsprinzip (d.h. Antrag nur dann begründet, wenn mehr als die Hälfte der Richter zustimmt) Zulässigkeit von Sondervoten (dissenting opinion) Gesetzeskraft bei Normenkontrollentscheidungen ( 31 II BVerfGG) Gericht bestimmt als Herr der Vollstreckung wie das Gebotene in der jeweils sachgerechtesten, raschesten, zweckmäßigsten, einfachsten und wirksamsten Weise zu erreichen ist [BVerfGE 6, 300/304], z.b. durch Übergangsregelungen ( Ersatzgesetzgeber ) oder Einzelanweisungen Prof. Clemens Arzt - Rechtsprechung und Bundesverfassungsgericht 6
7 Bundesverfassungsgericht: Wichtige Verfahrenstypen Abstrakte Normenkontrolle (Art. 93 I Nr. 2 i.v.m. 13 Nr. 6, BVerfGG; s.a. Art. 93 I Nr. 2a GG) o Vereinbarkeit von Bundes- oder Landesrecht mit GG oder Vereinbarkeit von Landesrecht mit sonstigem Bundesrecht o Antragsberechtigt: Bundes- oder Landesregierung; 1/3 der Mitglieder BT Konkrete Normenkontrolle (Art. 100 I GG, 13 Nr. 11, BVerfGG) o Alle Gerichte haben Prüfungskompetenz auf Verfassungsmäßigkeit jedes (formellen und nachkonstitutionellen) Gesetzes, auf das es bei Entscheidung eines konkreten Rechtsfalls ankommt o Bei Verneinung der Verfassungsmäßigkeit von Gesetzen: Richtervorlage von Amts wegen an BVerfG oder ggf. LandesVerfG [= strengere Anforderung als giudizio incidentale] o Verwerfungskompetenz für Gesetze nur bei BVerfG (oder LandesVerfG bei Unvereinbarkeit mit Landesverfassung) Prof. Clemens Arzt - Rechtsprechung und Bundesverfassungsgericht 7
8 Wichtige Verfahrenstypen (II) Organstreit (Art. 93 I Nr. 1 GG, 13 Nr. 5, BVerfGG) Kontradiktorisches Verfahren zwischen Verfassungsorganen (z.b. BT Bundesregierung) oder innerhalb eines Verfassungsorgans (z.b. Abgeordneter und BT-Präsident) über die Auslegung der Verfassung [z.b. BVerfGE 82, 322 (gesamtdeutsche Wahlen) und BVerfGE 90, 286 (Auslandseinsätze Bundeswehr] Bund-Länder-Streit (Art. 93 I Nr. 3 GG i.v.m. 13 Nr. 7, BVerfGG und Art. 93 I Nr. 4 GG i.v.m. 13 Nr. 8, BVerfGG) Kommunale Verfassungsbeschwerde (Art. 93 I Nr. 4b GG, 13 Nr. 8a, BVerfGG) Verfahren wegen Verletzung des Selbstverwaltungsrechts (Art. 28 GG) Verbot einer politischen Partei (Art. 21 II GG, BVerfGG) [vgl. BVerfG, 2 BvB 1/01 vom NPD] Prof. Clemens Arzt - Rechtsprechung und Bundesverfassungsgericht 8
9 Individuelle Verfassungsbeschwerde Art. 93 I Nr. 4a GG, 13 Nr. 8a, 90, BVerfGG) Individualrechtsschutz des Bürgers gegen Verletzung von Grundrechten (GR) 1951 bis 2012 rund 97 % aller Verfahren Erfolgsquote im Jahresschnitt bei 1,5 % bis 2,5 % Deutlich höher bei Versammlungsverboten und bei neuen staatlichen Überwachungsmaßnahmen nach 11. September 2001 (z.b. Rasterfahndung, Luftsicherheitsgesetz, Online-Durchsuchung, Kennzeichenerkennung, TK-Vorratsdatenspeicherung, Bayerisches Versammlungsgesetz, Vorratsdatenspeicherung) Prof. Clemens Arzt - Rechtsprechung und Bundesverfassungsgericht 9
10 Individuelle Verfassungsbeschwerde (II) Antragsbefugt nur, wer eigene GR-Verletzung geltend macht Nicht-Deutsche, soweit Jedermann-GR Juristische Personen: GR-Schutz nur im Rahmen von Art. 19 III GG Nicht Teil der Rechtsweggarantie (Art. 19 IV GG) Beschwerde gegen alle nach außen wirksamen hoheitlichen Akte des Gesetzgebers und der Verwaltung In der Regel muss zunächst Rechtsweg beschritten werden ( 90 II 1 BVerfGG) Erledigte Maßnahmen (z.b. Polizei) in der Regel Klage wegen Wiederholungsgefahr und/oder Rehabilitierungsinteresse zulässig Prof. Clemens Arzt - Rechtsprechung und Bundesverfassungsgericht
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