Familiäre Risikofaktoren für Störungen im Kindes- und Jugendalter. Die 4 wichtigsten familiären Risikofaktoren

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1 Die 4 wichtigsten familiären Risikofaktoren Familiäre Risikofaktoren für Störungen im Kindes- und Jugendalter Foliensatz 2 I. Psychische Störungen der Eltern II. Unsichere Bindungserfahrungen III. Partnerschaftsstörungen Dr. phil. Martina Zemp Universität Zürich martina.zemp@psychologie.uzh.ch IV. Dysfunktionale Erziehung Familiäre Risikofaktoren für Störungen im Kindes- und Jugendalter. Martina Zemp 2 Hintergründe der Bindungstheorie: Hohe Kindersterblichkeit in Waisenhäusern René Spitz (1969) berichtet, wie Babys, die von ihren Müttern dauerhaft getrennt wurden, zunächst verzweifelt nach ihnen weinten. Wenn es sich als vergeblich erwies, stellten sie ihre elementarsten Lebensäusserungen ein und verweigerten beispielsweise die Nahrungsaufnahme und jeglichen Kontakt mit der Aussenwelt. Viele von ihnen starben schliesslich an Auszehrung. Grundzüge der Bindungstheorie Bindungsverhalten: Ziel: Nähe zu einer bevorzugten Person zu erreichen/zu erhalten, die Schutz bietet Bindungsverhaltenssystem: Aktiviert bei: Erregungszustände oder negativen Emotionen wie z.b. Angst, Trauer etc. Beendet bei: wiedererlangten Sicherheit Bowlby (1973) definiert Bindungsverhalten als any form of behavior that results in a person attaining or retaining proximity to some other differentiated and preferred individual, usually conceived as stronger and/or wiser (p. 292). Familiäre Risikofaktoren für Störungen im Kindes- und Jugendalter. Martina Zemp 3 Familiäre Risikofaktoren für Störungen im Kindes- und Jugendalter. Martina Zemp 4 Bindungs- und Fürsorgesystem (Bowlby, 1969) Bindungsverhalten: Kind äussert Bedürfnisse bei Angst und Unbehagen und sucht Sicherheit, Schutz und Trost bei spezifischen Personen, die stärker und weiser sind. Ziel ist die Wiederherstellung des Gefühls von Sicherheit. Antagonismus zwischen Bindungs- und Explorationsverhalten Fürsorgeverhalten: Bezugsperson realisiert Bindungsbedürfnis und reagiert auf Bindungsverhalten bspw. mit Sprechen, Singen, Füttern, Wickeln, Schmusen, Halten, Trösten etc. Familiäre Risikofaktoren für Störungen im Kindes- und Jugendalter. Martina Zemp 5 (Schneider & Margraf, 2009) Familiäre Risikofaktoren für Störungen im Kindes- und Jugendalter. Martina Zemp 6 1

2 Bezugsperson als «emotionale Tankstelle» Mahler thematisiert in ihrem Ansatz die Bindungssicherheit des Kindes als zentral für das Explorationsverhalten. Die Mutter oder Bezugsperson fungiert bei sicher gebundenen Kindern als refueling base (emotionale Tankstelle), von der aus sie die Umwelt explorieren. Spiegelneurone Nervenzellen, die im Gehirn von Primaten beim Betrachten eines Vorgangs [im Gegenüber] das gleiche Aktivitätsmuster zeigt wie bei dessen eigener Ausführung. Spiegelneurone sind an Verhaltensmustern der Imitation beteiligt und spielen eine wesentliche Rolle bei der elterlichen Responsivität/Feinfühligkeit. Margaret S. Mahler ( ) Familiäre Risikofaktoren für Störungen im Kindes- und Jugendalter. Martina Zemp 7 Familiäre Risikofaktoren für Störungen im Kindes- und Jugendalter. Martina Zemp 8 Mentalisierung (Fonagy & Target, 2002) Ursprünglich ging Bowlby in seiner Monotropiehypothese davon aus, dass zwingend die Mutter erste und wichtigste Bezugsperson sein müsse. Neuere Forschungen zeigen, dass ein Kind eine gleich gute und stabile Bindung auch zu anderen konstant verfügbaren, verlässlichen und positiv interagierenden Bezugspersonen aufbauen kann. Abbildung: Entwicklung der Affektregulation (Bateman & Fonagy, 2007) Familiäre Risikofaktoren für Störungen im Kindes- und Jugendalter. Martina Zemp 9 Wie viele Bezugspersonen «verträgt» ein Kind? Feinfühligkeit/Sensitivität der Bezugspersonen Kinder können eine enge, emotional tragfähige Bindung nur zu 3-4 Personen aufbauen. Bei zu vielen Bezugspersonen leidet die Bindungsqualität und der Aufbau eines sicheren Bindungsstils wird erschwert. Die Fähigkeit der Betreuungsperson, die Mitteilungen und das Verhalten des Säuglings (1) wahrzunehmen, (2) richtig zu deuten und darauf (3) prompt und (4) angemessen zu reagieren (Ainsworth, 1977). (1) Erkennen der kindlichen Signale (2) Adäquatheit der Interpretation der kindlichen Signale (3) Promptheit der Reaktion (= Fürsorgeverhalten) (4) Angemessenheit der Reaktion (= Fürsorgeverhalten) Familiäre Risikofaktoren für Störungen im Kindes- und Jugendalter. Martina Zemp 11 Familiäre Risikofaktoren für Störungen im Kindes- und Jugendalter. Martina Zemp 12 2

3 (1) Erkennen der kindlichen Signale Wahrnehmung der kindlichen Bedürfnisse über die Signale (= Bindungsverhalten) des Kindes. Die Bezugsperson ist aufmerksam, nimmt auch nonverbale Äusserungen des Kindes wahr. Die Bezugsperson muss hinreichend zugänglich gegenüber den Mitteilungen des Babys sein, bevor sie ihnen gegenüber einfühlsam sein kann. Die Verfügbarkeit ist die notwendige Bedingung für eine einfühlsame Wahrnehmung. (2) Adäquatheit der Interpretation der kindlichen Signale Die Bedürfnislage des Kindes wird erkannt. Richtige Interpretation bedingt eine störungsfreie Wahrnehmung und Einfühlungsvermögen. Bezugspersonen, die eine beeinträchtigte Wahrnehmung haben, tendieren beim «Lesen» ihres Babys zu Interpretationen, die ihren eigenen Wünschen, Launen und Phantasien entsprechen. Familiäre Risikofaktoren für Störungen im Kindes- und Jugendalter. Martina Zemp 13 Familiäre Risikofaktoren für Störungen im Kindes- und Jugendalter. Martina Zemp 14 (3) Promptheit des Fürsorgeverhaltens Das Signal des Babys erfordert eine prompte Antwort. Für das Baby muss ein Zusammenhang mit seiner Regung wahrnehmbar sein. (4) Angemessenheit des Fürsorgeverhaltens Die (Bindungs-)Bedürfnisse des Kindes werden erkannt und beantwortet (= Bindungsverhalten des Kindes ist wirksam). Dem Kind angemessen: bei Angst Beruhigung, bei Langeweile Anregung etc. Die angemessene Interaktion ist gut strukturiert, abgerundet und vollständig. Unangemessen kann heissen: Ambivalent (Bsp: widersprüchlich, hostil, dysfunktional) Zuviel (Bsp. überbemuttern, überreagieren Zu wenig (Bsp: Nähe, Blick) Gar nicht (Bsp: Kontakte vermeiden) Familiäre Risikofaktoren für Störungen im Kindes- und Jugendalter. Martina Zemp 15 Familiäre Risikofaktoren für Störungen im Kindes- und Jugendalter. Martina Zemp 16 Bedeutung der Sensitivität/Feinfühligkeit für die Bindung Konstitutiv für Bindungssicherheit des Kindes (Ainsworth et al. 1974; Sroufe, 1985; Belsky, 1991). Stärkster Prädiktor einer sicheren Bindung im Alter von 3 Jahren ist die mütterliche Sensitivität/Feinfühligkeit (NICHD, 2001) Ein Wechsel von sicherer in unsichere Bindung, verglichen mit sicheren Bindungen von Kindern im Alter von 24 und 36 Monaten, ist assoziiert mit geringerer Sensitivität/ Feinfühligkeit der Mutter (Stevenson-Hinde & Verschueren, 2002). Folgen elterlicher Sensitivität für die Kindesentwicklung Frühe Kindheit Mit 12 Monaten: subtilere und vielfältige Kommunikationsfähigkeiten des Kindes (Ainsworth & Bell, 1974, vgl. Grossmann & Grossmann, 1991). Mit 2 Jahren: kompetenteres Problemlöseverhalten (Matas et al., 1978; Schieche, 1996; Becker-Stoll, 2007) Mit 5 Jahren im Kindergarten (Sroufe, 1983; Suess, Grossmann, & Sroufe, 1992): weniger aggressives und mehr sozial kompetentes Verhalten gegenüber anderen Kindern positivere Wahrnehmung von Konfliktsituationen weniger emotionale Isolation und Abhängigkeit von den Erzieherinnen konzentrierteres Spielen Familiäre Risikofaktoren für Störungen im Kindes- und Jugendalter. Martina Zemp 17 Familiäre Risikofaktoren für Störungen im Kindes- und Jugendalter. Martina Zemp 18 3

4 Folgen elterlicher Sensitivität für die Kindesentwicklung Folgen elterlicher Sensitivität für die Kindesentwicklung Schulalter (Sroufe, 1983; Scheuerer-Englisch, 1989; Zimmermann, 1995; Spangler & Zimmermann, 1999) positive soziale Wahrnehmung hohe soziale Kompetenz bessere Freundschaftsbeziehungen hohes Selbstwertgefühl und Selbstvertrauen sie sind eher in der Lage, die Kontrolle und Modulation von Impulsen, Bedürfnissen und Gefühlen dynamisch an situative Erfordernisse anzupassen Jugendalter positives Selbstkonzept, aktivere Copingstrategien und gelungener Umgang mit Problemen (Zimmermann & Becker-Stoll, 2001, 2002) gelungene Balance von Autonomie und Verbundenheit in der Beziehung zu den Eltern (Becker-Stoll, 1997; Grossmann & Becker-Stoll, 2002) bessere Freundschaften zu Peers und positivere Erfahrungen in ersten Partnerschaften (Zimmermann, 1999; Becker-Stoll, 2004) Familiäre Risikofaktoren für Störungen im Kindes- und Jugendalter. Martina Zemp 19 Familiäre Risikofaktoren für Störungen im Kindes- und Jugendalter. Martina Zemp 20 Folgen elterlicher Sensitivität für die Kindesentwicklung insgesamt gilt: Erwachsenenalter (Becker-Stoll, 2007; Grossmann, Grossmann & Waters, 2006) Eigene elterliche Feinfühligkeit ausgeprägter Bindungsqualität des eigenen Kindes besser Transgenerationale Weitergabe der Organisation von Bindung, Exploration und Autonomie Elterliche Feinfühligkeit Erkennen der Signale Adäquate Interpretation Prompte Reaktion Angemessene Reaktion Kindliche Entwicklung Gute Bindungssicherheit Weniger Schreiverhalten Starkes Erkundungsverhalten Soziale, emotionale und kognitive Kompetenzen De Wolff & van Ijzendoorn, 1997; Grossmann & Grossmann, 1991,2002; Laucht, Esser & Schmidt,1998, 2000 Familiäre Risikofaktoren für Störungen im Kindes- und Jugendalter. Martina Zemp 21 Familiäre Risikofaktoren für Störungen im Kindes- und Jugendalter. Martina Zemp 22 Einflussfaktoren des Kindes: Temperament Neugeborene mit einem hohen Ausmass an Orientierungs- oder Explorationsverhalten verfügen später signifikant häufiger über eine sichere Bindung zu ihrer Mutter (Waters, Vaughn & Egeland, 1980; Grossmann et al., 1985, Spangler, 1996). Unsichere Bindung korreliert mit höherer Irritierbarkeit des Kindes (e.g. Miyake, Chen & Campos, 1985; Van den Boom, 1994). Studien beziehen sich vornehmlich auf das unsicher-ambivalente Beziehungsmuster und zeigen, dass Temperamentsdimensionen vor allem dann kritisch für die Entwicklung der Bindungsqualität sind, wenn sie extrem ausgeprägt sind (Crockenberg, 1981). Dies könnte dahingehend interpretiert werden, dass kindliche Temperamentsmerkmale wenn sie stark abweichend sind oder mit weiteren nachteiligen Entwicklungsfaktoren interagieren vor allem für die Bindungsunsicherheit von Relevanz sind. Fassen wir zusammen: Einflussfaktoren für die kindliche Bindungsentwicklung 1. Seitens der Bezugspersonen: insb. Sensitivität / Feinfühligkeit der Bezugspersonen (Responsivität), eigene Bindungsqualität der Bezugspersonen zu ihren Eltern 2. Seitens des Kindes: dispositionelle Eigenschaften, v.a. Temperament 3. Passung von Bezugsperson und Kind Familiäre Risikofaktoren für Störungen im Kindes- und Jugendalter. Martina Zemp 23 Familiäre Risikofaktoren für Störungen im Kindes- und Jugendalter. Martina Zemp 24 4

5 Bindung und innere Arbeitsmodelle Kinder bildern auf der Basis wiederholt erfahrener (typischer) Interaktionsmuster mit ihren Bezugspersonen Erwartungen über zukünftige Interaktionen aus, die sich mit der Zeit festigen und zu internalen Arbeitsmodellen ( internal working models ) werden (Main et al., 1985; vgl. Fonagy et al., 2002/2004). Solche Erfahrungen werden vom Kind zunehmend verinnerlicht und in ein Gesamtbild integriert (= mentale Repräsentation von Bindung). Innere Arbeitsmodelle finden ihren Ausdruck in den Bindungsmustern. In den inneren Arbeitsmodelle werden vergangene Erfahrungen gespeichert und sie ermöglichen die Vorhersage zukünftigen Erlebens; sie werden somit zum Prototyp für die Bildung späterer Beziehungen. Zwei Hauptaspekte innerer Arbeitsmodelle 1. Kognitiver Aspekt: Erfahrung der eigenen Wirksamkeit und Kontrolle über die Umwelt (Kontrollüberzeugung) 2. Emotionaler Aspekt: Erfahrung von Geborgenheit, Sicherheit, Zuverlässigkeit (sichere Bindung) Familiäre Risikofaktoren für Störungen im Kindes- und Jugendalter. Martina Zemp 25 Familiäre Risikofaktoren für Störungen im Kindes- und Jugendalter. Martina Zemp 26 Bindung und Leistungsverhalten Bindung und IQ 11 sicher vermeidend ambivalent desorganisiert Sicher vs. Unsicher 120 sicher vermeidend ambivalent desorganisiert Kein signifikanter Unterschied Sicher vs. Unsicher Sicher vs. Unsicher Desorg. vs. Organisiert 115 IQ Mutter- Kind Interaktion kognitive Anstrengung Leistungsmotivation akademische Leistung (Moss et al., 2001) 100 IQ (Moss et al., 2001) Familiäre Risikofaktoren für Störungen im Kindes- und Jugendalter. Martina Zemp 27 HS14 Familiäre Risikofaktoren für Störungen im Kindes- und Jugendalter. Martina Zemp 28 Bindung und IQ Bindung und Problemlösen IQ-Unterschiede zwischen Heimkindern (Mittelwert IQ = 84) versus in Familie aufgewachsenen Kindern (Mittelwert IQ = 104) sind signifikant. (N = Kinder aus 19 versch. Länder; van Ijzendoorn et al., 2008) Wettbewerbsverhalten bei Vorschulkindern angesichts von drohendem Misserfolg Sichere Bindung: vermehrte Anstrengung und direkte emotionale Kommunikation Unsichere Bindung: Aufgeben bei Misserfolg und Vermeidung emotionaler Kommunikation Problemlösen: Sichere Bindung: längere Beschäftigung mit der Aufgabe, Einbezug sozialer Ressourcen, mehr meta-kognitive Kompetenz (Lütkenhaus et al., 1985) Familiäre Risikofaktoren für Störungen im Kindes- und Jugendalter. Martina Zemp 29 Familiäre Risikofaktoren für Störungen im Kindes- und Jugendalter. Martina Zemp 30 5

6 Testverfahren: Fremde Situation (Ainsworth et al. 1978) Methode zur frühen Erkennung der Bindungsqualität der Kleinkinder (12-18 Monate) Beobachtung des Bindungsverhaltens der Kinder während der Trennung (z.b. vermissten sie Mutter, zeigten sie Kummer?) beim Wiedersehen (z.b. suchten sie Nähe zu der Mutter, liessen sie sich trösten?) Testverfahren: Fremde Situation (Ainsworth et al. 1978) Personen Dauer Situation 1 Kind, Mutter, 30 Sec. Experimentator zeigt der Mutter und dem Experimentator Kind den Versuchsraum, verlässt ihn. 2 Kind, Mutter 3 Min. Mutter liest in einer Illustrierten und soll von sich aus keinen Kontakt zum Kind aufnehmen. exploriert das Kind nicht, soll Mutter nach 2 Minuten das Interesse des Kindes an Spielsachen wecken. 3 Kind, Mutter, Fremde 3 Min. 1. Minute: Fremde schweigt 2. Minute: Fremde spricht mit Mutter 3. Minute: Fremde spricht mit dem Kind, die Mutter verlässt den Raum ohne Verabschiedung. Familiäre Risikofaktoren für Störungen im Kindes- und Jugendalter. Martina Zemp 31 Familiäre Risikofaktoren für Störungen im Kindes- und Jugendalter. Martina Zemp 32 Testverfahren: Fremde Situation (Ainsworth et al. 1978) Personen Dauer Situation 4 Kind, Fremde 3 Min. Fremde lässt Kind spielen und reagiert auf Kontaktaufnahme des Kindes. Das sichere Bindungsmuster ( B ) 5 Kind, Mutter 3 Min. oder mehr 1. Wiedervereinigung: Mutter begrüsst das Kind nach der Trennung. Am Schluss der Episode verabschiedet sich die Mutter und verlässt den Raum. 6 Kind allein 3 Min. oder weniger 7 Kind, Fremde 3 Min. oder weniger Kind spielt allein im Raum. Fremde lässt Kind spielen und reagiert auf Kontaktaufnahme des Kindes. a) Das Kind spielt interessiert und vergewissert sich an der Mutter. b) Die Mutter verlässt den Raum, c) das Kind sucht beunruhigt nach der Mutter. 8 Kind, Mutter 3 Min. 2. Wiedervereinigung: Mutter begrüsst das Kind und spielt mit ihm. Familiäre Risikofaktoren für Störungen im Kindes- und Jugendalter. Martina Zemp 33 Familiäre Risikofaktoren für Störungen im Kindes- und Jugendalter. Martina Zemp 34 Das sichere Bindungsmuster ( B ) Das unsicher-vermeidende Bindungsmuster ( A ) d) Die Fremde kann das Kind nicht trösten. Es spielt jedoch mit ihr, wenn es ihm gut geht. e) und f) Die Mutter wird freudig begrüsst, nach (oft körperlicher liebevoller) Nähe ist das Bindungssystem beruhigt und das Kind spielt wieder zufrieden und konzentriert unter gelegentlicher Vergewisserung an seiner Mutter. a) Das Kind spielt und beachtet die Mutter eher weniger, b) auch wenn sie geht, c) dagegen spielt es angeregt mit der Fremden. Familiäre Risikofaktoren für Störungen im Kindes- und Jugendalter. Martina Zemp 35 Familiäre Risikofaktoren für Störungen im Kindes- und Jugendalter. Martina Zemp 36 6

7 Das unsicher-vermeidende Bindungsmuster ( A ) Das unsicher-ambivalente Bindungsmuster ( C ) d) Das Kind beachtet seine Mutter bei der Rückkehr kaum, ausser um zu sehen, wer da kommt, und e) fährt oft längere Zeit fort, sich mit Dingen zu beschäftigen, ohne Kontakt aufzunehmen, solange sein Bindungssystem durch die Trennung noch erregt ist. a) Das Kind klammert sich bei jeder Intention der Mutter zu gehen an sie und b) ist dabei ängstlich und erregt; c) alleine gelassen ist es hilflos ohne beruhigende Selbstorganisation, und die maximal 3-minütige Trennungsepisode muss fast immer abgekürzt werden; Familiäre Risikofaktoren für Störungen im Kindes- und Jugendalter. Martina Zemp 37 Familiäre Risikofaktoren für Störungen im Kindes- und Jugendalter. Martina Zemp 38 Das unsicher-ambivalente Bindungsmuster ( C ) Bindungsstile nach Ainsworth und Main Typ A: Vermeidend (Prävalenz: ca %) Keine oder geringe Reaktionen auf die Rückkehr der Mutter nach Trennung. Fremde werden ähnlich behandelt wie die Mutter. d) das Kind nimmt sofort Körperkontakt mit der zurückkehrenden Mutter auf; e) das führt allerdings in der Regel nicht zu einer baldigen Beruhigung seiner Erregung, weil die Kinder oft gleichzeitig Kontaktwiderstand zeigen. Typ B: Sicher (Prävalenz: ca %) Kind sucht nach Trennung von der Mutter Nähe und Kontakt, kann von ihr leicht beruhigt werden, und es bezieht die Mutter in sein Spiel ein. Familiäre Risikofaktoren für Störungen im Kindes- und Jugendalter. Martina Zemp 39 Familiäre Risikofaktoren für Störungen im Kindes- und Jugendalter. Martina Zemp 40 Bindungsstile nach Ainsworth und Main Typ C: Ängstlich-ambivalent (Prävalenz: ca. 8-10%) Kind neigt zu Trennungsangst, fürchtet, die Mutter zu verlieren und klammert sich an sie an. Ständige Kontrolle, ob die Mutter anwesend ist oder weggehen möchte. Typ D: Desorganisiert-desorientiert (Prävalenz: ca. 3-15%) In Trennungssituationen Zusammenbruch der normalen Verhaltens- und Aufmerksamkeitsstrategien. Kinder zeigen äusserst unerwartete, nicht zuzuordnende Verhaltensweisen (z.b. Stereotypien, bizarre/stereotype Bewegungsmuster). Etwa 80% von misshandelten Kindern werden als Typ D klassifiziert. Stabilität von Bindungsmustern Durch die individuellen Unterschiede in der Eltern-Kind-Interaktion in den ersten Lebensjahren werden nach Bowlby die «internal working models» gebildet. Diese werden im Verlauf der Entwicklung in der Psyche eines Menschen (bei stabilen familiären Verhältnissen) mittelfristig relativ stabil repräsentiert. Zunehmend Befunde zur Veränderbarkeit von Bindungsmustern auch im Erwachsenenalter Theorie: Durch die Internalisierung gesunder Beziehungserfahrungen mit alternativen Bezugspersonen (z.b. Partner, Therapeut) können sich neue Strategien entwickeln, die sich über die negativen Arbeitsmodelle legen. Familiäre Risikofaktoren für Störungen im Kindes- und Jugendalter. Martina Zemp 41 Familiäre Risikofaktoren für Störungen im Kindes- und Jugendalter. Martina Zemp 42 7

8 Stabilität der Bindungsstile über 20 Jahre (Waters et al., 1995) Bindungsqualitäten Bindungsstil im Adult Attachment Interview (im Alter von 20 Jahren) Bindungsstil im Strange Situation Test (im Alter von 12 Monaten) sicher ambivalent vermeidend Sichere Bindung Unsichere Bindung Desorganisierte Bindung Bindungsstörung sicher-autonom unsicher-verwickelt unsicher-distanziert gering Ausmass der Unsicherheit hoch Gesamthöhe des Zusammenhangs: Cohens Kappa =.40. Zusammenhang eher mittelmässig, zudem gilt es zu berücksichtigen, dass eine sichere Bindung häufiger auftritt als die anderen Bindungsstile. Familiäre Risikofaktoren für Störungen im Kindes- und Jugendalter 43 Familiäre Risikofaktoren für Störungen im Kindes- und Jugendalter. Martina Zemp 44 Reaktive Bindungsstörung des Kindesalters (ICD-10: F94.1) abnormes Beziehungsmuster entwickelt sich vor 5. Lebensjahr stark widersprüchliche und ambivalente Reaktionen von emotionaler Störung begleitet (z.b. ängstliche Überempfindlichkeit, Aggressivität, Rückzugsreaktionen etc.) meist Folge ausgeprägter elterlicher Vernachlässigung, Missbrauch oder schwerer Misshandlung Änderung der emotionalen und sozialen Auffälligkeiten in neuer Lebensumgebung Bindungsstörung des Kindesalters mit Enthemmung (ICD-10: F94.2) abnormes Beziehungsmuster entwickelt sich vor 5. Lebensjahr diffuses, nicht-selektives Bindungsverhalten mit wahlloser Freundlichkeit und Distanzlosigkeit Inadäquate Reaktionen auf Beziehungsangebote von Bezugspersonen Fehlen selektiver sozialer Bindungen meist Folge eines andauernden Mangels an Gelegenheit selektive Bindungen zu entwickeln Tendenz zu persistieren, auch bei Wechsel der Lebensumgebung Familiäre Risikofaktoren für Störungen im Kindes- und Jugendalter. Martina Zemp 45 Familiäre Risikofaktoren für Störungen im Kindes- und Jugendalter. Martina Zemp 46 Take Home Message Eine sichere Bindung ist ein zentraler Schutzfaktor für die seelische Gesundheit und die Charakterentwicklung von Kindern. Ein Kind kann erst durch Fremdwert einen gesunden Selbstwert aufbauen. Familiäre Risikofaktoren für Störungen im Kindes- und Jugendalter. Martina Zemp 47 8

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