Erneuerbare Energien und Energiestruktur in Sachsen-Anhalt
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- Samuel Schmid
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1 Erneuerbare Energien und Energiestruktur in Sachsen-Anhalt Die erneuerbaren Energien spielten in Sachsen-Anhalt bis 1997 keine erwähnenswerte Rolle. Wie Bild 1 zeigt, erleben sie besonders seit 22 einen stetigen Aufschwung. Bild 1: Entwicklung der Erneuerbaren Energien in Sachsen-Anhalt 8 7 Primärenergie-Verbrauch in TJ Summe Klär-/Deponiegas Wasserkraft Windkraft Solarenergie Biomasse Jahr Nettostromerzeugung erneuerbare Energien bis MWh Summe Wasserkraft Windkraft Fotovoltaik Deponie-/Klärgas Biomasse ges. Biogas feste Biomasse flüss. Biomasse Jahr Der Primärenergieverbrauch (PEV) aus erneuerbaren Energien (Strom, Wärme, Kraftstoffe) stieg 21 gegenüber dem Vorjahr um 3 %. Der Anteil der erneuerbaren Energien am gesamten Primärenergieverbrauch ging 21 gegenüber dem Vorjahr von 14,9 % auf 14,5 % deshalb zurück, weil durch die konjunkturelle Erholung der PEV deutlich anstieg. Nach wie vor überflügelt die Biomasse die Windenergie deutlich: Wenn man Strom aus fester, gasförmiger und flüssiger Biomasse, Wärme aus Biomasse und Biotreibstoffe addiert, dominiert die Biomasse den Regenerativanteil am PEV mit 73,3 %. 1
2 Im Jahr 211 wurden im Land 4,9 % der Nettostromerzeugung aus erneuerbaren Energien erbracht (Bundesdurchschnitt 2 %). Nachdem durch die schlechten Windjahre 29 und 21 die Regenerativstromerzeugung aus Wind trotz guter Zubauzahlen zurück gegangen war, gab es 211 wieder einen deutlichen Zuwachs von 23,5 %. An der Bruttostromerzeugung entspricht das einem Anteil von 39, %. In Bezug auf den Stromverbrauch in Sachsen-Anhalt 211 (Letztverbraucherabsatz) entspricht das einem Anteil von 66 %. Dabei muss man allerdings beachten, das diese Zahl rein bilanziell ist: Bei Starkwind-Wetterlagen wird ein nicht unbedeutender Anteil des regenerativ erzeugten Stroms aus Sachsen-Anhalt exportiert und trägt somit nicht zur Deckung des Strombedarfs im Land bei. Die Windkraft dominiert mit einem Anteil von 65,37 % weiterhin die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien. Die Zunahme der Windstromerzeugung von 2,4 % deutet auf ein sehr gutes Windjahr 211 hin. Bis Ende 211 wurden in Sachsen-Anhalt Windenergieanlagen mit einer Gesamtleistung von MW installiert. Das bedeutet weiterhin den dritten Platz unter den Bundesländern bei der installierten Leistung und den sechsten Platz beim Zubau. Im Jahr 211 bewegte sich der Zubau von 68 Windkraftanlagen auf dem Niveau des Vorjahres. Die Biomasse konnte 211 ihren Anteil am Strom aus erneuerbaren Energien mit 26,7 % etwa halten, absolut stieg die Strommenge zum Vorjahr war mit 2,5 % deutlich. Stark zulegen konnte wieder Strom aus Biogasanlagen mit einem Plus von 45 %. Die Photovoltaik, d.h. der Strom aus Sonnenenergie, konnte die Stromerzeugung gegenüber 21 wieder mehr als verdoppeln und das hohe Zuwachsniveau des Vorjahres mit einem Plus von 116 % halten. Der Anteil an der Regenerativstromerzeugung im Land betrug im Jahr 211 5,9 % (Vorjahr 3,38 %). Durch die große Novelle des EEG, die am in Kraft trat und weitere Vergütungskürzungen für Solarstrom mit sich brachte, kam es Ende 211 zu neuen Rekorden beim Zubau neuer Photovoltaikanlagen. Die Stromerzeugung aus Wasserkraft ging gegenüber dem guten Ertragsjahr 21 zurück, was vor Allem auf Witterungseinflüsse zurückzuführen ist. Mit einem Anteil an der Regenerativstromerzeugung von knapp einem Prozent spielt die Wasserkraft in Sachsen- Anhalt nur eine untergeordnete Rolle. Die energetische Nutzung von Klär- und Deponiegas hat sich 211 wieder etwas erholt, mit einem Anteil von einem Prozent spielt sie ebenfalls eine untergeordnete Rolle. Die Stromerzeugung aus Kraft-Wärme-Kopplung ging 211 gegenüber dem Vorjahr um 3,23 % zurück und betrug 25,8 % an der gesamten Stromerzeugung (Vorjahr 29,2 %). Das entspricht wie bei der Regenerativstromerzeugung zwar noch fast dem Doppelten des Bundesdurchschnitts und einer Übererfüllung des Zieles der Bundesregierung für 22. Es zeigt aber auch, dass die Gaskraftwerke zunehmend einer Zurückdrängung am Strommarkt ausgesetzt sind. Dies ist vor Allem auf den Merit-Order-Effekt an der Strombörse zurückzuführen: Die durch das EEG geförderten steigenden Strommengen aus erneuerbaren Energien gehen mit variablen Kosten Null an die Börse und verdrängen teurere Kraftwerke. Bild 2 zeigt die Nettostromerzeugung des Landes nach Energieträgern, also den so genannten Strommix. Im Jahr 21 überstieg erstmals die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien die bis dahin führende Braunkohlenverstromung. 2
3 Bild 2: Strommix Sachsen-Anhalt 21 (Nettostromerzeugung in MWh und Prozent) ; 36% ; 4% ; 31% Braunkohlen Mineralöle Erdgas ; 25% 73.14; 4% erneuerbare Energieträger sonstige Energieträger Der Anteil der erneuerbaren Energien an der Energiestruktur des Landes wird von den Statistikern dem Primärenergieverbrauch zugeordnet. Primärenergie sind die eingesetzten Energieträger wie Kohle, Öl und Gas, aus denen Endenergie wie Strom und Wärme oder auch Produkte gewonnen werden. Die Struktur des Primärenergieverbrauchs zeigt Bild 3. Im Jahr 21 gab es gegenüber dem Vorjahr einen sinkenden Braunkohleneinsatz und einen zurückgegangenen Stromexport, gestiegen ist besonders der Einsatz von Erdgas. Insgesamt stieg der PEV deutlich um 5,25 %. Bild 3: Primärenergieverbrauch 21 (nach Energieträgern und in gerundeten Prozent) erneuerbare Energien 15% Steinkohle 1% Braunkohle 17% Erdgas 38% Mineralöle und sonstige 29% Summe: Nicht alle Primärenergie gelangt als Endenergie zum Verbraucher. Es müssen, wie Bild 4 zeigt, der Eigenverbrauch und die Verluste bei der Energieumwandlung in den Kraftwerken und Heizwerken sowie die Herstellung von chemischen Produkten aus Kohle und insbesondere Erdöl abgezogen werden. Erstmals seit mehreren Jahren ging der Energieverbrauch im Umwandlungsbereich zurück. Deutlich stieg mit 8,7 % der Endenergieverbrauch. Das deutet darauf hin, dass die konjunkturelle Erholung im Land selbst stattfand. 3
4 Bild 4: Primärenergieverbrauch 21 (nach Weiterverwendung und in Prozent) Summe: TJ Umwandlungsbereich 27% Endenergieverbrauch 61% nichtenergetischer Verbrauch 12% Wie Bild 5 zeigt, ist der Sektor Industrie der größte Verbraucher an Endenergie. Seit 1996 hat sich durch den wirtschaftlichen Aufholprozess der Endenergieverbrauch der Industrie im Land verdoppelt, so dass der Sektor Haushalte/Gewerbe/Handel/Dienstleistungen/Übrige beim Verbrauch an Nutzenergie knapp überholt wurde. Bild 5: Endenergieverbrauch 21 (nach Verursachergruppen und in TJ) Haushalte/ Gewerbe/ Dienstleist./ Übrige; Industrie; Summe: TJ Verkehr; In Bild 6 werden die sektoralen Entwicklungen des Endenergieverbrauchs des Landes dargestellt. Der Endenergieverbrauch der Industrie stieg seit 1996 stetig an. In den Jahren 28 und 29 ist er zurückgegangen, was auf die Wirtschafts- und Finanzkrise zurückzuführen war. Im Jahr 21 stieg er wieder auf das Niveau von 27. Der Endenergieverbrauch des Sektors Haushalte/Gewerbe/Handel/Dienstleistungen/Übrige ist gegenüber dem Vorjahr um fast 15 % stark angestiegen. Der Energieverbrauch des Verkehrssektors stieg auch erstmals an, wenn auch nur leicht. 4
5 Bild 6: Entwicklung Endenergieverbrauch 6 5 Enedenergie in TJ Jahr Insgesamt Industrie Verkehr HGD Bild 7 zeigt die Entwicklung des Primärenergieverbrauchs in Sachsen-Anhalt nach fossilen Energieträgern und erneuerbaren Energien. Bild 7: Entwicklung Primärenergieverbrauch in TJ Insgesamt Erneuerbare fossile Träger Der Primärenergieverbrauch ist 21, wie bereits zu Bild 3 ausgeführt, ebenso deutlich angestiegen wie der Verbrauch fossiler Energieträger. Der Trend, dass der Ausbau der Erneuerbaren Energien den Verbrauch fossiler Energieträger dämpft, konnte damit im Jahr 21 nicht fortgesetzt werden. Energie-Indikatoren spielen bei der Bewertung der Wirtschaftlichkeit des Energieeinsatzes eine zunehmende Rolle. Die wichtigsten Indikatoren sind die Energieproduktivität, die Energieintensität und der Primärenergieverbrauch je Einwohner. Natürlich sind die Werte stark von der wirtschaftlichen Struktur eines Landes abhängig. Die Energieproduktivität dient als Maßstab für die Effizienz im Umgang mit den Energieressourcen. Sie wird ausgedrückt als Verhältnis von Bruttoinlandsprodukt (BIP) zum Primärenergieverbrauch (PEV) und verdeutlicht die wirtschaftliche Leistung eines Landes je 5
6 Einheit verbrauchter Primärenergie. Die Energieintensität ist der Kehrwert der Energieproduktivität, ausgedrückt im Verhältnis von PEV zum BIP. Sie verdeutlicht, wie viel Energie aufgewendet wurde, um eine Einheit wirtschaftliche Leistung zu erzeugen. Bild 8: Entwicklung der Energieindikatoren Index (1991 = 1) Energieproduktivität Energieintensität Die Durchschnitte von Energieproduktivität bzw. Energieintensität aller Bundesländer liegen bei 14,5 bzw. 71,1. Die guten Werte für Sachsen-Anhalt in Bild 8 zeigen die Effizienz unserer modernen Wirtschaft; ähnlich gut liegen auch die anderen ostdeutschen Flächenländer. 3 Bild 9: Primärenergieverbrauch je Einwohner 25 Gigajoule je Einwohner Sachsen-Anhalt Bundesdurchschnitt Die Entwicklung in Bild 9 zeigt einen über dem Bundesdurchschnitt liegenden spezifischen Verbrauch durch den wirtschaftlichen Ausbau des Landes bei gleichzeitig zurückgehenden Einwohnerzahlen. Der Trend bei beiden Energieindikatoren zeigt eine Fortsetzung der Entwicklung Sachsen- Anhalts zu einer besonders energieintensiven Wirtschaft mit einem hohen Stromexportanteil. 6
7 Anmerkung: 1 J (Joule) = 1 Ws (Wattsekunde) 1 TJ (Terra-Joule) = 1 12 J = kwh (Kilowattstunden) Die genauen Zahlen zu den einzelnen Energieanteilen können Sie auf der Internet-Seite des Statistischen Landesamtes Sachsen-Anhalt nachlesen: 7
8 Erläuterung der verwendeten Begriffe Biomasse Unter Biomasse versteht man den biologisch abbaubaren Anteil von Erzeugnissen, Abfällen und Rückständen der Landwirtschaft (einschließlich pflanzlicher und tierischer Stoffe), der Forstwirtschaft, der Fischwirtschaft und damit verbundener Industriezweige sowie den biologisch abbaubaren Anteil von Abfällen aus Industrie und Haushalten. Bruttostromerzeugung Die Bruttostromerzeugung einer Erzeugungsanlage ist die erzeugte elektrische Arbeit, gemessen an den Generatorklemmen. Im Landesmaßstab beschreibt sie die Stromerzeugung ohne Abzug der Verluste und Eigenverbrauche. Endenergieverbrauch Der Endenergieverbrauch ist die Summe der zur unmittelbaren Erzeugung der Nutzenergie verwendeten Primär- und Sekundärenergieträger. In der Energiebilanz ist der Endenergieverbrauch als letzte Stufe der Energieverwendung aufgeführt. Energetisch und energieökonomisch handelt es sich jedoch noch nicht um die letzte Stufe der Energieverwendung. Es folgen noch die Nutzenergiestufe (z. B. Nutzung als Licht, Wärme) und die Energiedienstleistungen. Energieproduktivität Die Energieproduktivität dient als Maßstab für die Effizienz im Umgang mit den Energieressourcen. Sie wird ausgedrückt als Verhältnis von BIP zum PEV und verdeutlicht die wirtschaftliche Leistung eines Landes je Einheit verbrauchter Primärenergie. Bei einer Interpretation der Ergebnisse, vor allem bei einem Ländervergleich, sind die unterschiedlichen wirtschaftlichen Strukturen der Länder zu berücksichtigen, insbesondere die Existenz und die Bedeutung energieintensiver Wirtschaftsbereiche. Energieträger Energieträger sind Quellen, aus denen direkt oder durch Umwandlung Energie gewonnen wird. Unterschieden wird nach Primär- oder Sekundärenergieträgern. Bei den Primärenergieträgern handelt es sich um Energieträger, die keiner Umwandlung unterworfen wurden. Dies sind Stein- und Braunkohlen (roh), Hartbraunkohle, Erdöl, Erdgas, Grubengas, die erneuerbaren Energieträger sowie die Kernenergie. Sekundärenergieträger sind Energieträger, die aus Umwandlung von Primärenergieträgern entstehen. Dies sind alle Stein- und Braunkohlenprodukte sowie Mineralölprodukte, Gichtgas, Konvertergas, Kokerei- /Stadtgas, Strom und Fernwärme. Erneuerbare Energieträger Erneuerbare Energieträger sind natürliche Energievorkommen, die auf permanent vorhandene oder auf sich in überschaubaren Zeiträumen von wenigen Generationen regenerierende Energieströme zurückzuführen sind. Zu den Erneuerbaren Energien zählen Klär- und Deponiegas, Wasserkraft (ohne Pumpspeicher), Windkraft, Solarenergie, Biomasse, Geothermie und Umgebungswärme. Nettostromerzeugung Die Nettostromerzeugung einer Erzeugungsanlage ist die um ihren Eigenverbrauch verminderte Bruttostromerzeugung. Im Landesmaßstab ist die Bruttostromerzeugung abzüglich der Verlsute und Eigenverbrauche gemeint. Primärenergieverbrauch Der Primärenergieverbrauch ergibt sich aus der Summe der im Land gewonnenen Primärenergieträger, den Bestandsveränderungen sowie dem Saldo aus Bezügen und Lieferungen und umfasst die für die Umwandlung und den Endverbrauch benötigte Energie. 8
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